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Krise und Klassenkampf

Abwehrkampf organisieren!

Martin Suchanek, Neue Internationale 133, Oktober 2008

Ob US-Großbanken, die fast täglich zusammenbrechen, oder deutsche Kreditinstitute wie die IKB: das Lied ist immer dasselbe. Der ach so schwache Staat springt dem Großkapital zur Seite. Die Schulden werden verstaatlicht, die Zeche sollen die Lohnabhängigen zahlen. Entweder „direkt“ durch höhere Steuern oder „indirekt“ durch schlechtere Leistungen, Ausgabenkürzungen, Privatisierung und Inflation.

Einige Beispiele: Die nächsten Jahre werden die „Erfolge“ am Arbeitsmarkt vollends zu Makulatur machen. Viele Unternehmen - ob große Konzerne oder der viel gepriesene Mittelstand - planen Massenentlassungen. Diese werden durch eine Fusionswelle noch verstärkt werden.

Die Inflation wird weiter hoch bleiben, noch höher die Kosten für die Arbeiter- und Angestelltenhaushalte. Besonders dramatisch wird es Millionen Arbeitslose, v.a. Hartz IV-EmpfängerInnen, Alleinziehende, also v.a. Frauen und Kinder, MigrantInnen und Beschäftigte im Niedriglohnsektor treffen.

Zur Finanzierung diverser „Rettungsprogramme“ für hochverschuldete Banken wird der Staat in anderen Bereichten seine neoliberale Politik weiter vorantreiben - durch Privatisierungen öffentlicher Dienste, von Versorgungsunternehmen, Krankenhäusern, Schulen und Unis.

All das wird sich 2009 weiter verschärfen, weil dann die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise auf die Arbeiterklasse in Europa und Deutschland noch krasser wirksam werden.

Re-Regulierung?

In dieser Stunde ist die Parole der „Re-Regulierung“ oder „echten Regulierung“ die Parole selbst des bürgerlichen Establishments. Sogar Finanzminister Steinbrück, selbst ein neoliberaler Sanierer reinsten Wassers, findet, dass auf dem globalen Finanzmarkt „unverantwortlich“ vorgegangen worden sei - natürlich nicht von der deutschen, sondern nur von der US-Regierung; natürlich nicht von der EZB, sondern von der Fed.

Nachdem jetzt aber auch die Regierung die Staatsintervention fordert, fällt es Attac, DGB und der LINKEN schwer, sich von den - zugegebenermaßen verlogenen - Parolen aus dem Finanzministerium abzuheben. Auch sie rufen nun nach „echter Regulierung der Finanzmärkte“, nach einem „neuen Bretton Woods“ und der „Rettung des Sozialstaates“.

Eingriffe ins Privateigentum an den Produktionsmitteln, die Enteignung der großen Finanzkapitale wollen sie nicht, oder jedenfalls nicht offen fordern. Vielmehr orakelt die DGB-Spitze, dass mehr Gewerkschafter und Betriebsräte in den Aufsichträten manches Finanzdebakel vermieden hätten. Die „Sozialpartner“ aus den DGB-Gewerkschaften hätten als umsichtigere und längerfristig denkende Vertreter des „Unternehmenswohls“ entpuppt.

Vergessen wird dabei, dass es gerade die Klassenkollaboration der Gewerkschaften war, die „Sozialpartnerschaft“ mit dem Kapital, die den Widerstand gegen Agenda 2010 und andere Zumutungen von Regierung und Unternehmern geschwächt und allzu oft ins Leere hat Laufen lassen und gerade im Kampf gegen die Hartz-Gesetze und den Niedriglohnsektor zu schweren Niederlagen geführt hat.

Um die Abwälzung der Kosten der kommenden Krise auf die Lohnabhängigen zu verhindern, ist ein radikal anderer Kurs notwendig, ein Bruch mit der Politik der Klassenkallaboration, ein Bruch damit, sich selbst ständig als besserer Verwaltung des kapitalistischen Systems anzupreisen.

Statt sich in leeren Appellen um „mehr Regulierung“ zu ergehen, sind konkrete Forderungen notwendig, die die wichtigsten Probleme der gesamten Klasse aufgreifen:

Übernahme der gestiegenen Lebenshaltungskosten von Arbeitslosen, Rentnern usw. durch den Staat, finanziert aus der Besteuerung der großen Unternehmen und Vermögensbesitzer!

Für eine gleitende Skala der Löhne, also eine automatische Anpassung der Einkommen an die Preissteigerung - festgelegt durch Preiskontrollkomitees und Gewerkschaften.

Für ein Mindesteinkommen für alle Arbeitslosen und RentnerInnen von 1.500 Euro pro Monat! Für einen Mindestlohn von 12 Euro/Stunde!

Nein zu allen Entlassungen! Entschädigungslose Verstaatlichung aller Unternehmen, die Massenentlassungen planen, unter Arbeiterkontrolle!

Nein zur Privatisierung von öffentlichen Unternehmen! Entschädigungslose Wiederverstaatlichung aller privatisierten Gesellschaften!

Entschädigungslose Enteignung der Großbanken, Aktienfonds und der Börse unter Kontrolle der Beschäftigten!

Ein solches Programm kann natürlich nicht durch parlamentarische Reden, Lobbying oder symbolische Aktionen durchgesetzt werden. Um solche Maßnahmen zu erzwingen, ist eine klassenkämpferische Bewegung in den Betrieben, in allen gesellschaftlichen Bereichen notwendig. Dazu bedarf es Großdemonstrationen und eines politischen Massenstreiks.

Von den Gewerkschaftsführungen, der Linkspartei, ja selbst von lammfrommen SPD-Linken wie Ypsilanti muss gefordert werden, mit ihrer Placebo-Politik zu brechen und den Kampf für Forderungen wie die oben skizzierten aufzunehmen. Doch wir wissen auch, dass die reformistischen Führungen der Arbeiterbewegung freiwillig einen solchen Kurs nicht einschlagen werden.

Basisbewegung

Daher ist es nötig, dass sich all jene in den Gewerkschaften und Betrieben sammeln und zu einer oppositionellen Basisbewegung formieren, die ein solche Perspektive einschlagen wollen; dass sie die kommenden Tarifrunden wie z.B. in der Metall- und Elektroindustrie mit einem Kampf für eine solche Perspektive verbinden.

Die Diskussion, wie ein solcher Kampf organisiert werden soll, muss auch auf dem Kongress der Gewerkschaftslinken ins Zentrum gerückt werden.

Von dort sollte der Aufruf zu einer bundesweiten Aktionskonferenz ausgehen, die den Kampf gegen die Auswirkungen der Krise berät, konkrete Forderungen und einen Aktionsplan beschließt sowie an die internationale, besonders europaweite, Koordinierung dieser Kämpfe geht - wenn möglich mit den DGB-Führungen und der LINKEN, wenn nötig ohne sie!

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Nr. 133, Okt. 2008
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