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Mega-Sozialraub der Regierung

Klassenkampf gegen die Kürzungswelle!

Martin Suchanek, Neue Internationale 150, Juni 2010

"Die Arbeitslosen und Beschäftigen sollen zahlen“ - so lässt sich das Sparprogramm der Regierungskoalition knapp zusammenfassen. Auf ihrer Klausurtagung vom 6. und 7. Juni haben Merkel und Westerwelle Haushaltskürzungen von rund 11,4 Mrd. Euro beschlossen. Das ist nur der Anfang. Bis 2014 sollen Budgetkürzungen von über 80 Milliarden erfolgen.

Über zwei Milliarden sollen allein 2010 bei der Bundesagentur für Arbeit geholt werden. Wie? Leistungen wie Fortbildung, für deren Erhalt es bisher gesetzliche Vorschriften, also Rechte der Erwerbslosen gab, sollen künftig nach Ermessen der SachbearbeiterInnen vergeben, also gestrichen werden. Bis 2014 soll das Volumen gar auf 6 Milliarden ansteigen.

500 Millionen werden durch die Kürzung des Elterngeldes geholt. Dessen Bemessungsgrundlage soll von 2.700 Euro auf 1.800 reduziert werden. Ganz gestrichen werden soll das Elterngeld für Hartz-IV-BezieherInnen! Deren Grundbedarf sei nämlich bereits durch die Regelsätze der staatlichen Hilfen und durch Zusatzleistungen gesichert.

Die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I soll auf ein Jahr begrenzt werden, was vor allem ältere Lohnabhängige treffen wird.

Beim Bund sollen mindestens 10.000 Stellen gestrichen werden. Außerdem soll die Besoldungserhöhung für Bundesbeamte ausfallen, also deren Realeinkommen sinken!

Hinzu kommt, dass die Schuldenbremse, die noch von der Großen Koalition in die Verfassung aufgenommen wurde, beim Bund und noch mehr bei Ländern und Kommunen zu massiven Kürzungen führen mit. Vom Jugendzentrum bis zur Altenbetreuung drohen Streichungsorgien samt entsprechenden Entlassungen und Privatisierungen.

Kurzum, das Kürzungspaket ist ein Mega-Programm zur weiteren Verarmung von Millionen Erwerbslosen, zur Verschärfung der Konkurrenz unter den Lohnabhängigen, zur Ausweitung von Billiglohn und präkeren Beschäftigungsverhältnissen!

Die Reichen werden geschont

Der asoziale Charakter des Koalitionsvorhabens wird noch dadurch unterstrichen, dass Reiche, Vermögensbesitzer und „natürlich“ die großen Kapitale praktisch ungeschoren davonkommen.

Im Vorfeld des Gipfels hat die CSU zwar noch eine vorübergehende Erhöhung des Spitzensteuersatzes gefordert, aber das war nur eine populistische Ankündigung, die ohnedies nie Aussicht auf Erfolg hatte.

Die beschlossene „Bankenabgabe“ ist ein einziger Hohn angesichts der Milliardenpakete, die zu ihrer Rettung mobilisiert wurden. Während sich die Arbeitslosen schon ausrechnen können, wie sehr sie weiter verarmen sollen, so bleibt die “Transaktionssteuer” eine reine Absichts-erklärung, für die sich die Regierung “einsetzen” wolle!

Dass das Kapital nichts von der Regierung zu befürchten hat, zeigt ebenso deutlich die geplante „Brennelementesteuer“, welche die Energiemonopole zukünftig im Gegenzug für die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken zahlen sollen. Diese ist ökologisch ein einziger Wahnwitz, beinhaltet sie doch eine schleichende Verlängerung der Atomenergie - vorzugsweise aus älteren, weniger sicheren Anlagen. Deren Investitionskosten haben die Kapitalisten schon längst reingeholt, so dass die 2,5 Milliarden der Brennelementesteuer durch die riesigen Extraprofite der Atomkonzerne mehr als aufgewogen werden.

Kritik

SPD, DGB und Linkspartei haben die Kürzungspakete in ersten Stellungnahmen am 6. Juni scharf verurteilt. SPD-Generalsekretärin Nahles kündigte gar „Widerstand“ an. DGB-Chef Sommer erklärt: „Das werden wir nicht mitmachen.“ DIE LINKE fordert Steuererhöhungen für Krisenverursacher und -gewinnler.

An der Aufrichtigkeit und Entschlossenheit diese Ablehnung sind Zweifel angebracht. „Mitgemacht“ haben die Gewerkschaftsspitzen schon bei allzu Vielem. Die IG Metall Baden-Württemberg hat sich gar in einem Brief an Gewerkschaftsfunktionäre entblödet, ver.di-Baden-Württemberg vorzuwerfen, „einseitig“ massiv für den 12. Juni zu mobilisieren, ohne vorher die Zustimmung aller DGB-Gewerkschaften einzuholen!

Die SPD schielt weiter auf die Wiederauflage der Großen Koalition. Deshalb hat sie in NRW die Verhandlungen mit der Linkspartei platzen lassen und „Sondierungen“ mit der CDU und jetzt auch mit der FDP für eine Ampel aufgenommen. Die wird natürlich auch mit SPD-Beteiligung oder gar -Führung eine Politik des sozialen Kahlschlags betreiben, so wie andere Landesregierung unter SPD-Beteiligung oder auch die „rot-roten“ Regierungen in Berlin und Brandenburg.

Auch die Linkspartei ist  kein zuverlässiger Verbündeter. Das zeigt nicht nur ihre Beteiligung an neoliberaler Regierungspolitik, das zeigt auch ihre lahme und späte Mobilisierung für den 12. Juni.

Und das zeigt auch ihre Kritik an den Regierungsmaßnahmen. Diese würden nämlich den „sozialen Frieden“ gefährden. Dabei ist doch unser Problem nicht ein zu wenig, sondern ein viel zu viel an „sozialem Frieden“, an kampfloser Hinnahme von Kürzungen, Entlassungen und Streichungen.

Kämpfen, dass es weh tut!

Doch nehmen wir Gewerkschaftsführungen, SPD und LINKE beim Wort! Organisieren wir gemeinsam den Kampf gegen das Kürzungspaket! Der 12. Juni, die bundesweiten Demonstrationen gegen die Krise, sind der erste Tag im Praxistest!

Die Regierung hat ihr Angriffspaket vorgeschlagen. Auch in den Betrieben drohen weiter Personalabbau, Lohnverzicht, Arbeitszeitverlängerung, Ausweitung von Leiharbeit und befristeter Beschäftigung.

Doch der Angriff der Regierung ist ein politischer, kein rein ökonomischer. Er ist ein Gesetzesvorhaben, das vor allem die Armen, die Arbeitslosen und die Bundesbeschäftigten trifft - aber es ist ein Angriff, der die Kampf- und Lebensbedingungen aller Lohnabhängigen massiv verschlechtert.

Daher ist der gemeinsame Kampf nicht nur ein Gebot der Solidarität, sondern auch im ureigensten, unmittelbaren Interesse Aller!

Von Demos zum politischen Massenstreik!

Nutzen wir daher den 12. Juni als Ausgangspunkt für den Aufbau einer landesweiten, politischen Widerstandsbewegung gegen die Krise!

Gegen die massiven Kürzungen brauchen wir eine politische Antwort, die Großdemonstrationen als Mobilisierungsplattform nutzt. Aber mit Demos allein wird die Regierung nicht zum Rückzug gezwungen werden - notwendig ist der politische Massenstreik!

Die Gewerkschaften müssen in die Pflicht genommen werden, dafür einzutreten, diesen zu organisieren. Wir wissen aber aus eigener Erfahrung nur zu gut, dass die Führungen tausend Gründe finden werden, einem solchen Kampf auszuweichen.

Daher müssen wir Mobilisierungsbündnisse aufbauen, daher müssen wir die Anti-Krisen-Bündnisse stärker in den Betrieben, in der Erwerbslosenbewegung verankern, um den Druck auf die Gewerkschaftsspitzen zu erhöhen.

Die Bewegung, der Kampf für den politischen Massenstreik muss mit einem Mobilisierungsplan der Bewegung verbunden werden. Dazu braucht die Anti-Krisenbewegung möglichst bald eine bundesweite Aktionskonferenz, die auf den Kahlschlag der Regierung reagiert und einen Aktionsplan diskutiert und beschließt.

Weg mit dem Kürzungspaket der Bundesregierung! Nein zu Kopfpauschale, Rente mit 67 und allen anderen Angriffen auf Sozialleistungen!

Kampf gegen alle Entlassungen! Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden bei vollem Lohn- und Personalausgleich!

Weg mit den Hartz-Gesetzen! Mindestlohn von 11 Euro/Std. netto und steuerfrei, Arbeitslosengeld/Mindesteinkommen für RentnerInnen, Studierende, SchülerInnen ab 16 von 1.600 Euro/monatlich!

Die Kapitalisten müssen zahlen! Entschädigungslose Eineignung der großen Konzerne und Banken unter Arbeiterkontrolle!

Sofortiger Abzug der Bundeswehr und aller NATO- und EU-Truppen aus Afghanistan u.a. Ländern!

Freier und kostenloser Zugang zu allen Bildungseinrichtungen - von der Kita bis zur Hochschule! Keine Privatisierung! Ausreichende Finanzierung der Einrichtungen durch den Staat! Kontrolle der Einrichtungen durch Komitees von Jugendlichen, Lehrenden/Erziehenden, Eltern und Gewerkschaften!

Nein zur rassistischen Hetze gegen Muslime und MigrantInnen! Keine Abschiebung von Flüchtlingen! Offene Grenzen und volle Staatsbürgerrechte für alle, die hier leben! Stoppen wir gemeinsam Aufmärsche der Nazis und Rassisten!

Solidarität mit dem Widerstand gegen imperialistischen Krieg und Besatzung! Gemeinsamer internationaler Kampf gegen die Abwälzung der Krisenkosten auf die Lohnabhängigen!

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Nr. 150, Juni 2010
*  Mega-Sozialraub der Regierung: Klassenkampf gegen die Kürzungswelle
*  Heile Welt
*  Europa: EU in der Krise
*  Griechenland: Am Scheideweg
*  1.-4. Juli: Europäisches Sozialforum: Lasst sie für ihre Krise zahlen!
*  Behr Stuttgart: Totgesagte leben länger
*  Ausschlussdrohungen gegen oppositionelle MetallerInnen: Schluss mit der Repression!
*  9. Juni: Auf zum Bildungsstreik!
*  Sexismus und Medien: Das öffentliche Weibchen
*  Fußball-WM: Unternehmen Fußball
*  Pakistan: UHS-Streik braucht Unterstützung!
*  Thailand: Lehren einer Revolte
*  Ölpest im Golf von Mexiko: Deep Watergate
*  Angriff auf Schiffskonvoi für Gaza: Israelische Armee ermordet FriedensaktivistInnen!