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Münchner Nato-Sicherheitskonferenz

Kriegstreiber stoppen!

Rex Rotmann, Neue Internationale 117, Februar 2007

München wird bald schon wieder im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen. Doch dann geht es nicht um das medial hochstilisierte Hickhack um die Stoiber-Nachfolge. Dann geht es um Wichtigeres: um die NATO-Sicherheitskonferenz (SiKo), die vom 9. und 11. Februar in Bayerns Hauptstadt tagt.

Seit Jahren führt dieses Treffen hochrangige VertreterInnen aus Politik, Wirtschaft, Militär, Wissenschaft und Medien zusammen, um zentrale Fragen von Außen-, Sicherheits- und Militärpolitik zu debattieren, Interessen abzustecken und Strategien zu skizzieren. Dieses Expertentreffen gehört zu den wichtigen Treffen imperialistischer Politik.

In den letzten Jahren hat dieses, maßgeblich von Horst Teltschik, dem früheren Kohl-Berater und jetzigen Boeing-Vertreter, initiierte Treffen, an Bedeutung gewonnen. Kein Wunder, denn in der Ära der Globalisierung, in den Zeiten immer härteren Kampfes um Marktanteile und Ressourcen sind Kriege und der Einsatz militärischer Mittel unverzichtbarer denn je.

Das erklärt sich zum einen daraus, dass der Kapitalismus mit einer vertieften Verwertungskrise zu kämpfen hat. Der Wettlauf um profitable Anlagesphären und lukrative Ausbeutungsmöglichkeiten ist deshalb intensiver denn je. Wer auf dem Weltmarkt zu spät kommt, den bestraft der Börsenkurs. Dazu kommt, dass v.a. der EU-Imperialismus nach vorn drängt und die globale Führungsrolle der USA immer stärker attackiert: politisch, ökonomisch und eben auch militärisch.

Noch wird dieser Konflikt, v.a militärisch (noch) nicht offen ausgetragen, dazu ist die EU noch zu schwach. Doch die Gegensätze werden größer. Der Riss zwischen dem Block um Deutschland und Frankreich und den USA in der Irak-Frage belegen das genauso wie die Aufstellung eigenständiger EU-Militärkontingente, der Aufbau eines EU-Militär-Industrie-Komplexes (z.B. Airbus) oder eigenständige Militär-Interventionen ohne die USA wie im Kongo.

Neben diesen inner-imperialistischen Problemen ist der Imperialismus vor allem auch mit wachsendem Widerstand gegen seine globalen Hegemonialpläne konfrontiert. Es gelingt ihm (nicht nur den USA) nicht, seine militärische Überlegenheit in die Herstellung stabiler Vasallen-Regime umzumünzen. Das Fiasko der Besatzer im Irak belegt das augenscheinlich. Doch auch in Afghanistan kann von einem stabilen Regime kaum die Rede sein. Im Libanon schließlich musste Israel, der zionistische Statthalter des Imperialismus, gar eine herbe Schlappe einstecken.

Zu diesen Störfaktoren kommen für den Imperialismus weitere hinzu. Mit Ländern wie China oder Indien erwachsen ihm potentielle Weltmarkt-Konkurrenten, Staaten wie Iran oder Nordkorea erweisen sich störrisch und in Lateinamerika, dem Hinterhof der USA, haben links-populistische Regime wie das von Chavez einen Kurs eingeschlagen, der z.B. mit den damit verbundenen Verstaatlichungen den Interessen des Kapitals zu wider läuft - eine potentielle Gefahr und eine Einschränkung des Zugriffs des Imperialismus.

Diese Faktoren machen klar, warum das Krisenmanagement, warum Absprachen und das Ausloten von Konflikten wie auch Kompromissen so wichtig für den Imperialismus sind. In diesem Zusammenhang muss auch die SiKo gesehen werden.

So erklärt sich auch, warum in den letzten Jahren auch die Proteste gegen dieses Promitreffen der Kriegstreiber an Bedeutung gewonnen haben. Letztlich waren es diese Aktionen, welche die Siko aus der politischen Intimität des Tagungshotels Bayrischer Hof entrissen und imperialistische Sicherheits- und Militärpolitik - zurecht - stärker in den Brennpunkt öffentlichen Interesses gerückt hat.

München wurde jedes Jahr Anfang Februar zu einem Höhepunkt antiimperialistischer Manifestation - trotz des meist schlechten Wetters, der Hetze der Münchner Medien und der permanenten Repression durch den Staat in Gestalt der Bayerischen Landesregierung.

Staatliche Repression

In den letzten Jahren gab es zahlreiche Maßnahmen wie Verbote von Demos, Verhaftungen, Durchsuchungen und Behinderungen der Anreise durch Polizei und Behörden. Höhepunkt der Repression war sicher die Einkesslung des Münchner DGB-Hauses durch die Polizei - ein einmaliger Akt nach dem Ende des Faschismus.

Viele TeilnehmerInnen konnten so am eigenen Leibe erfahren, dass Rechtsstaatlichkeit manchmal nur bedeutet, dass der Staat jedes Recht hat und die Bürger keine.

Diese unselige Tradition wurde auch dieses Jahr schon im Vorfeld der SiKo gepflegt. Am 17. Januar führte die Polizei in München mehrere Hausdurchsuchungen durch. Den Vorwand bildeten ein Flugblatt und eine Broschüre, die im Rahmen der Mobilisierung gegen die NATO-Sicherheitskonferenz und gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm erschienen waren.  Betroffen waren neben Privatwohnungen selbst verwaltete Räume im „Ehemaligen Tröpferlbad“, die Basis-Buchhandlung in der Adalbertstraße, der Kulturladen und eine Druckerei im Westend. Mindestens sechs Personen wurden festgenommen und erkennungsdienstlich behandelt. Wir fordern: Schluss mit der Repression! Sofortige Einstellung aller Verfahren!

Was kennzeichnet die SiKo von 2007? Ihr Motto lautet „Globale Krisen und globale Verantwortung“. Als Gäste werden u.a. Ex-NATO-Generalsekretär Solana und Russlands Premier Putin erwartet. Letzterer empfahl sich für die Einladung u.a. durch seinen blutigen Krieg gegen Tschetschenien.

Themen sind u.a.: 50 Jahre Europäische Union, Perspektiven der NATO im globalen Einsatz sowie „Lösungen“ für Konfliktregionen wie Irak und Naher Osten oder Indien/Pakistan.

Im Kern wird es darum gehen, wie der Imperialismus insgesamt aus dem Schlamassel kommt, in das vor allem die USA unter Bush nicht nur im Irak geraten sind. So wird u.a. diskutiert werden, wie einerseits die Kooperation im weltweiten Anti-Terrorkrieg verbessert werden kann. Dabei ist die stärkere Einbindung z.B. von Japan oder Australien ein Punkt. Ein anderer ist das Abstecken der Claims der konkurrierenden imperialistischen Blöcke - v.a. zwischen USA und EU - sowie das Ausbalancieren ihrer Interessen.

Ein brisantes Thema wird auch die Frage sein, wie Deutschland im Anti-Terror-Krieg stärker in die Verantwortung genommen werden kann - oder will? Schon seit Monaten drängen die NATO-Verbündeten darauf, dass die Bundeswehr sich auch in den „heißen“ Gegenden von Afghanistan direkt engagiert. Die Tür dafür ist längst geöffnet: die Zustimmung des Bundestages zum Einsatz von Tornados im Süden Afghanistans steht an - vielleicht aber fliegen diese schon längst dort, ohne dass das Hohe Haus in Berlin davon weiß.

Gegenwehr

Die Gegenaktionen und Proteste werden dieses Jahr von anderen Prämissen geprägt als im letzten Jahr. War 2006 insbesondere der drohende Angriff auf den Iran ein zentrales Thema, so ist diese Gefahr aufgrund der Probleme der USA im Irak etwas in den Hintergrund gerückt.

Doch für Entwarnung besteht kein Anlass. An globalen Brandherden mangelt es nicht, genauso wenig wie an Versuchen des Imperialismus, noch mehr Öl ins Feuer zu gießen. Kaum ist die Schlappe Israels im Libanon vorbei, plant der zionistische Terrorstaat schon die nächste Strafaktion gegen die PalästinenserInnen im Gaza-Streifen; die USA verlegen neue Truppen in den Irak usw. usf.

Doch die diesjährigen Gegenaktionen werden vor allem von der Mobilisierung gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm geprägt sein. Dort bietet sich eine gute Möglichkeit, jenen die Stirn zu bieten, die jenes System personifizieren, das für Profit über Leichen geht. Deshalb muss München vor allem dafür genutzt werden, für die Mobilisierung in Heiligendamm im Juni zu werben.

Auch ARBEITERMACHT und die Jugendorganisation REVOLUTION werden in München präsent sein. Beide Organisationen arbeiten im „Anti-G8-Bündnis für eine revolutionäre Perspektive“ mit. Diesem Bündnis geht es vor allem darum, dass die Mobilisierung möglichst breit und massenhaft erfolgt und dass auch die Organisationen der Arbeiterklasse, v.a. die Gewerkschaften darin eingebunden sind. Das Bündnis betont - im Unterschied zu anderen - die Notwendigkeit und den Zusammenhang des Kampfes gegen imperialistische Kriege und des Kampfes gegen den Kapitalismus als System.

Diese Frage ist auch für die Protestaktionen und Gegen-Veranstaltungen in München relevant. Vereint doch das Spektrum gegen die SiKo sehr unterschiedliche soziale und politische Kräfte. So einig man sich auch in der Ablehnung der militärischen Abenteuer des Imperialismus ist - so unterschiedlicher Meinung ist man oft allerdings darüber, wie dem zu begegnen ist. Während die einen Illusionen in den EU-Imperialismus haben, der „humaner“ und „friedlicher“ wäre als die USA betonen wir, dass beide - bei allen Unterschieden - letztlich genauso reaktionär und deshalb zu bekämpfen sind.

Während die einen Friedensbündnisse schmieden, die sich auf Proteste beschränken und sich immer nur dem aktuell linkeren und demokratischerem Flügel der Bourgeoisie anbiedern, wollen wir eine kämpferische, antiimperialistische Bewegung, die mit Blockaden und Streiks den Gegner zwingen kann, von seinen Plänen abzulassen.

Will die Bewegung weiter kommen, muss sie sich von den Führungen und Konzepten trennen, die sie lähmen. Sie muss erkennen, dass eine richtige und konsequente Anti-Kriegs-Haltung vor allem bedeutet, zwischen gerechten und ungerechten Kriegen zu unterschieden; zwischen dem Gebrauch von Gewalt zur Selbstverteidigung der Unterdrückten gegen imperialistische Aggression und Ausbeutung und dem Terror der kapitalistischen Staatsmaschinen zur Durchsetzung ihres globalen Ausplünderungssystems.

Wer Nein sagt zu Bushs Irak-Krieg, der muss auch Ja sagen zum militanten Widerstand der Iraker gegen die Besatzer!

2003 war die weltweite Bewegung gegen den drohenden Irak-Krieg riesig - doch ihre Führungen, ihre Konzepte waren kleinlich, pro-bürgerlich und pazifistisch. So blieb diese wirklich massenhafte Bewegung letztlich erfolglos.

Daraus müssen wir lernen, diese Fragen müssen wir diskutieren!

Rückzug aller imperialistischen Truppen!

Für die Zerschlagung von NATO und Bundeswehr!

Sieg dem Widerstand gegen den Imperialismus - im Irak, in Palästina und überall!

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Nr. 117, Februar 2007
*  Münchner NATO-Sicherheitskonferenz: Kriegstreiber stoppen!
*  Tarifrunde 2007: Ohne Kampf kein Lohn
*  Arbeitslosigkeit: Mit Hartz IV auf die Straße
*  BRD-Konjunktur: Trendwende oder Eintagsfliege?
*  Palästina: Im Würgegriff des Imperialismus
*  Venezuela: Hugo Chavez und die Revolution
*  Heile Welt
*  Offener Brief an die SAV: Kampf für eine neue Arbeiterpartei statt PDS-Entrismus!
*  Somalia: Imperialistischer Stellvertreterkrieg