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Sicherheitskonferenz 2017 in München

Mit Sicherheit gegen die allgemeine Verunsicherung der Imperialisten

Christian Mayer, Infomail 931, 26. Februar 2017

Am Wochenende vom 17. bis 19. Februar 2017 fand in München die 53. Sicherheitskonferenz (SiKo) statt. Geladen waren wie in den vergangenen Jahren VertreterInnen aus Politik und Wirtschaft, so unter anderem 80 VertreterInnen aus verschiedenen Regierungen wie etwa der neue US-Vizepräsident Mike Pence und der russische Außenminister Sergej Lawrow.

Bereits im Vorfeld war mit Spannung erwartet worden, wie sich die Vertreter der neuen US-Regierung und der russischen Regierung gegenüberstehen würden. So hatte ja Donald Trump nach seiner Wahl zum US-Präsidenten mehrfach angekündigt, er wolle die Haltung der USA gegenüber Russland auf den Prüfstand stellen und die diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern verbessern. Es war sogar davon die Rede, dass Trump ein Ende der US-Sanktionen gegen Russland in Erwägung ziehen würde.

Diskussionen und Ergebnisse der Sicherheitskonferenz

Aufgeschreckt wurden nun allerdings die europäischen TeilnehmerInnen der SiKo, als sowohl Trump selbst wie auch sein Verteidigungsminister James Mattis nicht nur die finanzielle Unterstützung seitens der US-Regierung, sondern gleich die ganze NATO als solche in Frage stellten bzw. für „obsolet“ erklärten (siehe hierzu http://www.arbeitermacht.de/ni/ni216/siko.htm).

Nun war also der neue US-Vizepräsident Mike Pence gefordert, die hoch aufgeschlagenen Wellen wieder zu glätten. Gleich zu Beginn seines Redebeitrages sagte er, dass sich die neue US-Regierung zur NATO als wichtigem Militärbündnis bekennen würde. Gleichzeitig erneuerte er die alte Forderung der USA, dass die anderen NATO-Partner sich ebenfalls an der Finanzierung der Kriegsallianz gleichermaßen beteiligen sollen, genauer mit 2 % ihres jeweiligen BIP. Weiter forderte Pence Russland dazu auf, sich an die Vereinbarungen des Minsker Friedensabkommens zu halten und zur Deeskalation des Bürgerkrieges in der Ukraine beizutragen. Abschließend erklärte er, dass die USA weiterhin an ihren Sanktionen gegen Russland festhalten werden, auch wenn man sich darum bemühen wolle, Wege der Kooperation mit Russland zu finden (siehe  http://www.faz.net/aktuell/politik/sicherheitskonferenz/lawrow-nato-ist-institution-des-kalten-krieges-14884152.html).

Die Antwort darauf von Russlands Außenminister Sergej Lawrow ließ nicht lange auf sich warten. In seinem Redebeitrag bezeichnete er die NATO als Institution des Kalten Krieges, welche an sich obsolet geworden sei. Weiterhin sagte er, die USA und Russland sollten auf pragmatische Beziehungen zueinander setzen, da dies „in unserem gemeinsamen Interesse, die amerikanisch-russischen Beziehungen zu stärken“, sei. (Ebenda) Auch führte Lawrow an, dass er wie auch die russische Regierung daran zweifeln würden, dass ein Elite-Club von Staaten die Welt langfristig alleine führen könne.

Bundeskanzlerin Angela Merkel indes dankte der US-Regierung für die Unterstützung der USA im Zusammenhang mit der NATO und erklärte ihrerseits, wie wichtig diese für das europäisch-amerikanische Verhältnis sei. Allerdings betonte sie auch, dass Russland im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus eine wichtige Rolle zukommen würde. Dies deshalb, weil Russland einer der wichtigsten Verbündeten des Irans ist und man sich dadurch erhofft, dass der gemeinsame Einfluss in der arabischen Welt damit stark genug ist, um gegen den radikalen Islamismus vorgehen zu können. Abschließend forderte Merkel in ihrer Rede, dass sich die Regimes und die Autoritäten der islamischen Welt vom radikalen Islam eindeutig distanzieren sollen.

Widersprüche

Anhand der Äußerungen von Pence bzw. Lawrow wie auch des Vorgehens beider Seiten lässt sich der Widerspruch zwischen den einzelnen imperialistischen Blöcken sehr deutlich erkennen. Durch die seit nunmehr bald neun Jahren andauernde Krise des Kapitalismus hat sich die als selbstverständlich geltende Hegemonialstellung der USA verringert. Nicht nur durch das Wiedererstarken des russischen Imperialismus und den Aufstieg des chinesischen Imperialismus ist der US-Imperialismus verstärkt unter Druck geraten. Durch verschiedenste Maßnahmen seitens der US-Bourgeoisie wird versucht, den Aufstieg der konkurrierenden Blöcke zu verhindern, sei es wie im Falle Russlands durch Wirtschaftssanktionen, um dessen ökonomische Position zu schwächen, oder durch politischen Druck, um die gegnerische Bourgeoisie zum Einlenken und zu Kooperationen zu zwingen, bzw. indem man, wie Trump im Falle Chinas, einen Handelskrieg billigend in Kauf nimmt, um die eigene Vormachtstellung zu untermauern. Zudem steht man in grundlegenden Interessen und Interessenssphären zueinander im Gegensatz, was auch den verschärften Kampf um die Neuaufteilung der Welt verdeutlicht, der wiederum Hauptmerkmal des imperialistischen Systems ist.

Dieser Kampf um die Neuaufteilung der Welt spiegelt sich nicht nur in gegenseitigen ökonomischen Sanktionen und dem Aufbau von politischem Druck, sondern auch in direkten wie indirekten militärischen Interventionen wieder, wie der Bürgerkrieg in Syrien zeigt, in dem die russische Armee auf der Seite des Assad-Regimes, einem seiner wichtigsten Verbündeten in der Region, kämpft. Gleichzeitig agieren dort aber auch Einheiten der US-Army, welche vordergründig die oppositionellen Kräfte hauptsächlich im Kampf gegen den IS beraten und unterstützen sollen, jedenfalls wenn es nach offizieller Darstellung der US-Regierung geht. Dies ist nur ein Beispiel für die Gefahr des Aufeinandertreffens von regionalen Verbündeten, die in Stellvertreterkriege zu entarten drohen, die ihrerseits aus dem Ruder laufen können.

Diese Zuspitzung und die tiefe innere Krise der Europäischen Union führen auch dem deutschen Imperialismus vor Augen, dass es so nicht weitergehen kann. Trumps Protektionismus und seine offen artikulierte Absicht, verlorenes Terrain auch auf Kosten von „Verbündeten“ zurückzuholen, führen zu einer politisch-ideologischen Um- und Aufrüstung des deutschen Imperialismus. „Europa“ – gemeint sind damit vor allem Deutschland, Frankreich und deren engere Verbündete – müsste seine „Hausaufgaben“ machen. Dann könne, so kalkulieren auch Teile des hiesigen politischen Establishments, man auch eine größere, „unabhängige“ Rolle spielen, mehr „Verantwortung“ übernehmen beim Kampf um die Neuaufteilung der Welt. Das heißt erstens im Inneren der EU die „Einigung“ unter eigener Vorherrschaft voranzutreiben – was auch ein Europa der „zwei Geschwindigkeiten“ einschließt, ja geradezu aufdrängt. Nachdem die kapitalistische Vereinigung für die Bevölkerung wenig Positives zu bieten hat, sollen jetzt ihre Vorzüge und Notwendigkeiten durch die größere Instabilität der Weltlage und die Politik von Trump (und Putin) gerechtfertigt werden. Dass man selbst aufrüsten will und die eigenen militärischen Schwächen überwinden muss, will man als globale Macht bestehen, wird so geradezu als „aufgezwungener“ Akt der „Selbstverteidigung“ dargestellt. Verglichen mit „irrationalen“ Rassisten und Despoten gibt sich die deutsche Regierung gern als Hort von „Demokratie“ und Menschenrechten, die die Festung Europa Flüchtlingen und MigrantInnen vorenthält, zum Hort von „BürgerInnenrechten“, die auch hier im Namen der „Terrorbekämpfung“ geschliffen werden.

Die – im Vergleich zu den Regierungen der USA, Russlands, Chinas oder selbst Britanniens und Japans – verständigungsorientierte Rhetorik der deutschen Regierung und der EU ist vor allem Rhetorik, zum anderen auch den unmittelbaren Exportinteressen der deutschen Industrie geschuldet, die unter einer „offenen Welt“ vor allem einen offenen Markt versteht. Auch ihr geht es nicht um „Menschenrechte“, sondern um ökonomische und geopolitische Interessen.

Proteste gegen die SiKo

An der jährlich stattfindenden Demonstration beteiligten sich laut dem Bündnis gegen die SiKo etwa 3.000 TeilnehmerInnen. Diesmal wurden zwei Aktionsformen geplant und umgesetzt, zum einen der Demozug und zum anderen eine Umzingelung des Tagungsortes Hotel „Bayerischer Hof“ entlang der sogenannten „Sicherheitszone“, um den Protest aktiv in die Nähe des Tagungsortes bringen zu können. Wie auch schon in den vergangenen Jahren kam es auch in diesem Jahr zu Provokationen seitens der Bullen, zum einen dadurch, dass etwa 30 AktivistInnen aus Nürnberg an der Teilnahme am Demozug gehindert und über mehrere Stunden eingekesselt wurden mit der fadenscheinigen Begründung, sie hätten angeblich die Sicherheitszone betreten wollen, obwohl sie sich außerhalb dieser am Marienplatz befanden. Außerdem wurde der Demozug permanent abgefilmt und der Antikapitalistische Block an der Demospitze durch eine Einsatzhundertschaft der niedersächsischen Landespolizei angegriffen. Allerdings konnte der Block als solcher verteidigt werden (weitere Infos zur Demo unter https://linksunten.indymedia.org/de/node/204346). Wir verurteilen die Angriffe und Schikanen aufs Schärfste, antimilitaristischer und antikapitalistischer Protest sind und bleiben legitim!

Aus Solidarität mit den Eingekesselten blieb auch der Demozug ca. 1,5 Stunden stehen und zog schließlich weiter, um den kämpferischen Protest in die Nähe des Hotels „Bayerischer Hof“ zu tragen.

Man kann es durchaus als Erfolg werten, dass anders als in den Jahren zuvor der Demozug so nah wie selten an den Tagungsort (unmittelbar an die Grenze der „Sicherheitszone“, welche durch Hamburger Gitter markiert wurde) herankam, allerdings sind die Mobilisierungs- und TeilnehmerInnenzahlen an der Demo seit Jahren auch rückläufig. Wurde noch vor zehn Jahren bundesweit zur Demo gegen die SiKo mobilisiert, was auch daran lag, dass in jenem Jahr der G8-Gipfel in Heiligendamm bei Rostock stattfand, und nahmen damals noch mehr als 6.000 Menschen an der Demo teil, so hat sich die TeilnehmerInnenzahl doch halbiert, was nicht nur an der geringeren Mobilisierung liegt, sondern auch die Krise innerhalb der „radikalen Linken“ zeigt. Doch gerade angesichts der sich immer mehr verschärfenden Widersprüche im Kapitalismus, einem Großereignis wie dem G20-Gipfel im Juli diesen Jahres in Hamburg wie auch dem zunehmenden Rechtspopulismus und dem Wiedererstarken rechter Kräfte braucht es eine kämpferische, militante Massenbewegung, die koordiniert gegen die Angriffe von Staat, Kapital und RechtspopulistInnen bzw. DemagogInnen à la Trump, Le Pen, Wilders und AfD vorgeht.

Lasst uns gemeinsam diese Massenbewegung und einen Massenprotest aufbauen und koordinieren!

Gemeinsam gegen Rassismus, Ausgrenzung und rechte Angriffe!

Auf zum G20-Gipfel nach Hamburg am 07. und 08.2017 sowie zum G20-Treffen der FinanzministerInnen nach Baden-Baden am 18.03.!

Hoch die internationale Solidarität!

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Nr. 216, Februar 17

*  Münchner Sicherheitskonferenz: Im Zeichen zunehmender Konflikte
*  Neuaufteilung der Welt: Fitnessprogramm für die Bundeswehr
*  Amtsantritt Trumps: Ein Präsident für wenige, Proteste für viele
*  Öffentlicher Dienst: Landesbeschäftigte in Warnstreiks
*  Sozialchauvinismus in der Linkspartei: Wagenknecht und kein Ende
*  Russland 1917: Februarrevolution
*  Nach dem Fall Aleppos: Das Ende der syrischen Revolution
*  Türkei: Nein zur Verfassungsänderung!
*  Verschärfung rassistische Gesetze: Deutsche und europäische Flüchtlingsabwehr
*  Massenabschiebungen afghanischer Geflüchteter: Nein zum Mord auf Raten!