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Bericht von der Asien-Kommission der “Liga für die Fünfte Internationale”

Vor neuen Aufgaben

Martin Suchanek, Neue Internationale 168, April 2012

Asien ist im letzten Jahrzehnt ins Zentrum der Weltwirtschaft und Politik gerückt. Seit mehr als einer Dekade prägen der Krieg und die barbarische imperialistische Besatzung Afghanistans den Kontinent. Aber das ist nicht alles.

China hat sich als neue, kapitalistische und imperialistische Macht etabliert und ging bislang aus der globalen Krisenperiode gegenüber seinen Konkurrenten gestärkt hervor. Damit geht nicht nur wachsende Konkurrenz mit den tradierten imperialistischen Mächten USA, Japan oder der EU einher, sondern auch mit Indien, das seinen Einfluss als Regionalmacht ausbauen will.

Für die schwächeren, halbkolonialen Länder - seien es Pakistan, Myanmar, Sri Lanka oder Nepal - bedeutet das, dass die imperialistischen Mächte, aber auch Indien, versuchen, sie in einen noch abhängigeren Status zu zwingen. Andererseits ermöglicht derselbe Kampf um Vorherrschaft den Regierungen der „schwächeren“ Staaten auch einen gewissen Spielraum, um ein paar Brosamen abzubekommen - was bis dahin gehen kann, dass die historische Bindung einzelner Staaten an eine bestimmte imperialistische Macht zur Disposition gestellt wird oder wechseln kann. Der wachsende Einfluss Chinas in Pakistan oder die Versuche der US-Diplomatie, die burmesische Militärjunta auf ihre Seite zu ziehen, verdeutlichen diese Tendenz.

All das verschärft die soziale und politische Instabilität Süd- und Ostasiens - und damit die Tendenz zu (halb)diktatorischen Herrschaftsformen und der weiteren Aushebelung demokratischer Rechte.

Die ökonomischen Entwicklungen hingegeben sind überaus ungleich. Die kapitalistischen Ökonomien wuchsen nicht nur in den „Wirtschaftswunderländern“ China und Indien, sondern auch in einigen Ländern, die zunehmend an deren industriellen Zyklus gekoppelt sind, wie z B. Sri Lanka. Andere Staaten wie Pakistan befinden sich in einem chronischen Niedergang, der bestenfalls von Stagnation unterbrochen wird.

Bei aller Ungleichzeitigkeit prägen die zunehmende soziale Kluft und massive Inflation  die Lebensbedingungen der Massen, aber auch ein enormes Wachstum der Arbeiterklasse in Indien und China, das jedoch noch nicht von einem ebensolchen Fortschritt der politischen und gewerkschaftlichen Organisierung begleitet ist.

In jedem Fall kann in vielen Ländern von einer Zunahme der Klassenkämpfe ausgegangen werden, die sich oft in einer Erschütterung der „traditionellen Organisationen“ der Klasse und der Bauernschaft widerspiegelt.

Die Arbeit der Kommission

Das alles bildet den politischen Hintergrund, vor dem unsere Sektionen in Pakistan und Sri Lanka wie unsere UnterstützerInnen in Nepal arbeiten.

Im Februar und März 2012 organisierten wir ein internationales Treffen der Asienkommission der „Liga für die Fünfte Internationale“ (LFI) mit VertreterInnen aus diesen Ländern wie des Internationalen Exekutivkomitees unserer Organisation.

Neben der Diskussion der politischen und sozialen Lage und der damit verbundenen Aufgaben der Arbeiterklasse, bildete die Diskussion der Arbeit unserer GenossInnen den Schwerpunkt des Treffens.

Sowohl in Pakistan wie in Sri Lanka finden zur Zeit wichtige Umgruppierungen in der Linken und der Arbeiterbewegung statt.

In Pakistan hat sich eine „anti-imperialistische Alliance“ formiert, die nicht nur etliche linke Gruppierungen (v.a. aus maoistischer/stalinistischer Tradition), sondern auch Gewerkschaften umfasst. In Sri Lanka wurde die rund 5.000 Mitglieder starke „Bewegung für den Volkskampf“ (Movement for Peoples Struggles, MPS) von der chauvinistischen, aus dem Maoismus kommenden, JVP ausgeschlossen, weil sie - spät, aber doch - den Krieg gegen die Tamilen und die Regierungsbeteiligung der JVP ablehnte.

Wir diskutierten, wie unsere Sektionen am besten auf diese Entwicklungen reagieren und in diese Prozesse intervenieren können. Die Debatte konzentrierte sich dabei auf die  Anwendung der Taktik der Einheitsfront, insbesondere den Kampf für die Schaffung neuer Arbeiterparteien in beiden Ländern. Konkret heißt das, dass wir Gewerkschaften, linke Organisationen inner- wie außerhalb der „anti-imperialistischen Allianz“ ebenso wie die MPS, kämpferische Gewerkschaften und die Gruppierungen der „radikalen Linken“ in Sri Lanka auffordern, mit allen Formen des Bündnisses mit der herrschenden Klasse - z.B. der Arbeit in der bürgerlich-politischen PPP in Pakistan oder dem Paktieren mit der oppositionellen UNP in Sri Lanka - zu brechen und stattdessen den Aufbau einer unabhängigen Partei der Arbeiterklasse in Angriff zu nehmen.

Als politische Basis schlagen wir dazu ein revolutionäres Aktionsprogramm vor, so wie wir alle anderen Gruppierungen auffordern, ihre programmatischen Vorschläge zur Diskussion zu stellen.

Einen Schwerpunkt der Arbeit einer solchen Partei - wie auch von Aktionsbündnissen - müsste einerseits der Kampf gegen imperialistische Intervention, Krieg und Besetzung sowie für das Selbstbestimmungsrecht der unterdrückten Nationen (z.B. der Tamilen in Sri Lanka, der Kashmiri oder Belochisten in Pakistan) sein.

Einen anderen Schwerpunkt bildet die Arbeit unter Frauen und der Jugend gegen deren massive Unterdrückung, die sich durch Inflation, Krise und Privatisierungen zu verstärken droht.

Doch in Sri Lanka und Pakistan fehlen nicht „nur“ revolutionäre Arbeiterparteien. Auch die Gewerkschaften sind extrem zersplittert und schwach. Unsere Sektionen wollen und werden daher den Kampf für Gewerkschaftseinheit nach dem Motto „Eine Gewerkschaft in jedem Sektor der Ökonomie“ aufnehmen und dafür eintreten, dass diese Einheit auf  klassenkämpferischer und demokratischer Grundlage erfolgt.

In Nepal stehen unsere GenossInnen einer anderen Situation gegenüber. Dort stellen die Maoisten den Regierungschef und führen eine breite Koalition der „nationalen Einheit“. Gemäß ihrem „Etappenmodell“ gilt die Revolution als „anti-feudal“. In Nepal müsse zuerst der Kapitalismus entwickelt werden, bevor der Kampf für eine wirklich grundlegende soziale Umwälzung aufgenommen werden könne - eine reaktionäre Perspektive, die nichts anderes als vollständigen Verrat an der Arbeiterklasse und Bauernschaft bedeutet. Wir diskutierten, wie unter diesen Bedingungen „revolutionärer“ Herrschaft eine trotzkistische Organisation aufgebaut werden kann, die für die Strategie der Permanenten Revolution eintritt.

Diese aktuellen Fragen wurden durch Diskussionen über die Lehren der trotzkistischen Taktik zum Parteiaufbau ergänzt, um diese für die aktuelle Lage fruchtbar zu machen.

Schließlich diskutierte die Kommission auch, wie wir den Aufbau der LFI in anderen Ländern Asiens, v.a. in China und Indien, vorantreiben können und sie entwickelte dazu einen Arbeits- und Publikationsplan.

Als internationale revolutionär-kommunistische Strömung haben wir unsere Aufmerksamkeit in den letzten Jahren verstärkt Asien zugewandt. Diesen Weg wollen und werden wir weiter beschreiten.

Die Arbeiterklasse dieses Kontinents stellt schon heute einen wachsenden Schlüsselsektor des internationalen Proletariats dar. Doch ihre politische Rolle entspricht bei weitem nicht ihrer ökonomischen Bedeutung und Dynamik. Um diese Kluft zu überwinden, braucht es Organisierung - auf gewerkschaftlicher und sozialer Ebene, vor allem aber auf politischer durch den Aufbau neuer revolutionärer Parteien. So kann und wird sie zu einer treibenden Kraft werden für die Schaffung einer neuen, Fünften Internationale, eine Weltpartei der sozialistischen Revolution.

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Nr. 168, April 2012
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