UKRAINE:
KOMSOMOL
IST TOT! FÜR EINE NEUE KÄMPFERISCHE JUGENDORGANISATION!
Im
folgenden veröffentlichen wir den Aufruf von Aktivistinnen und Aktivisten der
Jugendorganisation der Kommunistischen Partei der Ukraine (KPU), Komsomol, die
mit unserer ukrainischen Schwesterorganisation “Arbeitermacht – Junge
Revolutionäre Marxisten” zusammenarbeiten. Diese Genossinnen und Genossen kämpfen
seit längerer Zeit gegen die reformistische Politik der Komsomol- und KP-Führung,
die in den letzten Monaten an das Lager des reaktionären, bonapartistischen Präsidenten
Kuchma unterstützten. Die Hoffnung von KPU-Führer Simonenko & Co., dafür
mit einigen Ministerposten belohnt zu werden, wurde naturgemäß enttäuscht und
die zugespitzte politische Krise des bürgerlichen Regimes im Frühjahr blieb
somit für die Arbeiterklasse ungenützt.
Die
Genossinnen und Genossen – unter ihnen auch einige regionale
Leitungsmitglieder des Komsomol – veröffentlichten in den vergangenen Monaten
bereits zwei Offene Briefe, die zu heftigen politischen Auseinandersetzungen führten.
Dieser hier abgedruckte Offene Brief ist der dritte und letzte. Die Debatten
haben gezeigt, dass die Komsomol-Führung den Geldern und Posten der
Mutterpartei viel näher steht als den Prinzipien des Marxismus. Daher haben die
unterzeichnenden Genossinnen und Genossen die Konsequenz gezogen und eine
Konferenz von oppositionellen Komsomol-Mitgliedern in Kiew einberufen. Auf
dieser beschlossen knapp 100 Aktivistinnen und Aktivisten, aus Komsomol
auszutreten und eine neue Jugendorganisation zu gründen. Ähnliche Schritte
werden nun auch in anderen Regionen folgen.
Diese
Entwicklung zeigt, dass die jüngste politische Krise bei Teilen der Jugend zu
einer Linksbewegung geführt hat und insbesondere eine Schicht von Aktivistinnen
und Aktivisten vom Reformismus hin zum Marxismus geführt hat. “Arbeitermacht
– Junge Revolutionäre Marxisten” nahm aktiven Anteil an den Protesten gegen
Kuchma, ohne die bürgerliche Opposition zu unterstützen. In ihren
Publikationen zeigten sie eine klare marxistische Perspektive auf und warnten
vor den Folgen der KP-Politik – eine nur allzu berechtigte Warnung wie sich
jetzt zeigte. Unsere Schwesterorganisation konnte durch diese Politik ihre
Mitgliederzahl verdreifachen und in mehreren Regionen Ortsgruppen aufbauen.
DRITTER
OFFENER BRIEF AN ALLE KOMSOMOL-MITGLIEDER
Genossinnen
und Genossen,
Wir
veröffentlichen diesen Brief in einem historischen Moment. Hinter uns liegt die
wichtigste politische Krise seit der Unabhängigkeit. Wir nahmen aktiven Anteil
an diesen Ereignissen und ziehen nun die notwendigen Schlussfolgerungen.
Als
wir unseren Kampf für eine Änderung der Kosmomol-Politik begannen – sowohl
als Basis- als auch als Leitungsmitglieder – wussten wir bereits, dass diese
Organisation nur in Worten kommunistisch ist, jedoch reformistisch in ihrer
Praxis. Ihre organisatorischen Strukturen sind völlig bürokratisiert und
unvereinbar mit einer Demokratie, die diesen Namen verdienen würde.
Ihre
Politik zeichnet sich durch Passivität im Klassenkampf aus und ihre Führer
erreichen ihr Höchstmaß an Aktivität nur in den Korridoren der KPU-Zentrale.
Anstatt aktiv gegen den großrussischen Chauvinismus und die rot-braune Politik
der KPU aufzutreten (z.B. gegen die Krim-Tataren oder in der West-Ukraine, passt
sich Komsomol daran an und – noch schlimmer – toleriert rot-braune Tendenzen
inklusive Faschisten (z.B. die Aktivisten der National-Bolschewistischen Partei)
in ihren eigenen Reihen.
Aber
wir hofften noch immer, dies ändern zu können und Komsomol wieder in eine
authentisch revolutionäre Organisation verwandeln zu können. Heute jedoch müssen
wir die Schlussfolgerung ziehen, dass dies unmöglich ist
Komsomol
– wie jede fortschrittliche politische Organisation – wurde durch die jüngste
politische Krise einem Test unterworfen. Sie hat sich als reines, bürokratisches
Anhängsel der KPU erwiesen. Sie organisierte nicht eine einzige bedeutende
Aktion gegen den beschämenden Verrat der KPU an der Arbeiterklasse.
Dies
ist eine Bankrotterklärung. In einer Periode der Massenmobilisierung
organisierte die KPU-Führung die Arbeiterklasse zu keinen unabhängigen
Aktionen auf der Straße und in den Betrieben und unterstützte die berechtigten
demokratischen Anliegen vieler Menschen, die gegen das Kuchma-Regime
protestierten, nicht.
Ganz
im Gegenteil, die KPU-Führung half Kuchma bei der Parlamentsabstimmung, die Ablösung
des Staatsanwaltes zu verhindern. Schlimmer noch, sie nahm an den
parlamentarischen Intrigen teil und half den Oligarchen und Kuchma, den
neoliberalen Juschtschenko loszuwerden.
Offensichtlich
hoffte die KPU, dafür mit einigen Ministerposten belohnt zu werden. Da jedoch
die Bourgeoisie nicht mehr die Dienste des nützlichen Idioten Simonenko
brauchte, schickte sie ihn und seine Freunde in die Wüste. Das Ergebnis ist,
dass die KPU die größte Chance zur Mobilisierung der Arbeiterklasse für den
Sturz des reaktionären Kuchma-Regimes verriet und sich dadurch diskreditierte.
Wir
gehören nicht zu den Berufskritikern, wie sie in der Komsomol weitverbreitet
sind. Wir sehen keinen Zweck in permanenten bürokratischen Fraktionskämpfen.
Wir versuchten in der Vergangenheit, diese Organisation zu verändern. Zwar
haben wir dies nicht geschafft, aber wir haben politisch viel gelernt und mit
uns viele Aktivisten und Aktivistinnen.
Gemeinsam
werden wir Komsomol verlassen, denn dies ist nur noch ein bürokratischer
Leichnam. Eine Organisation ist kein Selbstzweck, sondern sie muss ein Werkzeug
für die Durchsetzung der Interessen der Arbeiterklasse und der Jugend sein.
Komsomol ist kein solches Werkzeug. Wir sehen daher keinen Sinn darin, unsere
Energie in einer Organisation zu verschwenden, die sich als unreformierbar
erwiesen hat.
Wir
werden daher eine neue, kämpferische Jugendorganisation aufbauen, die sich
durch wirkliche Demokratie, Internationalismus und aktive Politik für eine
sozialistische Veränderung der Gesellschaft auszeichnet. Wir rufen alle
fortschrittlichen Jugendlichen – sowohl innerhalb als auch außerhalb von
Komsomol – auf, sich dieser neuen Jugendbewegung anzuschließen. Im Herbst
werden wir eine Gründungskonferenz organisieren, der allen fortschrittlichen
Jugendlichen offen steht.
Für
eine neue, kämpferische Jugendorganisation!
Unterzeichner:
Fedor
Protsik, Olga Mateshko, Alexey Gluhov, Igor Fayziev, Yuriy Dokukin, Alexey
Vybornov, Stanislav Ivashko, Viktor Peresunko, Iskander Abazov, Edgar Shamilev,
Andrey Boyarunets, Ivan Surin, Semyon Fetyasko, Yuriy Bogatyryov, Vitaliy Smolin,
Sergey Zhuravlyov
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