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Mandatsperiode und Kolonisierung

V. Das Projekt einer massenhaften Kolonisierung Palästinas durch jüdische Siedler aus Osteuropa wäre niemals über das Stadium einer bloßen Utopie hinausgelangt, hätte es nicht in die Pläne der imperialistischen Mächte, das Osmanische Reich zu zerstückeln, gepasst - ein Prozess, der bereits in den 40er Jahren des vorletzten Jahrhunderts begonnen hatte. Bereits im Mai 1916 legten der französische und britische Imperialismus diesen Plan im berüchtigten Sykes-Picot-Abkommen nieder.
Die Imperialisten entwickelten einen Plan zur Spaltung der Araber mittels der Förderung Verbündeter, die ihnen bei der Beherrschung der Region helfen würden. Einer dieser Verbündeten sollte das Projekt einer kolonialen Besiedlung Palästinas sein. Für den Imperialismus waren dabei Projekte wie die des Großbourgeois Rothschild direkt verwertbar. Die Balfour-Deklaration vom November 1917 erklärte, dass Großbritannien den Aufbau einer "nationalen Heimstatt" für die Juden in Palästina unterstützte.
Die Hauptgründe Großbritanniens dafür waren militärstrategische: die Kontrolle des Suez-Kanals, die Eisenbahnlinien zum Persischen Golf und Landeplätze für die geplante Luftverbindung nach Indien. Zusätzlich wäre die wirtschaftliche Kontrolle der irakischen und persischen Ölfelder noch dadurch erleichtert worden. Ab 1918 begannen Chaim Weizmann und die zionistische Kommission unter Schutz der britischen Militärbehörde die Siedlergemeinschaft in Palästina zu organisieren. Eine Quote von 16-17000 Einwanderern pro Jahr wurde vereinbart. Zwischen 1918 und 1939 führte dies zu einem Anstieg der jüdischen Bevölkerung von 60000 auf 445000, nahezu 30% der Bevölkerung. Durch verschiedene zionistische Agenturen wurde das Land gewöhnlich den in Beirut oder Ägypten wohnenden Großgrundbesitzern abgekauft. Die arabischen Pachtbauern wurden ohne großes Aufheben von dem Land verjagt, das ihre Vorfahren jahrhundertlang bebaut hatten.
Doch dies führte nur dazu, dass sogar noch 1939 nur 5% des gesamten Bodens in Palästina sich in jüdischen Händen befand. Nur durch Diebstahl, Massenvertreibungen und Terror konnte die palästinensische Bauernschaft enteignet werden. Neben Siedlern und Land konnte jedoch nur ein massiver Kapitalzufluss die Siedlerkolonie errichten. Einwanderer der jüdischen Bourgeoisie aus Deutschland, denen durch rassistische Einwanderungsgesetze es verwehrt blieb, nach Großbritannien, Frankreich und in die USA einzureisen, brachten beträchtliche Kapitalmengen zwischen 1920 und 1935 ins Land.

VI. Land, Einwanderung und Kapital mussten durch das wesentliche Element jüdischer Arbeitskräfte ergänzt werden. Hier spielte der "Labour-/Sozialistische Zionismus" der "Poale Zion" eine entscheidende Rolle. Rothschild und die Zionisten der Großbourgeoisie waren hoch erfreut über die Überausbeutung der arabischen Arbeitskraft in ihren Niederlassungen und Fabriken, aber die "marxistischen" Zionisten erkannten, dass dies die jüdischen Siedler in eine privilegierte kleinbürgerliche Schicht verwandeln würde, abhängig von der Ausbeutung arabischer Arbeitskräfte und daher dazu verurteilt, schließlich von ihnen gestürzt zu werden. Deshalb propagierten und organisierten sie für eine ausschließlich jüdische Arbeitsbeschäftigung.
Dies führte zur Schaffung der Histadruth (Allgemeine Föderation Jüdischer Arbeiter im Lande Israel) 1920. Ihr Generalsekretär und führender Gründer Israels, David Ben Gurion, meinte: "Ich zweifle, ob wir ohne sie überhaupt einen Staat hätten." In der Zwischenkriegszeit war sie der israelische Staat in Keimform. Sie organisierte einen systematischen Boykott und den Ausschluss arabischer Arbeitskräfte und zunehmend auch von Produkten arabischer Landwirtschaft. Nach der Regierung war sie seit den 30er Jahren der größte Arbeitgeber.
Bis 1936 genoss dieser Prozess die wohlwollende Unterstützung und den Schutz der britischen Mandatsbehörden, die systematisch den Arabern und Palästinensern die Anerkennung als Nation oder Volk verweigerten, da nur Glaubensgemeinschaften offiziell anerkannt wurden. Den Arabern wurden keinerlei bürgerliche oder politische Rechte zugestanden, während die "Jewish Agency" als halboffizielle Körperschaft beratend wirkte.
Die jüdischen Siedler, die aus einem imperialistischen - wenn auch einem rückständigen - Staat kamen, erwarteten sich ein europäisches Lohnniveau, an das sie gewöhnt waren. Den palästinensischen Arabern wurde eine historisch niedrigere Subsistenzrate bezahlt. Nach rein ökonomischen Maßstäben konnte daher die jüdische Arbeitskraft gegenüber einem neutralen Kapitalisten niemals in den Wettbewerb um Einstellung treten. Daraus folgte die Notwendigkeit einer isolierten, abgesonderten jüdischen Wirtschaft. Die jüdischen Arbeiter stellten daher von Anfang an in Palästina eine Arbeiteraristokratie dar. Das Durchschnittseinkommen bei ungelernten Arbeitern war doppelt so hoch - und auch bei Facharbeitern verdiente der jüdische Siedler noch 70% mehr als sein arabisches Gegenstück.
Während das Klassenprofil des Yishuv (der jüdischen Gemeinde der Mandatszeit) eine grundlegend fortgeschrittene kapitalistische Struktur aufwies, zeigte die arabische Bevölkerung das Profil einer rückständigen wirtschaftlichen Entwicklung. Unter den Arabern arbeiteten 1943 59% in der Landwirtschaft, während bei den Juden der Anteil 19,1% betrug. In Bauwesen, Industrie und Bergbau war das Verhältnis umgekehrt, mit 11,9% bei Arabern und 30,6% bei den Juden.
Keine der linkszionistischen oder Iabourzionistischen Parteien stellte sich gegen diese bösartige Verletzung von Klassensolidarität und Internationalismus. Tatsächlich waren die Labour-Zionisten die Hauptverfechter dieser Apartheid-ähnlichen Politik. Die Histadruth war eine chauvinistische Arbeitsfront des Zionismus, welche die jüdischen Arbeiter an den Staat und die Unternehmer band, während sie die Klassenorganisation der arabischen Proletarier verhinderte. Sie war eifrig bemüht, Gewerkschaften vereinigter arabischer und jüdischer Arbeiter (z.B. die Eisenbahnergewerkschaft) zu spalten und zu zerstören. Schließlich baute die Histadruth 1934 eine lächerliche und ihr unterworfene arabische Sektion auf.