“Ich
gebe nicht auf!”
Interview
mit Mario Bango
Kürzlich hatten wir die Gelegenheit, erstmals Mario
Bango im Gefängnis zu besuchen. Mario Bango ist ein 19-jähriger
anti-faschistischer Roma in der Slowakei. Er befindet sich seit dem 10. März
in Haft. Damals wurde sein Bruder von einem Nazi-Skinhead überfallen und
er eilte ihm zu Hilfe. Bei der anschließenden Auseinandersetzung wurde
der Nazi schwer verletzt und starb einige Wochen später. Mario rief noch
am Ort die Polizei und Rettung und wartete bis zu deren Eintreffen. Er
wurde sofort festgenommen und ihm droht jetzt eine hohe Haftstrafe. In der
Slowakei und weltweit hat sich eine Solidaritätsbewegung gebildet.
Michael Pröbsting – einer der Koordinatoren dieser Bewegung –
besuchte ihn im Gefängnis und machte dieses Interview.
F: Mario, wie geht es Dir?
A: Na ja, ich bin jetzt seit fast genau einem halben
Jahr in Untersuchungshaft. Natürlich sind die Haftbedingungen nicht
leicht. Vor allem in der ersten Phase gab es einige Gefängniswärter, die
offen mit den Nazis sympathisieren und die drohten, mir das Leben hier zur
Hölle zu machen. Glücklicherweise habt ihr dann international Alarm
geschlagen und seit dem geben sie eine Ruhe. Unangenehm ist insbesondere
die Tatsache, daß ich nur einmal im Monat Besuch empfangen darf und das
nur für eine Stunde. Abgesehen davon ist meine Haftsituation den Umständen
entsprechend normal. Das Essen ist allerdings eine Katastrophe. Nun hoffe
ich endlich, daß die Untersuchungshaft zu Ende geht und der Prozeß
beginnt.
F: Weißt du schon etwas näheres, wie lange dieser
ungewisse Zustand noch andauert und wann endlich formal Anklage erhoben
wird?
A: Es ist noch nicht 100% sicher, aber aller
Wahrscheinlichkeit nach soll noch im September formell Anklage erhoben
werden.
F: Kannst Du für unsere Leserinnen und Leser noch
einmal kurz erklären, warum Du im Gefängnis sitzt?
A: Ich habe meinen Bruder Edo verteidigt, als er von
einem Skinhead angegriffen wurde. Edo wurde bereits im vergangenen Jahr
von Nazis überfallen und lag daraufhin zwei Wochen im Spital. Du mußt
wissen, daß wir Roma hier auf der Straße praktisch Freiwild sind. Immer
wieder werden Roma überfallen. Alleine in den beiden letzten Monaten
wurden zwei Roma ermordet: der 51-jährige Karol Sendrei wurde in einer
Polizeistation erschlagen. Und vor kurzem schlugen drei Skinheads den
Roma-Jugendlichen Milan Daniel mit Baseballschlägern tot. Deren Antwort
auf die Frage der Polizei nach den Gründen für den Mord, ist
bezeichnend: “Weil er ein Roma war!” Dieses Klima des Rassismus und
der Gewalt ist auch der Grund, warum immer mehr Roma sich nur noch trauen,
entweder in Gruppen auf die Straße zu gehen oder zumindest ein
Verteidigungsinstrument wie z.B. ein Messer bei sich zu tragen.
F: Wie weit bekommst du etwas von den Reaktionen außerhalb
des Gefängnisses mit?
A: Über Briefe, meinen Rechtsanwalt und die wenigen
Besuche bin ich halbwegs auf dem laufenden. Besonders motiviert hat mich
die Unterstützung von vielen Menschen weltweit. Immerhin hat ja sogar Präsident
Schuster schriftlich auf die Protestbriefe antworten müssen. Hier in der
Slowakei sind die Bedingungen schwieriger. Die Medienhetze ist enorm. In
vielen Zeitungen und im Fernsehen wurde über meinen Fall berichtet.
Allerdings fast ausschließlich in einer hetzerischen Weise. Einige Medien
haben behauptet, daß Edo und ich Diebe seien und der “aufrechte Bürger”
– also der Nazi – uns nur daran hindern wollte. Das ist ein typisches
Stereotyp gegen uns Roma, daß wir als Kriminelle abgestempelt werden.
Mein Rechtsanwalt hat bereits Klage eingereicht und eine Zeitung hat sich
dafür schon entschuldigt. Besonders schlimm ist die Tatsache, daß das
Parlament sogar eine Trauerminute für den verstorbenen Nazi eingelegt.
Aber ich hoffe doch, daß die Solidaritätsbewegung auch hierzulande stärker
wird.
F: Möchtest Du noch etwas den Leserinnen und Lesern
sagen?
A: Ich möchte mich bei den vielen Menschen bedanken,
die sich an den Solidaritätsaktivitäten beteiligt haben. Wenn sich der
slowakische Präsident gezwungen sieht, auf die Protestbriefe aus aller
Welt zu antworten, dann weist dies darauf hin, daß man etwas bewirken
kann. Eure Solidarität ist für mich moralisch sehr wichtig und macht
mich stark. Ich gebe nicht auf!
F: Ich glaube, im Namen vieler Menschen zu sprechen,
wenn ich dir alles Gute wünsche. Auch wir werden mit unserer Solidaritätsarbeit
weitermachen.
Spendenaufruf
Die Familie
von Mario hat bei seinem Rechtsanwalt Schulden in der Höhe von 89.000
Slowakischen Kronen, was umgerechnet 30.000,-- ATS entspricht. Mario’s
Familie kommt aus einfachen Verhältnissen und kann sich eine solche Summe
natürlich nicht leisten. Wir appellieren an alle, die Mario unterstützen
wollen, so rasch wie möglich für seine juristische Verteidigung zu
spenden.
Solidaritätsfond
Freiheit für Mario Bango
Bank Austria
Kontonummer:
502-009932/00
Bankleitzahl:
12000
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