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Kampf der Besetzung des Irak!

Stellungnahme der LRKI, 11. April 03

Pax Americana

1 Die USA herrschen in Bagdad. Nach dem feigsten Krieg, den die mächtigste Militärmaschinerie der Welt je geführt hat, ist dem amerikanischen Imperium eine neue Kolonie einverleibt worden. Die erfolgreiche Invasion und Besetzung des Irak ist ein wichtiger Sieg für die reaktionärsten Kräfte des Planeten. Saddam Hussein war ein schwacher, isolierter, wenngleich auch brutaler Tyrann. George W. Bush indes tyrannisiert trotz allem demokratischen Getön die ganze Welt.

2 Die reguläre Armee des Irak und seine republikanischen Garden wurden durch massive Luftbombardements zermalmt. Militärisch stand der Kriegsausgang nie in Frage. Der imperialistischen Mörderkoalition stand ein bereits während der 90er Jahre praktisch entwaffnetes und um zwei Generationen rückständiges Kampfpotential gegenüber. Die einzige Hoffnung für das irakische Volk wäre eine millionenfache revolutionäre Erhebung der arabischen Massen der Region gewesen, die eine Invasion politisch zu kostspielig für den Imperialismus hätte werden lassen. Doch obschon einige Massenkundgebungen stattfanden, haben die bürgerlichen arabischen Regierungen die Invasion entweder unterstützt oder scheuten davor zurück, Erhebungen der eigenen Bevölkerungen gegen den Krieg zuzulassen - aus Furcht, dass sie ihr dann selber zum Opfer fallen würden.

3 Die US-Truppen haben sich über die 'Feigheit' der irakischen Soldaten lustig gemacht, weil sie 'nicht kämpfen wollten'. In Wahrheit schlugen diese eine Guerilla-Taktik ein, griffen Versorgungslinien an, stellten kleine Operationseinheiten zusammen und schickten Selbstmordkommandos aus. All dies war Ausdruck der waffentechnischen Unterlegenheit. Angesichts dieser Übermacht müsste den tausenden Irakern, die sich dem imperialistischen Terror entgegenstellten, für ihre Tapferkeit Hochachtung gezollt werden.

4 Der Widerstand, insbesondere in den schiitischen Gebieten, war stärker als angenommen. Trotz ihres Hasses auf Saddam und sein Regime waren viele bereit, ihr Land gegen den imperialistischen Einmarsch und dessen Absicht, die Ölquellen in die Hand zu bekommen, zu verteidigen. Bis zum Fall der Hauptstadt weigerten sich fast alle IrakerInnen, ein hollywoodreifes Jubelspalier beim Einzug der britischen und US-Truppen zu spielen. Auch in der Millionenstadt Bagdad waren es nur ein paar Hundert statt den erwarteten Tausenden, die die US-Armee telegen bejubelten. Trotz größter Anstrengung der bürgerlich reaktionären Medien bekamen sie gerade mal 150 Leute vor die Linse, davon die meisten noch US-Soldaten, die sich dazu hergaben, Saddam Husseins Statue vom Sockel zu stoßen. Da war die Berliner Mauer medial ergiebiger.

5 Der schnelle Sieg der US/GB-Kumpanei mit weniger als 200 Verlusten in den eigenen Reihen und politisch 'verkraftbaren' 1300 irakischen Zivilopfern wird die Regierungen Bush und Blair sicher kurzfristig stärken.

6 Das Pentagon und die Falken in der Regierung, v.a. Rumsfeld, gehen gestärkt aus dem Krieg hervor. Rumsfelds Militärstrategie mit ihrem brachialen Einsatz von Luftstreitkräften, dosierter Verwendung von Infanterieeinheiten und operativem Eingreifen von Sonderkommandos ist 'bestätigt' worden und wird für die kommenden Jahre maßgebend sein. Sie wird die ultrarechten Elemente ermutigen, die Zweifel und Befürchtungen ihrer KritikerInnen als unbegründet zurückzuweisen und sich dafür stark machen, dass US-Waffen als nächstes Damaskus und Teheran ins Visier nehmen. Noch ehe die Toten begraben sind, bereitet Rumsfeld die Öffentlichkeit schon auf den Krieg gegen Syrien mit dem Hinweis vor, dass von dort angeblich Iran-Freiwillige in den Irak gesickert seien und dass das syrische Regime hochrangigen Flüchtlingen der irakischen Ba'ath-Partei Unterschlupf gewähre. Er bezichtigt es der Waffenlieferung an den Irak, ja sogar der Lagerung von Saddams immer noch 'fehlenden' Massenvernichtungswaffen.

7 Die Scharfmacher haben ihre neue strategische Doktrin erfolgreich durchgepeitscht, wonach ein eigenmächtiger Erstschlag gegen Staaten geführt werden darf, die der Präsident verurteilt, etwas 'nicht getan zu haben'. Damit meint er jene, die nicht ihre Waffen übergeben, die vor Angriffen abschrecken oder Erpressungen standhalten könnten gegen die einzige Supermacht der Welt; er meint jene, die nicht ihr Regime zur Zufriedenheit der US-Regierung umkrempeln und jene, die nicht eine für die US-Wirtschaft wichtige Ware zum gewünschten Preis liefern. Jeder Staat, der sich dem Diktat der USA verweigert, hat etwas 'nicht getan'.

8 Die US-Regierung hat ihre Doktrin trotz der Einwände der meisten anderen G8- und ständigen UN-Sicherheitsratsvertreter durchgesetzt. Sie wurden einfach missachtet.

9 Das irakische Volk wird nicht gebraucht. Seine 'Befreier' werden es in die Elendsquartiere zurücktreiben, wenn nötig mit Gewehrkugeln. Bei Kriegsausbruch haben die IrakerInnen, darunter auch die wirklichen politischen Flüchtlinge, diesen Krieg als Akt der gerechten Selbstverteidigung begriffen und die wahren Ziele ihrer 'Befreier' im Öl und der direkten oder durch israelische Statthalter gesicherten Beherrschung der gesamten Region erkannt. Die breite Masse der Bevölkerung wird die Folgen zu spüren bekommen, wenn der Irak in eine amerikanische Kolonie verwandelt worden ist.

10 Die von USA und Britannien arrangierten Demonstrationen gegen Saddam werden von den Medien genutzt, um die anti-imperialistische Massenbewegung zu entmutigen und zu untergraben, die in den letzten Monaten weltweit entstanden ist. Eine Horde von Plünderern, ein amerikanischer Panzer, ein Riesenstandbild beim Umkippen - ein Bild erzählt mehr als tausend Lügen.

11 Unter der Bevölkerung der Anrainerstaaten Jordanien, Syrien, Iran, Ägypten haben der anfängliche irakische Widerstand, die Zerstörung und die Grausamkeit des Bombardements gemeinsam mit den Bildern von millionenfach besuchten Kundgebungen auf den Straßen in Westeuropa leidenschaftliche und tatkräftige Anteilnahme geweckt. Es gab Massenmobilisierungen in Kairo, Amman und Damaskus. Das hat den dortigen Massen Selbstvertrauen und Würde eingeflößt und sie mit Verachtung gegen ihre eigenen, dem Imperialismus unterwürfigen Herrscher erfüllt. Prowestliche Diktatoren wie der jordanische König Abdullah oder der ägyptische Präsident Mubarak fürchteten um die Stabilität ihrer Regimes.

12 Blair, Berlusconi und Aznar wirkten ebenfalls blass und nervös angesichts der Millionen, die gegen ihren Kriegskurs im eigenen Land marschierten, Aktionen gegen Kriegseinrichtungen unternahmen, ja sogar streikten, um ihre Ablehnung des Krieges zu zeigen. Jede ernste Wende auf dem Schlachtfeld hätte ihren Sturz bedeuten können.

13 Natürlich untergrub die verhasste Diktatur Saddams die Aussichten auf einen erfolgreichen Widerstand. Dieses Regime wagte es nicht, die irakischen Massen zu mobilisieren, weil es deren Selbsttätigkeit mehr als alles andere fürchtete. Saddams Diktatur - über die Hälfte seiner Herrschaftszeit vom amerikanischen Geheimdienst CIA unterstützt - hat die Parteien und Gewerkschaften der irakischen Arbeiterschaft zerschlagen und das politische Bewusstsein der Volksmassen ausgelöscht. Das beweist, dass eine brutale und korrupte Diktatur keine Grundlage für einen ernsthaften Widerstand gegen den Imperialismus sein kann.

Die Antikriegsbewegung

14 Rückblickend war die Antikriegsbewegung am 15.Februar 2003 auf ihrem Höhepunkt. Ungefähr 20 Millionen marschierten weltweit am selben Tag und folgten dem Aufruf des Kongresses der kämpferischen Organisationen, die sich im vergangenen November in Florenz beim Europäischen Sozialforum (ESF) trafen. In den beiden Folgemonaten gab es international koordinierte Aktionen. Am mutigsten waren die Hunderttausende, die in der Höhle des Löwen, in USA und Britannien marschiert sind, und jene, die in verdeckten Kriegsunterstützerländern wie Türkei und Ägypten auf die Straße gingen - trotz brutaler Polizeiverfolgung und Unterdrückung. Das war ein historischer Erfolg, den es seit den 60er Jahren nicht mehr gegeben hat. Eine neue Jugendgeneration, besonders SchülerInnen, hat auf den Kriegsausbruch mit Streiks, Demos und Kundgebungen reagiert.

15 Die Bilanz des Irakkriegs ist daher alles andere als ein totaler Triumph für den Imperialismus. Dieser Krieg hat Millionen neuer AktivistInnen hervorgebracht. Sie werden weitere Aktionsmöglichkeiten suchen; sie werden nach einem Verständnis des Imperialismus und nach Wegen suchen, ihn zu vernichten. Der Krieg hat auch die Konflikte zwischen den Imperialisten vergrößert, die Ohnmacht der UNO bloßgestellt, die NATO schwer beschädigt und die EU in interne Konfusionen gestürzt.

16 Frankreich, Deutschland und Russland haben sich wegen ihrer Kriegsablehnung in Worten die Sympathien jener Staaten erworben, welche Vorherrschaft und Einmischung der USA fürchten. Eine Periode des Aufbaus von geheimen Bündnissen als Gegengewicht zu den USA hat begonnen. Doch weder Frankreich noch Deutschland sind die friedliebenden Mächte, für die sie sich ausgeben. Russland, dem noch das frische Blut der Tschetschenen an den Händen klebt, erregt nur Abscheu, wenn sich dessen Regierung als Friedensstifter hinstellt. Sie sind klar die schwächeren Militärmächte und sammeln Kräfte für die spätere Auseinandersetzung.

17 In den nächsten Jahren wird sich der Kampf zwischen Europa und USA um die zukünftigen Einflusssphären in Russland und China ausweiten. Wachsende Spannungen und Konflikte sind vorprogrammiert, wenn die USA ihre eigenmächtige Weltordnungsstrategie weiterführen. Frankreich und Deutschland werden sich als imperialistische Mächte mit globalen Eigeninteressen nicht damit abfinden können, von den USA in die Rolle untergeordneter Regionalmächte gedrängt zu werden.

18 Vor diesem Hintergrund internationaler Spannung zwischen den imperialistischen Kräften muss die Weltbewegung gegen den Krieg weitergehen - auf der Grundlage unbedingter Unabhängigkeit nicht nur von den USA und ihrem britischen Helfershelfer, sondern auch von der französisch-deutschen Achse. Beides sind räuberische imperialistische Blöcke und keiner besser als der andere. Die Arbeiterklasse und alle fortschrittlichen Bewegungen müssen völlig unabhängig von ihnen einen konsequenten Kurs zum Kampf gegen Krieg und Kapitalismus einschlagen. In den künftigen Zusammenstößen zwischen ihnen müssen wir für die Niederlage beider Seiten, Regierungen und Armeen, durch Massenkämpfe im eigenen Land auftreten. Der Hauptfeind steht jeweils im eigenen imperialistischen Land.

19 Trotz der Entstehung der mächtigsten je erlebten Bewegung gegen einen Kolonisationskrieg waren wir nicht imstande, ihn zu stoppen. Der Hauptgrund lag darin, dass die massive Stärke der Arbeiterklasse durch Massenstreiks und militante Blockaden nie richtig zum Einsatz kam. Nur die volle Entfaltung des Klassenkampfs hätte Bushs, Blairs und Aznars Kriegslust im eigenen Land bändigen oder ihre Niederlage besiegeln können. Millionen hassten den Krieg, vermochten ihn aber nicht zu verhindern oder zu beenden. Dafür müssen wir die reformistischen ParteiführerInnen und GewerkschaftsbürokratInnen zur Verantwortung ziehen! Wieder einmal haben diese Aufseher des Kapitals in den Arbeiterreihen für den Imperialismus die Kastanien aus dem Feuer geholt.

20 Die Spitzen der großen Gewerkschaftsverbände in Britannien und Frankreich haben sich trotz monatelanger Friedensbeteuerungen sofort nach Kriegsbeginn für einen schnellen Sieg 'unserer Jungs' eingesetzt. Dies enthüllte ihren typischen Doppelcharakter: Pazifisten sind sie nur so lange, bis die Kriegstrommel ertönt, dann werden sie über Nacht zu standfesten Patrioten.

21 Selbst die linken Gewerkschaftsführer und die vermeintlich militanten Verbände in Britannien, Frankreich, Italien und Spanien unternahmen keinen ernsthaften Versuch, zu mehr als Warnstreiks (zwischen 15 Minuten und einem Tag) aufzurufen. Die Funktionäre der Antikriegsbündnisse wie 'Stop the War' in Britannien argumentierten, dass der Aufbau örtlicher Zusammenschlüsse von GewerkschafterInnen und AntikriegsaktivistInnen verfrüht sei, um für Massen- oder Generalstreik zu mobilisieren. Jetzt ist es zu spät! Ihnen ist kein Zeitpunkt recht, um die Arbeiterklasse aus dem Würgegriff der Bürokratie zu befreien.

22 Im Kern handelten die Antikriegsbündnisse in den USA und Britannien wie kämpferische Pazifisten, aber nicht als antikapitalistische und anti-imperialistische Revolutionäre. Das ließ die Bewegung auf der Stufe von großen Prozessionen und kleinen symbolischen Aktionen des zivilen Ungehorsams stehen. Sie wurde nicht auf einen allgemeinen Angriff mit allen Mitteln des Klassenkampfes gelenkt, um die Kriegstreiber aus ihren Machtpositionen zu verjagen. So litt die Bewegung schließlich an einer Führungskrise, einem Mangel an politischer Leitung, einer strategischen Krise, als sie ihren Gipfel erreicht hatte. Diese Krise muss in den nächsten Monaten und Jahren behoben werden!

23 Sie muss innerhalb der fortbestehenden Antikriegs-, antiimperialistischen und antikapitalistischen Massenbewegung und in den mit ihnen verbundenen Sektoren der militanten Arbeiterbewegung, die auch Maßnahmen gegen die kapitalistische Krise und die neoliberale Politik ergreifen, gelöst werden! Internationale Foren wie das 2. ESF in Paris im November 2003 muss die Kampfmethoden, die Ziele und Organisationsformen, die wir jetzt brauchen, offen diskutieren. Das Weltsozialforum in Porto Alegre, Brasilien, hat sich als hoffnungsloses Kaffeekränzchen unter Führung des rechten reformistischen Flügels der Antiglobalisierungsbewegung erwiesen. Darum muss von den militanten antikapitalistischen und anti-imperialistischen Kräften, die das Rückgrat der Antikriegsbewegung und die treibenden Kräfte auf dem 1. ESF in Florenz waren, eine internationale Konferenz einberufen werden.

24 Auf diesen internationalen Zusammenkünften werden die revolutionären Kommunisten der Liga für die Fünfte Internationale und ihren Sektionen ein Programm zur Weltrevolution und zur Ausmerzung von Krieg und Imperialismus vorlegen. Aber dazu bedarf es mehr als einer Bewegung oder einer Bewegung der Bewegungen. Dazu ist eine neue Internationale, eine Weltpartei der Revolution notwendig. Die Millionen neuer AktivistInnen, besonders aus der Jugend, brauchen nicht nur Aktionen, sondern auch Diskussionen, um zu einer Entscheidung zu gelangen, welches Programm, welche Organisationsform dazu taugt, den Würgegriff der ReformistInnen zu brechen und vorwärts zu kommen - mit dem Ziel, dem Imperialismus Widerstand zu leisten und ihn schließlich vernichtend zu schlagen.

Wohin geht der Irak?

25 Die Besetzung des Irak und die Beseitigung von Saddam Husseins Regime verfolgt mehrere Zwecke. Zunächst soll die Kontrolle über den Ölreichtum des Landes gesichert werden, eine lebenswichtige strategische Aufgabe für die von Öleinfuhren abhängigen USA. Zweitens soll die imperiale Macht der USA im Mittleren Osten etabliert werden, damit eine Kräfteverschiebung zugunsten Israels im Palästinakonflikt stattfinden kann. Drittens soll eine dauerhafte Präsenz in der Region erreicht werden, um vor Ort den Kampf gegen den militanten Islamismus führen zu können, aus dem sich die Al Qaida-Bewegung speist. Viertens soll der ganzen Welt unter Einschluss Nordkoreas, Chinas und der EU gezeigt werden, dass die absolute Vorherrschaft der USA nicht nur eine Behauptung, sondern eine Tatsache ist.

26 Heute müssen wir für ein sofortiges Ende der Besetzung des Irak durch US- und britische Truppen eintreten! US- und britische Truppen, Stützpunkte und Spione müssen aus dem Irak und aus ganz Mittelost verschwinden! Wir fordern weiter: Befreiung aller irakischen Gefangenen! Keine Schauprozesse oder Abtransporte nach Guantanamo! Texaco und BP, Hände weg vom irakischen Öl! In den imperialistischen Aggressorländern müssen RevolutionärInnen fordern: Sofortige und bedingungslose Entschädigungen an das irakische Volk für die Zerstörungen und Menschenopfer durch Krieg und die letzten 12 Jahre von Attacken und Sanktionen! Die Kriegsverbrecher Blair, Bush und Rumsfeld gehören unter Anklage und vor ein weltweites ArbeiterInnentribunal!

27 Das irakische Volk will nicht vom US-Diktator General Garner regiert werden. Es braucht auch keine Versammlung von 'Stammesältesten', religiösen Führern oder reichen Heimkehrern wie Achmed Chalabi vom Irakischen National Kongress, dem Günstling des Pentagon. Solche Verräter helfen nur den amerikanischen und britischen Imperialisten bei der Ausplünderung ihres Geburtslandes und der Dingfestmachung von GegnerInnen der Besatzung. Eine Übergangsregierung mit Segen der UNO wäre um keinen Deut besser. Der Irak braucht freie Wahlen für eine verfassunggebende Versammlung mit Stimmrecht für alle über 16, um abberufbare Abgeordnete zu wählen, die über eine neue Verfassung bestimmen sollen. Unter den Kanonen der britischen und US-Panzer ist das unmöglich. Sie müssen sofort abgezogen werden! Außerdem kann bei einem Zusammenbruch der zivilen Ordnung (Plünderungen usw.) die Antwort weder im Einsatz von noch mehr US-Truppen oder proimperialistischen Polizeibütteln, sondern in der Errichtung von Nachbarschaftsmilizen, um die Wohnungen zu schützen und unsoziale Verbrechen gegen die irakische Arbeiterklasse zu verhindern.

28 Versammlungs-, Presse- und die Freiheit politischer und gewerkschaftlicher Betätigung müssen unverzüglich eingeführt werden! Die Wiedergeburt der irakischen Arbeiterbewegung muss auf der Klassenunabhängigkeit gegenüber dem Erbe der diktatorischen ba'athistischen Tyrannei eingeleitet werden. Irakische KommunistInnen und SozialistInnen müssen mit der stalinistischen Tradition der Volksfront brechen, einem Dauerbündnis mit den vertrauensunwürdigen VertreterInnen des irakischen Kapitalismus und der selbstmörderischen Begrenzung der Revolution auf eine 'Etappe' der kapitalistischen Demokratie. Stattdessen müssen sie den Weg der ununterbrochenen, der permanenten Revolution gehen, der auf einem Programm beruht, welches die ArbeiterInnen an die Spitze des Kampfes um Demokratie und gegen Besatzung stellt und für eine Arbeiter- und Bauernregierung eintritt, das die Kontrolle der besitzenden Klassen beseitigt. Nur so kann sich das irakische Volk aus imperialistischer Bevormundung und Ausbeutung durch einheimische KapitalistInnen befreien.

29 Die irakische Arbeiterbewegung sollte sich den Kampf für eine Regierung der ArbeiterInnen und armen Bauern zum Ziel setzen. Sie muss den irakischen KurdInnen bedingungslos das Recht auf Selbstbestimmung bis hin zur völligen Unabhängigkeit gewähren und allen KurdInnen in Syrien, der Türkei und im Iran praktische Hilfe anbieten, falls sie ein vereintes Kurdistan gründen wollen.

Palästina

30 Die brennendste Frage neben der Besetzung des Irak wird in den nächsten Monaten der Versuch des Imperialismus sein, die Gunst der Stunde zu nutzen und eine reaktionäre endgültige Lösung gegen die PalästinenserInnen durchzudrücken. Die Aussichten für eine proisraelische Lösung sind seit dem US-Sieg im Irak gestiegen, und Scharon hat im Windschatten der Invasion einen massiven Angriff gegen Gaza-Stadt, die militanteste und unversehrteste Basis der Intifada geführt.

31 Mittlerweile ist die Errichtung einer Mauer um das Westjordanland rasch vorangeschritten. Das bedeutet einen großen Landraub auf Kosten der PalästinenserInnen und die Existenz der Annexions-Siedlungen wird befestigt. Scharon hegt genug Vertrauen in seine Unterstützer aus Washington, um den Schauprozess gegen den Intifada-Führer Mahmoud Barghouti beginnen zu können. Er behandelt die EU und selbst die Briten mit unverhohlener Verachtung.

32 Die sog. Wegekarte für einen Palästinenserstaat, den Bush erst auf Drängen von Blair versprochen hat, sieht ein unabhängiges Palästina für Ende 2005 vor. Geplant ist lediglich der Abriss von israelischen Siedlungen, die nach dem Mai 2001 errichtet worden sind. Allerdings lässt die israelische Diplomatie nichts unversucht, selbst diese elenden Vorschläge zu sabotieren oder entscheidend zu verwässern, bevor sie überhaupt veröffentlicht werden.

33 Die Ernennung von Abbas (Abu Mazen) durch Arafat zum Premierminister und somit eines erklärten Gegners der Intifada und Bushs und Scharons Wunschkandidat als Palästinenserführer, verheißt mit Gewissheit eine weitere Zusammenstreichung der ohnehin dürftigen Pläne der 'Wegekarte'. Ob sich überhaupt eine palästinensische Verwaltung finden lässt, die es wagen könnte, diesen Vertrag für einen Archipel Gulag mit palästinensischen Lageraufsehern zu schließen, bleibt fraglich.

34 Gewiss hingegen ist, dass die gegenwärtigen Taktiken der kleinbürgerlich-nationalistischen Organisationen Hamas und Fatah außerstande sein werden, eine solche Katastrophe längerfristig zu verhindern. Ihre Strategien reichen nicht über die grausam besetzten und unterdrückten palästinensischen Gebiete und die schwachen und zerteilten arabischen und islamischen Staaten hinaus. Aber der palästinensischen Sache erschließen sich neue Hilfspotenziale und Kampffelder. Millionen neuer SympathisantInnen auf der ganzen Welt, auch in den imperialistischen Kernländern, zeigen eine Alternative auf.

35 Massenaktionen in Palästina können dadurch befördert werden, indem neue Grausamkeiten bloßgestellt werden, die am palästinensischen Volk verübt werden und durch die Schaffung von Massenbewegungen in Ägypten, Syrien, Iran. Auch in Europa und Amerika sind Massenmobilisierungen möglich: gegen ihre Regierungen als Förderer und Nutznießer des rassistischen Staats und des Versuchs, die Palästinenser als Volk auszulöschen.

36 Die palästinensische Sache, wie der Fall der polnischen Unabhängigkeit zu Zeiten von Marx, ist ein untrüglicher Test gleichermaßen für die fortschrittlichen wie für die reaktionären Kräfte auf Weltebene. Die nationale Befreiung für die PalästinenserInnen ist untrennbar mit dem Kampf zum Sturz des US-Imperialismus verbunden. Er ist ein entscheidendes Kettenglied im Kampf gegen den globalen Kapitalismus und verbindet reale und konsequente demokratische Forderungen mit dem Kampf gegen die Herrschaft des globalen Kapitalismus und seiner Agenten in der dritten Welt.

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Nr. 80, Mai 2003

*  Gegen Agenda 2010: Massenstreik!
*  Rot/Grüner Generalangriff: Krieg nach Innen
*  Öffentlicher Dienst Berlin: Verhandeln bis zum Tod
*  Heile Welt
*  Antikriegsbewegung: Bilanz und Perspektiven
*  Der Krieg und die Antideutschen: Proimperialistische Linke
*  Kampf der Besetzung des Irak!
*  Mai 1968: Alles war möglich
*  Europäisches Sozialforum: Fighten oder Faseln?
*  Vorwärts zur Fünften Internationale!


Erklärungen zum Irak-Krieg

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Nieder mit dem imperialistischen Krieg von Bush, Blair und ihren Verbündeten! Sieg dem Irak!
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