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Neue Antikapitalistische Organisation (NAO)

Welche NAO wollen wir?

Tobi Hansen, Neue Internationale 174, November 2012

Wie ist der aktuelle Stand im NAO-Prozess? Welche nächsten Schritte sind geplant? Für welche Perspektive tritt die Gruppe Arbeitermacht (GAM) in diesem Diskussionsprozess ein? Mit diesen Fragen wollen uns in diesem Artikel auseinandersetzen.

Anfang Oktober fand ein bundesweites Koordinierungstreffen der im NAO-Prozess (http://nao-prozess.de) beteiligten Gruppen statt. Die Themen ergaben sich aus den vorangegangenen Diskussionen, v.a. Ging es um die „Essentials“ des NAO-Prozesses und um Vorschläge für ein  programmatisches Manifest.

Für den weiteren Diskussionsprozess der beteiligten Organisationen (GAM, RSB, ISL, Soko, SIB und Interkomm waren anwesend) haben wir unsere Positionen ausgetauscht und weitere konkrete Schritte beschlossen. Für die „Essentials“ (NAO-Grundlagen) und ein geplantes programmatisches Manifest wurden Redaktionsgruppen beschlossen, an denen jede Organisation im NAO-Prozess teilnehmen kann.

Die Diskussionen fanden in einer sehr solidarischen Weise statt. Dabei wurden unterschiedliche Standpunkte klar, aber die Diskussion war auf Klarheit und auch auf eine Einigung ausgerichtet. Die Redaktionsgruppen haben jetzt die Aufgabe, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu bündeln, um mit ihren Ergebnissen den NAO-Prozess auf eine nächste, höhere Stufe zu heben. Wenn die Ergebnisse vorliegen, sollen die beteiligten Organisationen (und gern auch neue) diese diskutieren, um sie im Frühjahr 2013 gemeinsam zu präsentieren - als programmatisches Manifest einer möglichen neuen antikapitalistischen Organisation in der BRD.

Es wurde ebenfalls besprochen, wie neue Gruppen sich am Prozess beteiligen können, und wie der Web Auftritt verbessert werden kann. Bisher haben sich als neue Gruppen „Paeris“ und die IBT am Prozess beteiligt, zunächst in beobachtender Position (ähnlich der MI und der RSO). Sobald eine generelle Übereinstimmung mit den fünf Essentials (Revolutionärer Bruch, keine Mitverwaltung der Krise, Klassenorientierung, Einheitsfront-Methode, organisatorische Verbindlichkeit) vorhanden ist, sollen auch andere Gruppen, AktivistInnen und Interessierte teilnehmen können - wie auch die  (noch) beobachtenden Gruppen später zu intensiverer Beteiligung aufgefordert werden sollen.

Die NAO-Website gibt derzeit nach Meinung der meisten Beteiligten leider nur einen ungenügenden Einblick in den NAO-Prozess und fokussiert sich zu sehr auf Diskussionen zwischen einigen Akteuren. Auch dort wollen wir zu gemeinsamen Lösungen kommen, so dass der Blog erhalten bleibt, aber die Positionen der Gruppen, die NAO-Veröffentlichungen, aber auch künftige Aktionen, Treffen usw. mehr Raum einnehmen und leichter zugänglich sind.

Welche Ausrichtung?

Diese nächsten Schritte werden zeigen, ob wir den selbstgesteckten Ansprüchen gerecht werden - das Ziel, eine antikapitalistische Organisation aufzubauen, wird weder durch Proklamationen erreicht, noch durch Feststellungen, dass sie nötig wäre. Entscheidend wird sein, ob wir gemeinsam erste Schritte hin zu einer revolutionären Programmatik und Praxis schaffen.

Dabei haben wir in der BRD keine „rosigen“ Voraussetzungen. Die „radikale Linke“ ist tief fragmentiert, eine revolutionäre „Traditionslinie“ in der BRD ist nicht vorhanden. So wäre eine  mögliche NAO (welchen Namen, sie dann auch immer hat) ein erster Schritt, dies zu ändern.

Diese Probleme haben wir auch in den Diskussionen in der NAO erlebt, die ja selbst auch nur ein Ausschnitt der radikalen Linken widerspiegelt. So gab es Scheindebatten, wie „revolutionär“ jemand sein muss, um am NAO-Prozess teilnehmen zu können, um dann die subjektive Selbsteinschätzung - bin ich RevolutionärIn - zur Messlatte zu machen.

Die Einschätzung „subjektiv revolutionär“ wird uns in der Entwicklung jedoch wenig helfen. Die Frage wird sein, wie eine künftige NAO sich in vorhandenen Kämpfen verankern kann, mit welchem Programm, welchen Forderungen und welcher Perspektive sie an AktivistInnen herantritt.

Dabei haben wir derzeit viele Anknüpfungspunkte, warum wir eine antikapitalistische und revolutionäre Alternative brauchen: die aktuelle Krise der EU inklusive der Massenkämpfe in Südeuropa, die Aufstände in der nordafrikanisch/arabischen Welt seit 2011 oder auch die Entstehung der „Occupy“-Bewegung mit vielen neuen AktivistInnen - das sind die internationalen Faktoren, auf die wir reagieren müssen.

In der BRD sind wir derzeit von solchen Kämpfen noch weit entfernt, dies darf aber keine Entschuldigung sein. Stattdessen haben wir jetzt die Möglichkeit, uns auf künftige Auseinandersetzungen vorzubereiten. Die ökonomische Krise wird bald auch in Deutschland noch stärker als jetzt zu spüren sein. Erste Anzeichen dafür wie der Zwangsurlaub bei MAN und besonders die Angriffe auf die Opel-Standorte läuten auch für den BRD-Imperialismus die nächste Runde der Krise ein.

Schon im nächsten Jahr kann es eine ähnliche Entwicklung wie 2009 geben. Auftragseinbrüche in der Exportindustrie können zu Massenentlassungen und Werkschließungen führen. 2009 konnten Staat und Kapital die Kassen der Arbeitsagentur für die Kurzarbeit plündern, mehr als 12 Mrd. Euro wurden so verbraucht. Zudem kam die „Abwrackprämie“ der Autoindustrie zu Hilfe. Zwar verfügt der BRD-Imperialismus noch über Reserven, allerdings ist der Spielraum für eine „sozialpartnerschaftliche“ Krisenlösung deutlich geschrumpft.

Der „revolutionäre“ Gehalt der NAO wird sich darin zeigen, ob wir eine klare revolutionäre Alternative zur reformistischen Krisenpolitik aufzeigen können; ob wir in der Lage sind, neue gewerkschaftliche und betriebliche AktivistInnen mit anderen Krisenprotesten zusammen zu führen und sie zu einem Bruch mit dem Reformismus zu bewegen. Deswegen ist es auch so wichtig, auch praktische Angebote zu unterbreiten und konkrete Mobilisierungen zu unterstützen oder gar selbst zu in initiieren. Der 14.11. - als europäischer Aktionstag ausgerufen - bietet aktuell eine gute Möglichkeit für die NAO, sich in den Krisenprotesten zu verankern - als Weiterführung unserer Unterstützung von 31M, Blockupy und „Umfairteilen“.

Die unterschiedlichen Ausrichtungen dieser Anti-Krisenproteste zeigen auf, dass wir als NAO ein „breites Publikum“ ansprechen müssen, dies darf weder mit Beliebigkeit noch mit Ausgrenzung verwechselt werden. Das ist eine Grundbedingung eines Umgruppierungsprozesses. Für diese AktivistInnen und hoffentlich noch viele weitere, müssen wir attraktiv sein, müssen wir einen klaren Bruch mit Reformismus und Stillhaltepolitik erreichen.

Wir von der GAM wollen dabei unsere Programmatik und Praxis in die Waagschale werfen, wie alle Gruppen und Aktiven dies tun können und tun sollen. Wichtige Bestandteile bei den weiteren Diskussionen sollten dabei u.a. sein:

Aufbau einer klassenkämpferischen Basisbewegung in den DGB-Gewerkschaften, einen Bruch mit den Standortchauvinisten a la Huber herbei führen - dies wäre eine zentrale Aufgabe einer neuen antikapitalistischen Kraft;

Internationalismus nicht als Grußbotschaft, sondern klarer und konkreter Bezug auf die internationalen und europäischen Bewegungen, wir sollten uns als Teil deren Teil verstehen und speziell für die Anti-Krisenproteste in der EU eine revolutionäre Perspektive entwickeln;

Einheitsfrontpolitik und Praxis, wir müssen Angebote für die verschiedenen Akteure und Bewegungen entwickeln, müssen diese mit uns in die Aktion bringen, das gilt auch schon für das derzeitige Stadium im NAO Prozess, diese Verbindung von Programmatik und Praxis ist eine wesentliche Bedingung, um den NAO-Prozess auch tatsächlich zu einer Umgruppierung mit „Massenwirkung“ zu befördern;

klare Positionierung zum „revolutionären Bruch“, die Proteste in Südeuropa und speziell der arabische Frühling haben die Notwendigkeit von Räten, von Organen der Doppelmacht auf die Tagesordnung gestellt, ein klares Bekenntnis zu Selbstverteidigung und Militanz ist nötig;

die Zielstellung ist eine revolutionäre Partei, die Entwicklung einer antikapitalistischen Organisation kann und darf nur ein erster Schritt sein, die Beispiele NPA oder Antarsya zeigen, dass wir nicht auf halbem Weg stehen bleiben dürfen, ein Manifest ist ein erster Schritt, um dann den  Parteiaufbauprozess zu intensivieren, entscheidend wird sein, ob es gelingt, aus dem NAO eine größere, revolutionäre Organisation auf Basis eines Programms von Übergangsforderungen zu schaffen, die theoretisch und praktisch einen Schritt vorwärts darstellt und so auch zu einem Attraktionspol für linke AktivistInnen und ArbeiterInnen werden kann.

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Nr. 174, November 2012
*  Aktionstag 14. November: Generalstreik - europaweit!
*  Drei-Länder-Aktionswochen von ver.di: Flop statt Kampfauftakt?
*  Berliner Öffentlicher Dienst: Ende des Stellenpools
*  Phoenix-Interwiew mit Huber: Schizophren, aber ehrlich
*  Neue Anti-Kapitalistische Organisation: Welche NAO wollen wir?
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*  Nahost: Die syrische Revolution und die Türkei
*  Malala Yousafzia: Taliban-Anschlag verurteilen, aber kein "Krieg gegen Terror"
*  Taktik zum Parteiaufbau: Entrismus in Syriza
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