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Streikrecht erkämpfen!

Gegenwehr! Betriebs- und Gewerkschaftsinfo der Gruppe Arbeitermacht, Infomail 814, 16. April 2015

Unter dem irreführenden Titel „Tarifeinheit“ will die Bundesregierung am 21./22. Mai in 2. und 3. Lesung im Bundestag ein Gesetz zur Einschränkung des Streikrechts durchsetzen.

Tarifeinheit?

Angeblich geht es darum, die „Tarif“-Konkurrenz zu regeln, wenn es zwei oder mehr Gewerkschaften in einem Betrieb gibt. Das bekannteste Beispiel ist die Bahn, aber es gibt gerade im Öffentlichen Dienst in mehreren Bereichen zwei Gewerkschaften z.B. im Krankenhausbereich Marburger Bund und ver.di oder im ErzieherIinnen- und sozialpädagogischen Bereich GEW und ver.di. Wenn dieses Gesetz durchkommt, sollen nur die Tarifverträge jener Gewerkschaft gelten, die mehr Mitglieder hat. Nur diese darf dann noch verhandeln und letztlich streiken. Das ist de facto ein Streikverbot für die jeweils kleinere Gewerkschaft.

Natürlich ist es immer am besten, wenn es in einem Betrieb oder einer Branche nur eine starke und kämpferische Gewerkschaft gibt. Es gibt jedoch zwei Gründe, dass andere Gewerkschaften im Betrieb auftauchen: das Management holt eine Scheingewerkschaft rein, wie bei Siemens die AUB, oder eine Gewerkschaft kümmert sich nicht um bestimmte Berufsgruppen, deshalb haben ja z.B. die Lokführer in Scharen Transnet/EVG verlassen und sind zur GdL gewechselt.

Die Streiks der GdL und von cockpit wurden mit einer riesigen Hetzkampagne in den Medien begleitet und haben eine Stimmung gegen diese erzeugt, die von Arbeitsministerin Nahles als Rechtfertigung für die Einschränkung des Streikrechts hergenommen wurde. In Wirklichkeit haben diese beiden Gewerkschaften nur das getan, wozu Gewerkschaften aufgebaut wurden: nämlich die Interessen der ArbeiterInnen gegen die Interessen der Unternehmer mit Hilfe von Streiks - d.h. ökonomischen Druck - durchzusetzen, was leider von den DGB-Gewerkschaften immer weniger eingesetzt wird.

Bürokraten auf Seiten der Bosse

Auch die IG Metall-Bosse sind ganz vorne mit dabei, Einschränkungen für Streiks zu fordern und das neue Gesetz zu unterstützen. Die prima „Just-in-Time“-Produktion könnte ja gefährdet werden. Wobei auch sie für die Beschäftigten in Transport und Logistik nur Hungerlöhne zahlen wollen! Deshalb gliedern die Bosse ja auch ständig Bereiche aus den Unternehmen aus, die dann tariflos sind. Sie haben natürlich kein Problem damit, dass in manchen Werkhallen neben Stammbeschäftigten LeiharbeiterInnen ohne Metallzuschlag und WerksverträglerInnen arbeiten. Dort ist dann nichts mit Tarifeinheit!

Das große Problem ist allerdings, dass die IG Metall-Spitze bei dem schmutzigen Angriff auf das Streikrecht mitmacht. Obwohl alle Juristen, die den Gewerkschaften nahestehen, aufschreien; obwohl auch der frühere Vorsitzende der IG Metall, Steinkühler, davor warnt; obwohl ver.di u.a. Gewerkschaften dagegen sind - der IGM-Vorstand tut so, als ob die Regierung nur das Beste für die Gewerkschaften wollte. Was dahinter steckt, ist, dass die Führung der IG Metall so tief in der Sozialpartnerschaft mit den Metall-Bossen steckt, dass sie förmlich Angst vor konsequenten und kämpferischen Streiks hat, die den Wirtschaftsstandort Deutschland gefährden könnten.

Dieser Angriff auf das Streikrecht ist aber erst der Anfang. Der Parteivorstand der CSU hat bereits weitergehende Einschränkungen des Streikrechts beschlossen: im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge (diese kann weit gefasst werden, z.B. auch der ganze Verkehrsbereich) soll vor Streiks eine Zwangsschlichtung stattfinden und Streiks sollen vier Tage vor Beginn dem Unternehmen angekündigt werden. Damit hat jedes Unternehmen genügend Zeit, Streikbrecher zu organisieren.

Die „Tarifeinheit“ stellt einen der wichtigsten politischen Angriffe auf die Arbeiterklasse durch die Große Koalition dar.  Das ohnehin schon eng im “Tarifkorsett” eingeschränkte Streikrecht, soll weiter beschnitten werden. Dass Teile der Gewerkschaften dahinter stehen oder das Gesetz „wohlwollend“ prüfen wollen, ändert daran nichts - es macht es aber schwerer, den notwendigen Widerstand in den Betrieben und Gewerkschaften zu formieren und zu organisieren.

Um den entgegenzuwirken, ist die von der Bürokratie unabhängige Organisierung, der Aufbau einer bundesweiten klassenkämpferischen Basisbewegung nötig. Nur so kann der Kampf auch  gegen den Willen der regierungstreuen Apparatschiks geführt werden und gegen etwaige faule Kompromisse durch andere Teile der Bürokratie .

Wir unterstützen den Aufbau des Aktionsbündnisses „Hände weg vom Streikrecht!“ Unmittelbar geht es darum, den Widerstand für die Ablehnung des Gesetzes in Gewerkschaften und Betrieben aufzubauen. Es ist notwendig, dass in Flugblättern, auf Versammlungen gewerkschaftlicher Gliederungen und in den Betrieben der Propaganda von Regierung, Unternehmern und des Apparates entgegengetreten wird. Es ist notwendig, dass sich mehr und mehr betriebliche und gewerkschaftliche Gremien offen gegen die so genannten „Tarifeinheit“ aussprechen.

Dagegen sein reicht aber sicher nicht. Die Regierung kann ein solches Gesetz natürlich auch gegen den Willen der Gewerkschaften oder von Teilen ebendieser durchpeitschen.

Dieses Tarifeinheitsgesetz ist ein zentraler Angriff der deutschen Bourgeoisie auf die Arbeiterklasse und muss auch mit den entsprechenden Mitteln bekämpft werden - beginnend mit Massendemonstrationen. Letztlich aber kann dieser Angriff nur mit dem Mittel des politischen Massenstreiks verhindert werden!

Bundesweite Demonstration „Hände weg vom Streikrecht!“

Samstag, 18. April, Frankfurt/Main

Auftakt: 13.00 Uhr, Kaiserstraße/Kaisersack am Hauptbahnhof

Mehr Infos unter: www.streikrecht-verteidigen.org

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Nr. 198, April 2015
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