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Blockupy 2014

Blockade und Selbstblockade

Svenja Spunk/Rico Rodrigues, Neue Internationale 185, Dezember 2013/Januar 2014

400 bis 500 AktivistInnen beteiligten sich Ende November 2013 an der Blockupy-Aktionskonferenz in Frankfurt/M.

Politisch und zahlenmäßig dominiert wurde sie von der „Interventionistischen Linken“ (IL), der Linkspartei, Attac und autonomen Gruppen. Auch lokale Blockupy-Plattformen, antifaschistische, antikapitalistische und antirassistische Gruppen sowie einzelne GewerkschafterInnen, SDSlerInnen, Grüne und Unorganisierte waren beteiligt.

Positiv war die Teilnahme von GenossInnen aus anderen europäischen und sogar außereuropäischen Ländern.

Beschlossen wurden im Grunde nur zwei Aktivitäten: dezentrale bundesweite und europäische Aktionstage im Mai 2014 und eine Massenmobilisierung gegen die geplante Eröffnung der „neuen“ Zentrale der „Europäischen Zentralbank“ (EZB) im November 2014, um die geplanten Feierlichkeiten zu stören und zu blockieren.

Die Gruppe Arbeitermacht und die Jugendorganisation REVOLUTION beteiligten sich an den Workshops und den Diskussionen um die politische Ausrichtung der Konferenz und der Bewegung.

Einige Workshops, z.B. jener zum Einzelhandelsstreik, sprachen sich dafür aus, dass Blockupy eine Verbindung zu den Streiks herstellen muss, um sich auch im betrieblichen und gewerkschaftlichen Bereich zu verankern und bekannt zu machen. Auch der Widerspruch zwischen der Gewerkschaftsbasis und der Führung wurde erwähnt, jedoch oft so, dass man ihn als nicht änderbar hinnimmt, anstatt selbst aktiv einzugreifen, das Agieren der Bürokratie zu kritisieren und dagegen zu kämpfen. So war es nicht verwunderlich, dass manche gar zu dem Schluss kam, dass man eigentlich keine Gewerkschaften mehr brauche. Die Leute „könnten sich ja gleich bei Blockupy organisieren“.

Der Workshop zum Thema „Europa“ zeigte dann in besonderem Maße die politischen Schwächen der Konferenz. Die Diskussion drehte sich um die Frage, welches gedankliche Konstrukt „Europa“ am besten beschreibe, und war somit eine sehr akademische Debatte, die sich unfähig zeigte, den imperialistischen Charakter der EU als Instrument der Bourgeoisie zu erfassen und jede Kampfperspektive außen vor ließ.

Die abschließenden Plena brachten keine konkreten Ergebnisse, geschweige denn Beschlüsse. So wurde z.B. lange über den Termin der Aktionswoche gestritten, ohne dass jedoch eine Festlegung zu ihrem Inhalt erfolgte. Immerhin wurden im Plenum noch „Bedenken“ zu Blockupy 2014, wie z.B. das schlechte Wetter im November, zurückgewiesen und der Termin bekräftigt.

Debatte um Forderungen

Für die weitere Arbeit von zentraler Bedeutung wird die Diskussion um die inhaltliche, politische Ausrichtung von Blockupy sein. In den letzten Jahren war die Mobilisierung immer wieder davon geprägt, dass konkrete Forderungen fehlten. Das war ein Grund dafür, warum es Blockupy schwerfällt, in Betrieben und im gewerkschaftlichen Milieu für Aktionen zu mobilisieren. Das Fehlen eines allgemeinen, von demokratischen Mehrheiten legitimierten Aufbau- und Mobilisierungsplans, führt seit Jahren dazu, dass die Bewegung nicht wächst und über einzelne symbolische Mobilisierungen zu einem „Event“ nicht hinauskommt.

Es gab auch einen Workshop, der sich um „Textbausteine“ für die Öffentlichkeitsarbeit und eventuell um einen Aufruf  kümmern sollte. Die Mehrheit der Anwesenden haben sich - wie schon früher - gegen konkrete Forderungen ausgesprochen. Begründet wurde diese Weigerung damit, dass Forderungen nie „ausreichend“ sein könnten. Eine 30 Stunden-Woche zum Beispiel sei ja prinzipiell schlechter als eine 20 Stunden-Woche. Um also nicht in den Geruch mangelnder „Radikalität“ zu kommen, wurde jede konkrete Forderung, um die herum Lohnabhängige und Jugendliche gewonnen und über eine symbolische Blockade hinaus mobilisiert werden können, zurückgewiesen.

Stattdessen sprachen sich einige für „allgemeine“, tatsächlich nichtssagende Slogans wie „Live Democracy“, „Für ein anderes Europa“, „Reclaim the commons“ usw aus. Solche Allerweltsformeln sind jedoch nicht radikaler - und in Wahrheit weit weniger radikal, weil sie zu nichts verpflichten und auch nicht überprüfbar sind, als etwa die Forderung  nach Enteignung privatisierter Betriebe unter Kontrolle der Beschäftigten. Sie gehen außerdem von der seltsamen Vorstellung aus, dass sich Menschen leichter für unklare Ziele begeistern ließen.

Zum Schluss wurden zwar nichts beschlossen, aber noch einmal betont, dass Blockupy sich nie als antikapitalistisch „gelabelt“ hätte und das „auch gut so sei“ (IL Berlin).

Die etwaige Erarbeitung eines Aufrufs wurde der Koordinierung übertragen und sie könnte zum AktivistInnentreffen am 26. Januar zur Diskussion stehen.

Bei aller Kritik an den in Blockupy dominierenden Kräften aus IL, Attac und Linkspartei,  ändert das jedoch nichts am beschämenden Fehlen ganzer „Spektren“ der politischen Linken. So waren die organisierten Linken links von der Linkspartei kaum vorhanden oder griffen jedenfalls nicht wahrnehmbar in die Debatten ein. Das trifft nicht nur DKP/SDAJ und MLPD, sondern auch „TrotzkistInnen“ (SAV, Isl, RSB, RIO) sowie den „anti-imperialistischen“ Flügel der Autonomen. So kritisieren sie dann oft zurecht die politischen Mängel von Blockupy, tun selbst jedoch wenig, um daran etwas zu ändern.

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Nr. 185, Dez. 13/Jan. 14
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