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2. Ratstagung des NLO

Eine Zwischenbilanz

Peter Lenz, Neue Internationale 123, September 2007

Anfang August trafen sich in Niedersachsen die von den regionalen Gruppen des Netzwerks Linke Opposition (NLO) gewählten VertreterInnen zur 2. bundesweiten Ratstagung.

Die Diskussionen drehten sich um die Struktur des NLO und die Frage der Mitgliedschaft. Daneben ging es auch um inhaltliche Differenzen, die sich insbesondere an der Frage entzündeten, wie mit dem Aufruf des Kasseler Friedensratschlags zur Afghanistan-Demo am 15.9. umzugehen sei. Weitere Streitpunkte waren die „Thesen zum Aufbau des NLO,“ die eine klarere inhaltliche Positionierung des NLO beinhalten.

Das NLO befindet sich momentan in einer kritischen Phase. Der Zustrom von Mitgliedern aus der EX-WASG in das NLO hielt sich sehr in Grenzen. Ein Grund dafür: In der Formierungsphase vor einem Jahr gab es Sabotage und Destruktion seitens der SAV und der isl, die die Entwicklung des NLO zu einer politisch-organisatorischen Alternative zur Linkssparte verhindern wollten und sich stattdessen stärker auf angebliche „Potentiale“ in dieser orientieren. So sind Entstehung und Existenz des NLO an sich schon ein Erfolg - aber einer, der für die weitere Zukunft nicht ausreichen kann.

Eigenständiges Profil?

Der Rat beschloss einstimmig die Annahme der „Thesen zum NLO“  als Grundlage für eine NLO-weite Diskussion (http://www.arbeitermacht.de/ni/ ni119/thesen.htm).

Mit diesen Thesen wird versucht, die inhaltliche Positionierung des Netzwerks weiter voranzubringen.

Es gibt allerdings etliche GenossInnen im NLO, die eine Diskussion über programmatische Fragen per se ablehnen und lieber in der Unbestimmtheit der schwammig-reformistischen WASG-Erklärungen verbleiben wollen. Schon die Diskussion über „Sozialismus“ schrecke „die Menschen“ ab, behaupten sie.

Natürlich wird eine Positionierung nach links immer Leute „abschrecken,“ die einzige Alternative wäre, ganz darauf zu verzichten oder mit sprachlicher Akrobatik die eigentlichen Streitpunkte zu verdecken. Diese Haltung trägt weder die Gruppe Arbeitermacht mit, erfreulicherweise aber auch nicht die Vertreter anderer politischer Strömungen im NLO.

Ohne gemeinsame programmatische Grundlagen und eine klare und systematische Orientierung wird es schwer sein, eine handlungsfähige Perspektive zu entwickeln, so dass das NLO überhaupt eine Zukunft hat.

Es gibt durchaus eine Reihe von Aktionen und Veranstaltungen von NLO-Gruppierungen. Als Beispiel seien nur aufgeführt die Aktivitäten der Kölner Gruppe zur Unterstützung der GDL-Gewerkschafter.

Die Frage des imperialistischen Krieges

Dass es nun keinen Mehrheitsbeschluss für die Unterzeichnung des Aufrufs der Friedensbewegung (Kasseler Friedensratschlag) gibt, zeigt die unterschiedlichen Positionen ganz deutlich. Hätte sich das NLO kritiklos diesem Aufruf angeschlossen, wäre die Diskussion um die Beteiligung Deutschlands an diesem imperialistischen Krieg im NLO erst gar nicht aufgekommen.

Auch gegen die Veröffentlichung der Debatte gab es heftige Widerstände. Kritik an den Positionen des Friedensratschlages „unstatthaft“ und „mache die Verfasser lächerlich.“

Gerade in der Frage des imperialistischen Krieges werden wir eine scharfe politische Auseinandersetzung führen müssen, was uns aber nicht abhalten wird, mit verschiedenen  politischen Strömungen zu gemeinsamem Handeln zu kommen.

Auch mit Strömungen bürgerlicher Prägung werden wir gemeinsam kämpfen, wenn sich ihre Absichten gegen Kapital und Imperialismus richten, und sei es nur in Teilbereichen - solange es die Position des Systems schwächt. Aber Zugeständnisse in Politik und Programmatik werden wir nicht eingehen, keinerlei Einschränkung unserer Propaganda und Agitation.

Ein entscheidender Gesichtspunkt dabei ist, dass wir Stellung nehmen als politische Kraft in einer Krieg führenden imperialistischen Nation, die ihre eigenen Interessen in Afghanistan verfolgt. Interessen, die auch zu politischer Repression im Inneren führen. Es kann nicht die Alternative zwischen direkt militärischer imperialistischer Politik und „humanitär“ verbrämter imperialistischer Politik sein, die unser Handeln leitet.

Das NLO und die Einheitsfront

Viele im NLO halten es für Einheitsfrontpolitik, erst einmal jeden Aufruf zu unterschreiben, um in Bewegungen mitarbeiten zu können. Ein eigenes Profil sei dabei überflüssig und eher hinderlich. Aber um reformistische und stalinistische Strukturen, Programmatik und Politik aufzubrechen, müssen diese Positionen auch kritisiert werden.

Die Gruppe Arbeitermacht, aber auch andere sozialistische Strömungen und GenossInnen im NLO haben kein Problem, an Einheitsfrontaktionen teilzunehmen, aber halten es für notwendig, in diesen Einheitsfronten auch für ihr eigenes, sozialistisches Programm aufzutreten und stalinistische, reformistische u.a. Positionen zu kritisieren.

Die Kritik von Seiten der Reformisten bestand schon immer darin, dieser Vorgehensweise Praxisferne, Bevormundung und Sektierertum zu unterstellen

Erkenntnisgewinn allein aus der Praxis?

Klassenbewusstsein oder revolutionäres Bewusstsein, so wird von einem Teil des NLO vertreten, würde spontan aus der Praxis des Kampfes entstehen. Diese Theorie hat viele historische Vorläufer. Lenin hat sie am besten mit dem Begriff „Ökonomismus“ charakterisiert.

Demnach radikalisiere sich die Klasse allein durch ökonomische Kämpfe, was zugleich ein revolutionär-sozialistisches Bewusstsein erzeugen würde. Das systematische Hereintragen von Programmatik, das heißt die Vermittlung von Programm, Theorie und Erfahrungen der Arbeiterbewegung durch eine Partei wird als „aufgepfropft“, „elitär“ und „sektiererisch“ abgelehnt.

In Wirklichkeit wird damit vor bürgerlichen Ideologien und bürgerlicher Programmatik kapituliert, denn diese sind natürlich permanent auch in den arbeitenden Klassen vorherrschend. Wenn nicht revolutionäre Kräfte den diversen bürgerlichen (also reformistisch/stalinistischen, anarchistischen usw.) Strömungen organisiert entgegentreten, können kampfbereite Schichten ihre Erfahrungen aus ökonomischen Kämpfen nicht richtig auswerten, d.h. die richtigen Lehren und praktischen Konsequenzen daraus ziehen. Die Folge davon sind Niederlagen und das Ausbremsen einer Entwicklung nach links hin zu antikapitalistisch-revolutionären Positionen.

So geht der Gedanke eines antikapitalistischen Netzwerkes und die Aussicht auf eine Verbreiterung des NLO durch programmatische Profilierung und kämpferische Aktion, ganz zu schweigen von der Notwendigkeit der Schaffung einer revolutionären Partei, verloren. Gerade militante Jugendliche, radikale ArbeiterInnen und Erwerbslose sowie Linke fühlen sich dadurch abgeschreckt, bleiben so in misstrauischer Distanz zum NLO.

Wie weiter?

Wir werden das NLO weiter aufbauen. Wir wollen den Diskussionsprozess im NLO vorantreiben. Es wäre fatal, wenn kämpferische Strömungen sich dem NLO nicht anschließen, weil sich das Netzwerk nach außen als Hort der politischen Unklarheit darstellt.

Um eine solche Situation zu vermeiden, sollten  die „Thesen zum NLO“ ernsthaft diskutiert werden. Sie gehen davon aus, dass angesichts der laufenden und kommenden Angriffe die

„Bildung einer neuen politischen Kraft der Arbeiterbewegung, einer sozialistischen Partei dringend geboten“ ist.

„Ohne eine solche Partei, die eine strategische Orientierung in den Kämpfen bietet, die es ermöglicht, die Kämpfe gegen die aktuellen Angriffe mit dem Kampf für soziale Befreiung, für eine sozialistische Gesellschaftsordnung zu verbinden, drohen auch die kommenden Abwehrkämpfe in Vereinzelung, Isolierung und Zersplitterung zu enden - so, wie die Aktionen in den letzten Jahren immer wieder endeten.“

„Wir wissen, dass das NLO nur dann eine Perspektive hat, wenn es sich politisch klar gegen das kapitalistische System positioniert. Ein System, das notwendig zu imperialistischen Kriegen, Hunger, Armut, Elend, Unterdrückung, zu immer schärferer Ausbeutung, Entdemokratisierung und zur Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit führt, wird nicht das letzte Wort der Geschichte sein.

Daher soll die zukünftige Programmatik des NLO auf eine antikapitalistische Basis gestellt und auch eine sozialistische Perspektive der Überwindung von Ausbeutung und Klassenherrschaft beinhalten.

Unser Ziel ist es dabei, eine Partei zu schaffen, die

- für Klassenkampf steht,

- sich auf die Arbeiterklasse stützt,

- demokratisch von unten nach oben gemäß der Prinzipien der Arbeiterdemokratie aufgebaut,

- antirassistisch und antifaschistisch, anti-patriarchalisch,

- internationalistisch und anti-imperialistisch ist

und für eine sozialistische Gesellschaftsordnung kämpft.“

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Nr. 123, September 2007
*  Afghanistan: Besatzer raus - sofort!
*  Zwei Jahre große Koalition: Halbzeit ohne Pause
*  Einschränkung demokratischer Rechte: Solidarität gegen die Repression!
*  Bahn: Sieg für Mehdorn
*  2. Ratstagung des NLO: Eine Zwischenbilanz
*  Revolutionäre Taktik: Arbeiterpartei heute
*  100 Jahre Jugendinternationale: Hoch die internationale Solidarität
*  Finanzkrise: Kreditklemme und kapitalistische Krise
*  Heile Welt
*  Frankreich: Stoppt Sarkozys Angriffe!