HaHo, Neue Internationale 92, Juli/August 2004

Ein Ruck geht durch Deutschland, frohlockt Bundespräsident Köhler. Einen Ruck gibt es bekanntlich, wenn man etwas kräftig gegen die Wand fährt, z.B. den Sozialstaat. Wenn dann alles total verbeult ist, funktioniert es effizienter.

Wozu zum Beispiel eigene dritte Zähne? Kann sich Oma doch auch von der Nachbarin borgen, wenn sie mal ausgehen will. Falls sie daran überhaupt noch Interesse hat, denn ausgegangen ist bei ihr schon was - das Geld.

Deshalb veranstaltet Köhler öffentliche Eintopfessen. Da kann Oma auch ohne Zähne teilnehmen und mit ihrem Präsidenten parlieren.

Das ist möglich, weil Köhler nicht selbst kocht - seine Rezepte als IWF-Chef waren schlecht bekömmlich.

Als Suppenkoch könnte man ja einen arbeitslosen Informatik-Ingenieur zwangsverpflichten. Dank Hartz IV geht das jetzt. Man muss halt flexibel sein. Genau wie die Feldküche, die vielleicht schon morgen unseren Soldaten im Auslandseinsatz kurz vorm Ableben noch mal den Magen füllt.

Auch ein Rock geht durch Deutschland. In dem steckt Frau Merkel, die charmante Reformhaubitze der Union. Sie trällert dabei das lustige Liedlein von der 40-Stunden-Woche, zu dem die Ökonomen als Oberstimme noch was draufsetzen: 45 Stunden! 50! Wer bietet mehr?! Warum so zögerlich, ihr Wirtschafts-Waisenknaben? Ihr solltet endlich auch das Dogma des 24 Stunden dauernden Tages einmal in Frage stellen!

Außer Ruck und Rock hat Deutschland auch Hosen zur Genüge. Z.B. jene der Sozialdemokraten, die etwas schlottrig sind, weil sie keinen Arsch mehr in der Hose haben. "Die beschlossenen Reformen werden voll durchgezogen", so Schröder und sein Echo Münte. Jetzt wird durchgezogen, riefen einst die Hunnen, als sie Europa verwüsteten.

Dass nun auch Feiertage abgeschafft werden, ist aber richtig. Denn zu feiern gibt es nach der Agenda sowieso nichts mehr.

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