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Regionalwahlen in Andalusien

PSOE gewinnt knapp - stoppt PODEMOS populistischer Höhenflug?

Christian Gebhardt, Infomail 811, 5. April 2015

Spanien steht vor einem Superwahljahr. Im Mai stehen Kommunalwahlen an. Gleichzeitig werden in den kommenden Monaten mehrere Regionalregierungen  gewählt. Andalusien, das am 22. März sein Regionalparlament gewählt hat, steht am Anfang einer langen Reihe kommender Wahlen und politischer Auseinandersetzungen in Spanien. Das Superwahljahr wird dann im Herbst mit den Wahlen zur nationalen Regierung ein Ende finden. Die Wahl in Andalusien - der bevölkerungsreichsten Region Spaniens - kann somit im von der EU-Krise stark betroffenen Land als Stimmungstest für die politische Stimmung Spaniens gewertet werden.

Hierbei steht eine Partei, v.a. nach dem Wahlsieg von SYRIZA in Griechland, für die europäische Linke im Rampenlicht: PODEMOS. Mit Spannung wurde daher das Abschneiden dieser Partei bei der Regionalwahl in Andalusien erwartet. Stand PODEMOS doch in einigen der letzten landesweiten Umfragen mit 27% in der Gunst der WählerInnen an erster Stelle. Dieses historisch hohe Ergebnis in der noch jungen Geschichte von PODEMOS konnte jedoch in Andalusien nicht erreicht werden. Die Wahl gewann wie erwartet die Partido Socialista Obrero Español (PSOE) mit 47 der insgesamt 109 Sitze (35,4%). Jedoch musste die bisherige Regierungspartei Andalusiens klare Verluste verzeichnen und erzielte das schlechteste Ergebnis in ihrer Hochburg seit dem Ende der Franco-Ära. Die landesweite Regierungspartei Partido Popular (PP) erlitt jedoch eine noch deftigere Niederlage und wurde von den WählerInnen für ihre Sparpolitik abgestraft. Sie erhielt 33 Sitzen (26,8%) und büßte rund ein Drittel ihrer Sitze ein.

PODEMOS konnte im Gegenzug das erste Mal in seiner Geschichte erfolgreich in ein spanisches Regionalparlament einziehen. Jedoch erhielt sie als drittstärkste Kraft nur 15 Sitze (14,8%) - ein starker Kontrast zu ihren allgemeinen Umfragewerten. Hier muss erwähnt werden, dass PODEMOS stark damit zu kämpfen hatte, sich gegen eine neue populistische Mitte/Rechts-Partei mit dem Namen Ciudadanos zu behaupten. Sie erhielt aus dem Stand 9 Sitze (9,3%). Addiert man die Ergebnisse von PODEMOS und Ciudadanos, erhält man 25% und somit die oben genannten Umfragewerte.

Warum konnte PODEMOS ihr Umfragehoch nicht halten?

Ciudadanos, eine populistische, in Katalonien gegen die Abspaltungsbestrebungen gegründete Partei, erlebt einen ähnlichen Aufschwung wie PODEMOS in den letzten Monaten. Dies verweist einerseits darauf, dass sich das langjährige Zweiparteiensystem in Spanien überlebt hat. Andererseits zeigt es aber auch deutlich auf, dass PODEMOS mit seiner populistischen Herangehensweise an seine Politik schnell unter Zugzwang von rechts kommen kann. Wir haben in einem längeren theoretischen Artikel unsere Charakterisierung von PODEMOS als eine populistische Partei dargestellt (siehe http://www.arbeitermacht.de/infomail/791/podemos.htm).

Dort haben wir betont, dass sich die PODEMOS-Führung rund um Iglesias stark am Chavinismus und dessen Populismus orientiert. Dies äußert sich v.a. in der Fokusierung auf eine Führungspersönlichkeit und dessen Legitimierung durch Massenabstimmungen. Anstatt einer demokratisch-zentralistischen Organisationsstruktur mit klarer Orientierung auf die ArbeiterInnenklasse und einer klassenunabhänigen Organisierung, werden so politische Probleme erzeugt, was sich nun praktisch daran zeigt, dass dieses Konzept sehr leicht von einer anderen Partei übernommen werden kann. Dies führt schlussendlich zu einer starken Konkurrenz, welcher PODEMOS nicht mit einer klaren klassenunabhängigen Politik entgegentreten kann. Die strategische Ausrichtung wird hier praktisch als ein Schuss ins eigene Bein offenbar.

Hier müssen jedoch die antikapitalistischen sowie trotzkistischen Kräfte innerhalb und außerhalb von PODEMOS in die Pflicht genommen werden, den Kampf gegen die PODEMOS-Führung aufzunehmen. Die Izquierda Anticapitalista (IA - spanische Sektion des Vereinigten Sekretariats/4. Internationale) spielte hierbei jedoch eine unwürdige Rolle. Sie löste sich - ohne einen offenen Kampf gegen die Iglesias-Führung und dessen strategische und taktische Ausrichtung zu führen - einfach in PODEMOS auf.

Mit Hinblick auf das Superwahljahr stellt sich dies nun als ein großer Fehler dar. Der Wahlausgang in Andalusien könnte von einer revolutioäären Plattform innerhalb von PODEMOS als Ausgangspunkt verwendet werden, diesen kritisch aufzuarbeiten und praktisch den Basismitgliedern in PODEMOS die Schwächen des Iglesias-Populismus und dessen Programms aufzeigen. Es könnte genutzt werden, um für ein revolutionäres Aktionsprogramm einzutreten und MitstreiterInnen für antikapitalistisch-revolutionäre Politik zu gewinnen. Aber nicht nur das spanische Superwahljahr kann eine solche Opposition verwenden, um aktiv den Aufbau einer revolutionären ArbeiterInnenpartei voranzutreiben. Auch der Wahlerfolg von SYRIZA und ihrer schnellen Kapitulation im Kampf gegen die EU-Diktate wäre ein wichtiges internationales Ereignis, anhand dessen der spanischen ArbeiterInnenklasse gezeigt werden könnte, dass der Kampf gegen die Krise nur durch den Aufbau einer revolutionären ArbeiterInnenpartei auf internationalem Niveau erreicht werden kann. Der neo-reformistische Populismus einer Iglesias- oder Tsipras-Führung bietet hierfür keine Lösung.

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Nr. 198, April 2015
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