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WASG-Parteitag

Nein zum Programm!

Rex Rotmann, Neue Internationale 100, Mai 2005

Der 1. Parteitag vom 6. bis 8. Mai in Dortmund wird ein wichtiges Datum für die Wahlalternative (WASG) werden. Dass er ein Erfolg wird, ist ziemlich sicher - zumindest für den Vorstand. Schließlich hat der von Anfang an alles getan, damit die WASG zu dem wird, was er geplant hat: eine Partei, die sich vor allem - nomen est omen - auf Wahlen und den Parlamentarismus orientiert, eine Partei, die ein komplett reformistisches Programm hat, eine Partei, in welcher der Vorstand die Organisation bürokratisch kontrolliert und Kritik und KritkerInnen ausgegrenzt.

Ist unsere Einschätzung der WASG überzogen oder gar falsch? Nein! Die Mitgliedszahl allein sagt schon viel über die Entwicklung der WASG aus. Partei hat weniger Mitglieder als der Verein, der ihren Aufbau vorantreiben sollte. Davon, dass die WASG relevante Teile kämpferischer Klassenkämpfe oder der Proteste gegen Hartz und Agenda gewinnen konnte, kann keine Rede sein. Noch nicht einmal für die Linke ist sie noch ein wirklicher Attraktionspol.

Das anfänglich große Medienecho und ein breites Interesse für die "Alternative zur SPD" wurden geradezu stümperhaft verplempert. Keine eigene Kampagne, keine von Klarheit und Entschlosenheit zeugenden politischen Statements - stattdessen Allgemeinplätze. Nur bei der Jagd nach Lafontaine, Blüm u.a. Kämpfern im (Vor)ruhestand war man sehr rege.

Bei den Montagdemos war die WASG dabei. Doch was man von ihr erwartet hätte - ein klares Programm, konkrete Initiativen, wie die Bewegung wachsen und den Kampf gewinnen kann - Fehlanzeige!

Wenn auf den Strassen Streiks und sogar der Generalstreik gefordert wurden, postulierten die WASG-VordenkerInnen die 5%-Hürde zur Bundestagswahl 2006 als ultima ratio des Klassenkampfes.

In den militanten Streiks bei Daimler und Opel zeigte sich die gleiche Unfähigkeit, den Kampf voranzutreiben. Die WASG blockte sogar KollegInnen, die ihr beitreten und eine Betriebsgruppe der WASG bei Opel gründen wollten, mit offensichtlich fadenscheinigen Begründungen ab.

Was sagt die WASG zum Verrat der Gewerkschaftsführungen, zu ihrer Untätigkeit, zu ihrer Nibelungentreue zur SPD? Nichts!

Alles nur Zufall oder "Dummheit" des Vorstands? Natürlich nicht! Die Fehler und Versäumnisse der WASG sind Ausdruck, ja ein notwendiges Ergebnis ihres refomistisches Konzepts. Der "offizielle" Programmentwurf wärmt die alten Konzepte der SPD der 1950er wieder auf; gerade so, als hätte sich die Welt seitdem nicht geändert, als gäbe es keine vertiefte Krise des Kapitalismus. Anstatt den Klassenkampf durch konkrete Vorschläge und praktische Initiativen voranzubringen, wird jede konzeptionelle Dummheit, jede reaktionäre Illusion, jede gescheiterte Strategie der Sozialdemokratie wiedergekäut: Keynesianismus, "Sozial"staat, Stellvertreterpolitik, Sozial"partnerschaft", Parlamantarismus usw. usf.

Kein Wunder, dass nicht nur das Gros der Linken, sondern auch die aktivsten und bewußtesten Kräfte in den Betrieben, den Gewerkschaften und in der sozialen Bewegung der WASG kein Eintrittsformular ausfüllten.

Zeigte sich die WASG unter der Führung ihrer InitiatorInnen um Klaus Ernst und Co. auch in allen wesentlichen Politikfeldern als eine Alternative, vor der weder die SPD geschweige denn die deutsche Bourgeoisie Angst haben müssen, so war sie durchaus sehr aktiv, ihre KritikerInnen zu bekämpfen. Da gab es Ausschlüsse bzw. die Verweigerung des Eintritts für Linke, v.a. aus der SAV. Da wurde heftigst gegen linke und kommunistische KritikerInnen polemisiert. Kritik ist an sich natürlich legitim, nur ging es dabei am wenigsten um Inhalte, Sachargumente wurden selten bis gar nicht angeführt.

Damit nicht genug! Dass die Dominanz der Reformisten in der WASG so klar ausfällt, liegt auch an der Linken. Ein Teil von ihr (z.B. RSB) stellte sich der Herausforderung des Aufbaus einer Arbeiterpartei in Deutschland erst gar nicht und überließ somit dieses Projekt komplett den ReformistInnen, andere wie Linksruck wendeten sich in der WASG stets gegen die Linken, waren strikt dagegen, ein revolutionäres oder sozialistisches Programm vorzulegen und stärkten die ReformistInnen in der Führung.

Der SAV muß man immerhin attestieren, dass sie für "sozialistische Positionen" eintrat. Doch den Mut, ein alternatives Programm vorzulegen, brachte sie nicht auf und beschränkte sich darauf, einige "Abänderungen" zum Vorstandsentwurf zu machen - zu einem Entwurf der durch und durch reformistisch und nationalborniert ist!

Davon abgesehen fehlen in ihren Vorschlägen bzw. in ihrem ursprünglichen Programmentwurf auch alle Forderungen, welche die Machtfrage stellen und über den Kapitalismus hinausweisen - Arbeiterregierung, Räte, Arbeitermilizen, Zerschlagung des bürgerlichen Staates.

Der einzige alternative Programmvorschlag, den es gab, wurde von GenossInnen und UnterstützerInnen von arbeitermacht vorgelegt. Er wurde offiziell in den Verteilern nicht berücksichtigt, so dass er der großen Mehrheit der WASG nicht bekannt sein konnte; auf dem Programmkonvent wurde er ebenfalls nicht behandelt. Soviel zu Demokratie und Offenheit in der WASG.

Es ist zu erwarten, dass der Parteitag den Programmentwurf des Vorstands annimmt und so den ohnedies reformistischen - und damit bürgerlichen - Charakter der WASG weiter verfestigt. Deshalb fordern wir jede(n) Delegierte(n) auf, gegen dieses Programm der Irreführung, des politischen Betrugs und der Kapitulation zu stimmen!

Wie es aussieht, wird der Parteitag ein weiterer Meilenstein bei der Ruinierung einer konkreten Chance zum Aufbau einer neuen Arbeiterpartei werden. Aus einer Möglichkeit, die Dominanz der Sozialdemokratie zu durchbrechen, eine Alternative zur SPD aufzubauen und den Klassenkampf voran zu bringen, ist die WASG am besten Weg zu einem Hindernis zu werden.

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Nr. 100, Mai 2005

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*  DGB Aktuell: Frühling der Bürokratie?
*  Papstwahl: In Rom nichts Neues
*  Heile Welt
*  60 Jahre Befreiung vom Faschismus: Krieg und reaktionäre Weltordnung
*  Frankreich: Aus für EU-Verfassung?
*  WASG-Parteitag: Nein zum Programm!
*  Neue Internationale 100: Revolutionäre Zeitung
*  Rot/Grün und der 8. Mai: Antifaschistische Fassade