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Nato-Sicherheitskonferenz

Gegen Repression, Krise, Imperialismus!

Helga Müller, Neue Internationale 136, Februar 2008

Die NATO-Sicherheitskonferenz (SiKo) findet - entgegen allen Gerüchten - auch dieses Jahr wieder in München statt. Zur 45. Konferenz, die vom 6. bis 8. Februar 2009 im Münchner Nobelhotel Bayerischer Hof stattfindet, werden laut des neuen Leiters Wolfgang Ischinger mindestens ein Dutzend Staats- und Regierungschefs sowie Chefs internationaler Organisationen und mindestens 30 Außen- und Verteidigungsminister erwartet.

Kernthemen dieser Konferenz sind die Neuordnung der europäischen „Sicherheitsarchitektur“ sowie die Erweiterung der NATO.

Mit der NATO-Erweiterung ist die Osterweiterung gemeint, die u.a. zum Ziel hat, von russischen Gastransporten unabhängiger zu werden und eine neue Pipeline, die über georgisches Gebiet läuft, zu verlegen, um das russische Monopol an der westeuropäischen Gasversorgung endgültig zu brechen. Von daher sind sowohl die NATO als auch die EU an einer stärkeren Einbindung Georgiens interessiert. Vor diesem Hintergrund sind auch die Stellungnahmen aller westlichen Großmächte gegen Russland im russisch-georgischen Krieg vom Sommer 2008 zu sehen. Die Themen machen deutlich, dass der SiKo in diesem Jahr eine ganz besondere Bedeutung zukommt.

Schon immer war die Konferenz für die imperialistischen Strategen dazu da, ihre Interessensphären und Strategien abzustecken, zu diskutieren und zu koordinieren. 2003 fand die NATO-Sicherheitskonferenz sechs Wochen vor Beginn des Irakkriegs statt. Damals war Donald Rumsfeld der prominenteste Teilnehmer der Konferenz; er sagte dort, dass niemand Krieg wolle, “aber die Risiken eines Krieges müssen abgewogen werden, gegen die Risiken nichts zu tun.” Das bedeutete nichts Anderes, als dass die “Koalition der Willigen” unter Führung des US-Imperialismus bereits vor der Invasion in den Irak vorbereitet worden war.  Das Ergebnis der Besetzung des Irak wurde bereits im Juni 2003 deutlich, als der damalige US-Verwalter im Irak, Paul Bremer, eine “Schocktherapie” ankündigte, in deren Folge die irakische Wirtschaft mit verschiedenen Erlassen gemäß neoliberaler Vorstellungen umstrukturiert werden sollte. Seither wird versucht, möglichst viele Bereiche zu privatisieren - allen voran die irakische Ölindustrie. Weit über Einhunderttausend US-Soldaten (und bis zu 200.000 Söldner) sichern diesen Raub ab, der unterschiedlichen Schätzungen zufolge zwischen 500.000 und einer Million irakischen Menschen das Leben gekostet hat.

Krise und Militarismus

Doch auch aus einem anderen Grund ist die SiKo in diesem Jahr von zentraler Bedeutung. Derzeit entwickelt sich die seit Anfang der 1970er Jahre ungelöste Verwertungskrise des Kapitals zur schwersten Wirtschaftskrise seit Ende des 2. Weltkrieges. Allein in Deutschland wird nach offiziellen Angaben ein Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 2,25 % erwartet.

Die Globalisierung - die bereits in den letzten Jahren dazu führte, dass die imperialistischen Mächte nicht davor zurückschreckten, Kriege und militärische Mittel im Konkurrenzkampf um Marktanteile und Ressourcen einzusetzen -  ist in eine Krisenphase eingetreten.

Die weltweite Nachkriegsordnung unter der Vorherrschaft der USA ist in ihre schärfste und tiefste Krise geraten und damit letztlich auch die US-dominierte Periode der Globalisierung. Natürlich ist kurzfristig keine andere Macht in der Welt in der Lage, die USA als imperialistische Hegemonialmacht abzulösen. Militärisch und damit auch diplomatisch muss mit einer fortgesetzten Vorherrschaft der USA unter den imperialistischen Mächten gerechnet werden. Eine Vorherrschaft, die die USA umso aggressiver durchzusetzen versuchen wird, je stärker ihre ökonomische Grundlage erschüttert wird.

Damit wird auch die Tendenz zu Militarisierung und Blockbildung weiter zunehmen. Die EU - unter Führung des deutschen und französischen Imperialismus - wird gezwungen sein, die globale Führungsrolle der USA stärker als in den letzten Jahren anzugreifen, dies wird zu verschärften innerimperialistischen Konflikten um die Neuaufteilung der Welt zwischen den großen Mächten und jenen, die dazu werden wollen, führen.

Im “European Defence Paper”, das im Auftrag der EU-Regierungschefs erstellt wurde, wird der Zweck zukünftiger EU-Missionen als “Stabilitätsexport zum Schutz der Handelswege und des freien Flusses von Rohstoffen” definiert. Die EU müsse “militärische Eskalationsdominanz” erringen, um auch “Kriege in einem anspruchsvollen Szenario wagen und gewinnen zu können.” Deshalb sei “die Transformation Europäischer Streitkräfte von der Landesverteidigung in Richtung Interventions- und Expeditionskriegszüge eine unabdingbare Voraussetzung für eine effektive Europäische Sicherheitsstrategie.” Gemeinsames Ziel ist es, bis 2010 die globale Interventionsfähigkeit zu erreichen.

Die imperialistische Bourgeoisie will die Kosten der Krise, die Rettung des Finanzkapitals auf schwächere Kapitale, auf halbkoloniale Länder, vor allem aber auf die Arbeiterklassen abwälzen. Dazu passt auch die neue Doktrin der NATO, sich zu einem weltweit operierenden Interventionsinstrument zu entwickeln, mit dem weltweite Krisen durch militärisches Krisenmanagement stabilisiert werden sollen - wenn nötig, durch die Destablisierung ganzer Regionen, aber immer mit dem Ziel, den Zugang zu Märkten und Rohstoffen zu sichern.

Für die Arbeiterklasse, für die Unterdrückten der ganzen Welt bedeutet das: massive Angriffe auf ihre sozialen und politischen Errungenschaften, Not, Hunger und Krieg.

Dies wird aber auch Gegenreaktionen der Arbeiterklasse und aller Unterdrückten provozieren, wie die weltweiten Hungerrevolten Anfang 2008, der Aufstand der Jugendlichen in Griechenland oder die Proteste gegen Israels Krieg im Gaza schon zeigten.

Verschärfung der „Inneren Sicherheit“

Das deutsche Kapital reagiert darauf präventiv auf die Gefahr zunehmenden Widerstandes gegen die allgemeine Verschlechterung der Lebensbedingungen breitester Bevölkerungsschichten mit dem Aufbau autoritärer Polizeitstaatsstrukturen. In diesem Kontext stehen auch die immer wieder neuen Forderungen nach Einsatz der Bundeswehr im Inneren. In ihrem Papier “Sicherheitsstrategie für Deutschland” vom 6.5.08 bekräftigt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, dass “die bisherige Trennung von innerer und äußerer Sicherheit oder in Kriegszustand und Friedenszeit” nicht länger aufrechtzuerhalten sei. Das bedeutet zunehmende Einschränkung von demokratischen Rechten und Überwachung - nicht zuletzt durch die “Anti-Terror-Gesetze” von Bundesinnenminister Schäuble; dazu gehört auch das neue Versammlungsrecht in Bayern, mit dem versucht wird, jede Gegenwehr zu kriminalisieren.

Auch wenn die Bewegung gegen die Sicherheitskonferenz von einem sehr breiten politischen Spektrum getragen wird, das in der Ablehnung von imperialistischen Kriegen und Überwachungsstaat zum Ausdruck kommt, so gibt es doch unterschiedliche Meinungen, wie dagegen gekämpft werden kann.

Wir meinen, dass es - wenn die Bewegung gegen Krieg und zunehmende staatliche Repression weiter kommen will - notwendig ist, den Zusammenhang des Kampfes dagegen mit dem Kampf gegen den Kapitalismus als System aufzuzeigen. Wir denken, dass gerade heute, da die Angriffe auf die gesamte Arbeiterklasse, auf Jugendliche und Frauen einerseits und auf die demokratischen Rechte andererseits zur Aufrechterhaltung dieses Systems zunehmen werden, ist die Chance und Notwendigkeit gegeben, diese Zusammenhänge aufzuzeigen und sich mit der Arbeiterklasse zu verbinden. Damit könnte der Aufbau eines effektiven Widerstandes gegen dieses System vorangebracht werden.

Wir begrüßen es deshalb, dass auch ver.di München zu den Gegenaktionen zur NATO-Sicherheitskonferenz aufruft, dafür auch in den Betrieben mobilisieren und einen eigenen Gewerkschaftsblock organisieren will.

Wir rufen alle Jugendlichen, alle KollegInnen, die gegen Krieg, zunehmenden Abbau von demokratischen Rechten und gegen die Krise aktiv werden wollen, auf, zur Großdemonstration gegen die NATO-Sicherheitskonferenz am 7. Februar nach München zu kommen!

Die Proteste in München müssen zugleich zu einem starken Impuls für die Mobilisierungen anlässlich des 60. Jahrestages der NATO in Strassburg Anfang April und für die bundesweiten Großdemos gegen die Krise werden!

Rückzug aller imperialistischen Truppen!

Für die Zerschlagung von NATO und Bundeswehr!

Sieg dem Widerstand gegen den Imperialismus im Irak, in Palästina und überall!

Auflösung und Zerschlagung staatspolizeilicher Strukturen und Sondereinheiten!

Weg mit den Verschärfungen im bayerischen Versammlungsrecht!

Weg mit allen „Anti-Terror“ und „Sicherheitsgesetzen“ wie § 129 und 129a!

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Nr. 136, Februar 2009
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*  Weltwirtschaft: Krise und Politik
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*  Wahlen in Hessen: Neue Schlappe der SPD
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*  "Rettungsschirm" der IG Metall: Lobbyarbeit und Volksbefragung
*  Island: Massenaktionen zwingen Regierung zum Rücktritt
*  Gaza: Widerstand ist nicht zwecklos
*  Palästina: Antizionismus = Antisemitismus?
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*  NATO-Sicherheitskonferenz: Gegen Repression, Krise, Imperialismus!