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Uniklinika Baden-Württemberg

Der Tarifkampf hat begonnen

Anne Moll, Neue Internationale 136, Februar 2009

2004 sind die Arbeitgeber der Uni-Klinka Baden-Württemberg aus der Tarifgemeinschaft Öffentlicher Dienst ausgetreten. Seitdem müssen wir für unseren eigenen Tarifvertrag kämpfen, dem TVUK Ba-Wü.

Zum 31.12.08 wurde der Entgelttarifvertrag von der Gewerkschaft ver.di gekündigt. Folgende Forderungen sind an die Arbeitgeber gerichtet:

350 Euro Festgeld tabellenwirksam für alle, 160 Euro Festgeld für die Auszubildenden, bei einer Laufzeit von 12 Monaten;

bessere Eingruppierung der Pflegekräfte mit Fachweiterbildung, bessere Ausbildungsqualität.

Am 16. Januar fand eine erste Verhandlungsrunde statt. Die Arbeitgeber lehnten sowohl die Festgeldforderung als solche, als auch deren Höhe als völlig unrealistisch ab. Ebenso weigerten sie sich, Verhandlungen zur Ausbildungsqualität zu führen. Zu den Lohnforderungen kam erst ein Angebot, nachdem der erste Warnstreik erfolgreich Druck gemacht hatte.

Warnstreik

Der erste Warnstreik an den vier Standorten zeigte die Kampfbereitschaft der Beschäftigten.  Mit über 1.000 Beteiligten, die innerhalb von 48 Stunden mobilisiert werden konnten - im Krankenhausbetrieb, wo nicht alle Räder stehen bleiben können - war das ein großer Erfolg. Mit „Wir lassen uns nicht länger auspressen“ und „ 350 Euro für Alle, sonst könnt ihr euren Scheiß alleine machen“ waren deutlich auf Transparenten und Buttons zu lesen.

Das Angebot ist aber keins, denn bei einer Laufzeit von 24 Monaten sollen wir uns ab Januar 2009 mit 2,9% zufrieden geben. Im Januar 2010 gibt es dann noch mal 1% mehr Lohn.

Insgesamt also 2% Lohnerhöhung über 24 Monate! Das ist für uns Beschäftigte kein Angebot - unsere Antwort lautet daher: Streik!

Zu Recht setzen die Auszubildenden diese Forderung nach Ausbildungsqualität und 160 Euro Festgeld auf die Tagesordnung. Mit dem Personalabbau werden die Löcher im Dienstplan zunehmen mit Azubis gestopft. Es gibt kaum noch Zeit für praktische Anleitung, für Begleitung und Unterstützung in der praktischen Ausbildung. Natürlich ist auch die theoretische Ausbildung nicht vom Rotstift verschont geblieben. Die Qualität der Ausbildung bleibt auf der Strecke. Dies an die Öffentlichkeit zu bringen und sich dagegen zu wehren, ist ein richtiger Schritt, die Azubis zu mobilisieren.

Am ersten Warnstreik waren 100 Azubis beteiligt. Sie hatten die Woche davor schon eine Aktion gemeinsam mit den Azubis der Uni-Kliniken aus Freiburg, Heidelberg und Ulm zur ersten Tarifverhandlung organisiert. Dort waren dem Aufruf über 400 Azubis gefolgt!

Der nächste Warnstreiktag ist der 29. Januar, er wird vom Frühdienst bis Ende des Spätdienstes dauern. Am Freitag, dem 30. Januar ist dann die nächste Verhandlungsrunde. Wir bleiben bei unserer Forderung: 350 Euro für alle Beschäftigten und gehen dafür auch in den Erzwingungsstreik, wenn es sein muss.

Die Kampfbereitschaft ist groß, die permanenten Verschlechterungen unserer Arbeitsbedingungen, aber auch die riesigen Geldbeträge, die für marode Banken geflossen sind, haben alle Argumente für Bescheidenheit annulliert. Wir sind nicht mehr bereit, für ein laues „Danke für ihren Einsatz“ jährlich in den Personalversammlungen unsere Gesundheit zu ruinieren - für einen Lohn, von dem man gerade so leben kann!

Der Kampf der Universitätskliniken muss sich mit den Tarifauseinandersetzungen der Tarifgemeinschaft der Länder solidarisieren. Diese haben zwar Forderungen, die unter unseren liegen, aber der Kampf hat dasselbe Ziel: die Beschäftigen zu politisieren, sich zu wehren und  gemeinsam in den Streiks die Erfahrung zu machen, das wir gemeinsam unser Ziel erreichen können.

Die Lohnforderung zu verbinden mit dem Kampf gegen die unsagbaren Arbeitsbedingungen, gegen die Spaltung der Belegschaft durch verschiedene Tarifverträge und Outsourcing ganzer Bereiche und gegen den Generalangriff auf alle Bereiche unseres Lebens - das ist der richtige Weg!

In den letzten Jahren hat die ver.di-Führung schon mehrmals Tarifkämpfe mit radikaler Rhetorik gestartet, um dann bei der Mauschelrunde mit den Arbeitergebern im Öffentlichen Dienst zu landen, faule Kompromisse und teilweise katastrophale Zugeständnisse auszuhandeln.

Daher müssen wird wir für die Forderungen entschiedene Kampfmaßnahmen - also einen Vollstreik - fordern und organisieren und die Kontrolle über die Kampfmaßnahmen durch die Belegschaften sicherstellen, um einen erneuten Ausverkauf zu verhindern.

Diese Tarifauseinandersetzung ist auch ein Auftakt für die bundesweiten Demonstrationen gegen die Finanzmarktkrise am 28. März. Denn letztlich können wir den Kampf nur gewinnen, wenn wir ihn als politischen Kampf gegen die Krise und gegen den Kapitalismus insgesamt führen.

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Nr. 136, Februar 2009
*  Bewegung aufbauen! Wir zahlen nicht für Euro Krise!
*  Weltwirtschaft: Krise und Politik
*  Konjunkturpakete I und II: Mogelpackung
*  Wahlen in Hessen: Neue Schlappe der SPD
*  Uniklinika Baden-Württemberg: Der Tarifkampf hat begonnen
*  "Rettungsschirm" der IG Metall: Lobbyarbeit und Volksbefragung
*  Island: Massenaktionen zwingen Regierung zum Rücktritt
*  Gaza: Widerstand ist nicht zwecklos
*  Palästina: Antizionismus = Antisemitismus?
*  Heile Welt
*  Sri Lanka: Die Einnahme von Kilinochchi
*  NATO-Sicherheitskonferenz: Gegen Repression, Krise, Imperialismus!