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Klimawandel

Der Katastrofe entgegen

Stuart King, Neue Internationale 107, Februar 2006

Die Welt treibt auf eine Klimakatastrophe zu. Die Temperatur könnte in den nächsten hundert  Jahren um 1,4 bis 5,8 Grad ansteigen. Die Erwärmung der Atmosphäre hat schon heute dramatische Auswirkungen:

Das Eis der Arktis ist in wenigen Jahren um ein Fünftel geschmolzen. Das schmelzende Grönlandeis könnte langfristig den Meeresspiegel um sechs Meter anheben. Ganze Inselstaaten würden im Meer versinken und weite Küstengebiete überflutet.

Gletscher und Bergschnee schwinden. Millionen Menschen in Asien und Lateinamerika sind auf das jahreszeitliche Schmelzwasser angewiesen. Der in manchen Regionen schon jetzt spürbare Wassermangel würde noch größer. Zugleich ruft das rasante Abtauen Schnee- und Schlammlawinen hervor, bedroht Dämme und die Stromerzeugung aus Wasserkraft.

Ganze Regionen werden zu Wüsten oder versteppen. Das beeinträchtigt die Nahrungsmittelerzeugung. Die Erwärmung der Meere führt zu einem Anstieg des Wasserspiegels, Häufigkeit und Intensität von Hurrikans nehmen zu. Die dadurch hervorgerufenen Zerstörungen nehmen katastrophale Ausmaße an, wie zuletzt der Hurrikan vor New Orleans gezeigt hat.

Millionen Menschen werden im Gefolge des Klimawandels ihre Existenzgrundlagen verlieren oder ihr Leben einbüßen.

Die Gründe für den weltweiten Temperaturanstieg sind wohlbekannt. Er wird hauptsächlich vom erhöhten Ausstoß an Kohlendioxyd aus der Verbrennung fossiler Stoffe wie Erdöl, Kohle und Gas verursacht. Die Lösung liegt ebenfalls auf der Hand: Organisierung eines massiven Wechsels von fossilen Brennstoffen hin zur Verwendung erneuerbarer Träger und Sparsamkeit beim Umgang mit Energievorräten.

Wenn die kapitalistischen Führer der Welt den Klimawandel ernst nehmen würden, hätten sie längst nationale und internationale Notpläne aufstellen müssen. Darin müssten folgende Punkte enthalten sein:

Wechsel von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energieformen (Wind- und Sonnenenergie, Biogas, Erdwärme usw.), Einbau von Filtern in Kraftwerke oder deren Zwangsschließung;

Änderung der Verkehrssysteme; Vorrang von öffentlichem vor privatem Verkehr; Förderung umweltfreundlicher Verkehrsmittel, Verminderung des Luftverkehrs zu Gunsten von Eisenbahnverbindungen;

Wirkungsvolle Maßnahmen gegen Energieverschwendung wie Wärmedämmungen an Häusern und Ausstattung von Gebäuden mit Energiespeicher- und Rückgewinnungsanlagen, Gewährung höherer Zuschüsse für private Anwendung von Sonnen- und Windkraft, strenge Vorschriften zur Verbesserung industrieller Nutzungsformen.

Die Spitzen der kapitalistischen Welt wie Bush, Blair oder Chirac, aber auch die ‚umweltfreundliche’ deutsche Regierung werden solche nachhaltigen Maßnahmen jedoch nicht oder nur zögernd umsetzen, weil dies Staat und Kapital riesige Summen kosten würden. Energie und andere Güter würden sich verteuern - die Konkurrenzfähigkeit würde sinken.

US-Präsident Bush ist in dieser Hinsicht ehrlich und sagt öffentlich, dass die US-Regierung keine Gesetze erlassen werde, welche die US-Industrie schädigen könnten.

Britanniens CO2-Emission ist seit Blairs Amtsantritt 1997 um 5,5% gestiegen. In Deutschland sieht die Bilanz der letzten 15 Jahre besser aus. Doch das ist zum großen Teil auf die Zerstörung der ostdeutschen Industrie nach 1990 zurückzuführen. Auch die bescheidenen - wenn auch im internationalen Vergleich relativ ambitionierten - CO2-Sparziele wurden nicht erreicht.

Ein wahrer Dschungel von Programmen zur Förderung von Solar-, Wind- u.a. umweltfreundlichen Energiequellen täuscht nicht darüber hinweg, dass in den strategischen Fragen (Verkehr, Energieeinsparung, massenhafte Einführung von „Sparautos“ usw.) nichts passiert. Seit Jahren geht es kaum einen Schritt über diverse Pilotprojekte, Versuchsmodelle, Insellösungen usw. hinaus.

Ein Beispiel. Die umweltfreundliche Erzeugung von Energie aus Wasserstoff ist mittlerweile technisch machbar und prinzipiell auch massenhaft anwendbar. Woran scheitert es aber? An den Profitinteressen der Energiemultis und der Autokonzerne, die weiter ihr Öl und ihre herkömmlichen Autos verkaufen wollen. Doch sogar dann, wenn diese ihre „moralische Verantwortung“ entdecken würden, wären selbst ihre riesigen Kapitalmengen unzureichend, um eine flächendeckende Umrüstung von Autos, Tankstellen usw. zu finanzieren. Das wäre nur in internationaler Kooperation und mittels eines bewussten, alle Ressourcen umfassenden, planmäßigen Handelns des Staates möglich. Gerade hier werden die nationalen und privatwirtschaftlichen Schranken dieser Gesellschaft, kurz: die kapitalistische Produktionsweise als grundsätzliches Hindernis deutlich.

Nun werden mit dem Scheinargument des Klimaschutzes sogar die ohnedies sehr großzügigen Regelungen zum Atomausstieg von Rot/Grün wieder attackiert. Die Alternative der bürgerlichen Politik lautet: Klimakollaps oder atomares Risiko.

Ursache Kapitalismus

Der Kapitalismus ist unfähig, das Problem Klimawandel anzupacken. Die Politiker sind derart mit den Interessen der Großkonzerne verbandelt, dass sie gar nicht bereit sind, regulierend einzugreifen, um eine Umweltkatastrophe zu verhindern. Doch sogar, wenn sie dazu bereit wären, würden sie am Widerstand der Konzerne und des ihnen verpflichteten Staatsapparates scheitern.

Neben den direkten Auswirkungen der Klimaveränderung besteht das Problem auch darin, dass der Kapitalismus keine Mechanismen hat, um angemessen auf dieses Problem zu reagieren. New Orleans zeigte, dass der Staat zwar von der potentiellen Gefahr einer Sturmflut wusste, aber trotzdem z.B. die militärischen Hilfskräfte zum Bau von Dämmen in den Irak schickte, um dort für die US-Ölmultis zu arbeiten und an der Besatzung mitzuwirken. Selbst die Katastrophenhilfe führt zu noch umgehemmterer Bereicherung von Konzernen und Bürokraten sowie zu noch mehr Abhängigkeit der betroffenen Länder - meist der „Dritten Welt“ - von den imperialistischen Metropolen.

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Nr. 107, Februar 2006

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*  Berlin: Charité ade?
*  AEG-Streik: Solidarität!
*  IG Metall: Tarifrunde in Zeiten des Lohnverzichts
*  Heile Welt
*  WASG/PDS: WASG-Linke muss sich organisieren!
*  Bolivien: Morales - Präsident der Massen?
*  Klimawandel: Der Katastrofe entgegen
*  EU-Imperialismus: Globale Ambitionen
*  NATO-Sicherheitskonferenz: Stoppt die Kriegstreiber!