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G8-Gipfel

Imperiale Weltordnung und globaler Widerstand

Dave Stockton, Neue Internationale 121, Juni 2007

Die G8-Führer treffen sich in Heiligendamm hinter einem knapp drei Meter hohen Stahlzaun mit Stacheldraht, Überwachungskameras und Bewegungsmeldern. Die Kosten für den Gipfel werden bislang auf ca. 100 Millionen € geschätzt. Innenminister Schäuble will für diese Zeit Grenzkontrollen wieder einführen, um "die Einreise von gewalttätigen und kriminellen Elementen nach Deutschland zu verhindern".

Doch schon heute befinden sich "kriminelle und gewalttätige Elemente" hinter dem Stahlzaun von Heiligendamm: es sind die G8-Führer.

Die G8-Verbrechen

Ihr größtes aktuelles Verbrechen ist wohl die Invasion und Besetzung des Iraks. Seit dem Beginn der Invasion am 18. März 2003 und heute sind mehr als 600.000 IrakerInnen aufgrund der Besatzung gestorben. Der UN-Flüchtlingsrat schätzt, dass über zwei Millionen IrakerInnen ihr Land seit dem Krieg verlassen haben und ca. 1,6 Millionen zu Binnenflüchtlingen geworden sind. Die Arbeitslosenrate liegt bei 70%, 54% der Bevölkerung leben von weniger als einem Dollar am Tag. Die Verantwortlichen für diese schreckliche Situation heißen George Bush und Tony Blair.

Russlands Präsident Putin trägt die Verantwortung für die Besatzung Tschetscheniens, dort starben seit 1994 150.000 bis 200.000 Menschen.

Die G8-Verbrechen haben ihre Ursache in der führenden Rolle der Staaten des Weltimperialismus - ein System, das auf ökonomischer Ausbeutung und militärischer Aggression aufgebaut ist. Einige "entwickelte kapitalistische Staaten" beherrschen die Welt und beuten sie aus.

Imperialismus = Hunger, Ausbeutung und Ungleichheit

Die Verbrechen der G8 rühren nicht allein aus ihren Kriegen, sondern vor allem aus ihrer täglichen Ausbeutung der Menschen und des Planeten. Dies führt zur eigentlichen Katastrophe: dieses System ist nicht in der Lage, die Bedürfnisse der Menschen weltweit zu befriedigen.

Der Hauptgrund für die weltweite Ungleichheit liegt in der Tatsache, dass es zwei "Arten" von Staaten gibt. In der ersten Gruppe leben 13% der Weltbevölkerung, die 45% des Welteinkommens bekommen - dazu gehören die USA, Japan, Deutschland, Großbritannien und Frankreich, diese 500 Millionen Menschen haben ein durchschnittliches Jahreseinkommen von über 11.500 $.

In der zweiten Gruppe leben 42% der Weltbevölkerung, die nur 9% des Welteinkommens erhalten. Zu dieser Gruppe gehören Indien, Indonesien und das ländliche China - d.h. 2,1 Milliarden Menschen mit einem Jahreseinkommen von unter 1.000 $ im Jahr.

Beim G8-Gipfel entscheiden die Repräsentanten der Minderheit der Besitzenden über das Schicksal von Milliarden Besitzloser. Diese Minderheit will die weitere Kontrolle über die globalen Ressourcen und die industrielle und menschliche Arbeit in Heiligendamm planen. Dazu gehört die Durchsetzung der Doha-Runde von 2001 in der WTO, deren Ergebnisse seitdem gescheitert sind.

Die G8 werden auch die gefährlichen Ungleichgewichte der Weltwirtschaft diskutieren, die selbst an der Spitze des konjunkturellen "Booms" mit einem Wachstum der Weltwirtschaft von 5% im Jahre 2007 auftreten. Sie müssen ihre eigenen zunehmenden politischen und ökonomischen Rivalitäten zusammen bringen, um der Gefahr einer ökonomischen Krise zu begegnen.

Natürlich wollen sie auch ihr "Interesse" für die Armen der Welt zur Schau stellen, deren Situation würden sie gerne "verbessern" - solange es nicht auf Kosten der Reichen geschieht und den Interessen der G8 zuwider läuft.

Krokodilstränen für die Armen

Beim Finanzministertreffen der G8 in Vorbereitung des Gipfels von Gleneagles 2005 wurde ein „Schuldenerlass“ für die 18 hoch verschuldeten Staaten in Höhe von 40 Milliarden $ versprochen - Schulden, die diese Staaten bei der Weltbank, dem Internationalen Währungsfond und dem Afrikanischem Entwicklungsfond hatten. In Ergänzung dazu wurde versprochen, die Entwicklungshilfe für Afrika um 25 Milliarden $ pro Jahr zu erhöhen. Die Ergebnisse sprechen eine andere Sprache. Die OECD hat festgestellt, dass die Entwicklungshilfe der G8 seit Gleneagles um 9% gefallen ist. 2006 haben die USA, Kanada, Japan und Italien zusammen 7,8 Milliarden $ weniger Entwicklungshilfe gezahlt als 2005. In der diesjährigen Agenda der deutschen Bundesregierung finden wir den Plan, die Entwicklungshilfe für Afrika auf 25 Milliarden $ pro Jahr zu erhöhen - kein Vergleich mit den versprochenen 67 Milliarden im Jahr 2005.

Zunehmende Konkurrenz der G8

Trotz der zur Schau gestellten Einheit der G8 gibt es wachsende Konkurrenz und Spannungen unter Ihnen. Die Beziehungen zwischen den USA und Russland befinden sich in einem Zustand, dass viele US-Medien von einem neuen "Kalten Krieg" sprechen. Dies begann mit der Entscheidung des NATO Gipfels 2002 in Prag, die baltischen Staaten Estland, Litauen und Lettland in die NATO aufzunehmen, was 2004 auch geschah. Putin sieht diese Entwicklung richtigerweise als weiteren Versuch der USA und der EU, Russland zu schwächen und ihren Einfluss auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR auszubauen. Passenderweise beschrieb Putin die USA als „hungrigen Wolf, der alles greift, was ihm nahe kommt".

Dies steht im Zusammenhang mit finanziell gut ausgestatteten US-amerikanischen und europäischen "Institutionen für Demokratie", verschiedenen Medien wie CNN oder Deutsche Welle, die aktiv Politik für den Westen in der ehemaligen Sowjetunion betreiben. Am meisten hat die "Orangene Revolution" (Nov.2004-Jan2005) in der Ukraine Russland betroffen, welche den pro-russischen Präsidenten Viktor Janukowitsch gegen den pro-westlichen Viktor Juschenko austauschte.

Die letzte Zunahme der Spannungen zwischen den USA und Russland liegt an den Raketenplänen der USA mit Abschussrampen in Polen und Radaranlagen in Tschechien, die weit ins russische Territorium reichen.

In der Ukraine hat die Auflösung des Parlaments durch Präsident Juschenko und die weiteren Attacken auf den Ministerpräsidenten Janukowitsch die Spannungen zwischen den beiden Volksgruppen, zwischen Ukrainern und Russen, weiter verschärft - auch die Neuwahlen im September werden den Konflikt nicht lösen, sondern nur eine weitere Etappe im nationalen Machtkampf darstellen.

Die Politik Moskaus zeigt, das Russland an ein Ende der amerikanischen Vorherrschaft seit 1991 glaubt - besonders durch die katastrophale Entwicklung im Irak.

Diese Instabilität der internationalen Beziehungen wird immer mehr sichtbar, die unilateralen Aktionen der USA bewirken eine neue Politik der anderen imperialistischen Mächte, vor allem von Deutschland und Russland, in Kombination mit Russland und China.

Der Widerstand nimmt zu

Asien ist von revolutionären und vor-revolutionären Situationen geprägt und bestimmt. Im letzten Jahr erlebten wir den revolutionären Sturz des nepalesischen Monarchen durch Massendemonstrationen der ArbeiterInnen und der Jugend in den Städten und der Kontrolle weiter Landstriche durch die Maoisten. Nun, ihrer Etappentheorie folgend - erst bürgerliche Demokratie, dann Sozialismus - sind die Maoisten in eine bürgerliche Regierung eingetreten, die den Monarchen von der Politik fernhalten soll, ihm aber Zeit lässt, die Konterrevolution vorzubereiten.

In Indien, in Nandrigram in West-Bengalen, gab es diesen März militante Konflikte zwischen der Landbevölkerung und ArbeiterInnen auf der einen und der Regionalregierung unter der Führung der CPI (M), auf der anderen Seite. Die Regionalregierung beschloss die gewaltsame Enteignung von Land zur Schaffung einer neuen Freihandelszone in West-Bengalen. Diese neoliberale Politik hat viele ArbeiterInnen und Bauern in West Bengalen von der CPI(M) getrennt.

In Pakistan haben viele Großdemonstrationen von Anwälten und Studenten gegen die Entlassung des Vorsitzenden des Obersten Gerichtshofes, Muhammed Chaundry, durch Diktator Musharraf zu einem blutigen Massaker mit mehr als 40 toten Demostranten geführt. Dies führt nun zu Generalstreiks, welche tatsächlich die Macht des Militärregimes unter Musharraf in Frage stellen.

In Lateinamerika trägt der Linkspopulismus weitere Früchte. Nach Hugo Chaez in Venezuela und Evo Morales in Bolivien wurde nun auch in Ecuador mit Rafael Correa ein Linkspopulist als Präsident gewählt. Dieser will dem Beispiel von Chavez-Morales folgen und eine Verfassungsgebende Versammlung einberufen, welche die Macht der weißen Elite in ihren Ländern und ihrer nordamerikanischen Herren brechen will.

In Mexiko, nach der "gestohlenen" Wahl des Jahres 2006, konnte der neoliberale Präsident Felipe Calderon seine Macht etablieren - auch aufgrund der Schwäche des populistischen Kandidaten Lopez Obrador. Trotzdem gibt es weiteren Widerstand gegen den neoliberalen Agenten der USA. Trotz der blutigen Repressionen gegen die Aufständischen von Oaxaca - die geplanten Angriffe auf die bürgerlichen Grundrechte garantieren weiteren Widerstand in Mexiko.

In Bolivien, speziell in der Region Santa Cruz, gibt es weiteren Widerstand der Bourgeoisie und der Großgrundbesitzer gegen die Regierung von Morales. Dieser rechte Widerstand lebt von der Schwäche der Regierung, ihre Wahlversprechen tatsächlich wahr zu machen - die Enteignung und Vergesellschaftung der natürlichen Ressourcen, von Öl und Gas, wird weiter das Ziel der revolutionären Massen in Bolivien sein.

Zusammen gefasst: Lateinamerika ist das Zentrum der heutigen sozialen Kämpfe. Der Linkspopulismus ist eine radikalisierende Kraft auf dem Kontinent, welche Auswirkungen weltweit hat. Doch der von Chavez rot gefärbte Linkspopulismus verbleibt immer noch im Rahmen des bürgerlichen Staates und der bürgerlichen Marktwirtschaft, wie die Entschädigung der ausländischen Konzerne der Ölindustrie wieder gezeigt hat.

Das Problem des Widerstands: die politische Führung

Die Krise der politischen Führung der Arbeiterbewegung und anderer sozialer Bewegungen ist derzeit das Haupthindernis auf nationaler und internationaler Ebene zur Transformation der Kämpfe in eine neue revolutionäre Periode, deswegen befinden wir uns heute in einer vor-revolutionären Periode. Aber das Fortschreiten der ökonomischen Krise, der Konflikte zwischen den imperialistischen Mächten kann dies in den nächsten Jahren schnell ändern.

Die aktuellen Führungen der Gewerkschaften und der Parteien, die für sich in Anspruch nehmen, die Interessen der ArbeiterInnen und Bauern zu repräsentieren, beweisen Tag für Tag, dass sie die Kämpfe nicht zum Sieg führen können. Im Gegenteil: sie verkaufen ihre Wähler und Mitglieder teilweise oder komplett in bürgerlichen Regierungen und Sozialpartnerschaften an den Gegner, die Bourgeoisie. Warum? Sie wollen kein Ende des blutigen Systems von Kapitalismus und Imperialismus, sie wollen das bestehende System nur reformieren. Mit einem solchen Programm sind weitere Niederlagen der Arbeiter und Bauern unumgänglich. Aber eine solche politische Führung ist nicht unumgänglich - diese kann und muss ersetzt werden!

Diese Krise der politischen Führung hat in allen sozialen Bewegungen gegen Neoliberalismus und Krieg ihren Höhepunkt erreicht. Auf allen Kontinenten, auch in Europa, haben die neoliberalen Angriffe von 2003-06 eine Reihe von Rückschlägen hinnehmen müssen, allerdings, ohne dass die Arbeiterbewegung selbst die Macht ergriffen, geschweige denn eine eigene politische Alternative aufbauen konnte. Daher konnten die Angriffe nach den Protesten auch meist in reale Politik umgesetzt werden.

In Frankreich trifft Sarkozy Vorbereitungen für einen französischen "Thatcherismus", gegen die militanteste Arbeiterklasse und Jugend auf dem Kontinent. In den folgenden Monaten und Jahren wird Frankreich der Schwerpunkt der Auseinandersetzungen sein. Die europäische Jugend und Arbeiterbewegung müssen ihre höchste Solidarität zeigen - nicht nur von außen, sondern v.a. dadurch, dass sie ihre Klassengegner im eigenen Land bekämpfen.

In Deutschland, Spanien und Italien kommen die Angriffe aktuell von bürgerlichen Arbeiterparteien, die die neoliberale Politik voll umsetzen.

Die Lähmung des Welt -und Europäischen Sozialforums, deren weitere Dominierung durch die NGOs und der Rechtsschwung in Nairobi, mit dem Ergebnis, dass nicht klar ist, wann und wo das nächste WSF stattfindet, sind ein klarer Ausdruck der Krise der politischen Führung.

Die größeren linken Kräfte in den Foren, wie die 4. Internationale und die IST (Internationale Sozialistische Tendenz) fürchten sich vor dem Bruch mit den bürgerlichen Kräften und sind erbitterte Gegner beim Kampf für eine neue Internationale. Dies zeigt erneut deutlich, dass sie keine Revolutionäre, sondern Zentristen sind, die zwischen revolutionären  Phrasen und reformistischer Praxis schwanken.

In diesen Verhältnissen ist die Frage nach einen kämpfenden linken Flügel gegen Kapitalismus und Imperialismus entscheidend.

Ein solcher Flügel muss auf der Grundlage einer klaren Ablehnung jeglicher Klassenkollaboration und/oder Volksfrontregierungen a la Romano Prodi mit neoliberalem Regierungsprogramm und Unterstützung imperialistischer Maßnahmen von NATO oder UN, aufgebaut werden.

Dieser Flügel muss klar auf der Seite der Angegriffenen des Imperialismus stehen, sei es im Irak oder Palästina, in Venezuela und Bolivien. Es muss alles getan werden, um den Widerstand zu stärken und die Kriegspläne der imperialistischen Staaten zu durchkreuzen und die Soldaten zur Verweigerung aufzurufen. Im Ganzen muss ein solcher Flügel für ein revolutionäres Aktionsprogramm kämpfen und für den Aufbau einer Organisation der sozialen Revolution - für die Fünfte Internationale - eintreten.

 

 

Unsere Protestagenda gegen die G8!

 

Beim Gipfel in Heiligendamm sind die Gruppe Arbeitermacht (Liga für die 5.Internationale) und die internationale kommunistische Jugendorganisation REVOLUTION Teil des "antig8 Bündnisses für eine revolutionäre Perspektive" (www.antig8.tk) gemeinsam mit dem antifaschistischen und antiimperialistischen Bündnis www.g8ersenken.de wollen wir unseren Protest gegen die G8 nach Heiligendamm und Rostock bringen.

 

2.6 . Internationale Großdemo in Rostock - Kommt zum internationalistischen und revolutionären Block! - Treffpunkt Hauptbahnhof, 12.00

3.6 . Aktionstag Landwirtschaft

4.6. Aktionstag Migration - Antirassistische Demo in Rostock

5.6. Aktionstag gegen Militarismus und Krieg - Kundgebungen in Rostock

6.6. Blockade des Flughafen Rostock-Laage und Massenblockaden des Gipfels

7.6. Weitere Blockaden und Sternmarsch

 

In Rostock - am Grenzschlachthof - werden wir ein internationalistisches revolutionäres Barrio aufbauen.

Am Sonntag, dem 3.6 sind wir an zwei zentralen Veranstaltungen im Barrio direkt beteiligt, genaue Uhrzeit und Ort werden auf dem Camp öffentlich gemacht.

 

Was tun? Für eine internationale Koordinierung der Kämpfe gegen die kapitalistische Offensive und gegen Imperialismus!

Sonntag, 3. Juni, 18.00 Uhr

Organisiert von Anti-G8-Bündnis für eine revolutionäre Perspektive

 

Vorwärts zum Aufbau einer neuen Jugendinternationale!

Perspektive des Widerstands der Jugend gegen Kapitalismus und Imperialismus

Organisiert von REVOLUTION, NDJ (Neue Demokratische Jugend) und SOL (Sozialistische Linke)

Sonntag 3. Juni, 14.00

Weitere Veranstaltungen und Filme unter: www.antig8.tk

 

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