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Roto-Frank, Leinfelden

Frauen kämpfen gegen Kündigung

Frederik Haber, Neue Internationale 202, September 2015

Um die dreißig Jahre hat jedeR von ihnen Beschläge für Fenster und andere Bauelemente hergestellt. Im Mai haben 29 Beschäftigte von der Geschäftsführung die Kündigung erhalten, die meisten Frauen, fast alle MigrantInnen.

Die Gründe für das Unternehmen in der Nähe von Stuttgart sind wohl der Einbruch im Russlandgeschäft, aber auch das Bestreben, die Beladung der Maschinen durch Roboter zu erledigen.

Die Zahl 29 kommt zustande, weil ganz offensichtlich ein Sozialplan und Interessensausgleich vermieden werden sollte, der ab 30 Beschäftigten gefordert ist. Die Betriebsratsmehrheit segnete das Verfahren ab, erst anschließend wurde zur „Beschäftigungssicherung“ die Arbeitszeit um 10% verkürzt.

Einige Frauen hofften, als Schwerbehinderte noch auf die Unterstützung des Integrationsamtes, dieses winkte aber unternehmerfreundlich alles durch. Etwa die Hälfte der Betroffenen akzeptierte die Kündigung samt Abfindung, andere klagen dagegen. Und sie wollen wirklich kämpfen, nicht nur sich dem Urteil eines Arbeitsrichters unterwerfen.

Sie protestierten auf der Betriebsversammlung, sie organisierten gemeinsam mit den IG Metall-Vertrauensleuten einen Protest vorm Tor. Sie nahmen auch Kontakt mit KollegInnen des Metallertreffs auf, die in den letzten Jahren bei fast jedem Angriff in Metallbetrieben der Region Solidarität organisiert haben, v.a. gegen die Schließung des Werkes 8 bei Behr. Daraus entstand ein Solidaritätskreis, der sich auch über den Sommer regelmäßig getroffen hat.

Dieser Soli-Kreis hat die Aktion vor dem Betrieb mit einem Transparent unterstützt und eine Delegation zur IG Metall Esslingen geschickt. Der zuständige Sekretär erklärte seine grundsätzliche Unterstützung - außer für Proteste vorm Betrieb, da ja auch von Teilen des Betriebsrats und der Belegschaft die Entlassungen gestützt werden. Die Aussichten für die Kolleginnen sah er pessimistisch.

Für diesen Pessimismus ist allerdings die IG Metall, wenn auch nicht jeder einzelne Sekretär,  mit verantwortlich. Wie auch in anderen Teilbranchen und der Metallindustrie insgesamt, wird auch in der Beschlagindustrie jede Belegschaft sich selbst überlassen. So entlässt auch der direkte Konkurrent Siegenia 75 Beschäftigte in Deutschland und hunderte weitere an ausländischen Standorten. Siegenia liegt übrigens im Kreis Siegen, der Heimat des Vorsitzenden der IG Metall, Wetzel. Ebenso wenig wurde Solidarität innerhalb des Roto-Konzerns organisiert, national wie international.

So kann die Geschäftsführung mit dem Argument der „Konkurrenz“ und der notwendigen Anpassung daran prima operieren und ihr asoziales Handeln als alternativlos darstellen. Dabei wäre eine Enteignung solcher Firmen und Fortführung unter Arbeiterkontrolle deutlich einfacher als in der Autoindustrie mit ihrer weltweiten Arbeitsteilung. Die IG Metall aber denkt eben auch nicht über „Anpassung an Märkte“ und Konjunkturschwankungen hinaus.

Der Kampf der Roto-KollegInnen verdient auf jeden Fall alle Unterstützung. Dass migrantische Frauen die Speerspitze des Widerstands gegen das Unternehmerdiktat bilden, ist gerade in der IG Metall höchst selten. In den nächsten Wochen ist eine Solidaritätsveranstaltung geplant. Wir werden auf unserer Website und mit unserer wöchentlichen Infomail weiter berichten.

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Nr. 202, September 2015
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