Arbeitermacht
Liga für die fünfte Internationale

Nord & Südamerika Europa Asien & Australien


google.de arbeitermacht.de

Imperialistische Mobilmachung

Kein Krieg gegen den Iran!

Theo Tiger, Neue Internationale 118, März 2007

Seitdem US-Präsident Bush 2002 den Iran zur „Achse des Bösen“ zählte, ist die US-Administration damit beschäftigt, einen militärischen Angriff zu planen und einen „Regimewechsel“ im Iran zu bewirken.

Zunächst reichte die reaktionäre religiöse Ausrichtung des Mullah-Regimes in Teheran zur Legitimation der Hetze gegen den Iran, seit 2005 ist die atomare Forschung des Landes im Fokus des US-Imperialismus. Die Atombombe in der Hand eines reaktionären schiitischen Staates wäre nicht nur für die USA und Israel, sondern auch für die sunnitischen US-Verbündeten auf der arabischen Halbinsel eine Bedrohung. Seit 2006 bemühen sich die USA um eine UN-Resolution gegen den Iran. Diese soll, ähnlich den verschiedenen Irak-Resolutionen, für jede Auslegung durch Washington offen sein: Wie 2003 liegen auch heute alle „Optionen auf dem Tisch“.

Ziel der USA und Israels sind die Atomanlagen Nantanz, Isfahan und Busheer - die israelische Luftwaffe trainiert seit Monaten den Angriff auf diese Anlagen.

Auf der Sicherheitskonferenz in München beschrieb Israels Außenministerin Livi die Ziele eindeutig: Israel werde keine „Atommacht Iran“ akzeptieren, dies wäre eine Niederlage im „Kampf gegen den Terrorismus“ und die westliche Gemeinschaft müsse entschlossen handeln.

Die Folgen derselben Politik, die gegenüber dem Iran eingeschlagen wurde, muss die irakische Bevölkerung seit 2003 - genauer: schon seit dem UN-Embargo - ertragen. Das Land befindet sich im offenen Bürgerkrieg gegen die Besatzer und um die künftige Macht im Staat. Jeden Tag sterben mehr als 100 Menschen durch Bombenanschläge, das Land versinkt in Elend und Chaos.

Mediale Kriegsvorbereitung

Schon 2003 war der Irak praktisch für alles „Böse“ in der Welt verantwortlich, Hussein war für den 11.9. verantwortlich, der Irak würde Al Quiada unterstützen und Uran für Atombomben einkaufen. Der damalige US-Außenminister Powell erzählte von Chemiewaffenlaboren auf LKW, Guido Westerwelle faselte von Raketen auf München - keine Lüge wurde ausgelassen.

Diese Taktik wird heute erneut angewendet. Irans Atomtechnologie sei schon waffentauglich; der Iran hätte die Hisbollah aktiv bei der Entführung der israelischen Soldaten und im Krieg gegen Israel unterstützt; der Iran sei verantwortlich für den Bürgerkrieg im Irak usw.

Besonders der letzte Vorwurf wird an der medialen „Heimatfront“ verbreitet - mit antischiitischer Hetze soll die Stimmung in den USA verändert werden. Die Bevölkerung der USA unterstützt „ihren“ Präsidenten seit langer Zeit nicht mehr in seiner Kriegspolitik, dies zeigten die Wahlen zu Kongress und Senat, das zeigen die massiven Mobilisierungen zum Antikriegstag am 17.3 in den USA.

Bushs Iran-Politik wird von neokonservativen „Think Tanks“ wie der „Heritage Foundation“ und „American Enterprises“ bestimmt. Diese Bourgeoisieideologen wollen die Amtszeit von Bush bis 2008 zum nächsten Angriffskrieg im Mittleren Osten nutzen - der ehemalige NATO-Oberbefehlshaber Clark könnte sich einen „Zwischenfall“ a la Tonking (dem Anlass für den Vietnamkrieg) auch im Persischen Golf vorstellen. Die Zeichen stehen auf Krieg.

Auch Bushs Taktik in der UNO versucht, mittels Lügen und Unterstellungen, einen militärischen Einsatz international abzusichern.

Imperialistisches Bündnis?

Im Irakkrieg hatte es Risse zwischen den USA und der EU gegeben, mit Frankreich und Deutschland scherten die führenden EU-Staaten aus der Kriegsallianz aus und bildeten zusammen mit Russland die berüchtigte „Achse Paris, Berlin, Moskau“.

Doch aktuell wird Moskau wohl allein dastehen. Aus Berlin und Paris gibt es derzeit keinen Widerstand gegen Bushs Linie - im Gegenteil: beide versuchen aktiv, ihre imperialistischen  Interessen an der Seite der USA durchzusetzen.

Schon vor (!) dem Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) hatte die EU die UN-Sanktionen gegen den iranischen Außenhandel umgesetzt. In diesem Bericht wird dem Iran vorgeworfen, weitere 3.000 Zentrifugen in Betrieb zu nehmen. Für diese Technologiepolitik Irans muss nun die iranische Bevölkerung unter Sanktionen leiden - diese Sanktionen betreffen alle Bereiche der Spitzentechnologie und behindern somit den technischen Fortschritt in der Halbkolonie Iran.

Lange hatten die USA Druck auf die EU ausgeübt, die US-Sanktionen (ein Embargo gilt seit 1978) zu unterstützen. Diese hatten praktisch keine Auswirkung, weil die großen Handelspartner des Iran - Italien, Deutschland, Frankreich, Niederlande und GB - diese Sanktionen bis vor kurzem nicht mit umsetzen. Doch jetzt treten die imperialistischen Mächte gemeinsam dem Iran entgegen - Konflikte und „Risse“ wie im Irakkrieg sind unmittelbar nicht zu erwarten, auch der sich formierende EU-Imperialismus will eine Atom- und Regionalmacht Iran verhindern.

Unter Führung von Kanzlerin Merkel drängt die EU nach mehr „politischer Verantwortung in den Krisenherden“, d.h. mehr militärische Präsenz, mehr Besatzungstruppen, mehr Mitsprache für das EU-Kapital. Das ist der Preis, den die führenden Mächte der EU für ihre Unterstützung der US-Politik fordern und momentan auch erhalten.

Der US-Imperialismus ist außenpolitisch in einer schweren Krise, die widerständigen Protektorate Afghanistan und Irak bringen die USA an den Rand einer militärischen  Niederlage. Die politische Niederlage in beiden Staaten ist bereits erfolgt. Die USA vernichteten Unmengen an Kapital, ruinierten ihren Staatshaushalt und sind eine angeschlagene Weltmacht - jede weitere Krise der USA wird massive Auswirkungen auf die Stabilität der imperialistischen Ordnung weltweit haben.

Europäische und amerikanische „Sicherheitsexperten“ sehen die Gefahr einer weiteren Zuspitzung. Die USA können derzeit ihre Rolle als „Weltpolizist“ für das Kapital nur bedingt ausfüllen. US-Medien sprechen von einer möglichen „Chavezisierung“ Lateinamerikas und der Nahe und Mittlere Osten fällt den islamischen Fundamentalisten zu. Dies ist die Chance des EU-Imperialismus, selbst eine globale Rolle in der Militärpolitik einzunehmen, schon im Libanon-Konflikt gelang eine gemeinsame europäische Intervention.

Iran und die Atombombe

Besonders von Israel und den USA werden dem Iran aggressive Ziele mit der Atomforschung unterstellt - jede neue Zentrifuge wird als Schritt zur Atombombe dargestellt.

Die imperialistischen Mächte und ihr Verbündeter Israel erklären, dass Nuklearwaffen in den Händen eines islamistischen Regimes die Gefahr für den Weltfrieden schlechthin wären - eine Gefahr, die sie aber beim US-Verbündeten Pakistan - selbst ein „islamischer“ Staat - nicht fürchten. Kein Wunder: dieses Regime ist ein wichtiger US-Verbündeter.

Genau darum geht es beim Iran. An seiner Nuklearforschung stört, dass der Iran aus der imperialistischen Weltordnung ausschert, dass sich Teheran nicht willfährig der Ordnung von USA und EU unterwerfen will.

Daher lehnen wir jede imperialistische Erpressung - von „zivilen“ Sanktionen bis zum militärischen Angriff - ab und verteidigen das Recht des Iran, sich gegen diese zur Wehr zu setzen. Die Imperialisten und ihre Agenturen wie die IAEO haben kein Recht, irgendeinem Land der „Dritten Welt“ vorzuschreiben, ob es Atomtechnologie entwickelt oder nicht. Wir verteidigen das Recht des Iran auf militärische Abschreckung gegenüber den USA und Israel, denn beide sind aggressive militaristische Staaten, welche durch Angriffskrieg und Besatzung eine Bedrohung für jede souveräne Nation im moslemischen Raum darstellen.

Der Iran soll daran gehindert werden, zur Regionalmacht aufzusteigen. Seitdem die feindlichen Regime in Afghanistan und Irak von den USA beseitigt wurden, betreibt der Iran eine offensive Politik, das theokratische Regime will die Führung der Schiiten in der moslemischen Welt übernehmen. Heute ist die antiamerikanische und antizionistische Politik Teherans glaubwürdiger denn je, besonders im Gegensatz zu autoritären Marionettenregimes wie Ägypten, Pakistan oder Indonesien.

Ahmedinedschads Atompolitik ist alles andere als „wahnsinnig“. Die letzten Verhandlungen zwischen den USA und Nordkorea bestärken den Iran vielmehr in der Fortführung seiner „harten“ Politik. Nachdem Nordkorea erfolgreich eine Atombombe testete, kam es zu ernsthaften bilateralen Gesprächen - mit besseren Konditionen für Nordkorea. Mit der Atombombe verhandelt es sich besser mit den USA als ohne.

Antiimperialistischer Widerstand?

Wenn die geplanten Militärschläge gegen den Iran durchgeführt werden müssen wir dem iranischen Volk unsere Solidarität und Unterstützung zusichern, genau wie die Palästinenser, Iraker und Afghanen müssen sie gegen den imperialistischen Angriff verteidigt werden. Diesen Völkern wurde der „Krieg gegen den Terrorismus“ zwischen Imperialisten und Islamisten in ihren Ländern quasi aufgezwungen - die arbeitende Klasse und die Verarmten der islamischen Welt sind die Opfer dieser imperialistischen Offensive.

Wir müssen den antiimperialistischen Widerstandskampf gegen die Besatzer im Irak, in Afghanistan, im Gazastreifen, in der Westbank und im Libanon vor der Verleumdung des „Terrorismus“ verteidigen - das gilt für die KämpferInnen genau wie für ihre aktuellen politischen Vertretungen wie Hamas oder Hisbollah.

Gleichzeitig beziehen wir aber klar Position gegen die politische Ausrichtung der islamischen Fundamentalisten. Keine Theokratie, kein „Gottesstaat“ kann die Armen und ArbeiterInnen der islamischen Welt befreien. Gerade für Jugendliche und Frauen sind die radikalen Fundamentalisten keine Zukunft. Theokratien wie in Teheran, Riad oder Kuwait wollen nur einen höheren Preis und mehr Spielraum mit dem Imperialismus aushandelt - um aus der Ausbeutung und Unterdrückung der Massen selbst Nutzen Profit zu schlagen. Sie sind nicht emanzipatorisch - sie sind reaktionär!

Die islamische Welt wird aufgrund ihrer Rohstoffvorkommen schon lange vom Imperialismus bedroht. Verschiedene kapitalistische Herren berrschten mittels eingekaufter nationaler Eliten die Ausbeutung der Ressourcen. Mit Israel befindet sich ein „atomarer“ Vorposten des US-Imperialismus in der Region, dessen Geschichte durch Angriffskrieg, Besatzung und „gezielte Tötungen“ geprägt ist.

Seit 1948 unterdrückt Israel mit seinem Apartheidregime die PalästinenserInnen, führt immer wieder Angriffskriege gegen seine Nachbarn Syrien, Libanon, Jordanien und Ägypten. Von den USA und der EU hoch gerüstet, ist Israel heute die stärkste und aggressivste Militärmacht in der Region. Israel behält sich laut Gesetz das Recht vor, Präventivschläge gegen alle Staaten durchzuführen, welche die Sicherheit Israels bedrohen könnten.

Der Widerstand im Irak und im Libanon, in den besetzten palästinensischen Gebieten, in Afghanistan hat dem US-Imperialismus Niederlagen zugefügt. Immer mehr Verbündete ziehen ihre Truppen aus dem Irak ab, sogar die britische Regierung hat jetzt den Abzug bis Ende 2008 verkündet. In Afghanistan ist der Süden des Landes zum Kriegsgebiet geworden, unter den dortigen Paschtunen sind die Taliban wieder die stärkste regionale Macht.

Wenn jetzt deutsche Tornados in den Süden Afghanistans verlegt werden, so können sie ganz nebenbei auch die iranische Ostgrenze kontrollieren.

Sollten die USA im Irak endgültig besiegt werden, hätte dies auch Konsequenzen für die anderen Protektorate und Besatzungstruppen: die imperialistischen Verbündeten rücken enger zusammen, weil eine gemeinsame Niederlage verheerende Auswirkungen auf den globalen Kapitalismus hätte.

Diese Politik der imperialistischen Großmächte muss ein Ende haben, der antiimperialistische Widerstand muss zu einer globalen Bewegung zusammengeführt werden! Am 17.3, dem Tag des politischen Gefangenen und am 24./25.3 - anlässlich der 50 Jahr-Feiern der EWG-Verträge - müssen wir unseren Widerstand gegen Kapital und Krieg auf die Straße bringen.

Gegen die imperialistische Bedrohung des Irans durch USA, EU und Israel! Weg mit allen Sanktionen! Verteidigt den Iran im Fall eines militärischen Angriffs!

Ende der Besatzung und des Krieges in Afghanistan und Irak!

„Hände weg vom Iran!“ muss eine zentrale Losung von Massendemonstrationen der Anti-Kriegsbewegung auf der ganzen Welt werden! Alle auf die Straße am Tag X eines möglichen Angriffs der USA oder Israels!

Aber durch Demonstrationen allein wird sich ein Angriff nicht verhindern lassen. Wir treten für politische Streiks und Blockaden ein, um den Nachschub für die imperialistischen Angreifer und ihre Truppen zu blockieren. Wir wollen eine internationale Solidaritätsbewegung mit dem Widerstand gegen die imperialistische Besatzung im Nahen und Mittleren Osten!

Leserbrief schreiben   zur Startseite


Nr. 118, März 2007
*  Deutsches EU-Präsidentschaftsprogramm: Nächster Anlauf zum Europa der Imperialisten
*  Rente mit 67: Die Basis kämpft - die Führung kneift
*  Internationaler Frauentag: Emanzipation im Kapitalismus?
*  Netzwerk Linke Opposition: Die Chancen des NLO
*  Parteifusion: Die Linke und die "Linke"
*  UN-Klimabericht: Mehr heiße Luft
*  RAF-Diskussion: Widerstand oder "Terrorismus"?
*  Heile Welt
*  Imperialistische Mobilmachung: Kein Krieg gegen den Iran