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Palästina

Ein Volk wird massakriert - und deutsche „Linke“ verweigern die Solidarität

Martin Suchanek, Infomail 766, 4. August 2014

Rund 1.800 Palästinenserinnen und Palästinenser wurden seit Beginn des israelischen Angriffs auf Gaza ermordet, über Zehntausend schwer verletzt. Täglich sind sie dem Bombenterror der israelischen Luftwaffe und den Angriffen der Armee ausgesetzt. Gaza ist praktisch - auch schon zuvor, während der „Friedenszeiten“ - von der Außenwelt abgeschnitten.

Eigentlich sollte allein das DemokratInnen und Linke - von SozialistInnen und KommunistInnen ganz zu schweigen - auf die Straße treiben und dazu bringen, sich an den Protestdemonstrationen der PalästinenserInnen zu beteiligen. Doch Fehlanzeige! Überraschend kommt diese Gleichgültigkeit zwar nicht angesichts der geringen Unterstützung für die Proteste, die es auch schon gegen die früheren Massaker Israels gab; heute aber erreicht das Ausmaß der Verweigerung jeder Solidarität einen neuen  Höhepunkt.

Kapitulation

Der größte Teil der deutschen Linken kapituliert vor den gut orchestrierten Propagandalügen der Medien. Ein Teil stand ja ohnedies schon im Lager der imperialistischen Aggression und der Verteidigung Israels.

Auch die Spitze und der größte Teil des Apparats der Linkspartei nutzen die aktuelle Lage dazu, in der Partei gegen jede Gliederung und jedes Mitglied, das Antizionismus nicht mit Antisemitismus gleichsetzen will, zu diffamieren und mundtot zu machen. Einen ersten Höhepunkt erreichte die Hetze nach der Anti-Kriegsdemonstration in Essen, als Parteichefin Kipping, Fraktionschef Gysi und Bundesgeschäftsführer Höhn Solid-Ruhr als Antisemiten denunzierten. Immerhin haben sich die LINKE-NRW und deren ParlamentierInnen vor solid gestellt. Aber es ist vollkommen klar, wohin sich DIE LINKE bewegt.

Während sich selbst pazifistische GegnerInnen der israelischen Angriffe rechtfertigen müssen, tummelt sich die Parteirechte auf Demonstrationen, die die Massaker Israels als „Notwehr“ verteidigen. Während mit erhobenem Zeigefinger vor „problematischen“ Koalitionen mit „islamistischen DemonstrantInnen“ gewarnt wird, ruft die Berliner Linkspartei zu gemeinsamen Demonstrationen mit der CDU gegen die Demo zum Al Quds-Tag auf!

Hier wird von der Führung offenkundig der ganz große „Politikwechsel“ probiert. Diese Teile der Linken - ob nun in oder außerhalb der Linkspartei - stellen sich damit ohne Wenn und Aber auf die Seite des deutschen Imperialismus. Vom rechten Flügel der Linkspartei, aber auch vom eigentlichen Parteiführer Gysi wussten wir das ohnehin schon immer. Aber auch große Teile der „radikalen“ Linken, die zum Teil von den anti-deutschen Ideologien, v.a. aber von der vorherrschenden, verlogenen bürgerlich-liberalen Ideologie der BRD beeinflusst sind, stehen im Krieg eines Unterdrückerstaates auf Seiten der Unterdrücker-„Demokratie“.

Nur eine kleine, im Grunde verschwindende Minderheit bezieht Seite für das palästinensische Volk im Kampf um seine Befreiung, solidarisiert sich mit den Unterdrückten und ihrem berechtigten Widerstand.

Solidaritätsverweigerung

Neben der offen sozial-chauvinistischen Fraktion der deutschen „Linken“ (Spitze der Linkspartei, Parteigänger der Anti-Deutschen usw.) hat sich ein zweiter, großer Flügel der deutschen Linken etabliert, der sich zwar gegen den Angriff Israels ausspricht und die Doktrin der „bedingungslosen Solidarität mit Israel“ ablehnt - andererseits aber auch eine Solidarisierung mit dem palästinensischen Widerstand verweigert.

Diese, ihrem Selbstverständnis nach oft „radikalen“ Linken, v.a. aus dem autonomen und antifaschistischen Spektrum verweisen gern auf die „ideologischen Gemeinsamkeiten“ von Zionismus und islamischem Fundamentalismus, von Hamas und Israel. Sie optieren für eine „Mittelposition“, als ob es bei der Einschätzung des Kampfes gegen die Unterdrückung der PalästinenserInnen vorrangig um eine Frage des richtigen Denkens, der richtigen Ideologie ginge. Politisch führt das dazu, auf eine weitere „Friedenslösung“ zu setzen, darauf, dass alle Seiten doch ihre Waffen ruhen lassen mögen - eine Forderung, die in gleicher Weise an die Unterdrücker wie die Unterdrückten gerichtet wird. Hier schwimmen diese Linke im Fahrwasser des pazifistischen Flügels der Linkspartei und der „Friedensbewegung“ - oft noch dazu schwammiger und rechter als diese.

Praktisch führt diese Position v.a. bei den sog. „extremen Linken“ (weniger bei den ReformistInnen und PazifistInnen) dazu, sich einer aktiven Solidarisierung und der Teilnahme an den Massendemonstrationen in Solidarität mit den PalästinenserInnen zu verweigern. Aus unterschiedlichen fadenscheinigen Gründen wird die Teilnahme an diesen Demos abgelehnt - einmal seien die Slogans oder die TeilnehmerInnen zu reaktionär, ein andermal würden die falschen (z.B. die AKP) dazu aufrufen.

Die Lügen, dass die Soli-Demos „anti-semitisch“ seien, werden munter nachgeplappert. Allenfalls gibt sich dieser Teil der Linken „verunsichert“ und bleibt zuhause, um sein gutes deutsches Gewissen nicht zu belasten. So werden Nichtstun und sektiererisches Abseitsstehen noch zur politischen Tat verklärt.

Statt gegen die Propagandalügen vorzugehen und Solidarität mit den PalästinenserInnen zu zeigen, ergeht sich dieser Teil der „radikalen Linken“ in der Ausbreitung der eigenen Befindlichkeiten. Der „Konflikt“, wie der Krieg verharmlosend genannt wird, radikalisiert nicht nur in Israel/Palästina beide Seiten. Fast noch schlimmer erscheint es, dass das Klima in der deutschen Linken rauer wird, dass sich die verschiedenen Seiten bekämpfen. „Verbale Abrüstung“ wird eingefordert.

Warum eigentlich? Der Krieg - wie viele andere Kämpfe um eine Neuaufteilung der Welt - zeigt v.a., dass die „Einheit der Linken“ eine Einbildung ist und nur als linke Szenephantasie existiert.

Mit den Anti-Deutschen, pro-imperialistischen und pro-zionistischen Kräften teilen wir schlichtweg NICHTS. Allenfalls haben diese jedoch den „Vermittlern“ das Wissen voraus, dass sich die Differenzen um Palästina nicht durch „verbale Abrüstung“ beseitigen lassen - so wie sich auch die Befreiung der PalästinenserInnen nur durch die Beseitigung der Ursachen ihrer Unterdrückung überwinden lässt und nicht durch diplomatische Manöver.

Die utopische und letztlich gegen den Befreiungskampf gerichtete Position der „Vermittler“ in der deutschen Linken versucht aber genau das. Nicht die eigentlichen Ursachen des Krieges werden ins Zentrum gerückt, sondern die „Einheit“ der Linken. Das ist das Einfallstor von Passivität und Distanzierung zu den PalästinenserInnen. Vor allem ist es aber auch das Einfallstor zur Anpassung an die imperialistische Staatsräson, der die „radikale“ Linke weit näher steht, als ihr lieb sein sollte.

Propagandalügen

Die israelische Regierung, ihre diplomatischen VertreterInnen und die Kriegspropaganda stellen es gern so dar, als wäre der Angriff auf Gaza ein weiterer „Akt der Selbstverteidigung“, der überdies durch den Mord an drei Talmud-Schülern moralisch gerechtfertigt wäre. Die deutsche Regierung und die hiesigen Medien wiederholen das gebetsmühlenartig. Die „Solidarität mit Israel“ wird von Steinmeier, Gauck und Merkel beschworen, also ob jemand ernsthaft geglaubt hätte, dass die Bundesregierung von dieser außenpolitischen Doktrin Nachkriegsdeutschlands und der Staatsraison abrücken würde.

In den letzten Tagen kam noch die Lüge hinzu, dass die Solidaritätsdemonstrationen in Deutschland durchweg anti-semitisch wären. Der Verweis des deutschen politischen und medialen Establishments, dass „Kritik an Israel“ legitim wäre, dient nur dazu, den Vorwurf zu untermauern, dass die Solidaritätsdemos mit Gaza außerhalb dieses Rahmens stehen würden.

Diese Propagandalügen, die letztlich nur der Rechtfertigung oder Relativierung der Kritik an der israelischen Kriegs- und Besatzungspolitik dienen, haben die ohnedies schon vorhandene Tendenz gesteigert, dass die Solidaritätsdemonstrationen mit der Bevölkerung in Gaza oder mit dem palästinensischen Widerstand von deutschen „Linken“ gemieden werden.

Dabei sind die Vorwürfe schlichtweg falsch. Die meisten von hunderten Demonstrationen für Gaza, gegen die Bombardements usw. trugen einen „zivilgesellschaftlichen“ Charakter, oft waren ihre Forderungen rein demokratisch und sogar pazifistisch. Zumeist waren und werden sie von Palästinensischen Gemeinden und Arabischen Vereinen organisiert. In der Regel sind nur palästinensische Nationalfahnen „erlaubt“, auch die Losungen werden von den OrganisatorInnen so festgelegt, um jeden Vorwurf des Antisemitismus zu entkräften.

Natürlich gibt es unter den DemonstrantInnen auch viele IslamistInnen - wahrscheinlich mehr als früher. Es gibt sicher auch Antisemiten und ultrareaktionäre Gruppen, die rechts von der Hamas stehen. Aber diese prägen die Demonstrationen keinesfalls, ja treten zumeist nicht in Erscheinung. In der Regel schreiten die OrdnerInnen gegen Antisemitismus ein, was sogar die bürgerlichen Medien bestätigen. Selbst die Bullen, sicher keine Freunde Palästinas, bestätigen, dass es die große antisemitische Hetze nicht gibt. Plakate werden vielerorts von der Polizei vorkontrolliert. Ebenso ist das Gerede von der Infiltration durch deutsche Neo-Nazis einfach Quatsch.

Die Methode besteht darin, einzelne Vorkommnisse bei Demonstrationen mit tausenden TeilnehmerInnen herauszupicken. Doch selbst die entschiedensten Parteigänger Israels werden dabei nur selten fündig.

Jede antisemitische Aussage, jede antisemitische Drohung muss zweifellos kritisiert und gegen diese eingegriffen werden. Die Wahrheit ist jedoch, dass das die OrganisatorInnen der Soli-Demos in der Regel schon selbst tun. Die Forderung, dass sie jederzeit jeden einzelnen Menschen kontrollieren und jederzeit sofort einschreiten könnten, ist gegenüber solchen Massenaktionen jedoch eine unrealistische Forderung - und dient nur einem Zweck: die OrganisatorInnen und die Masse der TeilnehmerInnen politisch zu diskreditieren.

Jeder Palästinenser, jede Palästinenserin gilt als fast schon „natürliche/r“ AntisemitIn. Wer gegen zionistische Besatzung und Bombardements demonstriert, wird einem staatlich und medial verbreiteten Gesinnungsvorbehalt ausgesetzt. „ExpertInnen“ werden dann bemüht, die erklären, dass Jugendliche aus „bildungsfernen Verhältnissen“ wenig über Geschichte wüssten und „unaufgeklärt“ seien. Und die „radikale“ Linke plappert diese ihrem Wesen nach rassistische Hetze vielfach nach.

Gleichzeitig werden Provokationen zionistischer und imperialistischer Kriegstreiber am Rande dieser Demos, an denen neben diversen Anti-Deutschen auch Kräfte aus der Linkspartei beteiligt sind, verharmlost. Diese Aktionen haben mit dem Kampf gegen den Antisemitismus nichts zu tun. Dieser wird hier vielmehr für die Rechtfertigung der rassistischen Politik Israel und deren Selbstinszenierung instrumentalisiert.

Kriegsursachen werden verschleiert

Wer sich in den Kanon der reaktionären Hetze hierzulande eingliedert, der gibt sich natürlich auch bei den Kriegsursachen „verwirrt“. Es ist vollkommen klar, dass die Masse der Bevölkerung in Deutschland, die sich wenig mit Palästina beschäftigt, angesichts der medialen Desinformation auch desinformiert ist. Doch auch Linke, die es seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten besser wissen müssten, geben sich „hin und her“ gerissen.

Die offizielle, bundesdeutsche Regierungsposition lässt immerhin an Klarheit nichts zu wünschen übrig. Wir hätten es mit der „Selbstverteidigung“ Israels zu tun. Allenfalls möge diese „verhältnismäßig“ ausfallen. Was verhältnismäßig ist, entscheidet natürlich die Regierung Netanjahu - womit sich selbst dieser „kritische“ Vorbehalt als reine Heuchelei erweist.

Was für den Waffengang gilt, gilt auch für die ständige Fortsetzung der Besatzungspolitik der israelischen Regierung. Seit Beginn des „Friedensprozesses“ ist das Land, das den PalästinenserInnen im Falle eines eigenen Staates noch übrig bliebe, auf nur noch 22% Palästinas geschrumpft. Israel kontrolliert nicht nur Gaza, es kontrolliert auch die Westbank auf politischer und wirtschaftlicher Ebene.

Die deutsche Rüstungsindustrie und der Außenhandel machen gute Geschäfte mit Israel, die Bundeswehr kooperiert eng mit den IDF (Israeli Defence Forces). Das hindert natürlich weder die israelische Regierung, deren Botschafter oder zionistische Organisationen so zu tun, als wäre das Bündnis des deutschen Imperialismus mit Israel permanent unsicher, als stände Israel immer vor der Gefahr, im Stich gelassen zu werden. Die deutschen Imperialisten ihrerseits können so ihren Geschäftsinteressen und geo-strategischen Zielen höhere moralische Weihen verleihen, die aus der deutschen Kriegsschuld erwachsen würden. So dient ein Verbrechen zur Rechtfertigung des nächsten und der deutsche Staat kommt dabei auch noch moralisch gut weg.

Hamas als Auslöser des Krieges?

Die israelische Regierung tut so, als würde sie den Krieg gegen Gaza führen, weil Hamas jüdische Jugendliche ermorden ließ und Israel mit Raketen angriff. Doch das stimmt nicht einmal vordergründig. Die zweifellos zu verurteilende Ermordung der Talmud-Schüler ging mit Sicherheit nicht auf das Konto der Hamas, wie auch bürgerliche Zeitungen mittlerweile schreiben. Deren Führung hat die Aktion zudem von Beginn an selbst verurteilt. All das war bekannt. Trotzdem behauptet die israelische Regierung weiter, dass Hamas dafür verantwortlich sei.

Es war auch sehr früh bekannt, wer die drei jungen Männer entführt und getötet hatte. Trotzdem wurde die Westbank von den Israelischen „Sicherheitskräften“ mit einer riesigen Razzia überzogen und hunderte PalästinenserInnen, darunter ein großer Teil der führenden Hamas-Leute in der Westbank festgenommen. Das offenkundige Ziel dieser Aktion war eine weitere Schwächung der Hamas und v.a. eine Unterminierung der Einheitsregierung zwischen Hamas und Fatah. Die Raketenangriffe waren eine Antwort auf diese Aggression - die ihrerseits mit einem brutalen Krieg beantwortet wurde.

Nichtsdestotrotz tischen nicht nur die etablierten Medien, sondern auch große Teile der Linken weiter die Lüge auf, dass Hamas den Krieg ausgelöst hätte.

In Wirklichkeit hat sich Israel für den aktuellen Angriff entschieden, weil Fatah und Hamas eine Einheitsregierung gebildet haben, die, nebenbei bemerkt, sogar durchaus bereit wäre, über eine „Zweistaatenlösung“ zu verhandeln. Die israelische Regierung hatte hingegen eine solche Einheitsregierung von Beginn an abgelehnt und zum Vorwand genommen, den „Friedensprozess“ wieder einmal auf die lange Bank zu schieben.

Hier unterschied sich die Position der zionistischen Regierung jedoch ein Stück weit von jener der imperialistischen Schutzmächte Israels. USA und EU wollen den Nahen Osten, der im Zuge ihrer „Neuordnung“ und der Arabischen Revolutionen weiter destabilisiert wurde, ein Stück weit wieder befrieden. Dazu ist eine „Friedenslösung“ für Palästina  nützlich, bei der die PalästinserInnen mit einem nicht überlebensfähigen „eigenen“ Pseudo-Staat unter Kontrolle Israels und der westlichen Imperialisten abgespeist werden. Selbst das läuft jedoch den Interessen des dominierenden politischen Blocks in Israel entgegen, weil es ein Ende der Expansion der Siedlungspolitik, einen Kompromiss zu Jerusalem und damit ein Abschwächung der permanenten inneren rassistischen Mobilmachung bedeuten würde.

Das zionistische System erfordert jedoch eine Permanenz seiner Expansion oder jedenfalls der inneren Mobilisierung gegen den äußeren Feind, um so die inneren sozialen Gegensätze zu übertünchen. Immerhin gab es 2012 in Israel riesige soziale Proteste.

Die Siedlungspolitik und den Landraub weiter voranzutreiben ist also kein Zufall, sondern liegt auch in der Logik der Expansion und Sicherung eines zionistischen Siedlerstaates auf rassistischer Grundlage.

All das zeigt, dass wir es nicht mit einem „Konflikt“ von Gleichen, sondern mit einem Krieg eines Unterdrückers, Israels, gegen die Unterdrückten, die PalästinenserInnen, zu tun haben.

Die tieferen Ursachen auch des Krieges Israels von 2014 liegen in der Vertreibung der PalästinenserInnen und der Errichtung des Staates Israel. Nach 1948 wurde er zu einem Vorposten der USA im arabischen Raum und zu einem Mittel der Durchsetzung ihrer Vorherrschaft. Bis heute ist der israelische Staat ökonomisch vom Imperialismus abhängig - und damit auch unweigerlich in einem Gegensatz zu allen anti-imperialistischen Bestrebungen in der Region.

Von Beginn an war der israelische zionistische Staat auf einer rassistischen Grundlage, der Vertreibung der PalästinenserInnen, aufgebaut. Er kann auch nur durch die Verweigerung elementarer demokratischer Rechte der Vertriebenen aufrecht erhalten werden - also des Rechts auf Rückkehr, Entschädigung und volle und gleiche Staatsbürgerrechte.

Das ist auch der Grund, warum eine friedliche und demokratische Lösung mit der rassistischen Staatsgrundlage Israels unvereinbar ist, warum sich jede zionistische Regierung immer geweigert hat, demokratische Rechte der PalästinenserInnen überhaupt nur in Erwägung zu ziehen. Daher treten RevolutionärInnen auch für die Zerschlagung dieses Staates und für einen multi-nationalen, säkularen Arbeiterstaat Palästina ein, der auf der vollständigen Gleichberechtigung aller EinwohnerInnen, unabhängig von Religion oder Nationalität beruht.

Und daher solidarisieren sich RevolutionärInnen mit dem palästinensischen Volk. Wir verteidigen das Recht der Unterdrückten, sich gegen die Besatzung und gegen die Aggression des Zionismus und Imperialismus zu wehren. Unsere Solidarität machen wir dabei nicht davon abhängig, ob wir mit den vorherrschenden politischen Kräften, Ideologien oder dem Bewusstsein der Unterdrückten übereinstimmen.

Solidarität nur mit den „emanzipatorischen“ Kräften?

Die Kriegslügen, die Rechtfertigung der Politik Israels macht natürlich für die Zionisten und für den deutschen Imperialismus Sinn. Das trifft auf ihre Parteigänger aus dem „anti-deutschen“ Lager und aus dem offenkundig immer größer werdenden „Regierungsflügel“ der Linkspartei zu. Für letztere sind die „Solidarität mit Israel“, die Anerkennung des „Existenzrechts“ des zionistischen Staates Mittel, der deutschen Bourgeoisie ihre Staatstreue und Unterstützung ihrer außenpolitischen Doktrin zu versichern - und zugleich ein Mittel, die „Linken“ in der Linkspartei weiter zurückzudrängen.

Der andere, eher pro-palästinensische Teil der deutschen Linken knickt vor diesem Druck weitgehend ein. Zwar will er ein Ende des Bombardements von Gaza und eine Besserung der humanitären Situation - von eine offenen Solidarisierung mit dem Widerstand will er aber nichts wissen. Dieser Flügel der „radikalen Linken“ hat nämlich „Bauchschmerzen“ mit der Solidarisierung mit dem Widerstand. Am liebsten solidarisiert er sich nur mit den „emanzipatorischen Linken“ in beiden Lagern.

Doch wer ist das in einem Krieg? Doch nur jene, die sich selbst auf die Seite der Unterdrückten stellen. In Israel können nur diese Kräfte als „emanzipatorisch“ betrachtet werden, nur diese verdienen unsere Solidarität, alle anderen sind letztlich Unterstützer ihrer „eigenen“ Regierung und deren Aggression. Sie sind Vaterlandsverteidiger, Sozialpatrioten in einem von Seiten Israels durch und durch reaktionären Krieg - nichts anderes. Wir treten daher für die Solidarität mit den anti-zionistischen, anti-imperialistischen Kräften, mit jenen, die sich aktiv gegen den Krieg „ihres“ Landes stellen, ein.

Mit den „emanzipatorischen Linken“ unter den PalästinenserInnen sind wir gern solidarisch. Alle ihre Kräfte stehen auf Seiten ihres Volkes, unterstützen den legitimen Kampf gegen die Besatzer, viele führen ihn auch bewaffnet. Sie verdienen zweifellos unsere Solidarität. Anders als deutsche Linke, die v.a. die politische Etikette des demokratischen Imperialismus zur Richtschnur ihre Position machen, wollen die „emanzipatorischen“ palästinensischen Linken Solidarität nicht nur für sich und die Bevölkerung. Sie wollen sie v.a. für den Widerstand. Für sie stehen der Befreiungskampf und die Beseitigung der Ursachen der Unterdrückung im Zentrum ihrer Aktivität - nicht ein diffuser „Frieden“, der nur eine von Gnaden des Unterdrückers sein kann. Ein Waffenstillstand oder eine Feuerpause sind für sie nur taktische Fragen, Momente, deren Sinn oder Berechtigung sich aus der Einschätzung der weiteren Entwicklung des Kampfes gegen den Zionismus ergeben.

Mit der Weigerung, offen den Widerstand gegen die Besatzung zu unterstützen, fällt die deutsche Linke der „emanzipatorischen Linken“ Palästinas in den Rücken. Internationalismus sieht anders aus.

Unterstützt den Widerstand!

Wir unterstützen den Widerstand des palästinensischen Volkes gegen die Unterdrückung durch Israel und seine imperialistischen Verbündeten wie USA, Deutschland, EU. Ob nun in der Westbank, in Gaza oder in Israel selbst - die PalästinenserInnen haben grundsätzlich jedes Recht, sich gegen die verschiedenen Formen der Unterdrückung, Diskriminierung, Entrechtung zur Wehr zu setzen. Wir unterstützen daher auch die Forderung nach Freilassung aller palästinensischen politischen Gefangenen aus israelischen Gefängnissen.

Wir treten für gleiche Rechte für alle PalästinenserInnen, die in Israel leben, ein und für das Rückkehrrecht aller PalästinenserInnen. Wir sind gegen jeden jüdischen Siedlungsbau und fordern die Rückgabe der Siedlungen an die PalästinenserInnen. Wir fordern den Abriss der Mauer zur Westbank und die Aufhebung der Blockade Gazas sowie aller anderen Grenzkontrollen und Schikanen durch den israelischen Staat. All diese dienen nur dazu, die quasi-koloniale Unterdrückung der PalästinenserInnen aufrecht zu erhalten.

Unterstützung ist nicht gleich politische Unterstützung

Unsere Unterstützung des Befreiungskampfes bedeutet jedoch nicht, dass wir auch die Politik der führenden Kräfte unter den PalästinenserInnen unterstützen. Die Politik der Fatah von Abbas hat das Volk jahrelang an die illusorische Hoffnung einer „Zweistaatenlösung“ gebunden. Unter Befreiung verstand und versteht er v.a. die Besserung der Lage seiner Günstlinge und der bürgerlichen Schichten unter den PalästinenserInnen. Die islamistische Hamas hat sich aufgrund dieser Politik der Fatah bei vielen als konsequentere, anti-zionistische Kraft zu profilieren versucht. Aber ihre Ziele sind reaktionär. Ihre Politik ist frauenfeindlich und sie will einen Staat auf religiöser Grundlage errichten. Wie die Fatah will auch die Hamas nichts wissen von einer Veränderung der Eigentumsverhältnisse in Palästina; wie die Fatah verteidigt sie das Privateigentum an Produktionsmitteln und die Marktwirtschaft. Und wie die Fatah ist sie durchaus zu einem Abkommen mit dem Zionismus bereit - wenn nur der Preis dafür stimmt.

Gemeinsamer Widerstand gegen die Besatzung ist notwendig. Er darf aber nicht mit der politischen Unterordnung oder Zustimmung zu den Zielen und Methoden dieser Kräfte (Fatah, Hamas) verwechselt werden. Deren politische Vorherrschaft kann nur gebrochen werden, wenn die palästinensische Linke selbst konsequent den anti-zionistischen Kampf führt und andererseits eine politische Alternative entwickelt und vertritt - den Aufbau einer revolutionären Arbeiterpartei. Eine solche Partei sollte nicht nur für einen einheitlichen, multi-nationalen Staat eintreten, sondern v.a. auch für ein sozialistisches Palästina kämpfen. Auf der Basis des Privateigentums und der kapitalistischen Konkurrenz ist nicht nur die soziale Ungleichheit unaufhebbar, sondern letztlich auch die Überwindung der nationalen Gegensätze unmöglich.

Daher gilt es, den Kampf gegen die nationale Unterdrückung der PalästinenserInnen mit dem Kampf der Arbeiterklasse und Bauern gegen kapitalistische Ausbeutung und Unterdrückung zu verbinden. Dies ist auch die beste Basis, die Bindung der lohnabhängigen jüdischen ArbeiterInnen an den Zionismus zu unterminieren.

Internationale Solidarität

Die Befreiung Palästinas ist untrennbar mit den Klassenkämpfen und der Solidarität in den Ländern des Nahen Ostens, allen voran in Ägypten, verbunden - aber auch damit, ob wir es schaffen, eine starke, internationalistische Solidaritätsbewegung aufzubauen.

Angesichts der Massaker in Gaza und der Bodenoffensive müssen sich alle KommunistInnen, SozialistInnen, ja alle DemokratInnen mit den PalästinenserInnen solidarisieren und auf die Straße gehen. Darüber hinaus treten wir für eine dauerhafte gewerkschaftliche Solidaritätskampagne mit Palästina ein, um die KollegInnen über die Lage der ArbeiterInnen und Bauern dort zu informieren und als ersten Schritt direkte Verbindungen zu ArbeiterInnen in Palästina aufzubauen. In Deutschland heißt Solidaritätsarbeit vor allem auch, gegen die Unterstützung der israelischen Regierung durch die Bundesregierung aufzutreten!

Keine Unterstützung für das rassistische zionistische Regime! Stopp aller Waffenlieferungen, Beendigung jeder wirtschaftlichen und finanziellen Unterstützung für Israel! Boykott israelischer Waren!

Nein zu jeder Verfolgung und Bespitzelung palästinensischer AktivistInnen in Deutschland! Streichung aller palästinensischen Organisationen von den „Terrorlisten“ der EU und der USA!

Sofortiger Stopp der Offensive gegen Gaza! Aufhebung der Blockade! Solidarität mit dem Widerstand! Selbstbestimmungsrecht für das palästinensische Volk!

Beteiligt Euch an den Massendemonstrationen der PalästinenserInnen gegen die Angriffe Israels!

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