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NPD-Provokation

Verbot statt Kampf?

Hannes Hohn, Neue Internationale 97, Februar 2005

Medien und bürgerliche Parteien sind in heller Aufregung. Ganz "überraschend” sorgte die NPD im sächsischen Landtag anläßlich eines Gedenkens für die Opfer der NS-Herrschaft für einen Eklat. Ihre Abgeordneten verbreiteten rassistische und die Verbrechen des Faschismus verharmlosende Äußerungen. Wer hätte das gedacht?!

Die Reaktion der bürgerlichen Öffentlichkeit ist doppelt zynisch. Zum einen trieft die gesamte Politik der NPD seit jeher von Rassismus und Entschuldigungen der Verbrechen des deutschen Faschismus. Zum anderen haben all diese DemokratInnen wenig bis nichts unternommen, um die NPD zu bekämpfen. Im Gegenteil: bekämpft werden von den Bullen jene, die etwas gegen die braune Pest tun.

Dass die NPD mit ihrer rassistischen Demagogie des "Gegen Hartz IV - Arbeitsplätze zuerst für Deutsche” überhaupt Erfolg haben kann, liegt auch daran, dass eben die demokratischen Parteien einen permanenten Angriff gegen die Lohnabhängigen, gegen Arbeitslose, Rentner usw. führen und sich deshalb ein Teil von ihnen frustriert einer "radikalen Alternative” zuwendet.

Heuchelei

Die Landtagsdebatte entlarvte auch die Heuchelei von CDU, SPD usw. Natürlich ist die NPD-Polemik wegen angeblich fehlender Ehrung der Opfer der Bombardierung Dresdens Unsinn. Ihre Versuche, die Hauptverantwortung des deutschen Imperialismus für den Zweiten Weltkrieg und die Nazi-Verbrechen zu leugen und zu verharmlosen müssen klar zurückgewiesen werden! "Neu” oder gar "überraschend” sind diese Versuche zur Relativierung und "Entsorgung” der Verbrechen des Faschismus keineswegs.

Auffallend ist die Hilflosigkeit der "demokratischen Parteien”, wenn es darum geht, auf die Provokationen und Geschichtsfälschungen der NPD zu antworten. Der Grund dafür liegt darin, dass für sie der 2. Weltkrieg kein imperialistischer Raubkrieg um die Neuaufteilung der Welt zwischen den Großmächten war, sondern zum Kampf zwischen "Demokratie” und "Faschismus”, zwischen "Gut” und "Böse” umgedeutet wird.

Für die bürgerlichen Demokraten verschwindet nicht nur der Klassencharakter des Faschismus, sondern auch der des Krieges. Natürlich war auch die Bombardierung Dresdens ein Verbrechen und Ausdruck der Barbarei imperialistischer Kriegführung.

Für viele bürgerliche Demokraten ist das jedoch schwer zuzugestehen, weil es ihrer Geschichtskonstruktion widerspricht, dass der 2. Weltkrieg ein Kampf zwischen "Demokratie” und "Faschismus” gewesen sei.

So leisten sie in Wirklichkeit den Geschichtsklitterern der NPD nur Vorschub. Diese nutzen bei ihren Pseudo-Erklärungen genau jene weißen Flecken, jene Tabus in der bürgerlichen Geschichtbetrachtung, welche die "offizielle” Geschichtsauffassung prägen.

Mit historischen Halbwahrheiten kann man eben keine historischen Lügen bekämpfen.

Wie immer gipfelt der Aufschrei der bürgerlichen Politik über die "Entgleisungen” der NPD in der Forderung, ein Verbot der NPD erneut "ernsthaft zu prüfen”. Doch ein Verbot der NPD ist ein untaugliches Mittel im Kampf gegen die Nazipest. Warum?

Der Faschismus kann nicht einfach verboten werden. Seine Ideologie wächst auf dem Boden des Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium; so lange es Kapitalismus gibt, wird es auch faschistische Ideologie geben.

In den letzten Jahren wurden wiederholt rechte Organisationen verboten. Das Ergebnis? Sie organisierten sich unter anderem Namen neu. Im Gegenteil: die Verbote haben sogar den Konzentrationsprozess der Rechten unter dem Dach der NPD befördert.

Ein Verbot bedeutet natürlich auch nicht etwa, dass der Terror der Rechten damit aufhört. Ein Verbot ermöglicht den Nazis zudem, sich als Opfer des "Systems”, als Märtyrer hinzustellen.

Andererseits erlaubt es dem Staat und den demokratischen Parteien, sich als "wirkliche Demokraten”, als "Antifaschisten” zu präsentieren.

Mobilisierungen

Verbote als antifaschistische Kampfmethode sind politisch falsch, weil der bürgerliche Staat - also ein Instrument des Klassengegners - plötzlich zum antifaschistischen Partner wird. Wie soll aber die Polizei, die Nazi-Aufmärsche gegen AntifaschistInnen schützt, zugleich die Rechten effektiv bekämpfen?! Es ist hinlänglich bekannt, dass die Nazis "gute Verbindungen” zu Polizei, Gerichten usw. haben. Die zahlreichen V-Mann-Affären zeigen, dass der Staat selbst die Nazi-Szene - unter dem Vorwand, sie zu überwachen - unterstützt.

Die Nazis können nicht durch Verbote, durch Polizei und Gerichte gestoppt werden! Das kann nur durch Mobilisierungen, nur durch direkte Aktionen der Linken und der Arbeiterbewegung erreicht werden. Ein Verbot der NPD, d.h. das Abwarten darauf, ob und was der Staat unternimmt, lenkt aber gerade von dieser Notwendigkeit ab. Entweder man baut Selbstschutzgruppen gegen Nazis auf und wirbt dafür auch in den Stadtteilen, in den Betrieben und Gewerkschaften oder man vergeudet seine Energie, indem man Unterschriften für ein Verbot sammelt und darauf hofft, dass das Bundesverfassungsgericht - ein ungewähltes und unkontrollierbares Organ - die NPD verbietet.

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Nr. 97, Februar 2005

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