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Ergebnis der zwischenwahlen in den USA

Ein Ausdruck der Krise

Jeff Albertson, Workers Power US, Liga für die 5. Internationale, Neue Internationale 155, Dezember 2010/Januar 2011

Bei den Zwischenwahlen für Repräsentantenhaus und Senat konnten die Republikaner, inklusive der „Tea Party“-Bewegung, die Mehrheit im Repräsentantenhaus erlangen und scheiterten nur knapp im Senat, so dass Obamas Demokraten nach der Wahlniederlage in der Defensive sind. Die Demokraten verloren zudem wichtige Gouverneursposten, so dass Präsident Obama öffentlich die Niederlage seiner Partei einräumen musste.

Für die Demokraten war diese Niederlage nach den klaren Siegen 2006 und 08 eine neue Erfahrung. Waren die letzten vier Jahre davon geprägt, dass die Demokraten wieder eine strukturelle Mehrheit haben, so sind die Republikaner mit ihrer rechtspopulistischen „Tea party“ Bewegung nun wieder mit an der Macht.

Die Wahlergebnisse würden normalerweise auf einen Regierungsauftrag für die Republikaner schließen lassen. Ihre Medien bewerten die Zwischenwahlen als Ablehnung der Obama-Administration und als eine Rückbesinnung auf „amerikanische Werte“. Doch: war das tatsächlich die Intention der WählerInnen?

Nach den Berichten könnten wir annehmen, dass die WählerInnen mehr gegen die Demokraten gestimmt haben, als für die Republikaner. Eine Umfrage von des Gewerkschaftsverbandes AFL-CIO in den 100 „Swing“ Bezirken (im Wahlverhalten wechselnde Bezirke) unter Stammwählern der Republikaner stellte jedoch fest, dass 63%  die Jobmaßnahem der Obama-Administration unterstützen. Gleichzeitig unterstützt fast die Hälfte die Erhöhung der Arbeitslosenunterstützung, nur eine kleine Minderheit aber unterstützt die Privatisierung der Sozialsysteme und des Bildungswesens.

Obamas Stern sinkt

Diese Zwischenwahlen waren ein Referendum gegen das Versagen Obamas und der Demokraten, gegen ihr Versagen bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und ihre Schwäche gegenüber den Manövern der Republikaner. Dieses Versagen ist der Grund, warum die Wählerbasis, die Obama zum Präsidenten machte, so stark geschrumpft ist. Die millionenfache Hoffnung v.a. der Jugend auf einen „Wechsel“ in der US-Politik sieht sich in der  Realität enttäuscht. Deswegen blieben sie von den Wahlurnen fern: 60% der registrierten WählerInnen gingen nicht zur Wahl, so dass die Wählerschaft eher älter und konservativer war.

Damit haben die Demokraten erstmals bei Zwischenwahlen seit den 90er Jahren, mehr WählerInnen an die Nichtwähler verloren als die Republikaner. Andere, regionale Parteien wie die Partei „Frieden & Freiheit“ oder die „Sozialistische Partei Ohios“ haben dagegen substantielle Gewinne erzielen können.

Daher lässt sich auch kein klarer Wahlauftrag für die Republikaner feststellen - sie haben gewonnen, weil sie ihre Stammwähler stärker mobilisieren konnten. Selbst das „Wall Street Journal“ stellte fest, dass die Wahl die „Ablehnung der gesamten politischen Elite beider großen Parteien ausdrückt“.

Die Auswirkungen der ökonomischen Krise führten zu einer Krise des politischen Systems, beide Parteien können keine Lösung anbieten. Stattdessen haben sich beide darauf konzentriert, der jeweils anderen Partei das Versagen in der Wirtschaftspolitik vorzuwerfen und die globale Position der USA ruiniert zu haben.

Die Republikaner profitierten von der allgemeinen Frustration. Doch ihr Programm hat außer der Forderung nach Rücknahme der Krankenversicherung „Obamacare“ und der Kürzung weiterer öffentlicher Ausgaben kein anderes Programm für die Wirtschaft als die Demokraten. Das Mantra der Republikaner ist sehr einfach: „Freiheit für die Märkte und Unternehmen“. Allerdings sind Pläne zur Steuersenkung für Großkonzerne, welche auf Billionen von Dollar sitzen und der Abbau von Vorschriften und Regeln, eher dazu geeignet, die Widersprüche in der Rezession zu verschärfen.

Dies hat zur Folge, das am Ende der Arbeiterklasse, der Jugend, den Frauen und jenen, die meisten bedürftig sind, der Lebensstandard gekürzt wird, um die Profitraten wieder nach oben zu treiben. Steuersenkungen für die Reichen bedeutet weniger Geld für Sozialprogramme. Die Kürzung der Sozialausgaben wird diejenigen, welche schon heute ums Überleben kämpfen, weiter an den Abgrund drängen. Die Rücknahme der ungenügenden Krankenversicherung wird für Millionen das Ende ihrer Versicherung bedeuten, während gleichzeitig das Defizit wächst.

Ob Demokraten, Republikaner oder die „Tea Party“ - sie alle tragen diesen brutalen sozialen Angriff. Sie alle wollen die Profitabilität fürs Kapital wiederherstellen, indem während der ökonomischen Stagnation weiter von „unten“ nach „oben“ umverteilt wird. Wenn das durchgesetzt wird, werden die Profite des Kapitals wieder steigen, aber nur, weil es von den ArbeiterInnen bezahlt wird.

Die Wahl der Republikaner in einer Zeit tiefer Unzufriedenheit der Massen mit der ökonomischen und politischen Situation, reflektiert die wachsende Krise der US-amerikanischen Politik sowie die Ungelöstheit auch der ökonomischen Krise selbst. Letzteres spiegelt sich auch in der aktuell wieder gestiegenen Arbeitslosenrate von offiziell 9,6% wider.

Obama und die Demokraten haben ihre völlige Unfähigkeit bewiesen, sie haben ihre Unterstützung durch die Jugend und die Gewerkschaften verraten und verkauft. Stets hat die Regierung ihre Initiativen den Forderungen der Republikaner angeglichen und diesen damit überhaupt erst ihren aktuellen Erfolg ermöglicht. Währenddessen blieben die Forderungen und die Hoffnungen der Millionen „Change“-WählerInnen unbeantwortet. Das ist jedoch nicht überraschend, sondern drückt nur aus, dass sich die Politik Obamas vollständig im Rahmen des kapitalistischen Systems bewegt.

Für eine Arbeiterpartei!

Was wir jetzt brauchen, ist eine radikale Alternative. Millionen WählerInnen haben ihre Ablehnung der Obama-Politik gezeigt. Jetzt müssen wir aber für einen wirklichen „Change“ eintreten und dafür brauchen wir eine unabhängige Arbeiterpartei!

Eine solche Partei würde dafür kämpfen, dass sich die verschiedenen Kämpfe vereinen: der Kampf der ArbeiterInnen gegen Entlassungen und Lohn -und Rentenkürzung, die Kämpfe an den Unis und Schulen gegen Gebührenerhöhungen und Bildungskürzungen - alle gemeinsam gegen die Sparangriffe mit einem gemeinsamen Programm und gemeinsamen Aktionen.

Gemeinsam könnten wir unser Anti-Krisenprogramm, unsere Forderungen durchsetzen. Dazu gehört ein massives öffentliches Beschäftigungsprogramm für den Ausbau und die Wiederherstellung öffentlicher Infrastruktur. Wichtigste Maßnahme wäre eine kostenlose Krankenversicherung für alle, bezahlt durch die Enteignung der Banken und Versicherungen sowie massive Steuern für die Superreichen und Großkonzerne.

Dafür müsste sich die Arbeiterklasse mehrheitlich für ihre Forderungen organisieren, dies ist das Entscheidende für die nächsten Kämpfe. Natürlich ist das eine gewaltige Aufgabe mit vielen Problemen. Doch sie ist alternativlos. Gegenwärtig geht es u.a. darum, die aktivsten und bewußtesten Elemente der Klasse, der verschiednene Kämpfe zu verbinden. Dabei geht es auch darum, die reformistische Politik der Gewerkschaftsführungen zu attackieren und deren politische Anpassung an die Demokraten als untaugliche Politik zu entlarven.

Jetzt sitzen die Republikaner über ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus wieder mit in der Regierung. Obama wird sich in die nächsten Wahlen retten wollen, davor wird er weitere Spar- und Konjunkturprogramme auf Kosten der Arbeiterklasse und der Armen auf den Weg bringen. Das wird weitere Obama-Unterstützer von ihm wegtreiben. Doch diese Kräfte müssen für eine politische Alternative gewonnen werden!

In den kommenden Auseinandersetzungen kann und muss die Klasse ihre eigenen Machtorgane aufbauen bzw. darum kämpfen. Das beginnt mit Streikposten und der Kontrolle der Basis über die Kampfführung, das beinhaltet auch, Forderungen an die etablierten Führungen im AFL/CIO zu stellen, um sie im Kampf zu testen.

Letztlich muss die Machtfrage in der Gesellschaft gestellt und der Kapitalismus zerschlagen werden. Dann können wir eine Gesellschaft nach unseren Bedürfnissen aufbauen, eine Gesellschaft gestützt auf die revolutionären Räte der ArbeiterInnen und ihre Milizen - die Diktatur des Proletariats.

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Nr. 155, Dez. 2010/Jan. 2011
*  Klassenkampf: Die Weltlage und die Euro-Krise
*  Heile Welt
*  "Anti-Terror"-Kampf: Vorsicht Demagogen!
*  Aktionskonferenz gegen Stuttgart 21: Eine verpasste Chance
*  4000 demonrieren gegen Sparpaket: Welche politischen Konsequenzen ziehen wir?
*  Deutsch-französischer Gipfel: Imperialisten feiern sich
*  "Dritte Welt"-Hilfe: Fair Trade? Big Fake!
*  Zwischenwahlergebnis in den USA: Ein Ausdruck der Krise
*  Generalstreik in Portugal
*  Bildungsproteste in Britannien: Shut down London
*  Afghanistan: Widerstand gegen NATO und Bundeswehr!