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Bilanz Landtagswahlen

Welche Alternative?

Hannes Hohn, Neue Internationale 193, Oktober 2014

Die jüngsten ostdeutschen Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg zeigten einige interessante Trends. 1. Die Wahlbeteiligung war überall sehr niedrig (zwischen 53 und 48%) und weist zudem einen negativen Trend auf. 2. In allen drei Ländern schaffte die AfD sofort den Einzug ins Parlament: Sachsen 9,8%, Thüringen 10,6, Brandenburg 12,2. 3. Die FDP setzt ihren Abwärtstrend Richtung politische Bedeutungslosigkeit fort und ist in den drei Landtagen nicht mehr vertreten. 4. Die beiden bürgerlichen Arbeiterparteien (bürgerliche Politik, aber soziale Verankerung in der Arbeiterklasse) SPD und die LINKE mussten in der Summe starke Verluste hinnehmen. Das konservative Lager - CDU und AfD - konnte zulegen. Abgesehen vom Ausmaß des Erfolgs der AfD waren das allerdings alles keine Überraschungen.

Die AfD

Ein Großteil der AfD-WählerInnen hat der AfD ihre Stimme „aus Protest“ gegeben. Sie konnte von allen Parteien WählerInnen gewinnen. Doch die AfD ist keineswegs nur eine kurzfristige Wahloption oder eine politische Eintagsfliege. Sie ist eine rechts-konservative Partei, die offenbar auch zum Sammelbecken des organisierten Rechtspopulismus zu werden versucht.

Neben einem allgemeinen Konservatismus, der an frühere Zeiten der CDU erinnert, prägen v.a. zwei Bereiche ihre Politik und die öffentliche Wahrnehmung der AfD: Europa und die Asylpolitik. Ihre EU- und Euro-Kritik drückt die Interessen breiter Schichten kleinerer Kapitalisten aus, die weniger vom Export und vom billigen Geld für die Großkonzerne profitieren und (zurecht) Angst vor weiteren Turbulenzen in der EU und im Euro-Raum haben. Und natürlich spricht die AfD auch die berechtigten Ängste der Bevölkerung vor der Europa-Krise an. Ihnen allen gaukelt die AfD vor, dass die D-Mark oder eine Umstrukturierung der EU, ein Kern-Europa u.ä. die Probleme im Gefolge der allgemeinen Krise des Kapitalismus lösen könnte.

Offen reaktionär und rassistisch äußert sich die AfD zur Frage der Flüchtlinge. Grenzen zu, Abschiebung und schärfere Sanktionen lauten da ihre kruden Rezepte. Die AfD hat es da natürlich leicht, weil sie an ähnliche Positionen der CDU/CSU, der NPD oder von Leuten wie Sarrazin anknüpfen kann. Dass die AfD auch personell aus dem bräunlichen Sumpf schöpft, wurde gerade in Brandenburg deutlich, wo gleich mehrere Abgeordnete als frühere Mitglieder der REPs o.a. rechter Gruppierungen geoutet wurden.

Erwähnenswert ist (auch wenn das für den Wahlerfolg sicher nicht besonders wichtig, weil wenig bekannt, war), dass die AfD die einzige Partei ist, welche der Energie-Wende grundsätzlich kritisch gegenübersteht. Das verweist darauf, dass die AfD für Teile der deutschen Bourgeoisie zum Sprachrohr wird. Ansonsten gibt sich auch die AfD strikt neoliberal, was jedoch vielen Protest-WählerInnen, die eher zu den Verlierern der Krise gehören, wohl kaum  bewusst ist.

Doch der Erfolg der AfD - wie auch das insgesamt gute Abschneiden der CDU - erklären sich v.a. auch daraus, dass die „linken“ Parteien, die SPD, die Grünen und v.a. die LINKE, kaum als grundlegende politische Alternativen angesehen werden. Zwar haben sie natürlich zu etlichen Fragen eine andere Position als AfD oder CDU, doch davon, dass sie für ihre Positionen mobilisieren würden und dadurch überzeugen könnten, kann keine Rede sein.

Die Linkspartei

Ihr Abschneiden belegt, dass sie weiter an Attraktivität eingebüßt hat. In Sachsen büßte sie 1,7% ein, während dort sogar die SPD um 2% zulegen konnte. Selbst in Thüringen, wo sie immer noch die Chance hat, den Ministerpräsidenten zu stellen, und mit dieser “Machtoption“ sicher besser mobilisieren konnte, holte sie lediglich 0,8% mehr.

Falls Bodo Ramelow und die LINKE dort an die Regierung kommen, sollten sie schon Mal einen  Blick nach Brandenburg werfen, wo die LINKE (wie vormals in Berlin) als Mitregierungspartei  regelrecht abgestraft wurde: sie rutschte auf 18,6% ab und verlor 8,6%! Trotzdem darf sie nun weiter mit der SPD den Kapitalismus in Brandenburg verwalten und daran arbeiten, ihre Wählerschaft zu halbieren, wie es ihre Berliner GenossInnen schon erfolgreich vorgemacht haben.

Diese erneute deftige politische Quittung für die LINKE in Brandenburg zeigt, dass die Strategie, über Parlamentarismus und Mitregieren „die Republik zu verändern“, nicht aufgeht. Was sich verändert, ist die LINKE selbst - sie geht weiter nach rechts, wird immer ununterscheidbarer von der SPD und büßt weiter ihre ohnehin schon schwache Mobilisierungskraft ein.

Im Falle des barbarischen Krieges Israels gegen die PalästinenserInnen versagte die Führung der LINKEN dem Widerstand gegen die zionistische Aggression nicht nur jede Solidarität - sie stimmte sogar noch in den offiziellen Hetz-Chor gegen den vermeintlichen Antisemitismus ein. Wer selbst solche Chancen, eine wirklich alternative linke Politik zum machen, nicht nutzt, der hat auch nichts anderes verdient, als ignoriert zu werden.

Das ernüchternde Erscheinungsbild der Linkspartei sollte endlich jene Linken in der Linkspartei, die davon ausgehen, dass aus ihr ein relevantes antikapitalistisches Milieu zu gewinnen wäre, davon überzeugen, dass sie einer Chimäre nachjagen. Sie sollten vielmehr am Aufbau einer antikapitalistischen Alternative zur Linkspartei mitwirken!

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Nr. 193, Oktober 2014
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