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Mai 1968

Alles war möglich

Jürgen Roth, Neue Internationale 80, Mai 2003

Alte Schwarzweißfilme zeigen Steine schleudernde Pariser StudentInnen inmitten von Tränengaswolken. Medien schwelgen von einem Studentenaufstand, der wie aus dem Nichts kam und für antiautoritäre Politik stand. Kommentare konstatieren deprimiert, dass die BarrikadenkämpferInnen vom bürgerlichen Establishment aufgesogen wurden, heute sind sie ChefjournalistInnen, Fernsehpromis oder sogar MinisterInnen. Das Wesentliche berühren solche Reminiszenzen nicht: die Studentenrevolte war der Initialzünder heftiger Arbeiteraktionen, die zu einem 10 Millionen starken Generalstreik führten. Präsident De Gaulles floh nach Deutschland. Alles war möglich.

Bewegung aus dem Nichts?

Seit 1960 hatte sich die Studentenzahl verdreifacht, eine Folge der technologischen Erfordernisse des langen Nachkriegsbooms. Vorlesungssäle, Studentenheime, Kantinen waren hoffnungslos überfüllt. Hinzu kamen kleinliche Vorschriften, insbesondere bezüglich der Sexualität (Geschlechtertrennung in den Heimen). Ministerpräsident Pompidou entwarf eine Bildungsreform, um "faule" Studierende loszuwerden - durch Entwertung der Abschlüsse, wenn sie nicht in der Regelstudienzeit erfolgten.

Die Explosion der Studierendenzahl ging einher mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit auf 450.000 Anfang 1968. Der lange Wirtschaftsaufschwung der 50er und 60er Jahre ging zu Ende. Die Zukunftsperspektiven der Jugend war düster, die Gegenwart trist. Wahlrecht gab es erst ab 21. Die Regierung kontrollierte langweilige und konformistische Medien. Die Jugend fühlte sich just zu einem Zeitpunkt davon abgestoßen, als Britannien und die USA einen Ausbruch "freier Jugendkultur" erlebten, während Frankreich durch den autoritären und asketischen Stil des Halbbonaparten De Gaulle und seiner V. Republik geprägt war - ähnlich der miefigen, anachronistischen Atmosphäre der Ära Adenauer.

Der wichtigste Faktor für die Jugendpolitisierung war der Vietnamkrieg. In Paris fanden wöchentlich Solidaritätsdemonstrationen statt.

So wie die Studentenbewegung offensichtliche Wurzeln hatte, war auch der Generalstreik im Mai/Juni kein spontanes Ereignis. Seit Frühjahr 1967 gab es Streiks, Betriebsbesetzungen und Konflikte mit der Polizei durch eine Arbeiterklasse, deren Lebensstandard im Vergleich zu anderen EWG-Ländern niedrig war: niedrigste Löhne, höchste Steuern und längste Arbeitswoche (bis zu 52 Stunden). Mit dem Ende des Booms erließ die Regierung Dekrete, die das Sozialversicherungswesen angriffen und die Arbeitslosigkeit zunehmen ließ.

Die Antwort der Gewerkschaften waren leicht kontrollierbare Kampagnen. Am 13. Dezember 1967 nahmen Millionen ArbeiterInnen an einem Aktionstag gegen Einschnitte in Sozialversicherungs- und Gesundheitswesen teil. Die Gewerkschaftsführungen kanalisierten deren Kampfwillen, indem sie eine weitere Demonstration erst für den Mai anberaumten.

Ein letztes Anzeichen für die kommenden Ereignisse war der sinkende Einfluss der Kommunistischen Partei, besonders in der Jugend. Unter SchülerInnen war er praktisch Null. Einer Generation, die die Freuden der "sexuellen Revolution" auskosten wollte, boten die StalinistInnen zwei nach Geschlechtern getrennte (!) Jugendorganisationen an.

Ausbruch studentischen Unmuts

Die französische Bourgeoisie ignorierte die Gefahr. Pompidou meinte: "Heute ist es schwierig zu rebellieren, weil es nichts gibt, gegen das man rebellieren könnte." Ernest Mandel, Führer des Vereinigten Sekretariats der Vierten Internationale (VS), konstatierte bezüglich Frankreich und Britannien: "Es gibt keine vorrevolutionäre Situation in diesen Ländern."

In Nanterre, dem Zentrum der Studentenunruhen, führten JCR - offiziell nicht die Jugendorganisation des VS, aber mit einer durch die Geheimfraktion der PCI (der französischen VS-Sektion) gestellten Führung - und andere "linksextreme" Tendenzen Kampagnen gegen die Universitätsreform, gegen den Vietnamkrieg und für freie politische Betätigung an den Unis. Im Dezember 1967 streikten 10.000 StudentInnen. Es gab Kämpfe mit der Polizei. In Reaktion auf Verhaftungen gründete sich die "Bewegung des 22. März". Sie richtete ihr Feuer gegen die repressiven Univerhältnisse und organisierte Diskussionszirkel. Ein für den 3. Mai angesetzter antiimperialistischer Aktionstag wurde von FaschistInnen bedroht. Daraufhin wurde die Alma Mater bis Ende Juni geschlossen - dem Zeitpunkt der Abschlussprüfungen. Das motivierte die Bewegung zu einer Protestveranstaltung an der Sorbonne in Paris.

Die Spannung war auf dem Siedepunkt: überall Aufstandspolizei (CRS), drohende faschistische Überfälle, StudentInnen, die den Zugang der Uni kontrollierten. Die Unibehörde drohte mit Räumung. Ohne eine Reaktion abzuwarten, knüppelten die Bullen los. Es begann eine Straßenschlacht, bei der die StudentInnen Pflastersteine warfen. Trotzdem besetzte die CRS unter Einsatz von Tränengas die Uni wieder. Am 6. Mai gab es Solidaritätsaktionen der DozentInnen und der Studentengewerkschaft UNEF. Vor Betrieben wurden Flugblätter verteilt. Am 6. Mai marschierten 30.000 StudentInnen und Arbeiterjugendliche durch Paris. Es folgten tägliche Demos mit bis zu 60.000 Beteiligten.

Am 8. Mai versuchte die Kommunistische Partei, die vorher die Demonstrierenden als "kleinbürgerliche UnruhestifterInnen" denunziert hatte, sich an die Spitze zu setzen. Die Studierenden lehnten jedoch ab.

Provoziert durch die Weigerung des Erziehungsministeriums, die Sorbonne und Nanterre wieder zu öffnen, versuchten 30.000 StudentInnen am 10. Mai, das Quartier Latin zu erobern. Eine heftige Straßenschlacht begann; immer mehr Jugendliche strömten ins Viertel, die Polizei geriet in die Defensive. Nach dieser "Nacht der Barrikaden", in der die StudentInnen Pflastersteine, Bäume und brennende Autos als Waffen einsetzten, kippte angesichts der Staatsbrutalität die bürgerliche öffentliche Meinung zugunsten der Protestierenden um!

Pompidou kehrte hastig von einem Staatsbesuch zurück. Als "verantwortungsvollem" bürgerlichen Politiker reichte ihm ein Blick, um zwecks Deeskalation die Öffnung der Universitäten und die Rücknahme der Bildungs"reform" zu verkünden. Am 13. Mai fand daraufhin eine Siegesdemonstration mit bis zu einer Million TeilnehmerInnen statt.

Alles vorbei?

Regierung und reformistische Gewerkschaftsführung wähnten die Gefahr vorüber. Aber sie hatten die Rechnung ohne die ArbeiterInnen gemacht!

Am 14. Mai besetzten FlugzeugbauerInnen in Nantes "ihre" Fabrik, sperrten die Chefs ein und riefen die anderen Lohnabhängigen der Stadt zur Solidarität auf, ermuntert vom "Sieg" der Studis. Entscheidend war der Streikbeginn bei Renault-Billancourt am 16. Mai. Dieses Werk verkörperte wie kein anderes das industrielle Herz der französischen Arbeiterklasse: die Bastion der PCF und ihrer Gewerkschaft CGT! Die Bewegung dort wurde gegen die örtliche Gewerkschaftsführung von JungarbeiterInnen entfacht!

Innerhalb weniger Tage, ohne Aufruf durch die Gewerkschaftsführungen standen 2/3 (!) der 15 Mio. umfassenden französischen Arbeiterschaft im Generalstreik, teilweise über einen Monat lang! Ihre Forderungen reichten von Lohnerhöhungen über die Entfernung autoritärer ManagerInnen bis zur Beendigung der Angriffe auf die Sozialversicherung. Nicht bestreikte Firmen wie Peugeot waren paralysiert. Zechen, Werften, Transportwesen waren geschlossen im Ausstand. In der Medienindustrie kämpften die Streikenden für Arbeiterkontrolle. Selbst TaxifahrerInnen, KünstlerInnen, FußballerInnen machten spontan mit. Die Bewegung wurde zum größten und längsten Generalstreik in der Geschichte Europas! Sie warf objektiv die Frage auf: Wer, welche Klasse regiert Frankreich?

Mit dem Wachstum des Generalstreiks wurden die bis dahin untätigen reformistischen Arbeiterführungen aktiv - gegen den Streik und für die bedrängte herrschende Klasse! Nachdem die Zeitung der PCF, L'Humanité, die BarrikadenkämpferInnen des 10. Mai als "ProvokateurInnen" und "Abschaum" bezeichnet hatte, versuchte sie alles, den Einfluss der "linksextremen" Gruppen auf die Arbeiterschaft gering zu halten. Nach der Betriebsbesetzung von Billancourt verschloss die CGT die Fabriktore vor den DemonstrantInnen. Sie "warnte" die ArbeiterInnen vor Leuten "von außerhalb der Arbeiterbewegung, die der herrschenden Klasse dienen"!

Wo es Besetzungen gab, schickten die Gewerkschaften die ArbeiterInnen nach Hause, um zu verhindern, dass sich diese Ansätze von Klassenunabhängigkeit in Keimzellen von Arbeiterkontrolle und Räten verwandelten. Wo Streikkomitees existierten, bestanden sie meist aus örtlichen GewerkschaftsführerInnen. Sie versuchten alles, um die Arbeiterbewegung von den StudentInnen abzuschotten: am 24. Mai fanden getrennte, Großdemonstrationen in Paris statt - eine von der CGT ausgerufen, die andere von der UNEF! In der Provinz vermischten sich die beiden Bewegungen stärker, bedrohten bürokratische Einflüsse und zeigten das Potential für einen geeinten Stoß gegen die Regierung auf!

Durch den Druck der Ereignisse trat Pompidou in einen Verhandlungsmarathon mit den GewerkschaftsführerInnen ein. Eine Lohnerhöhung um 7%, Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns, Stornierung mancher Angriffe auf die Sozialversicherungen - das waren die "tarifvertraglichen" Brosamen, die die offizielle Arbeiterführung vom Tisch der Kapitalistenregierung zum Ausverkauf ihrer Mitgliedschaft mit nach Hause nehmen durfte.

Die Basis indessen buhte ihre reformistischen AufseherInnen gnadenlos aus, als sie ihr diesen "Deal" schmackhaft zu machen versuchten! Die Arbeiterklasse akzeptierte das Abkommen nicht - zum Entsetzen ihrer Führungen. Die Streikenden hatten nicht für solch kümmerliches Zuckerbrot gestreikt! Sie drängten auf fundamentale, politische Verbesserungen!

Für eine Volksregierung?

Unter der Parole "Für eine Volksregierung" marschierten am 29. Mai 600.000. Es roch wie 1936 nach einer Volksfront, einem Regierungsbündnis aus Organisationen von Arbeiterklasse und Bourgeoisie zur Abwendung eines Sturzes des Kapitalismus. De Gaulle floh nach Deutschland. MinisterInnen verbrannten ihre Archive. Als De Gaulle zurückkehrte, erklärte er "großherzig" den Verzicht auf den Einsatz der Armee gegen den Generalstreik! Statt dessen rief er Neuwahlen aus. Die StalinistInnen waren erleichtert. Die Wahlen und die sich andeutende Volksfront wären ein gutes Ventil, um den Druck aus der Bewegung zu nehmen.

Es gab erheblichen Widerstand gegen diesen Vorschlag unter den Streikenden. Aber ohne ein anderes Ziel, ohne weiterführende Kampfperspektive, aber auch ungeschlagen, gingen sie langsam und mürrisch wieder an die Arbeit!

Die stalinistischen Abwürger der ansteigenden revolutionären Welle erlitten eine vernichtende Wahlniederlage und verloren mehr als die Hälfte ihrer Sitze (34 von 73). Die GaullistInnen dagegen gewannen zu ihrem eigenen Erstaunen 55%.

Allerdings hatten Jugendliche unter 21 Jahren kein Wahlrecht und 300.000 im Wahlrechtsalter waren nicht wahlberechtigt, weil die Regierung die Wahllisten nicht aktualisierte. Die PCF war die einzige zur Wahl stehende (bürgerliche) Arbeiterpartei. Die linksreformistische PSU und der Rest der in der IV. Republik gescheiterten Sozialdemokratie (SFIO) hatten keinen Massenanhang. Die PCF hatte gerade den Generalstreik ausverkauft und verraten und eine weitergehende, revolutionäre Perspektive verhindert. Daraus zogen JungarbeiterInnen und StudentInnen die falsche, wenn auch subjektiv verständliche Lehre, dass "nur Idioten wählen gehen".

Revolutionäre Situation?

Der Mai 68 war keine ausgereifte revolutionäre Situation. Es gab nur einige Elemente davon, die nach Konsolidierung der bürgerlichen Macht schnell wieder verschwanden. In einigen Fabriken existierten Organe einer Doppelherrschaft. Sie waren besetzt und unter Arbeiterkontrolle. Die meisten Firmen hatten aber kein Streikkomitee bzw. war es nicht von den ArbeiterInnen gewählt. Von gesellschaftlicher Verallgemeinerung der Doppelmachtansätze war noch weniger zu spüren. Ausnahmen wie Nantes bestätigen die Regel.

Die Aktionskomitees der extremen Linken umfassten zwar Studierende und ArbeiterInnen. Aber diese Einheitsfrontorgane waren eher Diskussionsforen als handelnde (Macht)Organe und existierten nur in einem Viertel der bestreikten Betriebe.

Allein durch Ausmaß und Länge des Generalstreiks wurde aber die Machtfrage gestellt, wenn auch der bewaffnete Aufstand und die proletarische Machtergreifung nicht auf die Tagesordnung kamen. In der zweiten Maihälfte bestand die unmittelbare Tagesaufgabe in der Wahl und Verallgemeinerung demokratisch gewählter Streikkomitees sowie Aktionsräten aller Ausgebeuteten und Unterdrückten. So hätte verhindert werden können, die politische Initiative wieder an De Gaulle zu verlieren.

Die StudentInnen und die "radikale" Linke hatten keine Alternative zur Position der Arbeiterparteien und Gewerkschaftsverbände, insbesondere verfügten sie über keine Taktik, wie und um welche Forderungen die Kämpfe weiter getrieben und die Machtpositionen der ReformistInnen in den Gewerkschaften überwunden werden konnten. Hier zeigte sich überdeutlich, dass es keine organisatorische und programmatische Kontinuität des revolutionären Marxismus mehr gab.

Doch die BürokratInnen hatten eine Antwort auf die Machtfrage: die Bourgeoisie sollte weiter im Sattel bleiben! Auch die StalinistInnen hassten die Revolution. Sie waren nicht nur mit der V. Republik "zufrieden". Sie standen wegen seines verbalen Antiamerikanismus hinter De Gaulle, weil dieser der Diplomatie der UdSSR im Kalten Krieg gerade recht kam.

Um in jenen Wochen die Kluft zwischen den Wünschen nach unmittelbaren Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, nach mehr Demokratie einerseits und dem Verlangen nach einer anderen Klassenmacht andererseits zu schließen, hätten revolutionäre MarxistInnen für die Stärkung der Arbeiterkontrollbewegung in den Betrieben eintreten, eine Arbeiterregierung fordern und die Weigerung der reformistischen (Ver-)FührerInnen, um die Macht zu kämpfen, aufdecken müssen, um so ihre Kommandohoheit über die Klasse zu beenden. Auch Forderungen nach einer massiven Kampagne für Gewerkschaftseintritte, gekoppelt mit der Kontrolle über Lohnhöhe und Arbeitszeit von unten statt durch die Bürokratie, nach Verteidigung der Besetzungen gegen die CRS hätten eine bedeutende Rolle spielen müssen.

Eine Verbreiterung der Massenbewegung über die Industriearbeiterschaft hinaus war keine unwesentliche Sache angesichts des beträchtlichen Bevölkerungsanteils auf dem Land und der Neutralisierung der bewaffneten Staatsorgane. Ansätze dazu gab es. Einige Bauernorganisationen erklärten sich solidarisch mit den Kämpfenden. Das 15. Infanterieregiment rief zur Bildung von Soldatenkomitees auf und erklärte, nicht auf Streikende zu schießen. Mitte Mai drohte selbst die Gewerkschaft der normalen Polizei - nicht der CRS - mit Streik.

Schließlich hätte nicht nur der Rücktritt De Gaulles gefordert werden müssen, sondern die Zerschlagung der V. Republik. Statt für Parlamentswahlen hätten KommunistInnen für die Verallgemeinerung der Streikkomitees und der Organisationen der Arbeiterkontrolle agitiert. Deren demokratische Zentralisierung auf nationaler Ebene - Grundlage einer Arbeiterregierung - war zur Tagesaufgabe geworden. Die vorrevolutionäre Situation im Mai/Juni 1968 besaß alle Voraussetzungen zur Entwicklung einer Doppelmacht - ArbeiterInnen- und Soldatenräte contra bürgerliche Staatsmacht.

Auswirkungen

Trotz des traurigen Finale prägte der Mai 1968 den französischen Klassenkampf zutiefst. De Gaulle verlor seinen Mythos der Unbesiegbarkeit und zog sich aufs Altenteil zurück. Sein "starker Staat" wurde von Pompidou teilweise reformiert.

Die PCF begann ihren bis heute ununterbrochenen Niedergang, auf dessen Rücken sich für mehr als drei Jahrzehnte die erledigt geglaubte Sozialdemokratie wieder erheben konnte (PSF, Mitterand). Zu ihrer Linken kam es zur Stärkung bzw. Gründung zentristischer Gruppen mit erheblichem Einfluss. Anders als in Deutschland konnten die drei sich auf den Trotzkismus berufenden Gruppierungen (LCR, LO, PO) bei Wahlen bis zu 11% der Stimmen auf sich vereinigen!

Im Unterschied zum französischen Mai 1968 erleben wir heute eine Mischung aus einer sich verschärfenden kapitalistischen Krise und einem Rechtsruck der alten "extremen Linken". Das VS debattiert offen über eine Fusion mit linksreformistischen und stalinistischen Resten. Heute hat der Stalinismus durch den kampflosen Zusammenbruch fast aller degenerierten Arbeiterstaaten nahezu überall in der Arbeiterbewegung an Rückhalt eingebüßt.

Die Sozialdemokratie hat heute gleichfalls einen Rückgang zu verzeichnen: ihre Unterstützung bei Wahlen, Partei- und Gewerkschaftsmitgliedschaft nimmt ab. Ohne schon von einem Bruch der Arbeitermassen mit den reformistischen Parteien zu sprechen, ist die aktuelle Suche einer sich nach links entwickelnden antikapitalistischen Bewegung, nach einer politischen Alternative zu ihnen anstatt der Bildung linker Flügel im Reformismus aktueller Ausdruck ihres Integrationsverlustes.

Gleichzeitig ist die revolutionäre Kontinuität durch die zentristische Degeneration der IV. Internationale abgerissen, so dass die sich herausbildende Arbeitervorhut und die radikale Jugend sehr widersprüchliche und verworrene Konzepte entwickeln.

Folglich treten wir aktuell für eine neue, die V. Arbeitermasseninternationale ein, innerhalb der wir für unser revolutionäres Programm gegen alle linksreformistischen, kleinbürgerlichen, anarchistischen, ultralinken und zentristischen Strömungen kämpfen. Ihre Vorherrschaft nicht zu überwinden, wäre gleichbedeutend damit, die Fehler vom Mai 1968 zu wiederholen. Doch wir müssen die damalige Bewegung "überholen" - bis zum Ziel der Errichtung der Arbeitermacht und des Sturzes des Kapitalismus!

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Nr. 80, Mai 2003

*  Gegen Agenda 2010: Massenstreik!
*  Rot/Grüner Generalangriff: Krieg nach Innen
*  Öffentlicher Dienst Berlin: Verhandeln bis zum Tod
*  Heile Welt
*  Antikriegsbewegung: Bilanz und Perspektiven
*  Der Krieg und die Antideutschen: Proimperialistische Linke
*  Kampf der Besetzung des Irak!
*  Mai 1968: Alles war möglich
*  Europäisches Sozialforum: Fighten oder Faseln?
*  Vorwärts zur Fünften Internationale!