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GDL-Streik

Alle Räder stehen still...

Rex Rotmann, Neue Internationale 158, April 2011

Die GDL streikt weiter. Die 26.000 LokführerInnen und ihre Gewerkschaft wollen neben einer Lohnerhöhung v.a. erreichen, dass bei den Privatbahnen die gleichen Tarife gelten wie bei der Bahn AG.

Ein Lokführer verdient rund 2.700 Euro brutto - bei extremen Arbeitszeiten und Schichten, oft 10 Stunden nonstop an 5-6 Tagen hintereinander. Die 6.000 Lokführer der Privatbahnen erhalten jedoch real bis zu 30% weniger. Zudem hat auch die Bahn AG Bereiche ausgelagert, um Löhne und Bedingungen zu drücken.

Desinformation

Bahnunternehmen, Politik und Medien starteten eine Medienkampagne. Plötzlich entdecken Politiker, die ständig die Pendlerpauschale kürzen, ihr Herz für die PendlerInnen. Plötzlich entdecken die Bahn-Manager, die alljährlich die Fahrpreise erhöhen, ihr Herz für die Fahrgäste. Plötzlich sorgen sich Manager, die im Winter vom Wintereinbruch überrascht werden und im Sommer von der Hitze, um die Pünktlichkeit.

Das Lügen geht weiter. Bestreikt die GDL nicht den Personen-, sondern den Güterverkehr, droht das Ende der deutschen Wirtschaft. Während die Regierung Milliarden zur Rettung maroder Banken ausgab, soll eine Gehaltserhöhung für die Lokführer das Land in die Pleite stürzen.

Es ist richtig, dass die Lokführer alle Unternehmen bestreiken und nicht nur die Konkurrenten der Bahn AG. Es ist auch richtig, dass die GDL keinen Bereich ausspart und für ihre Gegner „unberechenbar“ bleibt.

Daher forderten wir in einem Flugblatt: „Volle Unterstützung für den Streik der Lokführer! Organisiert Solidarität! KollegInnen der EVG u.a. DGB-Gewerkschaften: Solidarisiert Euch trotz aller Differenzen mit den Streikenden der GDL, so wie die GDL auch die Kämpfe der DGB-Gewerkschaften unterstützen muss!“

Es gibt noch einen Grund, warum Bahn AG und Privatbahnen so sehr gegen den Streik sind. Er erschwert die weitere Bahnprivatisierung, er reduziert das Lohndumping in der Branche. Beim Börsengang der Bahn AG geht es v.a. um eins: Profite für große Konzerne. Auf der Strecke bleiben dabei die Beschäftigten, die mit immer weniger Personal und immer schlechteren Arbeitszeiten mehr leisten sollen. Auf der Strecke bleibt die Masse der KundInnen, die für ein profitorientiertes Verkehrssystem immer mehr zahlen müssen - bei schlechteren Leistungen, schlechterer Wartung u.a. Sparmaßnahmen auf dem Rücken der NutzerInnen. Das Berliner S-Bahn-Chaos verdeutlicht das nur zu allzu schmerzlich. Doch das ist keineswegs nur ein Berliner Problem. Im ganzen Land wurden Lokalbahnen und der Regionalverkehr reduziert - und gleichzeitig werden Milliarden für Projekte wie S21 verpulvert.

Damit muss Schluss sein! Der Streik der GDL kann ein Startschuss für diesen Kampf werden!

Dazu muss der Streik aber konsequent weitergeführt werden. Der letzte GDL-Streik endete mit einem Kompromiss, der unter den Erwartungen blieb. Daher ist es notwendig, dass die GDL-Mitglieder auch ihre Führung kontrollieren, dass Verhandlungen offen und öffentlich geführt werden, dass die Streikführung von der Basis diskutiert, kontrolliert und bestimmt wird! Organisiert daher Streikkomitees, die auch die Führung in die Pflicht nehmen und für einen unbefristeten Streik kämpfen!

Zugleich geht es aber auch darum, dass solche Aktionskomitees nicht nur den Streik unterstützen, sondern auch gegen die Ursachen der Bahn-Misere, gegen die Privatisierung der Bahn, für eine Verstaatlichung aller Privatbahnen, für die vollständige Rücknahme aller Privatisierungen im Verkehr kämpfen. Im Nahverkehr treten wir für den Nulltarif sofort ein. Milliarden sind notwendig für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs.

Milliarden, die durch stärkere Besteuerung der großen Banken und Konzerne aufgebracht werden müssen - nicht durch Preiserhöhungen. Schließlich muss der Öffentliche Verkehr unter Kontrolle der Beschäftigten wie der NutzerInnen gestellt werden! Nur so kann gewährleistet werden, dass ein Ausbau der Bahn nicht aberwitzigen Profitinteressen, sondern den Bedürfnissen von Millionen dient.

Aktueller Stand

Der Streik hat ein Einlenken der Bahn AG bewirkt. „Wir haben die feste Zusage, dass der von uns geforderte Bundes-Rahmen-Lokomotivführertarifvertrag (...) in Verknüpfung mit dem Haustarifvertrag der DB ohne Einschränkung gilt“, sagte GDL-Chef Weselsky.

Die Gespräche werden Anfang April fortgesetzt. Etliche Punkte sind noch strittig, etwa bei der Arbeitszeit und beim Nachtarbeitszeitzuschlag. Auch liegt noch kein Angebot der Usedomer Bäderbahn (UBB), einer hundertprozentigen DB-Tochter vor.

Die Gespräche mit den DB-Konkurrenten über einheitliche Standards für alle Lokführer sind dagegen geplatzt. Die GDL organisierte erste Arbeitsniederlegungen am 28.3. bei den sechs Privaten an, darunter z.B. bei InterConnex von Veolia.

Um den Kampf durchzustehen, ist es notwendig, die Sympathie vieler NutzerInnen der Bahn, wie der Bevölkerung insgesamt in organisierte Solidarität zu verwandeln - in Unterstützerkomitees in den Stadtteilen, in Betrieben, die Solidaritätsaktionen bis hin zu Solidaritätsstreiks organisieren. Das gilt v.a. für die GewerkschafterInnen, für kritische und kämpferische KollegInnen in der EVG.

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Nr. 158, April 2011
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