|
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||
|
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||
|
WMF Traditionsbetrieb geht in den Kampf Frederik Haber, Neue Internationale 190, Juni 2014 Am 22. Mai kamen Hunderte nach Stuttgart. Vor der dortigen Liederhalle demonstrierten sie und legten sich vor den Eingang. „KKR geht über Leichen“ sollte diese Aktion symbolisieren. Als die Aktionäre des Fonds KKR dann tatsächlich mit ihrer Jahreshauptversammlung begannen, hätte nicht viel gefehlt, und es wäre zu einer Saalbesetzung gekommen. Aber der 1. Bevollmächtigte der IG Metall beendete die Versammlung und drohte damit, dass sie ab jetzt illegal sein würde. Ohne Einladung in eine Aktionärsversammlung zu gehen ist illegal, 700 Arbeitsplätze zu vernichten aber steht völlig in Einklang mit den Gesetzen. Noch wirkt die Drohung mit dem Rechtsstaat, nicht nur bei den Beschäftigten der Württembergischen Metallwarenfabrik WMF, einem traditionsreichen Hersteller von Besteck, Kochgeschirr und Kaffeemaschinen, der allerdings seit einigen Jahren von Fonds geführt wird. Hinter KKR steht Blackrock, die als die größte Schattenbank der Welt gilt. Dass die Logik solcher Institutionen nicht immer förderlich für ein Unternehmen ist, musste die Belegschaft von WMF schon 2010 erfahren, als die Besteckproduktion komplett nach China verlagert wurde. Die Umsätze brachen ein, denn die Kunden im Hochpreissektor sowie der Hotellerie waren mit der Qualität nicht mehr zufrieden. Umgekehrt musste die Belegschaft zu lernen, dass hochwertige Fertigung nicht vor Verlagerung schützt. Die neuen Pläne, die Vertriebsstruktur umzumodeln, weiter Arbeitsplätze abzubauen und massiv in den Niedriglohnbereich zu gehen, stoßen deshalb nicht nur bei Belegschaft, Betriebsrat und IG Metall auf Widerstand, sondern auch beim Landrat Wolff, welcher der Betriebsratsvorsitzenden „ im Namen des kompletten Kreisgremiums den WMF-Beschäftigten die Solidarität versichert.“ (Südwest-Presse, 28.5.) WMF ist für Geislingen, am Fuße der Schwäbischen Alb und am äußersten Rand der Region Stuttgart gelegen, der seit Jahrzehnten prägende Betrieb. Solidarität Widerstand und Solidarität sind nötig und gut. Aber wie kann eine Belegschaft einem globalen Finanzkonzern trotzen? Mit Landräten werden keine Vorstandsbeschlüsse ausgehebelt, mit symbolischen Aktionen auch nicht. Bereits Mitte Mai hatte der Metallertreff Stuttgart, Teil des Zukunftsforums und damit der Gewerkschaftslinken, zu einer Versammlung mit GewerkschafterInnen von WMF eingeladen. Ergebnis war ein Flugblatt mit dem Titel “Kein Stellenabbau, keine Kündigungen bei der WMF! Keine Schließung von Logistik-Zentren!“. Es wurde auch bei der Aktion vor der Aktionärsversammlung verteilt. Darin heißt es: „Bei der traditionsreichen WMF in Geislingen kocht es in der Belegschaft. Seit kurzem ist bekannt, dass die Konzernleitung plant, massiv Arbeitsplätze abzubauen. Dabei ist bekannt, dass die WMF-Gruppe in den letzten Jahren ordentlich Gewinne einfahren konnte, warum also diese weiteren Angriffe? WMF gehört dem Finanzkonzern Blackrock, dem es offensichtlich darum geht, die Kapital-Rendite immer noch weiter nach oben zu treiben. Dabei gingen schon Tausende Arbeitsplätze verloren, aber auch Marktanteile. Soll jetzt WMF durch ‚Personalmaßnahmen' noch profitabler gemacht werden, um womöglich dann das Unternehmen zu zerschlagen und es anschließend ganz oder teilweise zu verscherbeln? Es wäre nicht der erste derartige Fall, wenn sogenannte „Investoren“ wie Heuschrecken auftauchen, alles Verwertbare auffressen, um dann weiter zu ziehen und nichts als kahl gefressene Gegenden zu hinterlassen. Dabei brachte die Belegschaft der Konzernleitung schon genug Opfer: Ständig steigender Druck und Arbeitshetze, und das bei immer mehr unbezahlter Arbeitszeit. Die eigentlich tarifliche 35 Stunden-Woche gilt bei WMF nicht mehr. Irgendwann ist genug! Die Belegschaft hat ihren Unmut bereits auf mehreren Betriebsversammlungen gezeigt. Jetzt gilt es, den Unmut in Widerstand zu wandeln. Dabei ist wichtig, aus den Erfahrungen von Kämpfen der Belegschaften anderer Betriebe zu profitieren. Im Metallertreff konnten wir bereits mit Kolleg/innen der WMF diskutieren und viele haben ihre Erfahrungen aus andern Betriebsschließungen in die Diskussion eingebracht. Die IG Metall ist gefordert! Aus unserer Sicht sollte die IG Metall für folgende Forderungen eintreten: Wir schlagen weiter vor, ein Solidaritätskomitee zu gründen, damit die WMFler nicht allein stehen und die Bevölkerung u.a. Belegschaften einbezogen werden können. Hier ist auch besonders die IG Metall, aber auch alle anderen Gewerkschaften, Vereine und Parteien gefordert, die sich auf die Seite der Belegschaft stellen wollen. Wir warnen davor, falsche Hoffnung auf das IMU-Institut zu setzen. Es kann einzelne Berechnungen der Manager als falsch entlarven. Aber es kann keinen Wunderplan aus dem Hut zaubern, wie die überhöhten Profitziele der Fondsmanager mit unseren berechtigten Interessen - Entgelt, Arbeitszeit guter und sicherer Arbeitsplatz - in Einklang kommen können! Diese Ziele zu erreichen, können wir nur selber tun!“ Dieses Flugblatt wirft die richtigen Fragen auf, die Vorschläge können zum Erfolg führen. Eine Belegschaft allerdings, die das Versammlungsrecht vor der Liederhalle respektiert, muss von solchen Maßnahmen noch überzeugt werden. Eine IG Metall-Spitze, für die eine unerlaubte Saalbesetzung von Übel ist, wird letztlich Leichen akzeptieren. Umgekehrt wäre für die MetallerInnen in Baden-Württemberg ein Sieg bei WMF von immenser Bedeutung. Die Kampfbedingungen in Geislingen sind gut: Die Belegschaft ist kämpferisch, die Bevölkerung der Stadt kann gewonnen werden, Hunderttausende MetallerInnen der Region Stuttgart können den Kampf solidarisch unterstützen. Ein Sieg über die Fondsmanager wäre ein super Signal, gerade im Vorlauf zur nächsten Krise, deren Vorbote der Angriff bei WMF letztlich ist. |
Nr. 190, Juni 2014
|
|||||||||||||||||||||||||||||||||||