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Tarifkämpfe 2015

Streikwellen über Deutschland?

Frederik Haber, Neue Internationale 201, Juli/August 2015

Schon lange wurde nicht mehr so viel gestreikt wie in diesem Jahr. Von 2008 bis 2012 gab es fast gar keine Streiks, 2013 registrierte die Arbeitsagentur einen Anstieg, aber auch dieser brachte Deutschland mit 16 ausgefallenen Tagen auf 1000 Beschäftigte nur auf einen hinteren Platz, deutlich hinter Frankreich (150), Kanada (117) und Dänemark (106), aber auch Britannien (26).

Das wird in diesem Jahr anders sein. Die Metall- und Elektroindustrie machte den Anfang mit massiven Warnstreikwellen, die nach Aussagen der IGM mehr Leute auf die Straße brachten als je zuvor. Dann folgte ver.di mit dem Kampf um einen Tarifabschluss für die öffentlich Beschäftigten der Bundesländer. Dann folgte der ebenfalls langwierige Tarifkampf der ÄrztInnen an Unikliniken und an den kommunalen Krankenhäusern. Bei der Postbank reichten wenige Stunden Streik, um einen Abschluss zu erreichen.

Von besonderer Bedeutung war der Streik der GDL bei den LokführerInnen und dem übrigen Zugpersonal. Er zog sich über ein Jahr hin und die KollegInnen haben eine unglaubliche Moral bewiesen, trotz übelster Anfeindungen, Drohungen, Tricks und Täuschereien seitens der Bahn AG, immer wieder den Kampf aufzunehmen.

Noch nicht beendet sind die Auseinandersetzungen bei der Lufthansa und den ErzieherInnen, genauso wie der Kampf im Berliner Krankenhaus Charité und der langwierige Kampf bei Amazon.

Was treibt die Beschäftigten auf die Straße, was haben sie erreicht und wie geht's weiter? Zeigen diese Zahlen, dass sich das Kräfteverhältnis zwischen Arbeiterklasse und Bourgeoisie geändert hat?

Die Streikflaute zwischen 2008 und 2012 spiegelt sehr klar wider, dass es dem Kapital damals gelungen war, die Krise seines Systems auf die Arbeitenden abzuwälzen. Es gab Tarifabschlüsse mit realem und sogar nominalem Lohnverlust ohne jede Mobilisierung. Arbeitsplätze wurden vernichtet, Fabriken geschlossen. Dort wo Widerstand aufflackerte, drückte sich das kaum in Streiks aus. Haben wir es jetzt mit einem Aufschwung der ArbeiterInnenbewegung zu tun?

Politisch oder ökonomisch?

ArbeiterInnenkämpfe, die um politische Fragen geführt werden, erfordern einen höheren Bewusstseinsstand der Klasse (insbesondere aber auch Organisationen, die darauf ausgerichtet sind). Wenn es gegen oder für gesetzliche Regelungen geht, gegen Maßnahmen einer Regierung, gegen Krieg oder Unterdrückung, ist eine andere Einsicht in die Verhältnisse nötig, als wenn es um „den eigenen Geldbeutel“ geht. Entsprechend muss die Klasse über eine politische Organisierung verfügen, die diese Einsichten verbreiten und der bürgerlichen Ideologie und Propaganda entgegen wirken kann.

Um eine solche Qualität geht und ging es in der deutschen Arbeiterklasse derzeit definitiv nicht. Tarifkämpfe sind schon von der Definition her auf ökonomische Fragen beschränkt. Einzig der Arbeitskampf bei der Bahn bekam eine politische Note - allerdings mehr durch das Vorgehen von Seiten der Bahn und nicht von Seiten der GDL. Das Management stand in enger Kooperation mit der Regierung und ihren Parteien und führte den Kampf so, dass die Grundlagen für eine Einschränkung des Streikrechts geschaffen werden konnten. Demgegenüber war die GDL-Führung völlig hilflos, so mutig sie auch die Streiks durchzog. Die Krone des Verrats allerdings gebührt in diesem Arbeitskampf der DGB/IGM/EVG-Führung, die mit der Unterstützung für den Angriff auf das Streikrecht die Klasse politisch verraten hat, was schlimmer wiegt als ein in den Sand gesetzter Lohnkampf.

Unserer Meinung nach hatten und haben wir es bei der anwachsenden Zahl der Tarifkämpfe im wesentlichen mit ökonomischen Kämpfen zu tun. Erstens bewegen sie sich - auch wenn sie neue Schichten in den Kampf ziehen und teilweise recht militant geführt werden - im Rahmen des etablierten Systems der wirtschaftlichen Auseinandersetzung. Ihr Ziel ist Verteidigung der Tarifverträge für bestehende Gruppen (Metall, Chemie usw.) oder die Ausweitung dieses Systems. Sie versuchen mit dem für Deutschland jahrelang unüblichen Mittel des Streiks, wirtschaftliche Verbesserungen zu erzielen.

Offensiv oder defensiv?

Streiks und Arbeitskämpfe überhaupt werden gerne danach bewertet, ob sie „offensiv“ oder „defensiv“ geführt werden. Als Entscheidungskriterium wird dabei die Forderung betrachtet. Wenn es um die Abwehr eines Angriffs des Kapitals geht, z.B. gegen eine Entlassungswelle, wird das als „Abwehr“, also Defensive, angesehen. Umgekehrt ist die Forderung nach mehr Geld oder kürzerer Arbeitszeit dann ein Beleg für Offensive.

Hinter einer solchen Methode steht unweigerlich eine reformistische Konzeption: Der Weg zum Arbeiterglück - ob im Kapitalismus oder gar im Sozialismus - geschieht durch viele kleine Schritte vorwärts. Mit einer marxistischen Sicht, dass es vor allem die Krisen des Kapitalismus sind so wie seine destruktive Tendenz, nämlich ab einem bestimmten Punkt die Produktivkräfte nicht weiter entwickeln zu können und zum Hindernis für die Menschheit selbst zu werden, die die Massen in den Kampf treiben, hat diese reformistische Konzeption nichts gemein.

Zum zweiten sind die Forderungen in Tarifkämpfen - so hoch sie auch sein mögen und so offensiv sie auch vorgetragen werden - meist nur eine Reaktion auf Angriffe der Unternehmer und der Versuch, verloren gegangene Errungenschaften zurückzuholen, wie z.B. Löhne, die die Inflation gefressen hat.

Auch zur Bewertung der jetzigen Streiks ist diese Frage nach offensiv und defensiv alleine wenig hilfreich. Die Forderung der PostlerInnen, die Auslagerung der Paketzustellung in neugegründete „Delivery“-Betriebe rückgängig zu machen, war so gesehen defensiv, aber auch die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung erscheint nur in dem Kontext offensiv. Wenn wir die vorhergehenden Jahre von Arbeitsverdichtung und Personalabbau in Rechnung stellen, so ist es letztlich eine Abwehrreaktion.

Kapital und Krise

Um die Qualität der Streikwelle zu bewerten, müssen wir die Lage der Klassengegnerin, der Bourgeoisie, betrachten. Diese erscheint widersprüchlich. Einerseits ist die Krise weltweit keineswegs gelöst, sondern spitzt sich an einzelnen Brennpunkten politisch und ökonomisch zu. Andererseits scheint sie in Deutschland gelöst, die Gewinne steigen, die Arbeitslosigkeit nimmt ab.

Die Krise hat aber den Konkurrenzkampf verschärft. Es ist klar, bestimmte Kapitalien werden verschwinden. „Je ein Kapitalist schlägt viele andere tot.“ So hat Marx diesen Konkurrenzkampf beschrieben. Und weil das System an seine Grenzen gestoßen ist und keine Möglichkeiten mehr bestehen, in völlig neue Märkte einzudringen, muss das einzelne Kapital noch mehr oder noch größere Kapitalisten totschlagen.

Die Post als Weltmarktführerin kämpft also gegen amerikanische Logistikkonzerne. Der Konkurrenzkampf in der Autoindustrie wird auch nicht über PS ausgetragen, sondern was zählt, ist die Umsatzrendite. Da war Daimler mit rund 8% gegenüber Audi und BMW mit rund 10% ins Hintertreffen geraten, ein Milliarden-Sparpaket war die Folge. Dieser Konkurrenzkampf spielt sich nicht nur auf einzelnen Märkten, sondern auch unter den führenden kapitalistischen Staaten ab, deren Aufgabe es auch ist, für ihre KapitalistInnen eine möglichst gute Ausgangslage zu besorgen. So wie die Deutsche Post gegen amerikanische Logistikkonzerne kämpft, wie VW gegen Toyota, so Deutschland gegen China oder USA.

Das erklärt, warum die Post trotz Milliardengewinnen ihre ZustellerInnen in den Niedriglohn treiben will oder muss, dass die Autokonzerne trotz Milliardengewinnen immer mehr Beschäftigte in Leiharbeit und Werksverträge drücken.

Völlig zu Recht wehren sich die Beschäftigten dagegen, diesen wahnsinnigen Konkurrenzkampf zu bezahlen, auch wenn sie oft nur die Profite der Unternehmen sehen und gar nicht verstehen, warum sie angesichts derer bluten sollen. Zu Recht deshalb, weil Verzicht und Opfer nicht zu besseren Zeiten führen werden. Die Verkommenheit des Systems wird nicht beseitigt und die Krise ist so nicht zu lösen.

Die Gewerkschaftsführungen allerdings akzeptieren offensichtlich die Profitziele und die Notwendigkeit des internationalen Konkurrenzkampfes und stellen sie nicht in Frage. Sie setzen vielmehr darauf, dass sie aus der Vormachtstellung des deutschen Kapitals ein paar Brocken abbekommen und haben dies gemein mit den oberen Schichten der Klasse.

Die Stammbelegschaften der Autokonzerne z.B. erhalten zu Löhnen, die locker das Doppelte der LeiharbeiterInnen betragen, noch Erfolgsprämien von mehreren tausend Euro pro Jahr. Der Gesamtbetriebsrats-Vorsitzende von VW, Osterloh, schaffte es auch, dem dortigen Einsparprogramm von 6 Milliarden zuzustimmen mit der Forderung, dies auf die Randbelegschaften und die Zulieferer abzuwälzen. Diese „Arbeiteraristokratie“, wie bereits Engels sie bezeichnete, ist die Basis, auf die sich die Gewerkschaftsspitze bei ihrem Treiben stützt, sowie auf die zunehmende Zersplitterung der Belegschaften in einzelne Schichten, von denen jede hofft, dass sie aufgewertet wird und nicht zur nächst tieferen degradiert.

Solche Brocken gibt es allerdings fast nur noch in der Exportindustrie, die so hohe Extraprofite einfahren kann, dass sie bestimmte Schichten der Beschäftigten besser stellen kann. Für BriefträgerInnen gibt's das nicht.

Die Lage der Klasse

Diese Schichtung in der Arbeiterklasse spielt eine wichtige Rolle. Etliche Kräfte der Linken in Deutschland, wie MLPD, DKP oder Marx 21, streiten die Existenz einer Arbeiteraristokratie ab oder beschuldigen gar diejenigen, die diese analysieren, der „Spaltung“. Dabei ist die Analyse äußerst wichtig, um die Dynamiken innerhalb der Klasse zu verstehen. Engels hatte damit aufgezeigt, warum die oberen Schichten der englischen Arbeiterklasse, gerade die qualifiziertesten und am besten organisierten, sich stark am System orientieren und vor allem um einen Platz in ihm kämpfen. Lenin stellte gar fest, dass eine imperialistische Macht sich eine Stütze innerhalb der Arbeiterklasse suchen muss, die ihre Politik gerade auch zur Ausbeutung anderer Länder unterstützt und diese Stütze in der Arbeiterbürokratie, also dem Apparat der Gewerkschaften und der Arbeiteraristokratie, findet.

Dabei geht es nicht um eine moralische Verurteilung dieser besser gestellten Schichten der Klasse, die auch oft über die höhere Kampfkraft verfügen dank ihrer Qualifikation und/oder ihrer besseren gewerkschaftlichen Organisierung. Wie sollen diejenigen, die zu diesen Schichten gehören, dafür gewonnen werden, ihre Positionen und ihre Kampfkraft für die ganze Klasse einzusetzen, als durch eine einheitliche und kämpferische Gewerkschaftsbewegung oder eine entsprechende Arbeiterpartei?

Die kämpfenden Sektoren

Bei den LokführerInnen handelt es sich um eine Beschäftigtengruppe, die traditionell zur Arbeiteraristokratie gehörte und in der BRD sogar Beamtenstatus hatte. Mit der Privatisierung gingen ihre Privilegien verloren und die DGB-Eisenbahnergewerkschaft half da kräftig mit. Aber diese Berufsgruppe wurde sich ihrer Sonderstellung bei der Bahn bewusst, die sehr wirkungsvoll in Streiks einsetzbar ist. Der Vorwurf, dass sie das tut, kommt nun ausgerechnet aus dem Mund derer, die für die Lohnverluste aller Bahnbeschäftigten verantwortlich sind, Management und die Gewerkschaft EVG. Die GDL ihrerseits hat immerhin den Kampf auch für das Zugpersonal aufgenommen, das für sich genommen nicht so effektiv kämpfen könnte wie gemeinsam mit den LokführerInnen. Ihr Kampf zieht andere mit.

Auch bei ÄrztInnen und PilotInnen handelt es sich um Schichten der Aristokratie, sogar um Berufsgruppen, die zu den lohnabhängigen Mittelschichten gehören oder aus diesen in die Arbeiterklasse degradiert wurden.

Bei der Post existiert diese Schichtung im selben Betrieb in extremer Form. Verbeamtete, langjährige, befristete und ausgelagerte Beschäftigte bekommen höchst unterschiedliche Entgelte für die gleiche Tätigkeit. Das kann zu einer traurigen Ruhe führen, bei der jedeR hofft, in die bessere Ebene aufzusteigen, feste Verträge etc. zu erhalten. Das kann aber auch zu Selbstbewusstsein und Anspruchsdenken führen mit der Forderung, das Gleiche zu erhalten wie die besser gestellten Schichten. Ganz offensichtlich hat sich im Poststreik letztere Dynamik entfalten können. Bessergestellte Angestellte, die ihren Standard verteidigen wollen, haben mit denjenigen zusammen gekämpft, bei denen sich jahrelange Unzufriedenheit angestaut hat. Genutzt hat ihnen dabei, dass die Post im Unterschied zu anderen Logistikern noch traditionell gut gewerkschaftlich organisiert ist.

Ähnlich ist das Aufbegehren der ErzieherInnen einzuschätzen. Diese hatten lange nur in einigen Orten eine Kampftradition. In den letzten Jahren hat sich das grundlegend verändert, die Kampfbasis massiv verbreitert.

Die ErzieherInnen haben das ihnen vorgelegte Schlichtungsergebnis abgelehnt. Es gab keinerlei neue Eingruppierung, geschweige denn mehr Vollstellen - hier hatte sich die Delegiertenkonferenz gegen die Empfehlung von ver.di ausgesprochen. Dies zeigt ein kämpferisches Bewusstsein, gerade auch gegen die Gewerkschaftsführung.

Lähmung nimmt ab

Es zeigt sich also, dass diese Schichtung, die zehn Jahre lähmend über Deutschland gelegen hat, aufbricht. Alle schauen auf die am besten organisierten und am besten gestellten Schichten, die sind der Orientierungspol. Das waren traditionell die MetallerInnen der Großindustrie. Sie aber wurden mit Standortverträgen und dem Verlust ihrer Kampfbelegschaften ruhig gestellt. Eine Lähmung für die ganze Klasse.

Mühsam haben andere Gruppen mit dem Kampf begonnen. Es blieb ihnen nichts anderes übrig. Manche müssen sich ganz neu organisieren, andere wieder neu aufstellen. Die Streikwelle dieses Jahr ist auch ein Zeichen, dass die Perspektiven sich neu stellen: Wer an Streik denkt, denkt nicht mehr unbedingt an die IGM, sondern eher an die GDL oder ver.di.

Die Grenzen sprengen

Die diesjährige Streikbewegung hat sich also sowohl als Antwort auf neue Angriffe als auch mit dem berechtigten Anspruch auf „Teilhabe“ an den Gewinnen entfaltet. Sie beruht auf Selbstbewusstsein, das Schichten der Klasse neu oder erneut entwickeln. Aber sie fand und findet ihre Grenzen an der Politik der traditionellen Führungen. Die Unterordnung der Bürokratie unter die Ziele des Kapitals wird besonders dann deutlich, wenn der Kampf die geordneten Bahnen verlässt. Konnte die IG Metall die Lohnrunde Anfang des Jahres noch ganz innerhalb des gewohnten Rituals halten, so war dies für ver.di bei der Post nur sehr viel schwerer möglich. Die Unzufriedenheit der Streikenden ist enorm, zwischen den Forderungen der Mitglieder und denen des Vorstandes war kein Kompromiss möglich. Die Führung im Post-Streik (und auch bei vielen anderen) hat nicht nur den Kampf nicht politisiert, sondern auch auf der Ebene der ökonomischen Forderungen weit weniger herausgeholt als bei einem entschlossenen Kampf, bei einer Mobilisierung aller wahrscheinlich möglich gewesen wäre.

Lohn- und Tarifkämpfe sind zwar ihrem Wesen nach ökonomische Kämpfe, also solche um die Verkaufsbedingungen der Ware Arbeitskraft. Sie zu politischen, zu eigentlichen Klassenkämpfen zu machen, ist eine der schwierigsten politischen Aufgaben überhaupt - die Kehrseite der Tatsache, dass Klassenbewusstsein nicht spontan aus dem Lohnarbeitsverhältnis erwächst.

Hinzu kommt, dass die jahrzehntelange Prägung der ArbeiterInnenklasse durch reformistische, bürgerliche ArbeiterInnenpolitik tiefe Spuren hinterlassen hat. Die bürgerliche Gesellschaft ist ganz allgemein durch die Trennung von Politik und Ökonomie, also auch von Politik und Lohnkampf, geprägt. Dass die Gewerkschaften (abgesehen von den Betriebsräten) für „Lohn und Brot“, für Betrieb, Arbeit zuständig sind und die „Parteien“ für die Politik, erscheint daher „natürlich“. Diese Trennung wird durch den Reformismus und die Gewerkschaftsbürokratie (selbst wenn sie kämpferisch auftreten) noch reproduziert, verfestigt.

Umgekehrt stößt auch jeder ökonomische Kampf immer wieder an Grenzen, wo sich die politische Dimension aufdrängt, wo deutlich wird, dass es nicht nur um Einkommensverteilung, Arbeitsbelastung, Arbeitszeit ... geht (also alles Fragen der Verkaufsbedingungen der Ware Arbeitskraft), sondern wo auch politische Fragen aufgeworfen werden. Wenn Gerichte festlegen, dass Streikbrecher ein „Recht auf Arbeit“ hätten, wenn mit „einstweiligen Verfügungen“ hantiert wird, so zeigt das, dass hinter dem Lohnkampf letztlich ein Klassengegensatz steht.

Das ist natürlich umso mehr der Fall, wie länger, allgemeiner, entschiedener ein solcher Kampf selbst für die rein tariflichen Forderungen geführt wird. So hat ver.di von Beginn an im Post-Streik nicht alle rasch rausgeholt. Das hätte nicht nur den Druck auf den Gegner erhöht, es hätte auch eine Dynamik entfacht, die die „Sozialpartner“ nicht so leicht hätten kontrollieren können. Es zeigt aber deutlich, aus welchem Grund die Gewerkschaftsbürokratie davor zurückschreckt, selbst rein ökonomische Kämpfe konsequent zu führen.

Opposition

Heute ist es oft die herrschende Klasse, die - wenn auch ungewollt - die ArbeiterInnen immer wieder auch auf politische Fragen stößt, z.B. wenn nach weiteren Einschränkungen des Streikrechts gerufen wird, nach Zwangsschlichtungen usw.

Eine der Tragiken, die den bürgerlichen Charakter der Politik aller Gewerkschaften in Deutschland zeigt, ist gerade, dass ihre VertreterInnen, statt den politischen Fehdehandschuh aufzugreifen, eifrig fordern, dass sich „die Politik“ aus dem Tarifkampf rauszuhalten habe. Selbst wo die herrschende Klasse Lohnkämpfe zu einer politischen Auseinandersetzung macht, erfolgt der Ruf, doch zurückzukehren auf den Boden des „reinen“ ökonomischen Kampfes.

Diese Politik muss bekämpft werden - durch die Organisierung und Formierung einer klassenkämpferischen Basisbewegung gegen die Bürokratie.

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Nr. 201, Juli/Aug. 2015
*  EU-Imperialismus und Griechenland: Ein Exempel soll statuiert werden
*  Editorial
*  LFI-Stellungnahme: Oxi - und jetzt weiter voran!
*  Tarifabschluss bei der Post: NEIN zu diesem Abschluss!
*  Gegen die Troika-Diktate: Solidaritätsbewegung aufbauen!
*  Charité Berlin: Streik ausgesetzt
*  Tarifkämpfe 2015: Streikwellen über Deutschland?
*  AfD und das Ende von Bernd Lucke: Die Geister, die ich rief
*  Das Erneuerbare-Energien-Gesetz: Energiewende, Bluff oder Flop?
*  Militarismus: Aufrüstung der Bundeswehr
*  Krise der NaO: Revolutionäre Einheit oder plurale Beliebigkeit?
*  Syrien: Nein zur türkischen Intervention! Verteidigt Rojava!