HaHo, Neue Internationale 134, November 2008

Das Kapital des Kapitals ist an den Finanzmärkten teilweise verpufft. Das „Kapital“ von Marx ist in den Buchläden vergriffen - obwohl es zwischen Kochbüchern und Esoterik schwer zu entdecken ist.

Offenbar suchen viele Leute eine Antwort auf die Krise nicht mehr bei den Herren Sinn und Rürup, sondern beim Genossen Marx.

Selbst der katholische Erzbischof Marx (mit Karl Marx weder verschwägert noch im Geiste verwandt)  hat das „Kapital“ ganz gut verstanden - und lehnt eben darum dessen revolutionäre Schlüsse ab.

Falls jemand noch das „Kapital“ sucht, sollte er bei der LINKEN nachfragen. Dort hat es jedes Mitglied - offenbar aber nicht verstanden.

Für Marx, den Trierer, war die Krise Anlass für Klassenkampf und ein Grund, den Kapitalismus zu stürzen. Für Lafontaine, Gysi u.a. Reformierer ist die Krise nun Anlass, das System zu retten. In diesem Sinn sind auch sie sehr katholisch.

Wir wissen nicht, ob die Spitzen-Genossen die Geschichte von Buridans Esel kennen. Darin verhungert das arme Grautier, weil es sich nicht entscheiden kann, von welchem der zwei gleichen Heuhaufen es fressen soll.

Da ist die LINKE anders. Sie hat sich entschieden - für beide Seiten. Im Bundestag stimmte sie gegen das „Rettungspaket“ der Regierung, im Bundesrat stimmte sie ihm zu. Lafontaine udn Co. finden das „Rettungspaket“ richtig und alternativlos. Ist das „Nein“ im Bundestag dann etwa nur die Entäußerung gespaltener Persönlichkeiten? Nein, das ist der goldene Mittelweg des Reformismus!

Im Unterschied zum Esel wird die Spitze der LINKEN nicht verhungern. Dafür hat sie genug lukrative Posten. Doch ihre Mittler-Position ist in Gefahr, denn sie steht nicht zwischen Heuhaufen, sondern zwischen Klassen, die sich bewegen. Und wir wissen ja: In der Zeit der höchsten Not bringt der Mittelweg den sichern Tod.

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