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Antikriegsbewegung

Der nächste Schritt

Martin Mittner, Neue Internationale 78, März 2003

15. Februar 03: 15 bis 20 Millionen. 600 Städte. Aktionen in Europa, Nord- und Lateinamerika, Asien, Australien, Afrika. In Berlin marschierten mindestens 500.000, in Stuttgart 50.000 in Köln 10.000 ...

Es war die größte internationale Antikriegsmanifestation der Geschichte - und das noch vor Beginn des imperialistischen Angriffs! Ein historisches Ereignis, das zeigt, dass die Massen den Krieg verhindern und stoppen wollen.

Die Größe der Demos übertraf alle Erwartungen, selbst der "OptimistInnen", die z.B. in Berlin mit maximal 200.000 gerechnet hatten.

Die Mobilisierung wurde v.a. von Jugendlichen, GewerkschafterInnen, von den Mittelschichten, aber auch von vielen ImmigrantInnen getragen. Hunderttausende gingen zum ersten Mal in ihrem Leben oder zum ersten Mal seit Jahren wieder auf die Straße.

Initiiert wurde der internationale Aktionstag gegen den Krieg vom Europäischen Sozialforum in Florenz. Die Massendemonstration der Anti-Globalisierungsbewegung, der Erfolg der Demos in London und Rom im letzten Herbst und die mutige und erstarkende Anti-Kriegsbewegung in den USA haben Millionen Menschen bestärkt, selbst aktiv zu werden.

Die Demonstrationen in Britannien, Italien und Spanien hatten insofern eine andere Stoßrichtung, als sie auch die Existenz der eigenen Regierung - und damit wichtige Verbündete Bushs bedrohen. In Paris und Berlin hingegen waren viele DemonstrantInnen auf die Straße gegangen, um den "Friedenkurs" ihrer Regierung zu stützen.

Wer in Berlin dabei war, weiß jedoch, dass damit auch Skepsis und Misstrauen gegenüber Rot-Grün verbunden waren. Während die Massen aus wirklicher Friedenssehnsucht und Ablehnung des Kriegs auf der Straße waren, ist der Kurs der rot/grünen Regierung nicht nur feige und zögerlich (Überflugrechte, Lieferungen von Patriot-Raketen an Israel und die Türkei, Stationierung von Spürpanzern in Kuwait ...). Er ist vor allem am längerfristigen, strategischen Interesse des deutschen Imperialismus ausgerichtet.

Bemerkenswert an der Mobilisierung ist jedoch auch folgendes. Eine halbe Million auf der Straße - aber wer ist eigentlich die Führung dieser Masse, wer hat sie mobilisiert? Betrachtet man die SprecherInnen der Demo, könnte man denken, es geht um eine Mischung aus Methusalems der Friedensbewegung, gealterten Liedermachern, mehr oder weniger kritischen KünstlerInnen und ver.di-Chef Bsirske.

In der Tat hat die Führung der Demonstration einen eher zufälligen, wenig repräsentativen Charakter. Nur Bsirke vertritt als Chef einer Millionen starken Gewerkschaften wirklich eine Massenkraft. Neben den Gewerkschaften haben sicher auch die reformistischen Parteien PDS und SPD viele mobilisiert, ebenso wie die kleinbürgerlichen Grünen.

Die große Mehrheit der DemonstrantInnen kam aber "spontan", aus eigenem Antrieb. Sie kamen aus Angst vor dem Krieg und wegen der Chance, dass dieser doch noch verhindert werden könnte. Sie kamen aber auch, weil sich in der Demonstration eine allgemeine Unzufriedenheit ausdrückte, weil Millionen wissen, dass es nicht um Demokratie, Freiheit, Menschenrechte, sondern einfach um Öl, politischen und militärischen Einfluss, um Weltherrschaft geht.

Die Bewegung hat ein viel größeres Potential als ihre mehr oder weniger selbsternannte und abgehobene Führung zugeben will. Diese Führung wird früher oder später zum Problem werden. Es ist daher notwendig, jetzt Massenaktionen für den Tag X zu propagieren, dafür zu agitieren, diese in den Betrieben, an den Schulen und Unis, in den Stadtteilen vorbereitet werden.

Wir unterstützen daher die Bildung von Antikriegskomitees und ihre lokale, regionale und bundesweite Koordinierung. Wir treten dafür ein, dass die Demos am Tag X mit einem internationalen Generalstreik gegen den Krieg verbunden werden.

Nicht nur in Italien haben Gewerkschaften zum Streik bei Kriegsbeginn aufgerufen. Auch in Deutschland haben betriebliche und gewerkschaftliche Organisationen ähnlich Beschlüsse gefasst, so z.B. der Personalrat der Universitätsklinik Tübingen, der ver.di zur Organisierung einer bundesweiten Arbeitsniederlegung am Tag X aufgefordert hat.

Es geht darum, dass die Massendemos und Kundgebungen mit direkten Aktionen wie Blockaden von Luftwaffenstützpunkten (z.B. die Aktion vor der Airbase Frankfurt/Main), gewerkschaftlichen Aktionen und Verhinderung des Transports von US-amerikanischem und britischem Kriegsmaterial und Truppen verbunden werden. So ist z.B. Bremerhaven einer der wichtigsten Verladehäfen für den Truppenaufmarsch.

Wir müssen die Gewerkschaften, Vertrauensleute und Betriebsräte zur Organisierung und Unterstützung solcher Aktionen aufrufen. Diese Forderung müssen auch an die reformistischen Parteien SPD und PDS gestellt werden. Alle Organisationen der Linken, der Arbeiterbewegung, der Jugend, der ImmigrantInnen sind gefordert, sich daran zu beteiligen.

Daher rufen wir zu einer bundesweiten Antikriegskonferenz auf - um in demokratischer Debatte lokale und bundesweite Aktionen weiter zu koordinieren, die Schlagkraft der Anti-Kriegsbewegung zu erhöhen und die Aktionen zu radikalisieren.

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Nr. 78, März 2003

*  Irak-Krieg: Krieg dem Imperialismus!
*  Offener Brief: Für eine bundesweite Aktionskonferenz
*  Antikriegsaktivität: Was tun wir?
*  Antikriegsbewegung: Der nächste Schritt
*  Deutsche Linke und der Krieg: Nur Frieden?
*  Arbeiterbewegung in den USA: Doppelter Krieg
*  Krise und Krieg: Welt am Wendepunkt
*  Massenproteste in Bolivien: Krieg den Palästen
*  Stiftung Warentest: Vorsicht Falle!
*  Heile Welt
*  Internationaler Frauentag am 8. März: No Sweatshops!
*  Arbeiterklasse in Deutschland: Vertreibung aus dem Paradies?