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Wahlen in Argentinien

Wie weiter für die "radikale Linke"?

Christian Gebhardt, Infomail 711, 27. Oktober 2013

Nach den argentinischen, “revolutionären Tagen” im Dezember 2001, als zwei Präsidenten - Fernando de la Rua und Adolfo Rodríguez Saá - kurz nach einander die Macht abgegeben mussten, Arbeitslose Straßen blockierten und über 200 Fabriken von den ArbeiterInnen besetzt waren, konnte die Massenbewegung schließlich - mit ein wenig Hilfe der Imperialisten - von der herrschenden Klasse eingedämmt werden. Das Werkzeug dafür war der „klassische“ argentinische Populismus: der Peronismus, dessen Besonderheit die Einbeziehung großer Teile der Gewerkschaftsbewegung ist.

Unter der Regierung von Nestor und Cristina Kirchner und dank seiner starken Gewerkschaften, konnte der Peronismus einerseits die Massen behindern und demobilisieren und andererseits die Kontrolle über wichtige Sektoren der Arbeiterklasse zurück gewinnen. Dies geschah durch eine Zurückkehr zur Sozialpartnerschaft unter Einbindung der Arbeiteraristokratie und des Mittelstands. Dies ging Hand in Hand mit einer wirtschaftlichen Restabilisierung, welche Spielraum für Zugeständnisse an die Arbeiterklasse und die Jugend gab.

Jedoch gehen nun während der globalen Rezession - wie in weiten Teilen Lateinamerikas - diese Umstände vorüber. In vielen Ländern wie z.B. Britannien, Frankreich und Italien, war dies verbunden mit einer Krise der radikalen Linken: u.a. verbunden mit Spaltungen oder die stark ausgeprägte Unfähigkeit, den Einfluss auszuweiten und zu wachsen. In Argentinien jedoch waren Sektoren der radikalen Linken jedoch in der Lage, von der Krise - zumindest bei Wahlen - zu profitieren.

Schon 2011 kamen drei große trotzkistische Organisationen mit jeweils zwischen 1.500 und 3.000 Mitgliedern und tausenden UnterstützerInnen überein, zusammen zu den Präsidentschafts- sowie den Kongresswahlen anzutreten. Diese gemeinsame Front wurde “Frente de Izquierda y de los Trabajadores” (FIT; Front der Linken und ArbeiterInnen) genannt. Sie bestand aus der Partido de los Trabajadores socialistas (PTS), der Partido Obrero (PO) und der Izquierda Socialista (IS) und war in der Lage, ca. 500.000 Stimmen (2,3%) bei ihrer ersten Wahl zu gewinnen. Obwohl sie keine RepräsentantInnen ins nationale Parlament brachten, gewannen sie Sitze in Provinzparlamenten wie z.B. Raúl Godoy (PTS) in Neuquén, einer der treibenden Kräfte bei der historischen Besetzung von Zanon.

Bei den Wahlen am 27. Oktober könnte dies noch gesteigert werden. Schon bei den Vorwahlen konnte die gemeinsame Liste ca. 900.000 Stimmen erhalten und somit ihr Resultat von 2011 fast verdoppeln. Es scheint derweil, als hätte die FIT reelle Chancen, dieses Jahr den Einzug ins nationale sowie in regionale Parlamente zu schaffen.

Wer steht jedoch hinter dieser „Front der Linken und ArbeiterInnen“? Was sind ihre Ziele und programmatischen Antworten für die argentinische und die internationale Arbeiterklasse?

Die Bestandteile der FIT und ihre programmatischen Forderungen

Der Wahlkampf 2011 sowie der diesjährige Wahlkampf wurden jeweils auf Basis einer programmatischen Deklaration (1) geführt, unter welcher sich die Gruppen innerhalb der FIT vereinten. Nach eigenen Aussagen möchte die FIT ein Instrument zur Verteidigung der Unabhängigkeit der argentinischen Arbeiterklasse darstellen, welches die Klasse gegen die Politik von Kapitalisten und deren Regierungen schützt und ihr eine politische Stimme verleiht. Darüber hinaus möchte sie auch ein Sammelbecken für all jene Kräfte sein, welche für die Unabhängigkeit der Gewerkschaften eintreten und diese von der Gewerkschaftsbürokratie befreien möchten.

Dies geschieht nach eigenen Aussagen in einer Zeit, in der Teile der Arbeiterklasse sich vom Kirchnerismus abwenden, in Konflikte mit ihren Gewerkschaftsbürokratien stehen und Opposition gegen diese aufbauen. Ein Anzeichen hierfür ist, dass wir dieses Jahr das erste Mal einen nationalen Massenstreik gegen eine peronistisch geführte Regierung seit den „revolutionären Tagen“ beobachten konnten.

Um eine Brücke zu schlagen zwischen diesen Teilen der Arbeiterklasse und einer unabhängigen Organisation der argentinischen ArbeiterInnen, schlug die FIT ein Wahlprogramm vor, welches nicht nur wichtige tagespolitische Themen wie z.B. die Inflation oder das Recht auf legale Abtreibung behandelt. Das Programm fordert u.a. auch die Enteignung von GroßgrundbesitzerInnen, die Einstellung der Begleichung der Auslandsschulden oder die Entlassung der Gewerkschaftsbürokratie. Es stellt wichtige tagespolitische Forderungen auf, verknüpft diese mit der Forderung nach Arbeiterkontrolle und versucht, eine Perspektive hin zur Bildung einer Arbeiterregierung zu weisen. Zusammengefasst, versucht das Programm eine offen antikapitalistische Lösung zum formulieren.

Das Manifest hat aber auch eine Anzahl substantieller politischer Mängel, welche überwunden werden müssten, um die FIT zur Basis einer revolutionären Vereinigung der radikalen Linken in Argentinien zu machen.

Bei Beachtung des gegenwärtigen Charakters dieser Allianz zwischen drei Organisationen ist es klar, dass das Wahlprogramm nur beschränkten Charakter hat und grundsätzliche Differenzen zwischen den Gruppen bestehen bleiben. Ein interessanter Fakt jedoch ist, dass keiner der beteiligten Gruppen - PTS, PO oder IS - ihr eigenes unabhängiges Programm gegenüber dem der FIT präsentieren. Dies wird noch problematischer, weil das FIT-Manifest durchaus wichtige politische Schwächen aufweist, welche ihm einen zentristischen und keinen revolutionären Charakter geben. Wir werden hier nur auf die wichtigsten Schwachstellen eingehen.

Zuerst zeigt das Manifest korrekt auf, dass ein Bruch mit der Gewerkschaftsbürokratie vonnöten ist. Es steht insofern für die Unabhängigkeit der Arbeiterklasse ein. Jedoch muss dabei angemerkt werden, dass die Arbeiterklasse und Massenorganisationen in Argentinien weiterhin stark unter der Kontrolle ihrer peronistischen FührerInnen stehen. Weiter stellt das Manifest klar, dass die Massen sich auf eine Verschärfung der sozialökonomischen Krise und einen Kampf gegen die Regierung, die Bosse und Imperialisten einstellen müssen, welche ein weiteres Mal die ArbeiterInnen, Jugendlichen und verarmten Schichten dazu zwingen wollen, für die Krise zu bezahlen.

Wir glauben, dass in einer solchen Situation der Aufruf nach einer Arbeitereinheitsfront gegen die Krise - gerichtet an die Basis und zugleich an deren Führungen - eine agitatorische Hauptaufgabe für RevolutionärInnen darstellt. Genauso, wie das FIT-Manifest keinen Aufruf an die Gewerkschaften enthält, mit der peronistischen Partei zu brechen, behandelt es auch nicht die Frage, wie die Aufteilung der Gewerkschaften in unterschiedliche “Zentren” überwunden werden kann. Zudem zeigt es auch nicht die Notwendigkeit nach Bildung von Aktionskomitees an den Arbeitsplätzen und in den Arbeitervierteln auf, um effektiv GewerkschafterInnen, Arbeitslose u.a.  Organisationen der Arbeiterklasse zusammen zu führen.

Insgesamt tendiert das Manifest dazu, die Einheitsfront in sektiererischer Manier auf eine “Einheitsfront von unten” zu limitieren.

Ein weiterer Mangel des Manifests stellt die Vermischung des Kampfes nach Arbeiterkontrolle mit dem Kampf nach Arbeiterselbstverwaltung dar, indem beide Fragen einfach als identisch dargestellt werden. Natürlich werden RevolutionärInnen nicht abstreiten, dass unter bestimmten Umständen ArbeiterInnen dazu gezwungen sein können, “ihre” Fabrik selbst zu verwalten. Jedoch gibt es einen guten Grund, warum KommunistInnen, als die Forderung nach Arbeiterkontrolle entwickelt wurde, diese von der Forderung nach “Selbstmanagement” unterschieden haben.

Die Arbeiterkontrolle vor der Machtübernahme der Arbeiterklasse erkennt weiterhin die Führung eines einzelnen Kapitalisten oder - im Fall von nationalen Industrien - des Staates an, jedoch werden Entscheidungen überprüft und im Falle eines Konflikts mit ihren Interessen ein Veto von Seiten der ArbeiterInnen eingelegt. Die Arbeiterkontrolle ist zusätzlich mit der Öffnung aller Firmenunterlagen sowie der Beendigung des Geschäftsgeheimnisses verbunden und stellt einen Prozess dar, in dem die ArbeiterInnen die Leitung eines Unternehmens lernen sowie die Vernetzung zwischen nationaler und internationaler Wirtschaft erkennen können.

Natürlich geben die Kapitalisten sowie der Staat diese Unterrichtseinheiten zum Thema “Wie wird die Wirtschaft geführt” den ArbeiterInnen nicht freiwillig. Diese Übungseinheiten müssen erzwungen werden durch Besetzungen von Fabriken und die damit verbundenen Solidaritäts- und Verteidigungsaktionen der ArbeiterInnen. Sie werden darüber hinaus auch konstant mit der Gefahren von Sabotage seitens des Managements, der Banken oder des Staates konfrontiert. Es kann auch öfter geschehen, dass ArbeiterInnen - wie in Argentinien 2001/02 - mit aufgegebenen Fabriken umgehen müssen, d.h., dass die volle Führung übernommen werden muss, egal ob die ArbeiterInnen dazu bereit sind oder nicht.

Arbeiterkontrolle kann daher nur ein zeitliches Instrument darstellen, eine Art der Doppelmacht innerhalb einer Fabrik, die jedoch irgendwann entweder von den ArbeiterInnen oder den Kapitalisten zu ihren Gunsten gelöst werden wird. Arbeiterselbstverwaltung unter einem stabilen Kapitalismus jedoch bedeutet unweigerlich, dass die ArbeiterInnen Verantwortung übernehmen müssen, um “ihre” Fabrik profitabel für die Bedingungen innerhalb einer Marktwirtschaft zu führen. Dies wiederum bedeutet, dass die ArbeiterInnen nicht mehr als LohnarbeiterInnen agieren. Sie werden zu KapitaleignerInnen, auch wenn dies in Form einer Kooperative geschieht.

Wir erkennen an, dass ArbeiterInnen in eine solche Situation unter bestimmten Bedingungen der Krise gedrängt werden könnten, v.a. wenn Kapitalisten ihre Fabriken aufgeben, sie still stehen lassen und die ArbeiterInnen somit keine andere Wahl haben, um sich ihren Lebensunterhalt zu produzieren. Jedoch stellt dies unserer Meinung nach kein Modell dar, welches wir vorantreiben wollen. Im Gegenteil: wir müssen vor seinen Gefahren - Selbstausbeutung, Rationalisierung und Konkurrenz - warnen.

In diesem Punkt geht das Manifest in die entgegengesetzte, falsche Richtung und stellt die Forderung nach einer Arbeiterselbstverwaltung dar, als wäre das ein Weg zum Sozialismus.

Das Manifest weist zusätzlich auf die Notwendigkeit einer Arbeiterregierung (oder - wie es im Manifest genannt wird - eine „Arbeiter- und Volksregierung“) hin. Das Manifest beschäftigt sich mit diesem Hauptslogan zweimal.

“Zu diesem Ausnahme- und Krisenzustand und zur Regierung entlang von Dekreten - ein Ausdruck der Regierungskrise sowie der Krise des politischen Systems - stellt die 'Front der Linken' die Arbeiterregierung entgegen, welche tief verwurzelt in allen Ebenen der sozialen und politischen Verwaltung ist und sich auf die Arbeiter- und Volksselbstverwaltung stützt. Es ist Gegenstand der Initiierung eines Übergangs zum Sozialismus und der Beseitigung jeglicher Form von sozialer Diskriminierung und Ausbeutung.”

Weiter heißt es dazu:

„Die ArbeiterInnen und die Linken-Front ruft zur Volksorganisation in der Nachbarschaft, in Arbeitsplätzen und Bildungseinrichtungen auf, zum Kampf gegen die 'schussfreudige' Polizei und den Menschenhandel. Um den polizeilich unterstützen Drogenhandel in den Nachbarschaften oder die polizeiliche und politische Kumpanei mit dem organisierten Verbrechen zu bekämpfen. Nein zur Polizei eines Bürgermeisters der Korruption und des Verbrechens: Für ein Ende des Führungsapparates. Es ist notwendig, die soziale Misere, welche der Kapitalismus hervorruft, zu beenden und den repressiven Staatsapparat, der im Dienst der Ausbeuter steht, durch die Organisationen der ArbeiterInnen zu ersetzen um ihren Weg zum Kampf für ihre eigene Regierung zu ermöglichen. Nieder mit Projekt X, sowie mit der Spionage und Infiltrierung der Volksorganisationen! Für die Auflösung aller Geheimdienstorgane, welche dazu benutzt werden, Volksorganisationen auszuspähen und zu infiltrieren!”

Das Problem mit diesen Formulierungen ist nicht das Gesagte, sondern das Nicht-gesagte. Das Programm sagt uns nicht, wie eine solche Arbeiterregierung aussehen würde. Würde sie nur aus den Organisationen der FIT bestehen oder würde die FIT auch eine Arbeiterregierung mit anderen linken Parteien (z.B. der MAS) bilden? Sollten die Gewerkschaften für eine solche Regierung gewonnen werden? Sollten sie dazu aufgerufen werden, mit dem Peronismus zu brechen und den Kampf für eine unabhängige Massenpartei der ArbeiterInnen zu beginnen?

Von gleicher Wichtigkeit ist, dass das Programm nichts über die notwendigen Schritte sagt, welche von der Arbeiterklasse gegangen werden müssen, um eine solche Regierung bilden und sie gegen  Attacken der Konterrevolution verteidigen zu können. Das Manifest zeigt auf, dass der bürgerliche Staatsapparat zerbrochen werden muss. Gut. Doch wie? Auf welche Organe will sich eine solche Arbeiterregierung stützen, um ihre Entscheidungen durchzusetzen? Die Beantwortung dieser Fragen zeigt die Notwendigkeit auf, für die Formierung von Streikkomitees und -versammlungen,  Nachbarschaftskomitees und schlussendlich für die Schaffung von Arbeiterräten und Arbeitermilizen aufzurufen.

Diese müssen als Kampforgane gegen die Kapitalisten und ihre Regierung aufgebaut werden, um dann in stürmischen Tagen des Massenkampfes wie 2001/02 Instrumenten der politischen Machtergreifung sein zu können. Das Auslassen einer solchen Nutzung der Instrumente 2001/02 war einer der Gründe, welcher zum Abebben der revolutionären Welle geführt hat. Diese Organe  können und müssen Organe werden, die eine Arbeiterregierung unterstützen und verteidigen können. Jedoch wirft das Wahlprogramm der FIT diese Fragen nicht auf und lässt ihre WählerInnen im Dunkeln. Es erwähnt nicht die Notwendigkeit einer auf Arbeiterräten und -milizen basierten Regierung. In der Tat wird das Wort “Arbeiterrat” nicht ein einiges Mal im Programm erwähnt!. Auch das FIT-Manifest wiederholt somit die Schwächen der Programme ähnlicher Formationen wie z.B. der NPA in Frankreich (obwohl die Formulierungen der NPA präziser und weitreichender waren als die des FIT-Manifests).

Im Hinblick auf die internationale Dimension der Krise seit 2008 fordert die FIT richtigerweise eine internationale Solidarität der Arbeiterklasse und erhebt darüber hinaus auch wichtige internationale Forderungen wie z.B. den Abzug imperialistischer Truppen im Nahen Osten/Nordafrika und dem Ende der Besetzung Palästinas. Verwunderlich im Hinblick auf die beteiligten Gruppen innerhalb der FIT ist jedoch, dass keine Aussagen getroffen werden, was den Aufbau oder Wiederaufbau einer internationalen Partei des Weltproletariats betrifft. Angesichts der Tatsache, dass alle Gruppen Bestandteile internationaler Strömungen sind, welche für den Aufbau bzw. Wiederaufbau der 4. Internationale eintreten, ist es doch sehr verwunderlich, dass es dieser Punkt nicht in das Programm der FIT geschafft hat, um die Notwendigkeit der internationalen Organisierung der Arbeiterklasse unter den argentinischen ArbeiterInnen zu verbreiten.

Der weitaus größte Mangel innerhalb der programmatischen Deklaration ist jedoch die Unklarheit in der Frage, was aus der FIT entstehen soll. Stellt sie eine Möglichkeit zur Bildung einer revolutionären Arbeiterpartei dar oder soll sie nur ein Wahlbündnis bleiben?

Die FIT und ihre Zukunft

Unabhängig von den diesjährigen Wahlausgängen ist es durchaus interessant zu beobachten, welch unterschiedliche Vorstellungen für die Zukunft der FIT in ihr zu finden sind. Hierbei lässt sich feststellen, dass eine Diskussion zwischen unterschiedlichen Zielvorstellungen innerhalb der FIT durchaus geführt wird. Die PTS tritt innerhalb dieser Diskussion für den Aufbau einer „Partei ohne Chefs“ (Partido sin patrones) ein und stützt sich hierbei auf Beschlüsse einer von ihnen mit organisierten „Nationalen Konferenz der ArbeiterInnen“ (Conferencia nacional de los Trabajadores), welche sich für den Aufbau einer solchen Partei aussprach (3).

Im Gegensatz dazu sieht die PO derzeit nicht die Notwendigkeit, innerhalb der FIT Anstrengungen zu unternehmen, diese für den Aufbau einer neue revolutionären Arbeiterpartei zu verwenden. Für sie stellt sich derzeit eine historische Möglichkeit dar, die Arbeiterbewegung für die Ideen der revolutionären Linken zu gewinnen, da diese sich derzeit von den Fesseln des Kirchnerismus zu lösen scheint. Erst eine solche Vereinigung würde die Möglichkeit einer revolutionären Perspektive bieten. Um einer solchen näher zu kommen, tritt die PO für die Formierung einer „Politischen Front der ArbeiterInnen und SozialistInnen“ (Frente Político obrero y socialista) ein (4).

Auf Grund der Tatsache, dass die Zukunft der FIT in ihrem Programm nicht angesprochen wurde, begrüßen wir die stattfindende Diskussion über diese Thematik. Wir sind der Meinung, dass die derzeitige Dynamik rund um die FIT durchaus für den Aufbau einer revolutionären Arbeiterpartei genutzt werden könnte. Die Dynamik rund um und nach den Wahlen sollten dazu genutzt werden, nicht nur für WählerInnen zu werben, sondern auch Tausende dazu zu ermutigen, sich an den politischen und programmatischen Diskussionen sowie an der Bildung einer neuen Partei zu beteiligen. Es sollte auch dazu verwendet werden, andere Kräfte und Teile der Arbeiterklasse aufzufordern, dem Prozess beizutreten und auch Gewerkschaften dazu aufzufordern, mit ihrer politischen Allianz mit dem Peronismus zu brechen und sich dem Prozess ebenfalls anzuschließen.

Die Bildung lokaler Gruppen könnte es zum Beispiel Interessierten ermöglichen, an den Diskussionen teilzunehmen, ohne vorher einer der drei beteiligten Gruppen beitreten zu müssen. Das Potenzial hierfür existiert. Die im Zuge der Wahlen organisierten und gut besuchten Basisversammlungen könnten einen Ansatzpunkt darstellen, um Kräfte für die neue Partei zu gewinnen.

Zusätzlich sollte die Dynamik auch zur Einbindung weiterer Teile der radikalen Linken und zum Aufbau eigener Gruppen innerhalb der Betriebe genutzt werden. Verbunden damit stellt sich auch die Frage, was die FIT außerhalb des Wahlkampfes für Aktivitäten an den Tag legt und ob sie eine organisatorische Alternative für die tagespolitische Kämpfe der argentinischen ArbeiterInnen darstellen kann.

Bei Betrachtung der Aktivität der FIT in der Zeit zwischen ihrer Gründung und den Wahlen 2011 und 2013 wird deutlich, dass sie von den beteiligten Gruppen hauptsächlich als reine Wahlplattform verwendet wurde. Jedoch war die FIT auch bei den Mobilisierungen zum letztjährigen 1. Mai beteiligt. Um aber über Wahlkampagnen und gemeinsame Demonstrationen hinauszugehen, ist es notwendig, den Aufbau von kontinuierlich arbeitenden FIT-Strukturen voranzutreiben, um den Einfluss der FIT zu verbreitern.

Perspektiven nach der Wahl

Die FIT scheint bei den kommenden Parlamentswahlen am 27. Oktober die Möglichkeiten zu haben, mehrere Abgeordnete in das Nationalparlament sowie weitere Abgeordnete in unterschiedliche Provinzparlamente zu bekommen. Dies würde nicht nur einen sehr großen Erfolg für die FIT darstellen, es würde auch von SozialistInnen auf der ganzen Welt begrüßt werden, würde es doch die Frage nach dem Aufbau einer neuen, revolutionären Partei für die argentinische Arbeiterklasse akut aufwerfen.

Um jedoch dieses Ziel zu erreichen, stehen zwei miteinander verbundene Aufgaben an: Eine ist die Notwendigkeit, dass die FIT ihren derzeitigen Charakter eines Wahlblocks überwinden muss. Die zweite Aufgabe ist der notwendige Bruch mit ihren zentristischen Unklarheiten, manche von ulta-linkem, manche von rechts-opportunistischem Charakter. Andererseits könnte die FIT, wie andere zentristische Organisationen auch, dabei enden, sich als unfähig zu erweisen, der Arbeiterklasse in Argentinien in den bevorstehenden Jahren eine revolutionäre Führung zu geben.

Fußnoten:

(1) Das Manifest für 2013 auf Spanisch:

http://po.org.ar/pdf/manifiesto_fit_2013.pdf

http://www.pts.org.ar/Declaracion-programatica-del-Frente-de-Izquierda-y-de-los-Trabajadores-2013

Für eine englische Übersetzung, siehe:: www.ft-co.org/Political-election-manifesto-of-the-Workers-and-the-Left-Front?lang=en

(2) http://www.ft-ci.org/Apuntes-del-PTS-sobre-la-construccion-de-un-partido-revolucionario-en-Argentina?lang=es

(3) http://po.org.ar/blog/2012/07/20/resolucion-politica-por-la-fusion-del-movimiento-obrero-con-la-izquierda-revolucionaria/

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