Arbeitermacht
Liga für die fünfte Internationale

Nord & Südamerika Europa Asien & Australien


google.de arbeitermacht.de

Ölpest im Golf von Mexiko

Deep Watergate

Jeff Albertson (Workers Power USA)

Die Explosion der Bohrinsel Deep Water Horizon (Tiefseehorizont) im Golf von Mexiko am 21. April hat 11 Menschenleben gekostet, ihre Folgen sind noch weit dramatischer. Sie wächst sich zu einer der größten Umweltkatastrophen der Welt aus. Abermillionen Liter Rohöl strömen Tag für Tag aus dem Wrack in 1.000 m Tiefe und verseuchen das gesamte regionale Ökosystem. Weder Meer, Landschaft noch Bewohner werden verschont.  Es ist das Exxon Valdez (Öltankerunglück 1989 vor Alaska) der Gegenwart - ohne ein absehbares Ende.

Die Eigentümer und British Petrol (BP) als Nutzer der Bohrinsel weisen die Verantwortung für das Geschehen von sich. In Befragungen vor US-Senatsausschüssen zeigten BP, Halliburton und Transocean gegenseitig mit dem Finger aufeinander.

Viele der republikanischen und demokratischen Ausschussmitglieder haben enge Beziehungen zu den Ölmagnaten und wurden von ihnen für ihre Wahlkampagnen geschmiert, z.B. Richard Shelby, Mary Landrieu, John McCain und Lisa Murkowski. „Wir stecken da alle zusammen drin“ - diese Äußerung von Lisa Murkowski kam der Wahrheit sehr nah.

Die Jahrzehnte lange Deregulierungspolitik und das ‚angenehme Klima' zwischen US-Regierungsstellen und Ölindustrie haben den Weg bereitet für Katastrophen dieser Größenordnung. Besondere Verantwortung kommt dem Mineralienmanagement MMS zu, einer Abteilung des US-Innenministeriums, die Bohrkonzessionen vergibt und Inspektionen für Sicherheit am Arbeitsplatz und zur Einhaltung der Umweltgesetze vornehmen soll. Mit großer Klarheit sind jetzt die finanziellen Verbindungen und Interessenskumpaneien zwischen den Ölkonzernen, Banken und Regierungsbeamten zu Tage getreten.

Wer hat Schuld?

Die Hauptverdiener am Ölgeschäft, in dem Fall Transocean, BP und Halliburton, haben in den vergangenen Jahrzehnten Sicherheits- und Umweltrichtlinien für Bohrplattformen fahrlässig missachtet. Das MMS seinerseits trägt Mitschuld am Unglück, weil es BP die Konzession zu Erkundungsbohrungen erteilte, ohne vorher die notwendige Dokumentation der zuständigen Behörde NOAA abzuwarten. Die NOAA hatte wiederholt vor den möglichen Folgen dieser Bohrung gewarnt. Noch am 6. April hatte das MMS BP gegenüber jedoch auf die Anwendung von Gesetzen und Inspektionen gemäß dem US-Umweltgesetz verzichtet und stellt die potenzielle Gefahr für das Ökosystem im Golf von Mexiko als ‚minimal oder nicht existent' dar.

Zahlreiche Studien haben während des letzten Jahrzehnts alarmierende Befunde in Verbindung mit der Überwachung von Plattformen und Bohrungen von MMS und Konzernen wie BP festgestellt. Viele sind von Ingenieuren vorgebracht worden, die darlegen, dass Sicherheitshinweise nicht beachtet wurden. In den meisten Fällen hat die Regierung entweder ‚einfach weggeschaut' oder sich gar nicht erst der Mühe von Inspektionen unterzogen. Dadurch fehlen klare Kontrollen bei Produktion und Sicherheitsvorkehrungen in der Industrie. Zwar führte das MMS 2004 eine umfassende Studie durch, worin steht, dass viele der Schutzmaßnahmen zur Verhinderung von Lecks dem Druck und den Bedingungen unter Wasser nicht standhalten würden, aber dies hatte keine Einrichtung von neuen Standards zur Folge, so wurde weiter so verfahren wie zuvor.

Seit der Katastrophe sind noch 27 neue Bohranträge vom MMS genehmigt worden, nur einer ist mit Umweltauflagen versehen worden.

Obama und das Öl

Trotz allen Ärgers und Frusts über BP und die Konzerne, die für die Katastrophe verantwortlich sind, hat sich die Obama-Administration auf einer Pressekonferenz für die Beihaltung der derzeitigen US-Politik in Bezug auf Bohrungen vor der Küste ausgesprochen. Sie nannte dies „einen wichtigen Bestandteil unserer Gesamtstrategie zur Energiesicherung“. Wie jedem kapitalistischen Politiker liegen Obama die Interssen der Ölindustrie am Herzen. Auf der Pressekonferenz am 30. April sagte er praktisch nichts zu den Auswirkungen des Unglücks auf die Umwelt - die 11 bei der Explosion getöteten Arbeiter erwähnte er nicht einmal.

Im März 2010 hat die US-Regierung eine neue Politik zu den Meeresbohrungen entworfen. Damit wird die Tür weit geöffnet für Rohölerkundungen an der gesamten Ostküste der USA von Delaware bis nach Florida. Das war als Anreiz für die großen Ölkonzerne gedacht, ihnen alles, was sie schon immer wollten, zu ermöglichen: direkter Zugang zu riesigen Feldern des außerkontinentalen atlantischen Meeresbodens. Dies wurde als „neues Kapitel in der Suche der Nation nach umfassender Energiepolitik“ gefeiert, „die neue Bereiche für die Öl- und Gasentwicklung (...) erschließen kann.“ Obama hat seine Meinung trotz der Millionen Ölliter, die Tag für Tag aus der havarierten Steigleitung in den Golf von Mexiko sprudeln, seither nicht geändert. Er war und bleibt ein Mitschuldiger an dieser Katastrophe.

Seit einigen Jahren werden immer mehr Tiefseebohrungen durchgeführt. Mit ihnen sind deutlich höhere technologische Risiken verbunden. Aus Profit- und Konkurrenzgründen wird meist darauf verzichtet, höhere Sicherheitsvorkehrungen anzuwenden. Tw. gibt es dazu auch keine technischen Erfahrungen, es wird einfach drauf los gebohrt, egal welche Risiken für die Ölarbeiter und die Umwelt entstehen könnten. Auch wenn derzeit der Golf von Mexiko in den Schlagzeilen ist - Tiefseebohrungen gibt es mitlerweile weltweit. So könnte Deep Water der Anfang einer Serie von Mega-Öl-Desastern sein ...

Profit kommt vor der Umwelt

Worte und Taten sowohl der Vertragspartner der Deep Water Horizon-Plattform wie der Regierungsstellen und Kongressabgeordneten belegen, dass der Schutz der Interessen von Kapitalisten und Politikern stets unvereinbar ist mit einer lebenswerten Umwelt. Die wird v.a. von der Ölindustrie mit Füßen getreten. Die weltweiten Auswirkungen des Verbrauchs von fossilen Brennstoffen für die Erzeugung und den Transport von verfeinertem Öl hat in den letzten Jahrzehnten zu einem massiven Anstieg des CO2-Anteils in der Erdatmossphäre geführt und damit den Treibhauseffekt auf dem Planeten angeheizt.

Abgesehen von den speziellen Interessen der großen Ölkonzerne sind Kapitalisten allgemein wenig Willens, auf alternative und umweltverträgliche Quellen von erneuerbarer Energie zu setzen, weil deren Einführung ihre Profitraten zu stark schmälern würden. Sie stützen sich auf Vorkommen und Propagierung von billigen fossilen Brennstoffen, auch wenn diese dem Planeten und seinen BewohnerInnen schaden können. Von ihrem Standpunkt ist es billiger, die Umwelt mit Schadstoffen zu verschmutzen, statt sie sauber zu halten. Deswegen treffen Bestrebungen zur Verminderung oder gar Ersetzung von fossilen Brennstoffen durch umweltfreundlichere Energieformen bei den mächtigsten Konzerne der Welt auf feindliche Reaktionen.

Nur jene, die nicht vom Verbrauch fossiler Brennstoffe profitieren, sondern dadurch alles zu verlieren haben - die Arbeiterklasse und die Unterdrückten dieser Welt - können den Kampf um die Einführung von umweltverträglichen nachhaltigen Methoden der Energierzeugung organisieren und führen. Erst dadurch kann ein gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Fortschritt auch für halbkoloniale Länder erreicht werden.

Lösung der Umweltfrage

Die Bosse von BP, Transocean und Halliburton sind Schuld an der Katastrophe im Golf von Mexiko. Es muss eine eingehende Untersuchung zum Unglück geben - duch die Beschäftigten und die Betroffenen, z.B. die Fischer und KüstenbewohnerInnen.

Die Deep Water Horizon-Explosion und das nachfolgend austretende Öl haben die Notwendigkeit gezeigt, dass die Arbeiterklasse und die Unterdrückten auf der ganzen Welt die Energieerzeugung den kapitalistischen Ölkonzernen aus den Händen reißen und selber kontrollieren müssen. Dies beginnt bei der Einführung von strengen und wirksamen Umweltschutzauflagen für die Industrie und Strafen, die von der Arbeiter- und antikapitalistischen Bewegung bei Zuwiderhandlung gegen die Verschmutzer in den Konzernen verhängt werden. Betriebe, die diese Maßnahmen ignorieren, werden enteignet, verstaatlicht und unter Arbeiterkontrolle weiter geführt.

Doch die Arbeiterklasse und ihre Verbündeten dürfen sich nicht auf Strafsanktionen beschränken. Der gesamte Energiesektor muss unter Arbeiterkontrolle gestellt werden, ohne auch nur einen Cent Entschädigung an die Besitzer oder Aktienteilhaber.

Um die Zukunft für kommende Generationen nachhaltig zu gestalten, müssen wir einen globalen Plan erstellen und umsetzen, der sich von den fossilen Brennstoffen löst und zu alternativen Formen der Energieerzeugung mit Nutzung von Wind, Wasser und Sonnenkraft voran schreitet. Durch Beschlagnahme von Profiten der Energiekonzerne und durch progressive Strafsteuern gegen Konzerne und Reiche können wir die wirtschaftliche und logistische Machbarkeit eines solchen Plans erreichen. Dazu sollte ein systematisches weltweites Rettungsprogramm gestartet werden, das die Abhängigkeit der Verkehrssysteme von fossilen Brennstoffen zurückfährt.

Um die Umwelt aus den Klauen der Bosse zu befreien, brauchen die Arbeiterklasse und die Unterdrückten politische Macht. Ohne solche mächtigen Zwangsmittel wäre es unmöglich, die Öl- und Gaskonzerne durchgängig daran zu hindern, ihre Interessen auf Kosten der Mehrheit der Bevölkerung und der Umwelt zynisch zu behaupten. Nur durch den Sturz der Kapitalisten und ihrer Unterdrückungsapparate, die sie vor den Armen und Ausgebeuteten der Welt schützen sollen, und durch die Formierung von Arbeiter- und Bauernregierungen, die unabhängig von Bossen handeln, können die Umwelt und die Zukunft für die Menschheit gesichert werden.

Leserbrief schreiben   zur Startseite


Nr. 150, Juni 2010
*  Mega-Sozialraub der Regierung: Klassenkampf gegen die Kürzungswelle
*  Heile Welt
*  Europa: EU in der Krise
*  Griechenland: Am Scheideweg
*  1.-4. Juli: Europäisches Sozialforum: Lasst sie für ihre Krise zahlen!
*  Behr Stuttgart: Totgesagte leben länger
*  Ausschlussdrohungen gegen oppositionelle MetallerInnen: Schluss mit der Repression!
*  9. Juni: Auf zum Bildungsstreik!
*  Sexismus und Medien: Das öffentliche Weibchen
*  Fußball-WM: Unternehmen Fußball
*  Pakistan: UHS-Streik braucht Unterstützung!
*  Thailand: Lehren einer Revolte
*  Ölpest im Golf von Mexiko: Deep Watergate
*  Angriff auf Schiffskonvoi für Gaza: Israelische Armee ermordet FriedensaktivistInnen!