Arbeitermacht
Liga für die fünfte Internationale

Nord & Südamerika Europa Asien & Australien


google.de arbeitermacht.de

Wirtschaft

Woher kommt die Krise?

Susanne Kühn, Neue Internationale 79, April 2003

Dass die Weltwirtschaft in einer tiefen Krise steckt, dass eine längere Stagnationsperiode droht, ist immer offenkundiger. Für 2003 wird mit einem "Nullwachstum" gerechnet. Für 2004 gehen selbst die Optimisten von maximal 2% Wachstum aus - und das immer unter Voraussetzung relativ niedriger Ölpreise am Weltmarkt.

Die offiziell registrierte Arbeitslosigkeit wird in diesem Jahr um fünf Millionen pendeln. Wie sollte sie auch "abgebaut" werden, wenn in den Unternehmen Massenentlassungen anstehen, wenn Geld für öffentliche Investitionen gekürzt und soziale Dienste zurückgefahren werden?

Falsche Analysen

Betrachtet man die Erklärungen von Unternehmerverbänden und Regierung, so laufen sie immer auf dieselbe Logik hinaus. Löhne, Lohn"neben"kosten" und Sozialleistungen sind zu hoch. Kurzum: würde die Arbeiterklasse insgesamt deutlich weniger Einkommen und Sozialleistungen haben, wäre die Krise behoben, würde die Wirtschaft wieder brummen.

Gleichzeitig sollen die Staatsverschuldung abgebaut (und damit Kredite für die Kapitalisten günstiger werden), ihre Steuern weiter absinken usw. Auch das würde die Wirtschaft beflügeln - und müsste "natürlich" von der Arbeiterklasse gezahlt werden.

Das ist auch die vorherrschende Sicht der internationalen Kapitalverbände und der imperialistischen Agenturen wie IWF, Weltbank, OECD, EU und europäische Zentralbank.

SPD-Linke, PDS und Gewerkschaftsspitzen halten dem entgegen, dass die Krise nicht aus zu geringen Löhnen, sondern aus mangelnder Nachfrage resultiere. Sie empfehlen vermehrte Staatsausgaben, Beibehaltung oder moderate Steigerung des Lohnniveaus, Beschäftigungsprogramme usw.

Würde wieder mehr nachgefragt, würde auch mehr investiert und produziert und - so die scheinbar besonders schlauen Reformer - könnten auch mehr Kapitalisten wieder Gewinne machen.

Trotz gegenteiliger politischer Empfehlungen gehen Kapitalisten und Reformisten von einer gemeinsamen Grundannahme aus. Die Krise könne durch eine "vernünftige Reformpolitik" des Staates aus der Welt geschafft werden.

Das ist falsch. Die Krise der kapitalistischen Wirtschaft erwächst weder aus "Nachfragemangel" noch aus zu hohen Löhnen. Sie ist auch kein "Betriebsunfall", der auf falsche, zu viel oder zu wenig politische Intervention zurückzuführen wäre.

Die Krise resultiert vielmehr aus den inneren Widersprüchen der kapitalistischen Produktionsweise.

Ihr treibendes Moment ist bekanntlich die Selbstverwertung des Wertes, also: aus investiertem Kapital mehr Kapital zu machen. Den Unternehmern geht es also um - Profit.

Die Nützlichkeit seines Produkts interessiert ihn nur insofern, als es, um gekauft zu werden, das Bedürfnis eines Käufers befriedigen muss. Ob es sich dabei um das Bedürfnis nach Vernichtungswaffen, Autos oder Lebensmittel handelt, ist für den Kapitalisten gleichgültig.

Die Konkurrenz unter den Kapitalen (aber auch der tagtägliche Kampf um die Kontrolle über die Arbeitskraft im Betrieb) führt dazu, dass der Produktionsprozess, aber auch alle anderen Sphären der Wirtschaft ständig technisch-organisatorisch umgewälzt, verändert, erneuert werden.

Die Kapitalisten geben einen immer größeren Teil ihrer Gesamtausgaben für Produktionsmittel (Rohstoffe, Maschinen ...) aus - Stichwort: Rationalisierung - , während der Anteil, der für die Arbeitskraft in Form von Löhnen bezahlt wird, geringer wird. Für den einzelnen Kapitalisten ist das auch sehr vernünftig, weil er Konkurrenzvorteile hat, wenn er z.B. mit neuester Technologie produzieren kann, während andere Unternehmer weniger produktiv sind.

Für das Gesamtsystem hat das jedoch eine dramatische Konsequenz. Die immer umfangreichere Akkumulation (Anhäufung) von Kapital führt zum Fall der Profitrate (Profit im Verhältnis zum investierten Kapital) - und ab einem gewissen Punkt auch zum Sinken der Profitmasse. Warum? Weil der Profit immer nur durch die LohnarbeiterInnen geschaffen wird. Werden also die Aufwendungen für die Ware Arbeitskraft geringer, so sinkt auch die Profitrate und früher oder später auch dessen Masse. Es tritt eine Krisenperiode ein, die auf die Überakkumulation von Kapital zurückgeht. Die Unternehmer wollen dann nicht mehr investieren - nicht, weil es keinen Bedarf nach Gütern mehr gibt oder weil dieser geringer geworden wäre, sondern weil die Profiterwartungen, die Renditen zu schlecht sind.

Folgen

Die Krise nimmt zerstörerische und absurde Formen an. Während Millionen arbeitslos sind (also Potential für gesellschaftlich nützliche Tätigkeit brach liegt), werden gleichzeitig soziale Einrichtungen geschlossen, werden Überstunden gefahren und die Arbeit intensiviert. Während scheinbar zu viele Agrarprodukte vorhanden sind, die nicht "absetzbar" sind, verhungern ganze Völker.

Die Unternehmer versuchen, dem Problem durch verschärfte Ausbeutung der ArbeiterInnen im eigenen Land wie auf dem ganzen Globus zu entgehen. Sie versuchen, es durch neue Technologie und Rationalisierung zu lösen.

Aber diese für das einzelne Kapital rationale Reaktion verschärft die unmenschliche Irrationalität der Marktwirtschaft nur noch mehr.

Die Kapitalisten verhalten sich zu ihrem System wie Goethes Zauberlehrling, dessen Besen sich verselbstständigt hat und nicht mehr zu stoppen ist. Und im Strudel der kapitalistischen Krise geht auch das reformistische Traumschiff unter.

Im Kapitalismus gibt es nur eine Lösung: massive Vernichtung des "überschüssigen" Kapitals, Vernichtung der Konkurrenz mit allen Konsequenzen - verschärfte Ausbeutung, Unterdrückung, Krieg. Und wozu das? Damit die ganze kapitalistische Barbarei, damit die ganze alte Scheiße von neuem entsteht!

Es gibt nur einen "Hexenmeister", der diesen Irrsinn beenden kann - die Arbeiterklasse, die sozialistische Weltrevolution.

Leserbrief schreiben   zur Startseite

neue internationale
Nr. 79, April 2003

*  Nieder mit dem Imperialismus! Sieg dem Irak!
*  Antikriegsbewegung: Den Krieg stoppen - aber wie?
*  Antikriegskomitee Neukölln
*  Heile Welt
*  Debatte: Generalstreik gegen Krieg
*  Türkei: Ankaras Ambitionen
*  Russland: Ölboom und Lohndumping
*  Argentinien: Keine Räumung von Zanon!
*  Nach dem Bahnstreik: Schwellenkampf
*  Wirtschaft: Woher kommt die Krise?
*  Michael-Moore-Film: Bowling against Bush
*  Rot-Grüner Generalangriff: Schröders Reformkeule