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BARCELONA
HUNDERTTAUSENDE GEGEN DEN EU-GIPFEL

Ein Augenzeugenbericht aus Barcelona

Zwischen 250.000 und 500.000 Menschen demonstrierten am 16. März, den
letzten Tag es EU-Gipfels, gegen ein Europa des Kapitals.
Zuvor hatte am 14. März eine Demonstration mit 100.000 bis 150.000
Gewerkschafter und Gewerkschafterinnen stattgefunden. Sie richtete sich
gegen Privatisierung und unsichere Arbeitsverhältnisse. Die Stimmung war
kämpferisch, tausende Transparente und  Fahnen wehten im Winde, Losungen wie
"tous ensemble" oder "el pueblo unido ..." hallten durch die Straßen. Die
Musik und die Trommlergruppen gaben dem Marsch ein Stück weit den Charakter
eines Karnevals.
Die Demo wurde von UGT, CGT, CCOO und TGF geprägt. Gewerkschaften aus
Belgien, Frankreich, Spanien und Portugal waren vertreten. Der DGB und seine
Einzelgewerkschaften glänzten wieder einmal durch Abwesenheit. Eine größere
polnische Delegation war an der Grenze gestoppt worden. Einige polnische
Anarchisten, die wir auf der Demo trafen, schafften es schließlich doch über
die Grenze. Aber viele tausende andere haben es nicht geschafft.
Grenzkontrollen gab es nicht nur an der Landesgrenze. So wurde auch Bussen
aus dem Baskenland und Galizien die "Einreise" in einen anderen Teil des
Spanischen Staates von der Polizei verweigert!
Am Donnerstag war die Demo sehr friedlich und geordnet. Die Polizei war am
14.3. kaum zu sehen, außer bei einer eigenen Protestdemo - und wenn die
Bullen protestieren, ist bekanntlich immer etwas im Busch. Die Dinge
änderten sich daher auch recht dramatisch am nächsten Tag, den 15.3.
Am Freitag wurden allen Aktionen autonom und dezentral organisiert. Alle
Demonstrationen waren illegal und basierten auf Konzepten direkter Aktion.
Schon in der Nacht hatte die Polizei angefangen, Leute zu provozieren,
Unterkünfte zu durchsuchen usw. Ein Anarchist aus Madrid hob gegenüber dem
Sprecherrat hervor, dass ihre Gruppe von Zivilbullen verfolgt und provoziert
worden war. Viel befürchteten am 14.3., dass ihre Unterkunft oder besetzen
Häuser in der Nacht von der Polizei angegriffen würden.
Am 15.3. begannen die Aktionen um 9.00. Die erste Aktion war eine
Fahrraddemo durch die Stadt, die unterwegs verschiedene Ziele verfolgten und
von der verschiedene Aktionen ausgehen sollten. Der ursprüngliche Plan sah
vor, die Fahrraddemo unterwegs zu teilen, um so verschiedene Aktionen
zeitgleich durchführen zu können. Aber als sich die Menschen mit den Rädern
an der U-Bahnstation Collblanc Metro versammelten, war schon ein
Riesenaufgebot der Bullen auf Motorrädern da, das die Demo den ganzen Tag
durch die Stadt im Kordon eskortierte. Die Teilnehmer an der Demo wurden
ständig provoziert. 20 Radfahrer wurden festgenommen.
Eine weitere Aktion begann vor der Gaudi-Kathedrale am Platz Sagrada
Familia. Mehrere Aktionen gegen die verschiedenen EU-Lobbyisten (daher auch
der Name Lobbyisten-Jagd) sollten hier ihren Ausgang nehmen. Wieder dasselbe
Bild. Ein großes Polizeiaufgebot, das die Durchführung der Aktionen kaum
zuließ. Andere Aktionen an diesem Tag: ein Schülerstreik, eine Nahrung statt
Bomben-Picknick, das von der GGT organisiert wurde, Zapatisten-Wandmalerei,
...
Dieses Muster zeigte sich bei allen Aktionen an diesem Tag. Insgesamt war es
ein riesiger Erfolg. Am Abend fanden noch einige Diskussionsveranstaltungen,
ein Zirkus gegen das globale Empire usw. statt.
Die Massendemonstration am 16. März war Höhepunkt der Aktionen. Die
Demonstration verlief lange Zeit friedlich. Erst gegen Ende wurden die
Bullen "mutig" und griffen DemonstratInnen an, vorzugsweise am Heimweg oder
in  Bars in der Stadt.
Es war damit die größte anti-kapitalistische Demonstration in Europa. Sie
war sogar noch größer als die Mobilisierung in Genua im Juli, die einen Tag
nach der Ermordung Carlo Guilianis stattgefunden hatte. Das zeigt, dass die
anti-kapitalistische Bewegung lebt, dass sie nicht durch den "Krieg gegen
den Terrorismus" in die Knie gezwungen werden konnte.