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6.-8. Dezember 2000: Aktionstage gegen EU-Gipfel NIZZA - WIR KOMMEN! In der Nachfolge der Euromärsche gegen Erwerbslosigkeit, ungeschützte Beschäftigung, Rassismus und Ausgrenzung mit ihren Manifestationen 1997 in Amsterdam und 1999 in Köln finden vom 6.-8.12.2000 Aktionstage im südfranzösischen Nizza statt. Höhepunkt wird eine Großdemonstration mit Besetzung des Kundgebungsortes Nizza von Mittwoch, dem 6.12. auf Donnerstag, dem 7.12. sein, die von verschiedenen Aktionen bis zum 8.12. begleitet sein wird. Im Vorfeld sind außerdem eine Konferenz über Globalisierung mit dem Ziel der Vernetzung von Initiativen vom 30.11.-2.12.2000 sowie eine europäische Erwerbslosenversammlung vom 2.12.-4.12.2000 geplant, die beide in Paris stattfinden. Zwei Umstände sind besonders Bemerkenswert. Erstens hat sich das französische Anti-Globalisierungsbündnis ATTAC, das internationale am reformistischen, pro-sozialdemokratischen und protektionistischen Flügel der Bewegung angesiedelt ist, nach den Erfahrungen von Prag zu einer radikaleren Vorgangsweise entschlossen. Der EU-Gipfel soll durch Massenaktionen behindert, wenn möglicher verhindert werden. Zweitens ist diesmal das offizielle gewerkschaftliche Engagement deutlich größer. Sogar dem Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB), dem alle reformistischen Gewerkschaften angehören, dämmert so ganz allmählich, dass die zunehmende Globalisierung des Klassenkampfes von "oben" auch ihre Stellung als organisierter Verhandlungspartner des über den Regierungen agierenden europäischen Kapitals zusehends überflüssig machen könnte. So soll mit Nizza immerhin ein Zeichen gesetzt werden, obgleich es eher nach einem Fragezeichen als einem Ausrufezeichen ausschaut. Der EGB hat sich zwar erstmals in seiner Geschichte zu einem gemeinsamen Mobilisierungsaufruf durchgerungen, aber es fehlt ihm eine zündende zentrale Losung und erst recht eine Perspektive über Nizza hinaus. Ganz auf diese halbherzigen Linie liegt auch die Tatsache, dass der EGB die Mobilisierung auf den 6.12. – also den Tag vor Konferenzbeginn beschränken möchte – und für die Demonstration am 7.12. nicht aufruft. Wie wenig Kraft der Aufruf des EGB tatsächlich hat, belegt die Zurückhaltung einiger nationaler Gewerkschaftsverbände (Skandinavien, Osteuropa) und auch die halbherzige Position des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), der nur eine Unterstützung aus dem süddeutschen Raum in Aussicht gestellt hat. Allerdings ist es in Frankreich gelungen, sämtliche Richtungsgewerkschaften an einen Tisch zu bringen. Die Koordinierungstreffen sollen vor Nizza im einwöchentlichen Rhythmus tagen. Der äußere Anlass für die Veranstaltung ist durch die Zusammenkunft auf europäischer Regierungsebene am 7. und 8.12. in Nizza vorgegeben. Dort soll u.a. über die Aufnahme eines "Grundrechte"-Katalogs in die EU-Verträge beschlossen werden. Während sich der Kommissionsentwurf ellenlang über die vornehmste Pflicht der bourgeoisen Klassengesellschaft, ihr Eigentum an Produktionsmitteln zu schützen und die Freizügigkeit des Kapitalverkehrs zu gewährleisten und zu regeln, ausläßt, ist über die Bedürfnisse und Rechte der ausgebeuteten und unterdrückten Klassen und Schichten Europas kaum etwas zu lesen. Nach Niederschrift von Rechten auf menschenwürdige, existenzsichernde Arbeit, Wohnen, Nahrung, Gesundheitsfürsorge, Bildung, Einkünfte oder gar auf geeignete Maßnahmen zur Gegenwehr, z.B. Streikfreiheit sucht man vergebens. Solche heiklen Klauseln werden freundlichst nationalstaatlicher Zuständigkeit überantwortet. Dieses Machwerk, das BRD-Außenminister Fischer für ein "ausgezeichnetes Dokument" hält, fällt noch hinter die in ihren Ansprüchen äußerst bescheidene EU-"Sozialcharta" zurück. Sie muss in der Luft zerrissen und die selbsternannten Entscheidungsträger von Nizza müssen auseinandergejagt werden! Nizza darf nicht nur in der Tradition der Euromärsche verharren. Diese Bewegung muß sich auf der Linie weiterentwickeln, die schon in Seattle und Prag sichtbar war - den Kapitalismus und seine Institutionen frisch und mutig weltweit anzugreifen! Bereiten wir ihnen also im milden Klima von Nizza einen heißen Empfang! Jede Abwesenheit von Nizza mit der Begründung, die EU sei z.B. durch nationale Organisierung von Volksabstimmungen über Austritt bzw. Nichtbeitritt am effektivsten zu bekämpfen oder ohne eigenes Zutun auf die Widersprüche der nationalen Kapitale als zersetzende Elemente des EU-Projekts zu hoffen, ist töricht und schadet der Internationalisierung und Solidarisierung der Arbeiterbewegung. Natürlich müssen wir uns davor hüten, die Bedeutung von solchen bürgerlichen Basistexten zu überschätzen, auch wenn sie zugunsten der Arbeiterklasse verändert werden können. Ebenso wenig dürfen wir uns darin sonnen, etwa das Zusammentreten bürgerlicher Körperschaften verhindert zu haben. Wir müssen vielmehr den lohnabhängigen Massen eine Alternative zur kapitalistischen Europäischen Union wie zum bürgerlichen Nationalstaat weisen. Eine gute Idee wäre es, möglichst auch in aktuellen Kämpfen befindliche Betriebs- und Gewerkschaftsabordnungen nach Nizza zu bringen, um die nationale Isoliertheit der Kämpfe, aber auch den Charakter des "nur" Protestierens zu überwinden. Aktionen wie Nizza können aber so ein Meilenstein auf dem Weg sein, an dessen Ende die Zerschlagung des Kapitalismus und der Aufbau einer neuen menschenwürdigen Gesellschaftsordnung steht. Für dieses Ziel aber brauchen wir ein revolutionäres gesamteuropäisches Aktionsprogramm. Einige Bausteine hierfür sollten sein:
Auch wenn manche unser Programm noch nicht in allen Punkten teilen mögen, sagen wir: Meßt alle Arbeiterorganisationen und -vertreter, auch und gerade jene an der Regierung, an euren eigenen Forderungen und organisiert euch im weiteren bevorstehenden Kampf gegen Kapital, nationale und Euro-Bürokratie!
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