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VW Hannover LeiharbeiterInnen kämpfen gegen ihre Entlassung Peter Lenz, Neue Internationale 138, April 2009 Im VW-Nutzfahrzeugewerk Stöcken arbeiten 11.500 Menschen. 2008 waren noch 1.500 LeiharbeiterInnen beschäftigt. Seitdem hat VW die Verträge von rund 1.150 von ihnen nicht verlängert. Zum 31. März laufen weitere 213 Verträge aus. Während einer Betriebsratssitzung am 19. März haben etwa 200 dieser LeiharbeiterInnen in Stöcken für die Verlängerung ihrer Verträge demonstriert. Der Werkschutz versuchte, sie von der Sitzung fernzuhalten. Sie verschafften sich aber Zutritt und trugen ihre Forderungen vor. „Wenn Kurzarbeit genehmigt wird, sollte dies auch für uns Leiharbeiter gelten“, so die Sprecher der Leiharbeiter. „Wir fühlen uns vom Betriebsrat im Stich gelassen.“ Betriebsratschef Söfjer verteidigt sich: „Normalerweise wären die Verträge der jetzt betroffenen Kollegen schon Ende Dezember ausgelaufen. Der Betriebsrat hat durchgesetzt, dass sie bis Ende März verlängert wurden.“ Es kam zu „Tumulten“, so der Betriebsrat, der die LeiharbeiterInnen aufforderte, den Sitzungsraum zu verlassen. „Wenn die Kolleginnen und Kollegen mit uns sprechen wollen, dann können sie jederzeit einen Termin vereinbaren“, zitiert die Hannoversche Allgemeine Zeitung diesen „Arbeitervertreter“. Doch die LeiharbeiterInnen meinen: „Wir haben schwere Existenzangst und fordern, dass wir Leiharbeiter bei VW auch weiter an Bord sind, in die Kurzarbeit einbezogen werden. Das geht doch bei Audi auch.“ Sie werfen Betriebsrat und IG Metall vor, nicht auf ihre Forderungen einzugehen und sie allein zu lassen. Am 23.3. wurden 100 Leiharbeiter aus Hannover nach Wolfsburg geschickt. Am 25. März demonstrierten über hundert LeiharbeiterInnen durch Hannover, an der IG Metall-Verwaltungsstelle vorbei. Dabei machten sie den vor dem Gebäude stehenden Funktionären klar, dass sie weiterkämpfen werden. Am 29.3. treten drei Leiharbeiter in Hungerstreik und verlangen die Weiterbeschäftigung aller, deren Verträge jetzt enden und die Möglichkeit, für 18 Monate in Kurzarbeit zu gehen. Funktion der Leiharbeit Die Leiharbeit ist ein zentrales Mittel der Kapitalisten gegenüber der Arbeiterklasse. Im Juni 2007 waren 2,4 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten LeiharbeiterInnen. Allein in Nordrhein-Westfalen waren rund 230.000 Leiharbeiter eingesetzt, bundesweit gab es rund 731.000. 2008 hat sich ihre Zahl auf fast 900.000 erhöht. Jeder dritte Job, der im letzten „Aufschwung“ entstand, war ein Leiharbeitsplatz. Diese Entwicklung muss hauptsächlich von der SPD verantwortet werden, die im Rahmen ihrer kapitalfreundlichen Arbeitsmarktpolitik den gesetzlichen Rahmen für die Leiharbeit erheblich ausgeweitet hat. Die IG Metall zieht folgendes Fazit: „Leiharbeit wird heute kaum noch zum flexiblen Ausgleich von Produktionsspitzen genutzt. Vielen Unternehmern geht es heute um Zusatzprofite auf dem Rücken schlechter bezahlter Leiharbeiter. Mit Leiharbeit werden Belegschaften gespalten und gegeneinander aufgebracht.“ Erst 2008 hat die IGM eine „Leiharbeitskampagne“ für „spürbare Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, einen funktionsgerechten Einsatz, mehr Mitbestimmungsrechte und vor allem um mehr Geld“ gestartet. Oberstes Ziel: Gleiches Geld für gleiche Arbeit. „Diese Ziele lassen sich nur erreichen, wenn Leiharbeitnehmer sich selbst für ihre Rechte engagieren. Deshalb ist die Mitgliedergewinnung von Leiharbeitern ein zentraler Schwerpunkt der Kampagne“ (Wirtschaft aktuell 09/2008 - IGM). Doch diese Kampagne greift zu kurz und akzeptiert die Zeitarbeit grundsätzlich. Damit toleriert sie zugleich auch die Spaltung der Beschäftigten. Die Entlassungswelle im Zuge der Krise traf zuerst die LeiharbeiterInnen. 2008 haben schob ca. 100.000 ihre Jobs verloren. 2009 werden noch mindestens 250.000 weitere ihren Arbeitsplatz verlieren. Im Kampf gegen die Krise können wir uns dabei offensichtlich nicht auf die Gewerkschaftsbonzen und Betriebsratsbürokraten verlassen. Wir müssen vielmehr für einen radikalen Kurswechsel in den Organisationen der Arbeiterbewegung eintreten: Übernahme aller befristeten und Leiharbeitsverhältnisse in Normalarbeitsverhältnisse statt Ausdehnung der Flexibilisierung und des „Niedriglohnsektors“! 30 Stunden-Woche in Ost und West bei vollem Lohnausgleich! Angleichung aller Löhne und der Arbeitszeit im Osten auf Westniveau! Aufteilung der Arbeit auf alle Beschäftigten und Arbeitslosen unter Arbeiterkontrolle! Europaweit koordinierter Kampf zur Verkürzung der Arbeitszeit! Für ein Programm gesellschaftlich nützlicher Arbeiten, unter Kontrolle der Beschäftigten, Gewerkschaften und von Komitees der örtlichen Bevölkerung! |
Nr. 138, April 2009
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