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Mindestlohn

Darf’s ein Euro mehr sein?

Peter Lenz, Neue Internationale 186, Februar 2014

Der Mindestlohn von 8,50 Euro ist noch nicht eingeführt, schon kommen PolitikerInnen und Kapitalistenverbände und pochen auf Ausnahmeregelungen für Ältere, alle bis 25, für Langzeitarbeitslose, SaisonarbeiterInnen usw. usf.

„Ungeklärt sei zwischen Union und SPD noch, ob für Langzeitarbeitslose, die in einen Beruf einstiegen, der Mindestlohn von Anfang an gelte. Die SPD beharre bisher darauf, dass auch Langzeitarbeitslose, die einen Job finden, den Mindestlohn erhalten sollten“, schreibt die Stuttgarter Zeitung. Und weiter: „CDU/CSU wollten dagegen im Gesetzgebungsverfahren Ausnahmen festlegen. Die Partner seien sich einig, dass neue Regelungen zusammen mit Arbeitgebern und Gewerkschaften erarbeitet werden. Die Koalition wolle auch für bestimmte Branchen wie die Landwirtschaft Sonderregelungen prüfen.“

“Experten”-Kommission

Die Mindestlohn-Kommission des Bundes soll mit jeweils drei Vertretern von Gewerkschaften und Kapitalseite sowie einem „Experten“ besetzt werden. Letzterer kann dann bei Bedarf als Zünglein an der Waage die Parität zugunsten der Kapitalseite verschieben. „Ich gehe davon aus, dass ver.di einen Vertreter in die Kommission entsenden wird, ebenso die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten“, sagte ver.di-Chef Frank Bsirske der WirtschaftsWoche. „Diese beiden Gewerkschaften sind ja besonders stark mit Niedriglöhnen konfrontiert.“ Den dritten Gewerkschaftsplatz-Platz soll der DGB erhalten. „Das würde bedeuten, dass die mitgliederstärkste Gewerkschaft, die IG Metall, keinen Vertreter in die Kommission entsenden kann“, stellt die Wirtschaftswoche weiter fest  (http://www.wiwo.de /politik/deutschland/ig-metall-mindestlohn-kommission-gewerkschaften-streiten-um-posten/9348122.html).

Der Mindestlohn wird laut Koalitionsvertrag zum Ende der Legislaturperiode umgesetzt, also erst 2017. Dann sind die 8,50 durch die Inflation noch weniger wert. Zudem werden viele Kapitalisten  versuchen, selbst die festgesetzte Untergrenze von 8,50 zu unterlaufen, insbesondere durch Werkverträge, Verlängerung des Arbeitstages durch unbezahlte Mehrarbeit, Verrechnung von Unterbringungskosten usw.

Vor allem auch bei prekären Selbstständigen und MigrantInnen werden die Bosse versuchen, die  Mindestlohnregelungen zu unterlaufen. Im Bereich prekär arbeitender „Selbstständiger“ wurde nichts unternommen. Gerade hier setzt die Lohndrückerei über eine erzwungene „Selbstständigkeit“ an.

Und die wird auch für viele eingewanderte ArbeiterInnen zur Falle. Spätestens hier wird das auch eine Frage, die ganz eng mit der Politik der Gewerkschaften gegenüber MigrantInnen verbunden ist.

8,50 sind schon heute zu wenig

Dabei sind die 8,50 auch heute schon  zu wenig, das wissen auch der DGB und ver.di. Daher wollen ver.di und die NGG auch „bald“ 10 Euro fordern. Aber sie legen sich dafür kaum ins Zeug, bringen höhere Forderungen sehr verhalten in die Diskussion. Zudem hätten sie ja vor der Wahl Druck machen können, dass die SPD mit einer höheren Forderung antritt. Das sie es nicht taten, sagt eigentlich schon alles über die Ernsthaftigkeit ihres Vorstoßes aus.

Immerhin haben ver.di und NGG eine Webadresse eingerichtet, auf der  Dumpinglöhne gemeldet werden können. Aber wer kennt diese Möglichkeit, wenn sie nicht von einer massiven Kampagne begleitet wird?

Folgende Forderungen sollten wir diskutieren:

Für demokratisch gewählte Kontrollkomitees der ArbeiterInnen, die die Einhaltung der Mindestlöhne, der Arbeitsbedingungen und der Preise überwachen! Auf einer bundesweiten Aktionskonferenz sollte das beraten und koordiniert werden. Betriebliche und gewerkschaftliche Versammlungen zur Mindestlohnfrage! Keine Ausnahmen, kein Aufschub!

Für einen Mindestlohn von aktuell 12 Euro! Gleitende Skala des (Mindest)Lohns und der Sozialeinkommen!

Die Kontrollkomitees müssen jederzeit erreichbar sein und in den wichtigsten Sprachen kommunizieren können!

Kostenlose Mitgliedschaft von Flüchtlingen und allen MigrantInnen in Gewerkschaften (solange kein Arbeitsverhältnis besteht)!

Festlegung von Stundensätzen und Mindestpreisen für bestimmte Dienstleistungen, die auch für prekäre Selbstständige greifen!

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Nr. 186, Februar 14
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