Arbeitermacht
Liga für die fünfte Internationale

Nord & Südamerika Europa Asien & Australien


google.de arbeitermacht.de

Krise und Krieg

Welt am Wendepunkt

Martin Suchanek, Neue Internationale 78, März 2003

Die Weltwirtschaft befindet sich seit Beginn des Jahrtausends in der Krise. Da hilft auch kein Gesundrechnen, wie jüngst von der Bundesregierung vorgenommen. 2002 hätte es in Deutschland ja 0,3 % Wachstum gegeben. Da wäre es "abwegig", von einer Rezession zu sprechen.

Solche Schönredereien gehen einher mit Panikmache. Jede noch so zahme Lohnforderung würde den "Standort Deutschland" endgültig kaputt machen. Die Kapitalistenklasse versucht, die Krise zu nutzen, um verschärfte Angriffe auf die Lohnabhängigen zu begründen und umzusetzen.

Für die Arbeiterbewegung, für revolutionäre KommunistInnen ist die Frage des Charakters der Krise von großer Bedeutung.

Ist sie nur Ausdruck einer zyklisch wiederkehrenden Konjunkturabschwächung oder signalisiert sie eine tiefere, grundlegende Krise des globalen Kapitalismus?

Es geht um das Verhältnis von Krise und (drohendem) Krieg. Die Krise treibt den Krieg an - gewissermaßen als Ausweg für den Imperialismus. Zugleich verschärft sie die Weltmarktkonkurrenz, die Gegensätze zwischen den weltbeherrschenden Staaten und Blöcken brechen immer offener auf. Kurzum: wir treten in eine Periode verschärfter Krisen, von Kriegen, wachsender Konflikte - und verschärfter Klassenkämpfe ein.

Die 1990er Jahre

Die Ereignisse von 1989/90 besiegelten den Triumph der USA im Kalten Krieg. Der Zusammenbruch des Stalinismus, die Etablierung bürgerlich-restaurationistischer Regierungen in Osteuropa, Russland und schließlich in China stellten eine weltweite Niederlage der Arbeiterklasse und einen Triumph der Bourgeoisie dar. Die USA verblieben als einzige, politisch und militärisch unangefochtene, imperialistische Hegemonialmacht.

1989/90 schlug die Geburtsstunde einer neuen Phase der imperialistischen Epoche, des globalen Kapitalismus, der "Globalisierung". Neoliberale Politik war bereits über ein Jahrzehnt lang für die herrschenden kapitalistischen Länder sowie einige halbkoloniale Staaten der "Dritten Welt" in Kraft. Nun wurden diese politökonomischen Konzepte auf der ganzen Welt durchgesetzt und vertieft.

Das wäre allerdings ohne den Sieg im Kalten Krieg und die vorhergehenden Niederlagen der Arbeiterbewegung in den USA und Britannien unmöglich gewesen. Die ökonomischen Krisentendenzen der 1970er und 1980er Jahre und die Versuche des Kapitals, diese zu überwinden, konnten sich erst nach 1990 im Versuch, eine neue Weltordnung zu etablieren, manifestieren. Es ist kein Zufall, dass die jüngste Periode der imperialistischen Entwicklung aus einer historischen Niederlage der Arbeiterklasse, in einer konterrevolutionären Phase entstand.

Die Globalisierung stellt den Versuch dar, die strukturelle Überakkumulationskrise, die den Weltkapitalismus seit den 1970ern umtreibt, zu überwinden. Zunächst schien dies auch zu gelingen. Das Finanzkapital übte einen weitreichenderen Einfluss denn je aus. Riesenhafte Finanz-, Handels- und Industriekonzerne entstanden und verfügten über mehr Macht als die meisten Regierungen. Änderungen in der Produktion veränderten die Arbeiterklasse gründlicher als in den unmittelbaren Nachkriegsjahrzehnten. Die neoliberale Politik der Öffnung der Märkte, der Privatisierung vormals staatlicher Dienste wurde verallgemeinert. Die imperialistische Ausbeutung der "Dritten Welt" wurde schrankenlos und führte zu wachsender Monopolbildung, Fusionsfieber, zu einer riesigen Welle der Zentralisation des Kapitals.

Hierin liegt auch das wirklich Neue an der Globalisierung, das rechtfertigt, von einer bestimmten Phase des Imperialismus zu sprechen - die Tatsache, dass alle großen Konzerne der Welt, dass die wirklich weltbeherrschenden Kapitale den Weltmarkt in seiner Gesamtheit als ihr Operationsfeld betrachten müssen. Sie müssen bei Strafe ihres Untergangs oder des Abstiegs zu kapitalistischen Lokalgrößen in allen wichtigen Sektoren der Weltwirtschaft (v.a. in Nordamerika, Europa, Ostasien) präsent sein und um Marktführerschaft kämpfen.

"Boomphase" der Globalisierung

Die 1990er Jahre waren eine "Boomphase" der Globalisierung. Es ist kein Zufall, dass vor allem eine imperialistische Macht, die USA, davon ökonomisch profitierte und nur dort ein massiver (wenn auch durch die inzwischen offen gelegten Bilanzfälschungen zu relativierender) Aufschwung stattfand.

Dass dieser Aufschwung die Strukturprobleme des Weltkapitalismus nicht beseitigen konnte, zeigte sich schon damals. Die Europäische Union expandierte ökonomisch zwar auch, aber in geringerem Ausmaß. Die japanische Wirtschaft, einst "Motor der "Weltökonomie", wurde von drei Rezessionen und einer Stagnation, die nun schon fast 15 Jahre anhält, getroffen. Ende der 1990er Jahre brach die Wirtschaft der ostasiatischen "Tiger" und Lateinamerikas - noch zuvor als Musterschüler des Neoliberalismus gepriesen - zusammen.

Schon in der "Aufschwungphase" der Globalisierung verarmten ganze Erdteile. Ende der 1990er musste die herrschende Klasse in den USA einsehen, dass die Globalisierung nicht einfach auf immer mehr ökonomischer Ausbeutung der Halbkolonien und der früheren "kommunistischen" Länder, wo der Kapitalismus restauriert worden war, durch IWF, Weltbank und WTO beruhen kann. Sie brauchte eine neue politische, militärische und diplomatische Macht, um die Ordnung aufrecht zu erhalten und die US-Vormachtstellung auf neue Gebiete, deren Ressourcen und Märkte auszudehnen.

Schon Ende des vergangenen Jahrhunderts war absehbar, dass die wirtschaftliche Entwicklung des globalen Kapitalismus an seine Grenzen stieß. Die Überakkumulationskrise konnte nicht überwunden werden. In dieser Situation schlitterten die USA in eine Rezession.

Stagnation

Die gegenwärtige Konjunkturkrise muss also vor dem Hintergrund viel grundlegender Verwerfungen, des Zutagetretens grundlegender Widersprüche der kapitalistischen Produktionsweise betrachtet werden. Der Motor der fieberhaften Expansion der 1990er Jahre war und ist nachhaltig ins Stottern geraten. Der globale Kapitalismus ist in eine Periode ökonomischer Stagnation eingetreten.

Natürlich schließt dies ökonomisches Wachstum in einzelnen Ländern oder Regionen nicht aus. Sicherlich wird die jetzige Rezession auch wieder enden. Aber sie wird höchstens zu Wachstum auf geringem Niveau führen, sie wird keinen signifikanten Aufschwung bringen.

Die oberflächlich-tröstliche Formel bürgerlicher Kommentatoren, aber auch mancher Linker, dass noch auf jede Krise ein Aufschwung gefolgt sei, gleicht der Wetterprognose, dass irgendwann ja auch die Sonne wieder scheint.

Dahinter steht eine Vorstellung vom Kapitalismus als ewig wiederkehrender Abfolge von Wachstum und Aufschwung. Das hat mit der Realität aber nichts zu tun. Die "ewig" neuen Aufschwünge sind erkauft mit dem Elend, der Verarmung, der Arbeitslosigkeit der Massen - nicht nur in der "Dritten Welt", sondern auch in Deutschland und anderen Regionen der "zivilisierten Welt". Das ist kein Betriebsunfall des Kapitalismus, sondern seine ganz normale Funktionsweise. Ein System, das auf Ausbeutung und Unterdrückung beruht, kann auch nur Ausbeutung und Unterdrückung hervorbringen - bei Regen und bei Sonnenschein.

Trotz weitgehend unangefochtener Vorherrschaft der USA auf wirtschaftlichem, militärischem und politischem Gebiet konnte sie keine neue, stabile Weltordnung errichten. Der entscheidende Grund ist das Problem ungelöster Überakkumulation von Kapital. Die Expansionsfelder des Kapitalismus - globale Ausdehnung der Großkapitale - schlagen wieder in verschärfte Konkurrenz um.

Die Clinton-Adminstration hatte versucht, die Vorherrschaft der USA und einen längerfristigen Aufschwung durch Einrichtungen wie IWF, Weltbank, Welthandelsorganisation und durch multilaterale Zusammenarbeit mit anderen imperialistischen Mächten zu erreichen. Doch das reicht zur Beherrschung der Welt angesichts zunehmender Konkurrenz nicht aus. Zur Sicherung der globalen Vorherrschaft der US-Konzerne (und damit der Globalisierung in der Form, wie wir sie kennen), muss sie auch militärisch und politisch abgesichert werden.

Eine Kursänderung des US-Imperialismus war nötig. Unter dem Vorwand einer Reaktion auf die Geschehnisse des 11. Septembers 2001 und des "Krieges gegen den Terrorismus" haben die USA mit Unterstützung Britanniens einen permanenten Kriegszustand ausgerufen. Dieser Krieg ist eine Bemäntelung für die gewaltsame Ausweitung ihres Einflusses und ihrer Interessenssphären im Nahen und Mittleren Osten, in Zentral-, Süd-, und Südostasien und sogar in Lateinamerika.

Globalisierung mit anderen Mitteln

Sollten die USA die Kontrolle über den Irak übernehmen, sind die nächsten "Schurkenstaaten" dran: Iran, Nordkorea, Syrien und Libyen. Dort werden durch die Errichtung von "zeitweiligen", von der UNO gebilligten "Schutzgebieten", in Wirklichkeit (Halb)Kolonien für die USA und ihre europäischen Verbündeten geschaffen. Kurz: der "Krieg gegen den Terrorismus" ist der militärische Ausdruck und die Fortsetzung der Globalisierung "mit anderen Mitteln".

Die überwiegende Zahl halbkolonialer Länder hat die meisten "Vorteile" ihrer in der Periode von 1945 bis 1989 genossenen begrenzten Unabhängigkeit verloren. Es gibt zur Zeit kein Gegengewicht gegen die Macht der USA und der EU. Ihre Wirtschafts- und Sozialpolitik unterliegt dem Diktat des IWF. Mehr denn je sind die Halbkolonien imperialistischen, v.a. US-Interessen unterworfen.

Ihre Regenten holen sich regelmäßig Ratschläge vom US-Außenministerium (oder von europäischen Mächten) zur Regelung ihrer inneren Angelegenheiten. Ferner beabsichtigen die USA und ihre Verbündeten die Errichtung neuer Militärstützpunkte in strategisch bedeutenden Gebieten. Die Imperialisten werden weiterhin langfristige "Schutzgebiete" wie Bosnien, Kosovo, Afghanistan und - wie sie hoffen - Irak einrichten.

Steigende Rüstungshaushalte, Hochtechnologiewaffen, "schnelle Eingreiftruppen" sowie aggressivere Militärdoktrinen kennzeichnen die neue Periode. Das geschieht nicht nur in den USA unter Vorgabe der neuen "Bush-Doktrin", sondern auch in Europa und Japan.

Die neue Kriegshetze ist nicht nur ein Schlag gegen die Halbkolonien, sondern vorbeugend auch gegen die aufkommenden Rivalen der USA, womit neben imperialistischen Mächten wie der EU auch die größeren Regionalmächte wie China und Russland gemeint sind. Militärisches Eingreifen, Einschüchterung, Erpressung, Kriege, Dauerpräsenz imperialistischer Truppen zur Kontrolle von strategisch wichtigen Rohstoffen werden in der kommenden Periode vermehrt auftreten.

USA versus EU

Die Vormachtstellung des US-Imperialismus - die Hälfte der multinationalen Konzerne und 40 % aller Rüstungsausgaben weltweit entfallen auf die USA - hat lange die innerimperialistische Gegnerschaft nur unter der Oberfläche kochen lassen. Zur Zeit sind die Bourgeoisien der EU noch zu schwach, um ihre Widersacher in Washington allzu offen herauszufordern.

Aber die Auseinandersetzungen um den Irak zwischen Deutschland, Frankreich, Russland und China einerseits und den USA und ihren "engeren" Verbündeten andererseits haben in den letzten Monaten einen sehr viel heftigeren Charakter angenommen.

Auch wenn hier nationale Faktoren wie Wahlkämpfe eine gewisse Rolle bei der jeweiligen Positionierung spielen, so sind sie insgesamt zweitrangig. Die Konflikte drücken zunehmende Gegensätze aus, die sich verschärfen werden.

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die "heiligen Institutionen" imperialistischer Weltbeherrschung der Periode von 1948 bis 1990 - NATO, UNO - zerbrechen oder zu leeren Hüllen werden. Das ist grundsätzlich auch gar nicht anders möglich. Vor dem Hintergrund ökonomischer Stagnation oder bestenfalls geringen Wachstums können die konkurrierenden Kapitale am Weltmarkt nur auf Kosten ihrer Konkurrenten gewinnen. Daher werden auch die "gemeinsamen" Institutionen immer mehr zum Ort des Konflikts, denn zur Realisierung gemeinschaftlicher Interessen.

Mit der Schaffung des Euro und der zunehmenden kapitalistischen Vertiefung der EU haben Deutschland und Frankreich den USA den Fehdehandschuh mehr oder weniger bewusst hingeworfen. Die USA ihrerseits ködern den "Waffenbruder" Britannien als Trojanisches Pferd in der EU.

In den nächsten Jahren werden entscheidende Weichenstellungen in Europa vorgenommen, werden die großen Kontinentalmächte Deutschland und Frankreich beginnen, ihre Einflusssphäre gegen die USA mehr und mehr abzusichern - einschließlich militärischer und diplomatischer Initiativen. Insbesondere werden sie versuchen, eine längerfristiges Bündnis zu Russland und China herzustellen.

Dies wird gerade eingeübt. Die "Friedenspolitik" der EU hat für die hiesigen Imperialisten auch den Vorteil, sich gegenüber den Eliten und Massen in der "Dritten Welt" als good cop zu verkaufen, mit dem sich auch über "Selbstbestimmung" und "Unabhängigkeit" reden lässt. Ein in jeder Hinsicht verlogener Dreh, denkt man an die deutsche Politik am Balkan oder in Afghanistan, an die französische in den ehemaligen Kolonien wie der Elfenbeinküste oder gar die des russischen "Freundes" in Tschetschenien!

Konflikte

Hinzu kommen wachsende ökonomische Konflikte zwischen den USA und der EU. Das betrifft einerseits den Zugang zu den Märkten der jeweils anderen Macht - siehe die erfolgreiche Klage der EU zu den Stahlsubventionen der amerikanischen Regierung, siehe den Versuch des US-Außenministeriums, den europäischen Lebensmittelmarkt für ihre genetisch "aufgebesserten" Agrarprodukte aufzubrechen.

Die wirtschaftliche Konkurrenz wird in nächster Zukunft nicht mit einem zunehmenden Protektionismus, sondern mit einer weiteren "open door policy" gegenüber der "Dritten Welt", Russland und China einhergehen. Das liegt auch am weltumspannenden Operieren der Großkapitale. Die EU soll den deutschen und französischen Konzernen nicht primär zum Rückzug auf "eigene Märkte" dienen, sondern als Ausgangsbasis und Stütze für erfolgreiche Weltmarktkonkurrenz.

Die permanente militärische Präsenz in den Halb-Kolonien kommt daher auch keiner Re-Kolonialisierung und damit einhergehender kolonialer Aufteilung der Welt gleich, sondern vielmehr der Absicherung imperialistischer Beherrschung formal unabhängiger Staaten, denen aufgrund der Zerrüttung der Mittelschichten mehr und mehr die sozialen Stützen ihrer proimperialistischen Regime wegbrechen. Zugleich gebricht es den halbkolonialen Herrschern und Staaten fast völlig an Widerstandspotenzial. Sie sind dem Imperialismus in der Regel noch höriger als während des Kalten Krieges.

Strategisch zentraler Zankapfel wird der "eurasische Raum" sein. Kein Wunder, dass sich dort auch fast alle "Schurkenstaaten", vor allem aber auch (potentielle) Rivalen des vorherrschenden US-Imperialismus befinden. Neben dem Nahen Osten und Zentralasien wird in den nächsten Jahren vor allem der Kampf um China von zentraler Bedeutung für die Konkurrenz EU-USA-Japan sein. Es ist kein Zufall, dass die deutschen Autokonzerne mittlerweile gleichauf mit den US-amerikanischen (genauer: VW und General Motors) um diesen Markt konkurrieren.

Gleichzeitig werden alle Verbündeten der USA in diesem Gebiet ihren Vorteil aus der aggressiven US-Politik ziehen wollen. Diese Politik wird auch Israels Terrorkrieg gegen die Palästinenser fördern.

Angriffe im Inneren

Die Stärke des US-Imperialismus, seine erdumspannende Reichweite und Interessenssphäre ist dennoch zugleich auch die Quelle seiner Schwäche. Er muss in zunehmendem Maße seine Vorherrschaft immer und überall absichern, und das lässt ihm Gegner erwachsen, die gezwungen sind, seinen Einfluss und seine Herrschaft einzugrenzen. Noch wichtiger jedoch ist der Umstand, dass seine aktuellen wirtschaftlichen Vorteile selbst schwinden (höhere Ausbeutungsrate, Dollar als Führungswährung, großer Binnenmarkt usw.)

Die herrschende Klasse der USA wird deshalb nicht nur weiterhin eine aggressive Außenpolitik verfolgen, sie wird gleichzeitig auch ihre eigene Arbeiterklasse immer heftiger angreifen und danach trachten, die antikapitalistische Bewegung in den Vereinigten Staaten mit Repression einzuschüchtern und die Vorhutelemente der Arbeiterklasse zu besiegen.

Wenn Deutschland und Frankreich die USA herausfordern wollen, müssen sie ebenfalls ihre eigenen Arbeiterklassen angreifen. Aber sie haben es mit Arbeiterbewegungen zu tun, die über eine stärkere gesellschaftliche Stellung als ihre amerikanischen Klassengeschwister verfügen. Das macht in der EU und in Osteuropa einen durchgreifenden Feldzug gegen Arbeiterrechte, Arbeitsplätze und öffentliche Dienste in den nächsten Jahren wahrscheinlich. Dabei geht es nicht nur um besonders entrechtete, marginalisierte und gesellschaftlich unterdrückte Teile der Klasse (ImmigrantInnen, Jugend, Frauen), sondern auch um einschneidende Attacken auf die industriellen Kernschichten (inklusive der Arbeiteraristokratie).

Zugleich werden bedeutend mehr Mittel in Militär und Rüstung gepumpt werden, um den Rückstand zu den USA zu verringern.

Gegenbewegung

Die reaktionäre Offensive des Imperialismus hat bereits massenhaften Aufruhr in den imperialistischen Ländern (Antikriegsbewegung, Europäisches Sozialforum, Klassenkampf in Italien, Griechenland und Spanien) und in den Halbkolonien (Argentinien, Palästina) provoziert.

Der Ausgang des Krieges gegen den Irak und andere Folgekriege werden das Gleichgewicht der Klassenkräfte international und im Verhältnis zwischen den imperialistischen Mächten nachhaltig beeinflussen.

Dabei zeigt sich weltweit eine gewaltige Kluft zwischen den Massen und ihrer Führung. Besonders stark und augenfällig tritt sie in Ländern wie Britannien hervor. Ebenso tief, wenn nicht tiefer ist dieser Graben im Nahen Osten. Aber auch SPD, PDS und die deutschen Gewerkschaftsführungen verdeutlichen diese Tatsache.

Die Massen werden grausam unterdrückt und kämpfen; sie haben immer wieder bewiesen, dass sie willens sind, Imperialismus und Kapitalismus Widerstand zu leisten. Aber ihnen fehlt eine politische Führung, die ihre Interessen vertritt und den Kampf zum Sieg führen will.

Der Aufbau von starken Arbeiterbewegungen und deren Bündnis mit Bauernbewegungen und Arbeitslosen hat gleichzeitig in anderen Regionen einen Massenwiderstand bis hin zu vorrevolutionärer oder sogar revolutionärer Krise angespornt. Dies wird sich fortsetzen. Die Kämpfe in Lateinamerika, insbesondere in Brasilien und Argentinien, werden die Weltarbeiterbewegung beflügeln und beeinflussen.

Als wichtigstes Ergebnis hat die Globalisierung eine internationale Massenbewegung in Gang gesetzt und Arbeiterklasse und Arbeiterbewegung grundlegend umgestaltet. Sie hat neue Teile der Arbeiterklasse erweckt und eine (zumindest potentiell) starke Arbeiterklasse in unmittelbarem Zusammenhang mit den internationalen Produktions- und Verteilungsketten auf den Plan gerufen. Die Globalisierung selbst hat Mächte geschaffen und angestachelt, die imstande sind, den globalen Kapitalismus zu stürzen und ihn durch den Sozialismus zu ersetzen.

Ohne diese Bewegung wären die Demonstrationen gegen den Krieg niemals zu historischen Ereignissen mit 20 Millionen TeilnehmerInnen allein in Europa geworden.

Mit der Jahrhundertwende sind wir in eine neue Periode eingetreten. Globalisierung, die jüngste Phase des Imperialismus, hat ihre wirtschaftliche Dynamik aufgebraucht. Sie ist in eine Periode des Stillstandes übergetreten.

Der US-Imperialismus will seine Weltvorherrschaft verteidigen und ausbauen und die Globalisierung unter seiner Führung vertiefen. Aber er stößt an innere Grenzen, kollidiert mit den aufstrebenden imperialistischen Gegnern und v.a. mit einem wachsenden dynamischen Arbeiterwiderstand und der antikapitalistischen Bewegung.

Wir stehen am Beginn einer vorrevolutionäre Periode. Die großen Konflikte der Welt können nur auf revolutionäre oder konterrevolutionäre Weise gelöst werden! Die internationale Arbeiterklasse muss sich auf diese Auseinandersetzung, d.h. auf den endgültigen Sturz des kapitalistischen Weltsystems vorbereiten!

Mehr denn je ist die Krise der proletarischen Führung, wie es Trotzki einst ausdrückte, der Kern der Krise der Menschheit. Die Schaffung einer neuen Masseninternationale der Arbeiterklasse, einer Weltpartei der sozialistischen Revolution ist daher ein Gebot der Stunde.

Leserbrief schreiben   zur Startseite


Nr. 78, März 2003

*  Irak-Krieg: Krieg dem Imperialismus!
*  Offener Brief: Für eine bundesweite Aktionskonferenz
*  Antikriegsaktivität: Was tun wir?
*  Antikriegsbewegung: Der nächste Schritt
*  Deutsche Linke und der Krieg: Nur Frieden?
*  Arbeiterbewegung in den USA: Doppelter Krieg
*  Krise und Krieg: Welt am Wendepunkt
*  Massenproteste in Bolivien: Krieg den Palästen
*  Stiftung Warentest: Vorsicht Falle!
*  Heile Welt
*  Internationaler Frauentag am 8. März: No Sweatshops!
*  Arbeiterklasse in Deutschland: Vertreibung aus dem Paradies?