HaHo, Neue Internationale 106, Dezember 2005/Januar 2006

Endlich Zapfenstreich für Schröder! Viele wollten dem SPD-Kanzler ja schon lange den Marsch blasen und einen Stiefeltritt zukommen zu lassen.

Im Schein der Pechfackeln gingen Gerhards Aura und Schröders Ära in Rauch auf, während Bundeswehrblech für genug Schall sorgte. Des Bundes Friedenspfeifen intonierten „My Way“, was den Kanzler zu Tränen rührte. Auch dem Volk treibt es das Wasser in die Augen, wenn es an Gerhards Weg als Kanzler und den eigenen zum Sozialamt denkt. Wir sollten jede Beendigung eines Arbeitsverhältnisses mit einem Zapfenstreich würdigen, z.B. die Entlassung von tausend Arbeitern oder die Kündigung eines Angestellten in Berlin, weil dieser zu Hause geraucht hat, was ihm sein Chef verboten hatte.

Wir leben eben in einer gesundheitsbewussten Gesellschaft, weshalb jetzt auch an der Berliner Charite Zapfenstreich ist: Erst werden Millionen gestrichen, dann ist zappenduster. Aber die Ärzte lernen was: nicht nur Gliedmaßen, auch Arbeitsplätze können amputiert werden. Vom Eingesparten wird dann für lumpige 1,2 Mill. Wirtschaftsberater Roland Ernst engagiert. Der saniert alles: Wurstbuden, Stahlwerke, Kinoketten, Baumärkte, Kliniken und sein Konto.

Der Zapfenstreich ist der Gipfel deutscher Leitkultur! Stirbt ein germanischer Landser bei der Vaterlandsverteidigung mitten in seiner Heimat am Hindukusch, wird seiner mit Blasmusik gedacht. Das ist angemessen, weil Tote besonders viel Verständnis für das Gedudel der Staatspfeifer haben. Ausscheiden tut weh, Gerhard! Deine Kumpels sind alle noch in Amt und würden dich gern weiter an ihrer Seite sehen: Putin, der nette Kaukasuskrieger; Chirac, der seinen Nordafrikanern hübsche und stabile Beton-Gettos spendiert; Tony Blair, der durch die Bahn-Privatisierung vielen Briten zu einem plötzlichen Abenteuerurlaub verhilft.

Welch schöner Zapfenstreich als Nachspiel auf Rot/Grün, denkt Maggie Merkel - und haut umso kräftiger auf die Trommel, um uns neue Reformen einzupauken!

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