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Kristina Schröders Buch-Debüt

Reaktion pur

Susanne Kühn, Neue Internationale 169, Mai 2012

Kristina Schröder ging unter die BuchautorInnen. Als ob die “Frauenpolitik” der Familienministern nicht schon reichen würde, hat sie nun die Welt mit dem Buch “Danke, emanzipiert sind wir selber!" beglückt.

Hier greift eine Erz-Konservative an. Neben „Strukturkonservativen“, also der verschwindenden Minderheit, die sich in der Frauen- und Familienpolitik noch rechts von Schröder verortet, geht es bei ihr gegen die FeministInnen und den Feminismus.

Feindbild Frauenbewegung

Diese wären in alten Klischees verhaftet, würden die Gefechte von gestern ausfechten uns die Frauen ungewollt an ihrer Selbstverwirklichung hindern. Wie? Indem sie ständig von Frauen als „Opfern“, als „diskriminiertes und benachteiligtes Geschlecht” reden.

Dabei hätte sich die Welt doch so geändert, nie wären die Frauen freier gewesen als heute, nie wären für sie mehr Türen offen. Sie müssten nur ihre Chancen nutzen. Alles, was von der Diskriminierung noch übrig ist, wäre das falsche Rollenverständnis der Frauen. Eigentlich ist die Benachteiligung aber überwunden.

Kein Wunder, dass Frau Schröder von einer Politik zur Gleichstellung, zur Überwindung von Diskriminierung, von Quoten, Recht auf Kita-Plätze nichts wissen will. Bei ihr ist die Frauenpolitik am Nullpunkt angekommen. Was übrig bleibt, sind „Familienförderung“ und vielleicht noch eine Gebärprämie.

Ihr reaktionäres Credo bedient dabei nicht nur eine erzkonservative Fan-Gemeinde. Sie spiegelt auch eine Fraktion des Kapitals wieder, der die vorherrschende bürgerliche Frauenpolitik, wie sie von der Leyen, SPD, Grüne und der Mainstream des Feminismus favorisiert wird, schlicht für zu teuer hält.

Von der Leyen, die sich selbst gern als Ministerin gewordener Beweis für die Vereinbarkeit von 7-Kinder-Familie und Karriere hinstellt, tritt dabei als Schröders Gegenspielerin auf. Sie fordert Kitas und Quoten. Vordergründig, um mehr Frauen ein gleichberechtigtes Berufsleben zu ermöglichen und auch mehr in die Chefetagen zu bringen. Von einer Beseitigung der Ursachen der Frauenunterdrückung im Kapitalismus ist aber auch bei von der Leyen natürlich nicht die Rede, müsste sie dazu doch die Überwindung der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung und der privaten Hausarbeit im Kapitalismus in Betracht ziehen. Diese „Grundpfeiler“ unserer Gesellschaft und der Unterdrückung der Frauen sind von der Leyen jedoch ebenso heilig wie die bürgerliche Familie selbst.

Darin weiß sich Frau Schröder einig mit ihrer Gegenspielerin. Wohl aber nicht in den Mitteln. Als echt Konservative sieht sie nicht nur die Kosten jeder Reform zur Gleichstellung. Sie sieht auch, dass die Vorschläge von der Leyens - und erst recht jene ihrer reformistischen und feministischen KritikerInnen - die ohnedies arg gebeutelte bürgerliche Familie, diese „Grundfeste der Gesellschaft“ zu unterminieren drohen.

Reaktionäres Frauenbild

Schröder und die ganze konservative Bande verklären die Bindung der Frau an die Rolle als Mutter, die zur Kindererziehung gern länger zu Haus bleibt und eine „Pause“ im Berufsleben einlegt, als „Wahlfreiheit“ der Frau. Wie unglaubhaft und verlogen das ist, verrät freilich die allen Konservativen eigene Furcht davor, dass sich die Frauen „falsch“ entscheiden, würden nur reale Schritte - kostenlose Kinderbetreuung, gleicher Lohn für gleiche Arbeit usw. - forciert, die ihnen erst eine echte Wahlmöglichkeit böten. Die ohnedies vorhandene Tendenz zur Zersetzung der bürgerlichen Familie würden massiv zunehmen.

Das spürt auch Frau Schröder. Und diese Entwicklung will sie mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln stoppen. Das tut sie nicht so unerfolgreich, konnte sie sich doch bei den frauenpolitischen Streitfragen in der Koalition letztlich durchsetzen. Jede noch so kleine Verbesserung wird blockiert. Das ist ihre politische Mission. Zu deren ideologischer Rechtfertigung hat sie nun ein Buch geschrieben, das vor Ignoranz und frauenpolitischen Role-back nur so strotzt. Doch genau das macht es zu einer gefährlichen neo-konservativen Kampfansage.

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Nr. 169, Mai 2012
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