Sterben
für den Profit:
Die
Pharmaindustrie verlangt es
Allein
in Südafrika sind über vier Millionen Menschen HIV-positiv. Südlich der
Sahara leben 25 der weltweit 34 Millionen HIV-Infizierten. Viele Länder
Afrikas stehen vor der größten sozialen und ökonomischen Katastrophe
ihrer Geschichte.
Ganz
andere Sorgen als das Wohl der Menschen treiben die Pharma-Konzerne um.
Die FTD beschreibt die Ängste der Share-Holder: “Zudem besteht die
Gefahr, dass die Billig-Produkte die Märkte in den Industrieländern überschwemmen
und so die Einnahmen der Pharmakonzerne drücken. Damit sinkt der Anreiz,
Geld in die Entwicklung neuer Arzneimittel zu stecken.
Um
den Patienten zu helfen, muss jedoch jetzt etwas getan werden. Zwar will
die Pharmaindustrie Preisnachlässe gewähren, die Kosten sprengen aber
immer noch die Budgets der Betroffenen. Als Ultima Ratio sollte der
Einsatz von Generika deshalb nicht ausgeschlossen werden. Zumal die
TRIPS-Regeln bei ‚gesundheitlichen Notständen‘ die Nachahmerpräparate
erlauben.”
Daher
haben die Kapitalisten auch etwas getan – sie wollen in einem Verfahren
gegen Südafrika die Herstellung von Kopien patentrechtlich geschützter
Arzneien verhindern.
Das
südafrikanische Gesetz besagt, dass der Minister “unter bestimmten
Voraussetzungen Vorkehrungen für die Beschaffung von rentableren
Medikamenten treffen darf, um die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen,
auch wenn dieses gesetzlichen Bestimmungen des Patentgesetzes
widersprechen sollte.” Das – so die Multis – verstoße gegen die
Bestimmungen der Welthandelsorganisation.
“Ich
mag mich verbittert anhören, aber ich kann es nicht akzeptieren, dass wir
in der Öffentlichkeit als die Bösen dargestellt werden”,
jammert Jean-Pierre Garnier, der Chef des Pharmaunternehmens Glaxo
SmithKline (GSK) “Ich vertrete ein Unternehmen mit mehr als 100.000
Mitarbeitern. Und Patente sichern unsere Existenz.” (FTD vom
26.02.2001)
“Aid$-Profiteure
– tödlicher als der Virus”
Anlässlich
des Prozessbeginns am 6.3. gingen in Pretoria Tausende von Menschen auf
die Straße, um ihre Unterstützung für die südafrikanische Regierung
zum Ausdruck zu bringen. Sie trugen Schilder mit Aufschriften und
verlangten kostenlose Behandlung für alle Aids-Kranken.
Verweigert
wird ihnen das von Pharmakonzernen wie Boehringer-Ingelheim, Schering,
Merck, Glaxo Wellcome und Roche, die lieber Menschen sterben lassen als
weniger Rendite einfahren wollen.
Die
Demonstrationen waren von internationalen Hilfsorganisationen,
Aids-Aktivisten, Menschenrechtsgruppen und Parteien organisiert worden,
allen voran “Ärzte ohne Grenzen” und Oxfam. Zeitgleich fanden auch
Protestmärsche in Kapstadt und Durban statt. In der Verhandlung geht es
zwar nicht speziell um Aids-Medikamente, aber die Hauptaufmerksamkeit
richtet sich nicht nur bei den Demonstranten auf das Ausmaß, das die
Probleme durch Aids in Südafrika angenommen haben.
“Die
Aids-Epidemie hat in dieser Gerichtsverhandlung für eine menschliche
Komponente gesorgt”, sagte ein Demonstrant. “Es geht nicht länger nur
um nüchterne Themen wie den Schutz geistigen Eigentums und die Auslegung
von Bestimmungen der Welthandelsorganisation.” Es geht ums Überleben!
AIDS
- eine Krankheit der Unterdrückung und Armut
(zitiert
aus AIDS – eine Krankheit der Unterdrückung und Armut – Resolution
des IEK der LRKI, 1995, veröffentlicht in Revolutionärer Marxismus 17,
Frühjahr 1996)
“Es
ist relativ einfach, sich mit dem ganzen Problem auf der Ebene von
Individuen, Aufklärung und Rechten auseinander zusetzen. Doch für eine
Krankheit der Unterdrückung und Armut sind fundamentalere Veränderungen
erforderlich, um die globalen Auswirkung von AIDS einzudämmen. In den
Halbkolonien muss massiv ins Gesundheitswesen und in Aufklärungskampagnen
investiert werden. Die Kontrolle über sexuell übertragbare Krankheiten
erfordert die Ausbildung von Gesundheitsbediensteten, die Bereitstellung
von Arbeitsmitteln und vor allem von Medikamenten. Das wiederum bedeutet,
die Kontrolle über Investitionsmaßnahmen den Händen der Regierungen,
die unter dem Pantoffel der Weltbank und des IWF stehen, zu entreißen,
und die Schulden zu streichen. Es bedeutet die Verstaatlichung der
Medikamentenproduktion unter Arbeiterkontrolle, um die Bedürfnisse der
Bevölkerung und nicht die der Bosse zu erfüllen. Für die Überprüfung
des Bluts, das für Transfusionen und andere Gelegenheiten gebraucht wird,
müssen Mittel verfügbar sein. Infizierte Proben müssen ausgesondert
werden.
AIDS
kann besiegt werden. Allerdings sind wir zur Zeit weit davon entfernt. Der
Hauptgrund dafür ist einfach: Regierungen sind nicht bereit, der
AIDS‑Forschung Priorität einzuräumen. Auf der ganzen Welt wird die
medizinische Forschung, die sich auf AIDS konzentriert, massiv zurückgefahren
und staatliche Forschungseinrichtungen sind bedroht. Die Geschichte von
AIDS zeigt, wie kurzsichtig und gefährlich diese Politik ist. Zu Beginn
der 1980er wollte man das Französische Labor, das das AIDS‑Virus
entdeckt hatte, schließen, da man den Gegenstand der Forschung für zu
obskur hielt. Heute brauchen wir sowohl die massive Förderung der Studien
über AIDS als auch die Verteidigung der allgemeinen Forschung als Teil
des Gesamtkampfes um Gesundheitsfürsorge und die Entwicklung neuer
Behandlungsformen. Es sind weiterhin Investitionen für die AIDS-Forschung
zur Entdeckung von Methoden, wie die Übertragung anders als durch
Kondomgebrauch vermieden werden kann und für die Entwicklung eines
Impfstoffes nötig. An einem Impfstoff wird gearbeitet. Doch selbst wenn
es einen gäbe, würde er das Problem von Millionen in der Weit nicht lösen.
Es
gibt 10 Millionen bereits Infizierter, die innerhalb der nächsten 10 bis
20 Jahre sterben werden, die Sozialfürsorge und die Versorgung ihrer
Familien beanspruchen. Außerdem zeigt die Erfahrung, dass es für die Bevölkerung
der Länder, die solche Impfungen am meisten brauchen, am schwersten ist,
sie zu bekommen. Die gesamte medizinische Forschung muss von öffentlichen
Institutionen durchgeführt werden; jedes daraus resultierende Medikament,
jede Impfung muss durchs staatliche Gesundheitswesen kostenlos an jene
verteilt werden, die es brauchen.
Die
Pharmakonzerne, die die Forschungen finanzieren und davon profitieren, müssen
entschädigungslos enteignet werden. Wie die Forschung derzeit finanziert
wird, ist das Gegenteil von Effizienz. HIV wurde zuerst in Frankreich, später
in den USA erkannt.
Anstatt
die Erkenntnisse dieser verschiedenen Forschungsgruppen zu vereinen,
stritten sich die zwei Labors auf wissenschaftlicher, später auch
gesetzlicher Ebene darum, wer die Entdeckung zuerst machte. Untersuchungen
über die sozialen Aspekte von AIDS, die die Rolle des Kapitalismus und
der Unterdrückung zeigen würden, werden abgewürgt, die Finanzierung
muss oft von Konzernen geleistet werden, deren Interesse sich nicht auf
Vorbeugung oder Heilung, sondern auf marktfähige Waren (Medikamente und
Impfungen) erstreckt. In imperialisierten Ländern ist die Finanzierung
der Forschung, der Vorsorge und Pflege normalerweise an neoliberale
Austeritätsprogramme gekoppelt. Wir fordern ein Ende dieser Verbindungen
und die Bereitstellung von Mitteln zur Bekämpfung von AIDS ohne
Bedingungen sowie eine Infrastruktur für die Forschung in diesen Landen.
Der
Kapitalismus hat HIV nicht geschaffen, doch er hat die Bedingungen für
seine epidemische Ausbreitung und die sozialen Härten, die es Millionen
weltweit eingebracht hat, erzeugt. Der Kapitalismus ist auch für die
Misere, die durch andere Krankheiten entstanden ist, verantwortlich, trotz
des Bestehens von Impfungen und Behandlungen. Forderungen nach kostengünstigeren
Gesundheitsmaßnahmen und einem Ende der Diskriminierung sind wichtig und
werden durch die Arbeiterklasse und fortschrittliche Bewegungen weitgehend
unterstützt. Doch selbst die Errichtung einer elementaren, allgemein zugänglich
Versorgung in einigen Ländern, von Äthiopien bis zu den USA, erfordert,
den Kapitalismus an seinen Wurzeln, die Profite und die Unternehmer, die
davon leben, anzugreifen. Wir unterstützen jeden unmittelbaren Kampf für
bessere Gesundheitsfürsorge und gegen die von AIDS hervorgerufenen
katastrophalen Zustände, doch in jedem Fall muss er mit dem Aufbau einer
revolutionären Internationale verbunden werden, die den Kapitalismus
selbst bekämpft. Das Ende des Kapitalismus wird nicht das Ende von
Krankheiten bedeuten, doch es wird eine effizientere Verwendung von
Ressourcen zur Minimalisierung ihrer Folgen und Auswirkungen erlauben und
Investitionen auf die Pflege und Heilung der Kranken wie auf die Forschung
zur Vorbeugung und Vermeidung weiterer Leiden konzentrieren."
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