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Die Linke

.. und ihre Wasserträger

Rex Rotmann, Neue Internationale 127, März 2008

Die Partei Lafontaines reiht Wahlerfolg an Wahlerfolg. Nach Hessen und Niedersachsen hat  sie nun auch in Hamburg den Sprung ins Landesparlament geschafft.

Die Wahlunterstützung für die LINKE (v.a. von ArbeiterInnen und Arbeitlosen) ist Ausdruck von Protest und tiefer Unzufriedenheit mit den bürgerlichen Parteien, v.a. mit der bürgerliche Arbeiterpartei SPD, und dem sozialen Abwärtstrend - aber zunehmend auch mit dem Kapitalismus. Doch selbst die nun auf die LINKE projizierten Erwartungen nach „mehr Gerechtigkeit“ stehen in scharfem Kontrast zur praktischen Politik der LINKEN dort, wo sie selbst mitregiert.

In Berlin zeigt sich seit Jahren, dass die LINKE nicht Protest und Widerstand gegen die neoliberalen Angriffe organisiert, sondern diese selbst mit umsetzt. Trotz aller linken Phrasen, ihrer Kritik an der Agenda und der SPD - in der Realität erweist sich ihre reformistische „Alternative“ zur SPD immer nur als bürgerliches Krisenmanagement und noch nicht einmal als „kleineres Übel“.

Sündenfall

Die DKP und andere reformistische Linke konnten bisher auf den Listen der LINKEN kandidieren und waren als Wahlhelfer gern gesehen - solange sie sich politisch der Politik der LINKEN angepasst und nichts gesagt oder getan haben, was die LINKE in die kommunistische „Schmuddelecke“ stellt und ihr Ansehen bei den als WählerInnen und v.a. potentiellen Koalitionspartnern verschlechtern könnte.

Dieser Fauxpas ist nun passiert. Die Sünderin heißt Christel Wegner. Sie ist DKP-Mitglied und wurde als Mitglied der Linksfraktion in den Niedersächsischen Landtag gewählt. Stein des Anstoßes war ihr TV-Statement: „Der Bau der Mauer war in jedem Fall eine Maßnahme, um sozusagen zu verhindern, dass weiterhin Westdeutsche in die DDR konnten. Einmal die Wirtschaft zu schädigen, indem sie billig eingekauft haben - das war ja so - auch um zu verhindern, dass irgendwelche Kräfte über die Grenze spazieren, die man da nicht haben wollte."

An dieser Äußerung Wegners fällt auf, dass sie den Hauptzweck der Mauer, den Exodus aus der DDR zu verhindern, „vergessen“ hat. Ihre Aussage bei „Panorama“, dass man beim Aufbau einer anderen Gesellschaftsordnung ein Organ zur Verteidigung der neuen Ordnung brauche, wurde in den Medien flugs dahingehend interpretiert, dass Wegner eine neue Stasi wolle.

Da Wegner es aber versäumte, sich von der Stasi als Repressions-Instrument der DDR-Bürokratie gegen die innere Opposition und zur politischen Beherrschung der eigenen Arbeiterklasse zu distanzieren, lieferte sie allen reaktionären Meinungsmachern ungewollt eine Steilvorlage.

Diese Positionen - so oder ähnlich auch von anderen DKPlern immer wieder vertreten - zeigen eine erstaunliche Unkenntnis der Verhältnisse in der DDR und die komplette Unfähigkeit, eine marxistische Analyse und Kritik an der DDR und der SED-Politik zu liefern.

Dahinter steckt eine politische Methode, die zwar auf eine gewisse Distanz zum Stalinismus geht, aber zugleich an wesentlichen methodischen Positionen des Stalinismus festhält. Das kommt u.a. in einem Statement der DKP Hamburg zum Ausdruck. Dort heißt es: „Wenn die Mehrheit (…) will, kann das Großkapital in Gemeineigentum überführt werden. Das Grundgesetz eröffnet dafür in den Artikeln 14 und 15 die Möglichkeit.“

Was aber, wenn das nicht im Grundgesetz stehen würde? Dieser reformistische „Antikapitalismus im Rahmen des Grundgesetztes“ ist ein Hohn auf jeden Marxismus. Auch die Enteignung des Großkapitals und nicht etwa der gesamten Bourgeoisie (immerhin ist das Gros der Unternehmen in Deutschland „mittelständig“) ist nur die alte DKP-Position der „antimonopolistischen Demokratie“, die darauf zielt, ein Bündnis zwischen Arbeiterklasse und Teilen der Bourgeoisie zu zimmern - also nichts anderes als Stalins Volksfrontpolitik.

Skandal mit Methode

Doch weder die altbackene und theoretisch trostlose Selbstdarstellung der DKP ist eigentlich der Rede wert, noch die Tatsache, dass die bürgerlichen Medien eine Hetzkampagne starten. Wenig verwunderlich, aber umso bezeichnender ist allerdings auch, wie die Führung der LINKEN darauf reagiert.

Wie auf Knopfdruck drosch sie auf Wegner ein - ohne die den Inhalt teilweise entstellenden Positionen der bürgerlichen Medien zu hinterfragen, ohne eine politische Diskussion über Wegners Positionen zu führen. Das ist umso bezeichnender, als die Wahlkampfstrategen der LINKEN natürlich vorher wussten, was die DKP so vertritt.

Es ging einzig und allein darum, jeden Anschein eines positiven Bezugs auf die DDR, jeden Geruch von Antikapitalismus, jeden sozialistischen Anschein weit von sich zu weisen.

Der Grund für diesen Kurs ist leicht auszumachen. So verwies der LINKEN-Wahlchef Ramelow darauf, dass zunehmend Teile der Mittelschichten und des unteren Kleinbürgertums die LINKE wählen, Lafontaine will die LINKE zur „Volkspartei“ machen. Sein Programm ist jenes der SPD, das er im Wahlkampf Schröders vertrat und das von diesem „verraten“ wurde. Selbst Spurenelemente von Antikapitalismus sind darin nicht enthalten.

Diese Konzeption einer alternativen, „klügeren“ Verwaltung des Kapitalismus ist natürlich nicht damit vereinbar, antikapitalistische, klassenkämpferische Positionen zu vertreten oder gar ernsthaft vom Sozialimus zu reden oder dafür gar praktisch etwas zu tun. Das ist umso unmöglicher, wenn man - auch auf Bundesebene - mitregieren will. Und das will die LINKE!

Das Agieren der LINKEN zeigt überdeutlich, dass sie ihren Kurs der Anpassung an das System und dessen Spieleregeln weiterverfolgt. Dafür ist sie, d.h. ihr Apparat, bereit und in der Lage, mit linken KritikerInnen bei Bedarf kurzen Prozess zu machen. Auch LINKEN-Funktionäre wie Dieter Dehm, die sich bisweilen etwas offener nach links geben, knicken dann regelmäßig ein.

Diese Situation straft jene Linken wie die SAV oder marx21 (ex-Linksruck) Lügen, die davon fabulieren, dass der Charakter der LINKEN noch offen sei und daraus ableiten, dass der Aufbau einer antikapitalistischen Kraft in Deutschland wesentlich über und mit der LINKEN vorangebracht werden könne.

Die Affäre Wegner zeigt deutlich, dass die Führung der LINKEN ihre DKP- und sonstigen linken Wasserträger einfach vor die Tür setzt.

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Nr. 127, März 2008
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*  Streiks im Einzelhandel
*  8. März: Frauenbefreiung und Revolution
*  EU-Reformvertrag: Imperiale Verfassung durch die Hintertür
*  Die Linke: ... und ihre Wasserträger
*  Weltwirtschaft: Bankendämmerung
*  Kosovo/Kosova: Nein zum EU-Protektorat!
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*  Heile Welt
*  Naher und Mittlerer Osten: Gegen imperialistischen Krieg und Besatzung!