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Koalitionsverhandlungen

Für Frauen nichts zu lachen

Anne Moll, Neue Internationale 184, November 2013

Die Große Koalition wird höchstwahrscheinlich zustande kommen. Die Frage ist dabei v.a., wie ernst es die SPD mit ihren Wahlversprechen nimmt.

Im Wahlkampf hatte sie zum Betreuungsgeld der Union, durchaus zutreffend auch „Herdprämie“ genannt, versprochen: „Das wird es mit uns nicht geben!!“ Schon jetzt zeichnet sich aber ab, dass die SPD an diesem Gesetz nicht ernsthaft rütteln will. Das Betreuungsgeld wird im Kern bestehen bleiben. Das bedeutet, dass statt Krippenplätze für alle und mehr Personal mit besserer Bezahlung alles so bleibt, wie es war.

In ihrem Regierungsprogramm verkündete die SPD u.a.: „Wir brauchen eine verlässliche soziale Sicherung“, “Gute Arbeit, existenzsichernde Löhne und soziale Sicherung sind die Voraussetzung für eine gleichberechtigte Teilhabe vom Säugling bis zur Bahre“, „Armutsrisiken von Familien, besonders von Alleinerziehenden stoppen?“, „Bildungschancen für alle unabhängig vom Geldbeutel der Eltern?“ Diese Sätze werden sich - wie immer - als heiße Luft erweisen.

Doch was kümmert die SPD ihr Geschwätz von gestern? Ihr geht es darum, eine stabile Regierung herzustellen, damit das deutsche Kapital weiter gute Profite einfahren kann. Die besondere Rolle der SPD dabei ist es, ihren strukturellen Zugriff auf die Arbeiterklasse über die DGB-Bürokratie dazu zu nutzen, Klassenkämpfe möglichst zu verhindern. Das Motto dafür ist die „Verantwortung für das Land“ - nicht etwa für die sozialen Interessen ihrer Mitglieder, WählerInnen oder gar der Lohnabhängigen.

Eine zentrale Rolle spielt dabei die SPD-Forderung nach Einführung des Mindestlohns. Wahrscheinlich wir die Union durchaus auf eine etwas verwässerte Fassung des Mindestlohns eingehen. Zudem ist ja die SPD-Forderung von 8,50 Euro ohnehin schon dünn genug. Die SPD verfolgt dabei aber v.a. zwei Absichten: erstens kann sie so tun, als wäre es ihr gelungen, dort ihr Wahlprogramm umzusetzen, zweitens aber will sie mit der Bedeutung des Mindestlohns begründen, warum sie alle möglichen anderen Forderungen und Versprechungen schnell über Bord geworfen hat. Der Mindestlohn dient also auch als Alibi. Dabei betrifft der Mindestlohn in hohem Maße Frauen, denn v.a. sie arbeiten in prekären Bereichen.

Dafür wird man sich bei für die Gesellschaft und die Masse der Frauen völlig bedeutungslosen Fragen einig werden, z.B. bei der Durchsetzung einer Frauenquote in den Führungsetagen von Unternehmen. Offen ist lediglich, ob es eine Flexi-Quote oder eine starre Regelung geben wird. Zudem käme jede Regelung nur einer sehr kleinen Minderheit der Frauen zugute - und noch dazu einer ohnehin privilegierten Minderheit.

Insgesamt wird also auch die kommende Regierung nichts zur realen Verbesserung der Lebensbedingungen von Frauen tun. Im Gegenteil: Die gerade unter Frauen verbreiteten prekären Beschäftigungsverhältnisse und das Armutsrisiko werden insgesamt nicht überwunden. Und selbst der Mindestlohn verliert viel von seinem Wert, wenn im Zuge der Krise verstärkt Entlassungen stattfinden, die am stärksten und zuerst z.B. Leiharbeiterinnen betreffen werden.

Viel diskriminierende Regelungen und Gesetze, die v.a. für Frauen relevant sind, blieben bestehen - ob die SPD mit in der Regierung sitzt oder nicht. Beispiele dafür sind die Regelungen zum Kindergeld, das Ehegattensplitting oder die allgemein schlechtere Bezahlung von Frauen, die ca. 23% weniger verdienen als Männer. Doch was können wir von einer Partei erwarten, die selbst die Hartz-Gesetze eingeführt hat?!

Das gesamte politische Denken der SPD kreist nur um Wahlen und Koalitions-Optionen. Zu keiner Frage von sozialer Relevanz - ob Mindestlohn, Betreuungsgeld oder Flüchtlinge - hat die SPD versucht, Kampagnen zu führen und ihre Basis zu mobilisieren. Stattdessen macht sie uns weiß, dass sie diesen Druck auf CDU und CSU bei Verhandlungen ausüben könnte. Doch der Schwanz wedelt nicht mit dem Hund - wenn es der Union zu „rot“ wird, koaliert sie eben mit den Grünen.

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Nr. 184, November 2013
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*  Koalitionsverhandlungen: Für Frauen nichts zu lachen
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*  Argentinien: Wie weiter für die "radikale Linke"?
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