Arbeitermacht
Liga für die fünfte Internationale

Nord & Südamerika Europa Asien & Australien


google.de arbeitermacht.de

Ausschlussdrohungen gegen oppositionelle Metaller

Schluss mit der Repression!

Markus Lehner, Neue Internationale 150, Juni 2010

Kürzlich veröffentlichte der IG Metall-Vorsitzende Berthold Huber ein Buch mit dem Titel „Kurswechsel für Deutschland“, in dem er sich als oberster Co-Krisen-Manager der Nation präsentiert. Offensichtlich passt zu dieser neuen Stufe des Co-Managements eine kritische, auf Konfrontation zur Krisenbewältigungsstrategie des Kapitals gehende Opposition in den eigenen Reihen immer weniger. Anders lässt sich die Häufung von Ausschlussverfahren gerade in der IG Metall nicht interpretieren.

So wurde auch in der Berliner IG Metall erstmals seit dem Ende des Kalten Krieges wieder ein solches Verfahren eröffnet. Betroffen sind 18 Kollegen des Daimler-Werkes Berlin-Marienfelde. Nach langen Auseinandersetzungen um die Umsetzung von ERA und der „Zukunftsvereinbarung“ waren sie zu dem Schluss gekommen, dass sich ihre Opposition zur herrschenden Betriebsratslinie auch in der Betriebsratswahl äußern muss.

Nachdem sie zuvor mit bürokratischen Tricks im Vertrauenskörper keine Chance für eine entsprechende Plazierung auf der offiziellen IG Metall Liste hatten, entschlossen sie sich zur Kandidatur mit einer eigenen Liste unter dem Namen „Alternative“. Mit 25% der Stimmen zeigte sich, dass es eine beträchtliche Unterstützung für diese Opposition im Werk gibt. Kein Wunder: viele Arbeiter aus dem Werk beschrieben die Arbeitssituation als wesentlich schlechter als etwa in Sindelfingen; Beschwerden bei den offiziellen Betriebsräten werden schnell als „Querulantentum“ abgestempelt, das den Bestand des Werkes gefährden würde ...

Die Eigenkandidatur der „Alternative“ wurde nun von der Mehrheitsfraktion zum Anlass genommen, um ein Verfahren wegen „gewerkschaftsschädigenden Verhaltens“ gegen die IG Metall-Mitglieder unter den „Alternative“-Kandidaten zu beantragen. Der IGM-Ortsvorstand hat daraufhin ein Untersuchungsverfahren eingeleitet, das im schlimmsten Fall den Ausschluss der Kollegen empfehlen kann. Letztlich entscheidet der IG Metall-Vorstand in Frankfurt über die Maßnahmen.

Angesichts der Tatsache, dass in vielen anderen Betrieben mehrere IG Metall-Listen durchaus üblich sind bzw. sogar von Co-Manager-Betriebsratsvorsitzenden selbst betrieben werden, ist die Berufung auf die Satzung zur Maßregelung der „Alternative“ offensichtlich ein Vorwand.

Unangenehm ist den versammelten Bürokraten der Berliner IG Metall-Spitze die offene Kritik der „Alternative“ an den in vielen Betrieben üblichen Mauscheleien zur Ausdehnung von Leiharbeitsverhältnissen, zum Mittragen des Missbrauchs von Kurzarbeit etc. - alles natürlich im Dienst der „Standortsicherung“. Da dürfen dann natürlich keine vertrauenswürdigen Details an die Öffentlichkeit kommen.

Zur Unterstützung der „Alternative“-Kollegen hat sich ein Solidaritätskomitee gebildet, da den Betroffenen in einem Untersuchungsverfahren jede öffentliche Stellungnahme untersagt ist - andernfalls droht der sofortige Ausschluss. Neben der Organisierung von Protestresolutionen und Unterschriftenlisten war der Höhepunkt der Komitee-Arbeit bisher die Durchführung einer Diskussionsveranstaltung am 29. Mai, zu der (an einem Samstag!) überraschend 170 Interessierte kamen und einhellig eine Solidaritätserklärung unterstützten.

Dabei wurde auch deutlich, dass die Berliner Verfahren sich einreihen in andere, derzeit im Bundesgebiet angestrebte oder angedrohte Ausschlussverfahren. Der Kampf um unsere Gewerkschaften, deren innere Demokratie und deren politische Ausrichtung muss mit aller Macht aufgenommen werden - gegen die Bürokratie und deren Machenschaften!

Nähere Informationen zum Berliner Verfahren, sowie Möglichkeiten für Unterstützung der vom Verfahren Betroffenen (Unterschriftenlisten, Termine für Treffen usw.) finden sich unter: www.solikreis.blogspot.com

Leserbrief schreiben   zur Startseite


Nr. 150, Juni 2010
*  Mega-Sozialraub der Regierung: Klassenkampf gegen die Kürzungswelle
*  Heile Welt
*  Europa: EU in der Krise
*  Griechenland: Am Scheideweg
*  1.-4. Juli: Europäisches Sozialforum: Lasst sie für ihre Krise zahlen!
*  Behr Stuttgart: Totgesagte leben länger
*  Ausschlussdrohungen gegen oppositionelle MetallerInnen: Schluss mit der Repression!
*  9. Juni: Auf zum Bildungsstreik!
*  Sexismus und Medien: Das öffentliche Weibchen
*  Fußball-WM: Unternehmen Fußball
*  Pakistan: UHS-Streik braucht Unterstützung!
*  Thailand: Lehren einer Revolte
*  Ölpest im Golf von Mexiko: Deep Watergate
*  Angriff auf Schiffskonvoi für Gaza: Israelische Armee ermordet FriedensaktivistInnen!