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Obama

Angriffskrieg und Shrimp-Salat

Eine Rezension zu „The Audicity of Hope“ von Roman Birke (LSR)

Über einen Monat war ich diesen Sommer auf einer politischen Reise in Südasien. Nachdem ich  mehrere Stunden auf diversen Flughäfen und in verschiedenen Transportmitteln verbringen musste,  überlegte ich mir eine Auswahl leichter Lektüre zum Überbrücken der Zeit. In diese Sammlung habe ich auch Obamas Buch „The Audicity of Hope“ (Mut zur Hoffnung) aufgenommen. In diesem Buch (2006 als Taschenbuch) legt Obama auf 362 Seiten seine Grundsätze zu verschiedenen gesellschaftlichen und moralischen Fragen dar.

Erstaunlich, wie gut das Buch doch zur Liste der leichten Lektüre passte. Nicht nur einmal fühlte man sich beim Lesen wie in einer Seifenoper. Doch ein Blick auf das Cover verrät, dass es sich bei dem Autoren wahrscheinlich um den nächsten Präsidenten der wirtschaftlich und militärisch stärksten Macht der Welt handelt. Mittlerweile weiß ich, wie Obama seine Frau Michelle kennengelernt hat, dass er in seinen ersten Nächten als Senator schlecht schlafen konnte und gerne Shrimp-Salat in Privatjets isst.

Rechtfertigung des Imperialismus

Neben diesen insgesamt langweiligen Auszügen aus seinem Privatleben, mit denen er sich selbst als der durchschnittliche Kerl von nebenan (Joe the Plumber, wie er nun im amerikanischen Wahlkampf genannt wird) darstellen möchte, ist das Buch jedoch durchsetzt von imperialistischer Ideologie und Rechtfertigungen des grundlegenden Charakters des jetzigen Herrschaftssystems. Gespickt wird das Ganze durch eine umfangreiche Darstellung des Wertesystems des demokratischen Präsidentschaftskandidaten. Dieses Wertesystem besteht vor allem aus drei Elementen: dem tiefen Glauben an unveräußerliche Rechte, dem Hochlebenlassen der amerikanischen Freiheit und der Macht der individuellen Entscheidung in freien Märkten sowie der christlichen Religion als zusammenhaltendes Element der Gesellschaft.

Das ist prinzipiell nichts Neues, und wohl kaum ein Repräsentant der herrschenden Klasse Amerikas würde diese Werte ablehnen. Doch Folgendes ist interessant daran: Liest man das Buch, so beginnt man besser zu verstehen, warum Obama in der Demokratischen Partei ein solcher Aufstieg gelingen konnte. Es ist kein Zufall, dass in Zeiten der zunehmenden Legitimationskrise des Kapitalismus im Allgemeinen und der amerikanischen Politik im Besonderen ein Kandidat aus dem Hut gezaubert wird, der die Rückbesinnung auf die originären Werte der amerikanischen Gesellschaft fordert (natürlich ohne Sklaverei und Abschlachtung der indigenen Bevölkerung).

Neue alte Werte

Mindestens drei Viertel des Buches bestehen aus solch allgemeinen Floskeln. Das restliche Viertel setzt sich zusammen aus dem Bekenntnis zu harter Einwanderungspolitik und der Bereitschaft zu militärischen Interventionen. So schreibt er: „Wenn ich mexikanische Flaggen auf Demonstrationen für Immigration sehe, fühle ich manchmal einen Strom patriotischer Ärgernis in mir. Wenn ich gezwungen bin, einen Übersetzer zu verwenden, um mit dem Typen zu reden, der mein Auto repariert,  fühle ich eine gewisse Frustration.“ Zu guter letzt sagt er auch noch, dass die amerikanische Staatsbürgerschaft ein „Privileg und kein Recht“ ist. Jeder der also glaubt, Obama würde durch seine Wurzeln ein antirassistischer Kandidat sein, sieht sich zutiefst getäuscht. Auch er ist für die rigide Regelung der Einwanderung nach den Erfordernissen der US-Wirtschaft.

Krieg führen

Klar wird auch, dass hinter seiner Kritik an der Bush-Administration und dem Irak-Krieg keine prinzipielle Ablehnung militärischer Interventionen der imperialistischen Supermacht USA steht. Schon während des Wahlkampfes hat er die Bombardierung der pakistanischen Grenzgebiete gefordert. In seinem Buch verallgemeinert er seine Herangehensweise zum militärischen Eingreifen durch US-Truppen: „Wir haben das Recht auf unilaterale Militäraktionen, um eine immanente Gefahr für unsere Sicherheit abzuwehren - so lang eine immanente Gefahr als Nation, Gruppe oder Individuum verstanden wird, welche aktiv einen Angriff auf U.S.-Ziele (oder Verbündete, mit welchen die USA Verteidigungsabkommen haben), vorbereitet oder die Mittel hat oder entwickelt, dies in unmittelbarer Zukunft zu tun.“ Mit diesem etwas verschraubten Satz sagt uns Obama nichts anderes, als dass er zum Beispiel einen Angriff auf den Iran durchaus als legitim betrachten würde.

Es ist klar, dass diese relativ offenen Aussagen nur einen kleinen Teil seines Buches darstellen. Den größeren Teil machen Bekenntnisse zu einem besseren Gesundheitssystem, zu besserer Arbeitslosenversicherung und zur stärkeren Einbeziehung der gewerkschaftlichen Interessen aus. Kurz: populistischer Wahlkampf auf über 300 Seiten. Barack Obama - ein Polit-Popstar, der aufgrund zerstörter Illusionen wahrscheinlich mit derselben Geschwindigkeit abstürzen wird, mit der er aufgestiegen ist. Fortschrittliche ArbeiterInnen und Linke tun jedenfalls gut daran, weder für die Wahl von Obama noch für McCain aufzurufen.

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Nr. 134, Nov. 2008
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