Arbeitermacht
Liga für die fünfte Internationale

Nord & Südamerika Europa Asien & Australien


google.de arbeitermacht.de

Karstadt

Vor schmerzhaften Amputationen?

Peter Lenz, Neue Internationale 193, Oktober 2014

Nach und nach lässt der neue Karstadt-Besitzer Benko die Katze aus dem Sack. Demnach stehen 20-30 kleinere Kaufhäuser auf der Kippe. Über 2.000 Vollzeitstellen sollen abgebaut werden. Das trifft aber viel mehr Beschäftigte, weil viele in Teilzeit arbeiten. Abgeholzt werden soll auch in der Essener Verwaltung. Doch Benko hat noch mehr vor.

„Digitale Strategie“

Er will die Marke Karstadt auch als Internet-Warenhaus etablieren. Das soll von Anfang an profitabel funktionieren:

„Der angeschlagene Warenhauskonzern Karstadt will einem Bericht zufolge mit Hilfe eines externen Partners sein Internet-Geschäft forcieren. Interimschef Miguel Müllenbach habe dem Aufsichtsrat Pläne zur Fremdvergabe (Outsourcing) des Online-Shops vorgestellt. (...) Angestrebt werde ein Betreibermodell mit einem externen Partner, dass von Anfang an ein positives operatives Ergebnis erzielen müsse.“ (http://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-dienstleister/mit-externem-partner-karstadt-will-online-handel-ausbauen/10731450.html)

Daneben sollen Edelwarenhäuser unter dem Label „KaDeWe Group“ aufgebaut werden. "Unter dem Dach der KaDeWe Group sind natürlich weitere Eröffnungen, etwa in Frankfurt am Main, Wien oder Prag, vorstellbar", erläuterte Maeder. KaDeWe, Oberpollinger und Alsterhaus erzielten 2013 einen Umsatz von 600 Millionen Euro. Benko's Signa-Holding hatte im September 2013 die Mehrheit an den lukrativsten Teilen von Karstadt - den Sporthäusern und den Luxus-Häusern - teilweise erworben. „Die Gründung einer Luxusgruppe nach dem Vorbild des Berliner Premium-Kaufhauses KaDaWe schürt die Befürchtungen, dass ein größerer Kahlschlag bevorsteht, zusätzlich.“ http://www.n-tv.de/wirtschaft/Premium-Haeuser-sollen-wachsen-Benko-baut-eine-schicke-Gruppe-um-KaDeWe-article13587411.html

Die Belegschaften der Edel-Kaufhäuser werden von den Beschäftigten der gefährdeten Kaufhäuser abgespalten. So wird die Kampfkraft der Beschäftigten von vornherein ausgehöhlt.

Ver.di: Kritik und „Ratschläge“ an Benko

Gefordert wird der Wiedereinstieg in Tarifverhandlungen, aber Benko hat relativ humorlos mehr „Arbeit nach Bedarf“ gefordert, Lohnverzicht und Mehrarbeit. Also das Programm, das schon von Vorgänger Berggrün praktiziert wurde.

„Benko stellte seine Sanierungspläne vor und deutete zugleich neue Einschnitte für die Mitarbeiter an. Die vom Unternehmen vorgelegten Pläne seien für die Beschäftigten unzumutbar“, meinte ver.di-Verhandlungsführer Arno Peukes. Weiter sagte er, dass die Unternehmensseite u.a. auch einen Verzicht auf Tariferhöhungen in den kommenden Jahren gefordert.

Ver.di kritisiert, dass die Benko-Pläne sich nur auf weitere Kosteneinsparungen richten. Dazu sollen das Weihnachts- und das Urlaubsgeld auf den Prüfstand gestellt und eine Verlängerung der tariflichen Regelarbeitszeit erreicht werden. Dagegen besteht die ver.di-Tarifkommission auf einer Standort- und Beschäftigungssicherung und einer Rückkehr in die Tarifbindung.

Ver.di fordert „Investitionen in überzeugende Zukunftskonzepte, die nur mit zufriedenen und motivierten Beschäftigten funktionieren.“ Das schließt aber ein, dass sich die Karstadt-Eigner auf die ver.di-Vorstellungen einlassen. Ver.di fordert eine „Sortiments- und Beschaffungspolitik, die sich an den Kundenwünschen vor Ort orientiert, viel Entscheidungsspielraum für die Geschäftsführungen der Häuser auf Service und Beratungsqualität. Gerade in Zeiten des demografischen Wandels gehört das zum A und O des Erfolgs.“ Anstatt den Kampf wirklich konsequent zu führen, versucht sich ver.di in Co-Management. Nur wird sich Benko einen Teufel darum scheren.

Welche Aufgaben sollten diskutiert werden?

Die Frage ist, ob und wie Widerstand entwickelt werden kann. Da ist zum einen die Frage, was sich innerhalb der Belegschaft selbst an Widerstandspotential entwickelt, zum anderen, welche Unterstützung linke Organisation zu bieten haben?

Dazu gehört auch eine Auseinandersetzung um die gesellschaftlichen und politischen Zusammenhänge und die Perspektiven der Handelsbeschäftigten. So etwas geht ansatzweise, wie die Unterstützungsgruppen für die Amazon-Belegschaften zeigen. Streiken können die Belegschaften selbst, aber sie brauchen Solidarität von außen. Vor ähnlichen Aufgabenstellungen stehen wir auch bei den aktuellen Kämpfen gegen Arbeitsplatzvernichtung bei WMF, Osram und anderen.

Leserbrief schreiben   zur Startseite


Nr. 193, Oktober 2014
*  Streikkonferenz: Renovierte Apparate oder Basisopposition
*  Gewerkschaftseinheit: Ja - aber wie?
*  GdL-Streik: Überzogener Kampf oder berichtigte Gegenwehr?
*  Revolution-Brüschüre: Solid - if everything goes right, go left
*  Karstadt: Vor schwerzhaften Amputationen?
*  Bilanz Landtagswahlen: Welche Alternative?
*  ALB-Auflösung: Das Neue ist steinalt
*  Wahlen in Oktober: Brasilien am Scheideweg?
*  Ukraine: Was kommt nach dem Waffenstillstand?
*  Heile Welt
*  US-Luftangriffe im Irak und Syrien: Obama's neue "Koalition der Willigen"
*  Solidarität mit Kobenê! Solidarität mit dem kurdischen Volk!