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Debatte

Generalstreik gegen Krieg

Neue Internationale 79, April 2003

 

LESERBRIEF

Liebe Genossen,

In NI 78 stellt ihr die Forderung nach einem internationalen Generalstreik gegen den Krieg auf. Ich glaube auch, dass Proteste und Blockaden allein nicht ausreichen, den Krieg zu beenden - vor allem nicht in den direkt Krieg führenden Staaten USA und Britannien. Insofern stimme ich eurer Forderung auch generell zu. (...) Doch ich finde, dass man einen Generalstreik - ein zentrales Mittel im Klassenkampf - nur fordern sollte, wenn es in der Klasse (...) ein Bewußtsein, eine Bewegung dafür gibt. Wo ist das in Deutschland der Fall?

Deshalb könnt ihr auch nicht sagen, wie der Generalstreik vorbereitet und durchgeführt werden soll. Einen solchen leichtfertigen, abstrakten Gebrauch der Generalstreiklosung lehne ich aber ab! (...) Ihr hättet mindestens darstellen müssen, wie man vom Zehnminutenstreik (...) zum Generalstreik kommt!

Sozialistische Grüße.
Heinz Fr.

 

ANTWORT

Lieber Heinz!

Wir stimmen Dir zu, dass im Endeffekt nur ein internationaler GS erzwingen kann, Bushs Krieg bzw. dessen Unterstützung zu beenden und die Überflugrechte, Mobilisierungen, Truppenverlegungen etc. der USA und Britanniens zu verhindern.

Andererseits wirft ein GS immer auch die Frage auf, welche Klasse die Geschicke der Gesellschaft bestimmt, wer die "Macht im Staate" hat. Ein GS gegen den Krieg ist allerdings in einem nicht direkt Krieg führenden Land nicht nur, aber zunächst ein symbolischer Akt, eine Drohung.

Ja, aufgrund der Bedeutung des GSs darf für ihn nicht "leichtfertig", "inflationär" agitiert werden, sondern nur dann, wenn seine Anwendung als Kampftaktik objektiv notwendig ist bzw. in der Arbeiterbewegung schon eine gewisse Dynamik dahin sichtbar ist.

Außerdem darf die GS-Forderung nicht dadurch entschärft werden, dass sie von vornherein begrenzt wird, wie es z.B. die SAV bei ihren Forderungen nach einem 24-Stunden-Generalstreik immer wieder getan hat.

Du kritisierst, dass wir den internationalen GS gefordert haben, ohne dass es dafür eine Dynamik in der deutschen Arbeiterbewegung - weder an der Basis noch in deren Führung - gab.

Dazu meinen wir: 1. war und ist ein internationaler GS objektiv notwenig, um den Krieg zu verhindern bzw. zu beenden. Ein internationaler GS ist natürlich immer mit verschiedenen Bedingungen in einzelnen Ländern konfrontiert. Ihn aber in einem einzelnen Land davon abhängig zu machen, würde bedeuten, generell auf diese Forderung verzichten zu müssen, weil es immer ein Land geben wird, wo die Bedingungen nicht so "reif" sind.

2. gab es in mehreren Ländern Forderungen zu einem internationalen GS - nicht nur von "der Basis" oder den Linken, sondern von Massengewerkschaften wie den COBAS in Italien oder der CGT in Frankreich. Es gab also sehr wohl eine reale Dynamik für einen GS in Europas Arbeiterbewegung. Immerhin ist auch hierzulande die übergroße Mehrheit der ArbeiterInnen gegen den Krieg.

Auch der kurz nach (!) Erscheinen der Nummer 78 der NI erfolgte Aufruf des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) für einen zehnminütigen "Generalstreik" gegen den Krieg verweist darauf, dass die Bürokratie sich unter Druck sah, etwas zu tun und gleichzeitig die Bewegung zu bremsen.

Trotzdem gab es z.B. in Griechenland einen mehrstündigen GS am Tages des Kriegsbeginns. Das zeigt, dass die Massen bereit sind, aus dem politische Korsett der reformistischen Gewerkschaftsführungen auszubrechen.

Dass auch der DGB die EGB-Forderung aufnahm - ohne jedoch wirklich dafür zu mobilisieren - belegt, dass die Situation auch in Deutschland "reif" war. Vor allem der Blockade der Bürokratie ist es zu verdanken, das es keine Ausweitung dieser Proteststreiks gab.

Revolutionäre aber haben die Aufgabe, "zu sagen was ist", d.h. die objektiv notwendigen Kampfmittel zu benennen, die Forderungen der fortgeschrittensten Teile der Klasse aufzunehmen und zu verallgemeinern bzw. selbst in die Vorhut der Klasse hineinzutragen, wenn sie noch nicht aktuelles Bewusstsein der Klassenvorhut ist. Insofern ist schon die Aufstellung der Forderung ein politischer Kampf.

Wir teilen daher auch Deine Kritik nicht, dass die Forderung "abstrakt" ist. Richtig ist jedoch (und hier gibt es wohl auch keine Differenz), dass die Losung nicht ultimatistisch aufgestellt werden darf und außerdem mit Forderungen nach konkreten Teilstreiks, Besetzungen, Arbeitsverweigerungen in kriegswichtigen Branchen (Transportarbeiter, Hafenarbeiter, Flughäfen ...) ergänzt werden muss.

Zweifellos hatte unser Aufruf v.a. einen propagandistischen Charakter. Die realen Kämpfe danach haben aber gezeigt, dass wir mit unserer Forderung völlig richtig lagen.

Es ist eine Aufgabe der nächsten Zukunft, die Forderung mit "Leben zu erfüllen" und vor Ort Schritte zu ihrer Umsetzung zu gehen. Auch dafür ist es notwendig, eigene handlungsfähige Strukturen wie eine klassenkämpferische Basisbewegung in Betrieb und Gewerkschaft aufzubauen.

Mit solidarischen Grüßen.
Die Redaktion

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Nr. 79, April 2003

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