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Klassenkampf statt Koalition!

Wahlprogramm für Berlin, Flugschrift, Infomail 274, 3. September 2006

Massenarbeitslosigkeit, Entlassungen, Kürzungen, Privatisierung von Wohnraum, verschärfte polizeiliche Überwachung, Rassismus prägen immer stärker die „Hauptstadtkultur.“

Die wachsende soziale Ungleichheit tritt hier besonders krass hervor. Aber der Generalangriff auf die Lohnabhängigen findet nicht nur in Berlin statt, sondern in der ganzen BRD, in ganz Europa, auf der ganzen Welt.

Gegen diese Angriffe ist Widerstand notwendig - und machbar! In Frankreich z.B. ging die Bevölkerung auf die Straße und Millionen streikten. So konnte der Kündigungsschutz dort verteidigt werden.

Solchen Widerstand brauchen wir auch hier! Nur durch eine breite, kämpferische Bewegung - durch Streiks, Demonstrationen und Blockaden - werden in der Lage sein, uns zu verteidigen.

Die Angriffe von Regierung und Kapital auf unsere Lebensbedingungen sind immer politische Angriffe. Dagegen müssen wir uns auch politisch zur Wehr setzen. Daher wollen wir eine Partie aufbauen, die unsere Interessen, die der ArbeiterInnen, Arbeitslosen und Unterdrückten vertritt.

Denn: Eine solche Partei ist nicht im Senat vertreten, es gibt sie auch in der Bundesrepublik nicht. CDU, FDP, Grüne sind direkte Parteien der Unternehmer.

SPD und PDS beanspruchen zwar, die Interessen der „kleinen Leute“ zu vertreten. Die SPD stützt sich auf Gewerkschaften (bzw. viele ihrer Funktionäre), aber sie betreibt eine Politik im Interesse des Kapitals. Die PDS gibt zwar vor, „sozialistisch“ zu sein. Ihre reale Politik sieht aber ganz anders aus. Die Regierungspolitik der PDS in Berlin ist nicht sozial und schon gar nicht sozialistisch.

Wählt WASG, aber kämpft dafür, dass sie eine Partei des Klassenkampfes wird

Daher unterstützen wir in Berlin den eigenständigen Antritt der WASG - ein berechtigter und richtiger Ausdruck des Protests gegen die asoziale Politik des SPD/PDS-Senats. Es ist auch ein Schritt des Protests gegen die anpasslerische Politik der WASG-Führung im Bund.

Bundesweit versuchen die WASG-Führung, PDS-Spitze und Bundestagsfraktion eine neue links-sozialdemokratische Partei zu schaffen, die nur den Kapitalismus besser verwalten und ihn nicht bekämpfen will. Sie geht gegen alle wirklichen oder auch nur vermeintlichen kritischen, linken und aktivistischen Elemente in der WASG vor, um deren Politisierung und Radikalisierung zu verhindern und eine neue Partei von PDS und WASG auf eine etwaige Regierungsübernahme vorzubereiten.

Aber unsere Unterstützung ist eine kritische. Die WASG Berlin ist zwar eine vergleichsweise aktive Partei, aber sie muss noch viel mehr eine Partei werden, die in den sozialen Bewegungen, unter klassenkämpferischen ArbeiterInnen und GewerkschafterInnen, unter MigrantInnen und in der Jugend verankert ist.

Bisher ist auch sie v.a. eine Wahlpartei. Sie kritisiert zwar die Politik der PDS und der SPD und hat deutlich gemacht, dass sie keine Regierungsposten anstrebt, sondern die Opposition gegen die Angriffe von Kapital, Bundesregierung und Senat unterstützen und vorantreiben will.

Aber ihr politisches Konzept verbleibt selbst im Rahmen des bestehenden, bürgerlichen Systems. Wir sind die Meinung, dass die WASG nur dann eine Zukunft als fortschrittliche Kraft hat, dass sich in ihr nur dann ein Kern einer neuen Arbeiterpartei formieren kann, wenn sie eine Partei der Mobilisierung wird - in Berlin und bundesweit - und wenn sie eine Partei wird, die für den Kampf gegen die täglichen Verschlechterungen unserer Lebensbedingungen mit dem Kampf zum Sturz des Kapitalismus verbindet.

Kampf der Massenarbeitslosigkeit!

In Berlin leben Hunderttausende von ALG I und ALG II. Hartz IV, Ein-Euro-Jobs und andere Billigjobs sind kein Programm, das uns eine lebenswerte Zukunft bringt.

Die Beschäftigung von fast 40.000 Ein-Euro JobberInnen verringert die Zahl der regulären Arbeitsplätze. Diese „normalen“ Jobs werden in Arbeitsstellen mit Mindestlohn umgewandelt werden. Diese Politik ist Teil eines riesigen Lohndumpings, das keine Jobs, sondern Armut für Millionen und Extra-Profite für Millionäre schafft. Deshalb: Kein öffentlich subventioniertes Lohndumping durch Billigarbeitsplätze!

Während die Reichen und die Konzerne Milliarden in den Arsch geblasen bekommen, werden Menschen, die mit 345 Euro Regelsatz plus Miete auskommen müssen, als „Schmarotzer“ diffamiert! Jugendlichen unter 25 wird praktisch ihr Recht auf eine eigene Wohnung verweigert.

Gegen diese Schweinereien fordern wir:

Weg mit allen Hartz-Gesetzen u.a. Zwangsmaßnahmen sowie der Agenda 2010!

Nein zu Ein-Euro-Jobs! Umwandlung der Jobs in tariflich bezahlte und gesicherte Arbeitsverhältnisse!

Gesetzlich garantiertes Arbeitslosengeld von mindestens 1000 Euro netto!

Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich! Kampagne für die 30-Stunden-Woche als sofortigen Schritt!

Nein zum Lohnraub! Tarifverträge im Öffentlichen Dienst! Neueinstellungen statt Überstunden!

Mindestlohn von 10 Euro/Stunde!

Verbot von Leiharbeit! Festeinstellung aller LeiharbeiterInnen und Bezahlung nach Tarif!

Das wird aber nicht reichen. Immer mehr Industriebetriebe ziehen aus Berlin ab oder erpressen die Beschäftigten mit Lohnkürzungen und Arbeitszeitverlängerung. Dabei gibt es genug gesellschaftlich sinnvolle Arbeit: Ausbau der öffentlichen Versorgung, des öffentlichen Verkehrs, der Bildung, von Schulen und Kindergärten oder von Kultureinrichtungen.

Für ein Programm gesellschaftlich nützlicher Arbeiten unter Kontrolle der Beschäftigten und Konsumenten und bezahlt zu Tariflöhnen!

Entschädigungslose Verstaatlichung von Unternehmen, die Betriebe schließen, mit Entlassungen oder Tarifbruch drohen! Fortführung der Betriebe unter Kontrolle der Beschäftigten!

Nein zur Privatisierung!

Statt die Reichen zu besteuern, statt die Verantwortlichen für den Bankenskandal und die Fondsgesellschaften, die davon profitieren, zur Rechenschaft zu ziehen, soll der Berliner Haushalt auf Biegen und Brechen auf dem Rücken der Beschäftigten und der Bevölkerung saniert werden. Privatisierung von BEWAG, Wasserwerken, BVG, Wohnbausgesellschaften (bzw. der Wohnungen) bedeuten immer Verschlechterung der Löhne und Gehälter, der Arbeitszeiten und eine Verteuerung und Verschlechterung der Leistungen.

Tausende Beschäftigte im Öffentlichen Dienst werden auf sog. „Überhängen“ geparkt und müssen mehr oder weniger unnütze Tätigkeit verrichten. Gleichzeitig werden für die Bevölkerung wichtige Dienste gestrichen - wie Kindertagesstätten, LehrerInnen und ErzieherInnen, Pflegedienste für die Alten und Kranken. In den Krankenhäusern herrscht Personalmangel, während der Senat weiter Kosten und Löhne drücken will.

All das zeigt, dass eigentlich genug gesellschaftlich nützliche Arbeit vorhanden wäre. Aber die Politik des Senats führt dazu, dass diese diesen nur noch jenen zukommen sollen, die genug Kohle haben. Die anderen Fallen durch den Rost oder müssen immer höhere Preis für immer schlechtere Leistungen zahlen.

Daher lehnen wir alle Privatisierungen ab und treten für die entschädigungslose Wiederverstaatlichung aller privatisierten Betriebe unter Kontrolle der Beschäftigten ein.

Der Ausstieg aus dem kommunalen Arbeitgeberverband führte zu einer deutlichen Verschlechterung der Arbeits- und Lohnbedingungen der Beschäftigten. Wir fordern die sofortige Rückkehr des Senats in den kommunalen Arbeitgeberverband und die Wiederherstellung der Tarifverträge!

Wir sagen Nein zur Privatisierung der kommunalen Wohnbaugesellschaften oder der Wohnungen in Öffentliche Hand! Nein zum Verkauf der WBM!

Für Mieterkomitees zum Kampf gegen Privatisierung, Spekulatentum und Mietenpreiserhöhungen sowie zur Kontrolle über die Mietpreise, Abrechnungen. Entschädigungslose Enteignung privater Wohnungsspekulanten und leerstehenden Wohnraums.

Die Jugend ist die Zukunft

Das gegenwärtige System bietet der Jugend keine Zukunft. An den Schulen gibt es zu wenig Lehrer, zu große Klassen. Zugleich wird Schule für Eltern und SchülerInnen immer teurer, die Lernmittelfreiheit ist de facto abgeschafft. Nur rund eine Viertel aller Schulabgänger erhält einen tariflich bezahlten Ausbildungsplatz. Rund 20 Prozent der Jugendlichen sind arbeitslos. Kein Wunder, dass immer mehr total frustriert sind.

An den Unis werden schrittweise Studiengebühren eingeführt; auch dadurch haben Kinder aus Arbeiterfamilien praktisch fast keine Chance mehr zu studieren. Nach dem Studium droht Perspektivlosigkeit usw. Wir fordern:

- Freier und kostenloser Zugang zu Schulen und Unis! Massive Gelder zur Finanzierung von Schulen, Berufsschulen usw.

Schule und Uni müssen für alle zugänglich sein! Für ein Mindesteinkommen für alle Studierenden und SchülerInnen ab 16 von 1000 Euro monatlich!

Massive Einstellung neuer Lehrer zu tariflich gesicherten Bedingungen! Schluss mit rassistischer Gängelung!

Kontrolle der Schulen und Unis durch Komitees aus Lernenden, Beschäftigten und Eltern bzw. Gewerkschaften!

Gesetzlich garantierte Übernahme von Auszubildenden! Nein zur Schmalspurausbildung! Für tariflich bezahlte und qualifizierte Berufsausbildung!

Gegen die Unterdrückung der Frauen!

Die neo-liberalen Angriffe haben viele Frauen - vor allem die aus der Arbeiterklasse und Migrantinnen - besonders hart getroffen. Oft werden Frauen zuerst entlassen und in prekäre Arbeitsverhältnisse und unsichere Teilzeitarbeit gedrängt. Gleichzeitig werden Kinderbetreuungseinrichtungen geschlossen, privatisiert und praktisch unbezahlbar für viele Frauen.

Kinderbetreuungsmöglichkeiten rund um die Uhr, bezahlt von Staat und Unternehmern! Wiedereinrichtung und Ausbau kostenloser betrieblicher Kantinen und Verbesserung ihrer Qualität! Kostenlose Abtreibung auf Wunsch, ohne Fristen und Einschränkungen!

Für das Recht auf gesonderte Treffen von Frauen in der Arbeiterbewegung, in Studenten- und Schülerorganisationen, um ihren eigenen Forderungen Nachdruck verleihen und gegen Sexismus und Chauvinismus kollektiv vorgehen zu können!

Kampf dem Rassismus und Faschismus!

Die Medien und die Herrschenden machen oft „die Ausländer“ für verschärfte Konkurrenz und Arbeitsplatzverlust verantwortlich. In der BZ und anderen Medien werden MigrantInnen aus der Türkei oder arabischen Ländern oft als „Gewalttäter“ und „nicht integrationswillig“ diffamiert.

Das sind Lügen! Die rassistische Hetze und v.a. die soziale Misere sind der Boden, auf dem rassistische Schläger und Neo-Nazis wie die NPD ihr verbrecherisches Süppchen kochen wollen.

Wir solidarisieren uns nicht nur mit allen, die von den Rechten angegriffen werden - wir treten auch für das Recht auf Selbstverteidigung und für den gemeinsamen Widerstand der Betroffenen, der Linken und der Arbeiterbewegung gegen Rassisten und Faschisten ein, um ihnen jede Möglichkeit zu öffentlichem Auftreten zu nehmen.

Doch auch der Staat greift MigrantInnen an - auch dieser Senat - und schiebt sie ab. Wir bekämpfen diese menschenverachtende Politik und treten für die sofortige Schließung des Abschiebeknastes Grünau und für offene Grenzen ein!

Für uns ist das Zusammenleben aller Menschen, die hier leben, keine leere Phrase. Wir treten dafür ein, dass alle, die hier leben, gleiche Rechte haben. Wir fordern volle Staatsbürgerrechte für alle, die hier leben und arbeiten - einschließlich des aktiven und passiven Wahlrechts!

Krieg, Militarismus, kapitalistische Globalisierung

Nun sollen auch im Kongo „deutsche Interessen“ - d.h. jene der großen Konzerne - verteidigt werden. 1000e Soldaten operieren schon jetzt als Besatzer in Afghanistan, auf dem Balkan, im Nahen Osten.

Diese Kriegspolitik ist die militärische Seite der kapitalistischen Globalisierung, verschärfter Ausbeutung der „Dritten Welt“ und der Lohnabhängigen hier.

Wir lehnen diese Politik und die Militarisierung ab! Wir sagen: Nein zu NATO, WEU und Bundeswehr! Sofortiger Rückzug aller Truppen aus dem Ausland! Nein zur Werbung für die Bundeswehr an Schulen!

Für Streiks, Demos und Blockaden gegen die Auslandseinsätze der Bundeswehr! Für die Unterstützung des antiimperialistischen Widerstands im Irak und gegen Israels Aggression!

Besteuerung der Reichen! Enteignung von Banken und Großkapital!

Zur Finanzierung unserer Ziele schlagen wir vor:

Progressive Besteuerung der Profiteure der Politik von Bund und Senat! Weg mit allen Massensteuern wie der Mehrwertsteuer!

Entschädigungslose Enteignung der Banken und Konzerne und planmäßige Organisierung der Produktion gemäß den Bedürfnissen der Mehrheit der Menschen - unter Kontrolle der ArbeiterInnen und der KonsumentInnen!

Globale Perspektive

Arbeitslosigkeit, Armut, Bildungsabbau, Rassismus lassen sich nicht isoliert in Berlin bekämpften. Das ist nur im Rahmen einer landesweiten, ja internationalen Perspektive möglich.

Wir leben in einer Welt, deren Teile immer enger miteinander verbunden sind. Wir leben in einer Welt, die Jahr für Jahr mehr Güter produziert, in der die technischen Möglichkeiten und die Produktionsmittel für ein gutes Leben für alle längst vorhanden sind. Gleichzeitig werden aber die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer. Alle globalen Probleme - Unterentwicklung, Verschuldung, Armut, Kriege, Umweltprobleme usw. - verschärfen sich, obwohl die wissenschaftlich-technischen Mittel zu deren Lösung immer größer werden.

Dieser Wahnsinn hat einen Namen: Kapitalismus. Es sind diese kapitalistischen Verhältnisse (Privateigentum, Konkurrenz, Ungleichheit); es ist diese Gesellschaftsordnung, die auf der Ausbeutung der ArbeiterInnen und Armen beruht, die wir bekämpfen müssen, wenn wir die Ursachen von Arbeitslosigkeit, Ungleichheit, Krieg und Nationalismus beseitigen wollen!

Dazu kann auch der bürokratische Staats- und Herrschaftsapparat, der auf eng mit der herrschenden Klasse verbunden ist, nicht übernommen werden: er ist für jeden progressiven Zweck unbrauchbar und ineffizient. Dazu ist es notwendig, dass wir eigene Kampf- und Machtorgane aufbauen, die den Widerstand organisieren, den Kapitalismus durch eine Revolution stürzen und die Gesellschaft auf Grundlage direkter, räteartiger Demokratie neu aufbauen.

Wir brauchen dazu eine Partei der prinzipiellen Opposition gegen den Kapitalismus und für die Befreiung aller Ausgebeuteten und Unterdrückten.

Welche Regierung?

Die Macht liegt im Kapitalismus nicht beim gewählten Parlament. Die ökonomische Macht hat das Großkapital und in deren Interesse handelt der - nicht wählbare - Staatsapparat.

Insofern ist jede Regierung - auch der Berliner Senat - Machtinstrument der Bourgeoisie und alles andere als klassenneutral. Die Senats-Politik von Sozialabbau, Privatisierungen und Riesensubventionen für das Kapital muss bekämpft werden.

Jede Beteiligung an einer bürgerlichen Regierung kann und muss letztlich dazu führen, sich der Logik von kapitalistischer Verwertung und bürgerlichem Krisenmanagements zum beugen - welche „sozialen“ Versprechen sie auch immer macht. Deshalb lehnen wir jede Beteiligung an einer solchen Regierung ab.

Wir sagen ganz klar: Unsere Orientierung ist eine des Klasseenkampfes und der Selbstorganisation der Arbeiterklasse, der Arbeitlosen, Unterdrückten und der Jugend in Basiskomitees, Streikkomitees usw. und letztlich in Räten und Milizen. Nur eine Regierung, die sich auf solche Kampforgane und Mobilisierungen stützt, können und müssen wir unterstützen: eine Arbeiterregierung.

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Vorwort

Neue Arbeiterpartei oder Wahlverein?

Exkurs: Arbeiterparteitaktik

Alternative Keynes?

Wofür steht Oskar Lafontaine?

Ankommen über alles. Zur Politik der PDS

WASG-Berlin: Welche politische Alternative?

Anhang: Arme Polizei

Linksruck in der WASG: Rechts blinken, rechts abbiegen

SAV und Linkspartei

Anhang: Lehren von Liverpool

Für ein revolutionäres Programm!